Ich habe vorhin gesagt: Von Festlegungen wollen wir wirk lich absehen. Aber ich persönlich könnte mir mittlerweile, nachdem ich zunächst etwas forscher in diesem Bereich ge dacht habe, vorstellen, dass man die Formel 10 : 20 – 10 % für die Einleitung, 20 % für die Entscheidung –, die es auf Landesebene gibt, durchgängig zugrunde legt. Das begreift zumindest jeder, wenn man nur noch zwei Zahlen hat.
Ich sage das aber im Sinne des einen oder anderen Vorschlags. Ich bin natürlich gespannt auf die Debatte und darf auf den Anfang meiner Rede zurückkommen: Ich würde mich wirk lich freuen, wenn wir es diesmal gebacken kriegen. Denn die FDP/DVP-Fraktion – das wissen Sie – war schon öfter an die sem Thema dran. Es zählt auch bei uns zum Eingemachten der Programmatik. Deswegen auch diese Debatte.
Das halten wir auch für richtig und für sehr wichtig. Die Men schen in einer Demokratie sind eingeladen, selbst über ihre Lebensumstände mitzubestimmen und zu entscheiden. Das geschieht in der repräsentativen Demokratie über die Abge ordneten, über die Gemeinderäte. Aber das kann auch sehr gut ergänzt werden durch unmittelbare Mitwirkung der Bürgerin nen und Bürger. Sie sind die Hauptbetroffenen, wenn Straßen gebaut werden, wenn Kindergärten gebaut werden, wenn Schu len ausgebaut werden und viele andere Lebensumstände mehr
Wir halten es auch für zutreffend, dass man Ableitungen dar aus entwickeln muss, nämlich dass sich die Politik auch dar um zu kümmern und Voraussetzungen zu schaffen hat, die es den Menschen möglichst gut gestatten, an diesen Entschei dungen teilzunehmen. Politikverdrossenheit, die lustlose Be teiligung an Wahlen, der Rückzug in die Privatsphäre – das schadet der Demokratie und untergräbt sie letztlich auch.
Deswegen waren wir, die CDU-Fraktion, eigentlich sehr glück lich und zufrieden, dass Sie von den Regierungsfraktionen das Thema Bürgerbeteiligung aufgegriffen haben und in dieser Legislaturperiode bearbeiten wollten. Wir haben das ausdrück lich begrüßt. Die repräsentative Demokratie hat ihre Berech tigung. Aber die Gesellschaft hat sich verändert, und vielleicht haben sich manche Regelungen, die man vor vielen Jahren richtigerweise getroffen hat, etwas überholt und können über arbeitet werden.
Deswegen hat die CDU-Fraktion auch ihre konstruktive Mitar beit in solchen Arbeitsgruppen und bei solchen Bemühungen angekündigt und praktiziert. Wir haben in der Arbeitsgruppe Bürgerbeteiligung nicht nur mitgearbeitet und zugehört, was die Regierungsfraktionen vorgeschlagen haben, sondern wir haben auch eigene Vorschläge entwickelt. Wir haben eigene Positionen formuliert. Darüber konnte und kann in der Ar beitsgruppe dann auch eine Entscheidung gefunden werden. Ich glaube, zum Teil sind wir in unseren Positionen gar nicht so weit voneinander entfernt, dass es keine Einigung geben könnte.
Ich will aber trotzdem einen kleinen Schlenker machen und sagen, dass wir in unserer Fraktion schon einigermaßen ent täuscht sind über das, was bisher an Bürgerbeteiligung tat sächlich von Ihnen praktiziert worden ist.
(Beifall bei der CDU – Abg. Thomas Blenke CDU: Und wie es praktiziert worden ist! Vor allem, wie es praktiziert wird!)
Das betrifft die Äußerungen des Ministerpräsidenten, das be trifft die Arbeit der Landesregierung, und das betrifft auch die Arbeit der sie tragenden Fraktionen von Grün und Rot. Die bisherigen Aktionen, die sich in der Öffentlichkeit abgespielt haben, haben aus unserer Sicht nicht für mehr Bürgerbeteili gung gesorgt, sondern im Gegenteil eher für Bürgerfrustrati onen.
Ich will das Trennende hier nicht vertiefen, und ich will das auch nicht ausmalen, weil ich das, was der Kollege Goll ge sagt hat, nachdrücklich unterstreiche. Wir sind jetzt auf dem Weg und können eine Einigung finden. Aber das erfordert na türlich, dass wir uns gemeinsam darum bemühen und auch ge meinsam dafür Vorschläge ausarbeiten und rechtzeitig ein bringen.
Denn wer Menschen einlädt, sich einzubringen, wer sie ein lädt, Ideen zu entwickeln und Meinungen zu äußern, der muss
ihnen auch das Forum und die Möglichkeit dazu geben und dann auch diese Meinungen bei seinen Entscheidungen be rücksichtigen.
Dabei spielt für uns natürlich eine zentrale Rolle – der Kollege Goll hat es schon angesprochen –, dass wir von Anfang an im mer wieder ein Gesamtkonzept bei diesen Regelungen ange mahnt haben. Das wurde zuletzt in den Arbeitsgruppen in Zweifel gezogen. Aber ich habe einmal ältere Unterlagen he rangezogen, aus denen hervorgeht – Herr Präsident, ich darf daraus zitieren –: Sehr konstruktive erste Gespräche hätten stattgefunden, es gebe eine endgültige Fassung des Protokolls einer Sitzung aus dem Jahr 2012. Damals waren sich alle Be teiligten einig, dass diese Bereiche möglichst im Konsens neu geregelt werden sollen, und die Staatsrätin hat bemerkt, dass die Landesregierung ein Gesamtpaket zur Weiterentwicklung der Bürgerbeteiligung anstrebe.
Es war also von Anfang an klar, dass wir ein Gesamtpaket brauchen, das all die angesprochenen Punkte umfasst: die lan desgesetzlichen Regelungen, die kommunalen Regelungen, aber natürlich auch den Planungsleitfaden. Zum Planungsleit faden stellen wir sachlich fest, dass bis heute keine Regelung vorliegt.
Ich darf Sie auf die heutige Zeitungsveröffentlichung hinwei sen, die mir zugeleitet worden ist, wonach – jedenfalls nach den Berichten, die in der „Stuttgarter Zeitung“ vom heutigen Tage stehen – jetzt zum ersten Mal auf den Tisch kommt, dass für den Ausbau der Bürgerbeteiligung ein Stellenaufwuchs von 50 bis 60 Stellen erforderlich sei. Davon war vor weni gen Tagen in der Arbeitsgruppe nicht die Rede.
Sie können sich doch nicht ernsthaft vorstellen, dass wir hier gemeinsam sagen: „Wir machen backe, backe Kuchen“, aber Sie sich dann die schönsten Stücke heraussuchen und wir uns mit den Krümeln beschäftigen dürfen. Nein, meine sehr ver ehrten Damen und Herren, wir, die CDU-Fraktion, fordern, dass wir eine Gesamtlösung erreichen. Wir fordern, dass die landesrechtlichen und die kommunalen Regelungen gemein sam getroffen werden und dass auch ein Leitfaden gefunden wird, der aufzeigt, wie man zu diesen Ergebnissen und zu mehr Bürgerbeteiligung kommt. Anders ist mit unserer Mit wirkung und unserer Mitentscheidung nicht zu rechnen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe mich schon ge fragt, warum wir die heutige Debatte führen müssen, nach dem es eine Einladung zu einer Sitzung der interfraktionellen Arbeitsgruppe am 24. Oktober gibt. Immerhin haben die Kol legen Dr. Scheffold und Hitzler zugesagt, teilzunehmen. Herr Professor Goll hat seine Rede heute Morgen verstreichen las sen, ohne seine Teilnahme zuzusagen; von ihm liegt noch kei ne Zusage für diese Sitzung vor. Diese Arbeitsgruppe, die am 24. Oktober nach dem Ständigen Ausschuss tagen wird, ist
Wir sind auch entscheidungsfähig. Deswegen haben wir das Angebot zur Zusammenarbeit gemacht. Früher gab es übri gens nie ein solches Angebot. Ich kann mich nicht erinnern, als Mitglied der Opposition in diesem Landtag von BadenWürttemberg in einer so weitreichenden Weise an solchen Fra gen beteiligt worden zu sein.
(Beifall bei den Grünen und der SPD – Lachen bei der CDU und der FDP/DVP – Zuruf des Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU)
Das ist gelebte Politik der Beteiligung. Sie wissen genau, dass wir einiges allein machen könnten. Beispielsweise hätten wir die Reform der Gemeindeordnung, über die wir uns in der Ko alition einig sind, schon vornehmen können.
Ich sage Ihnen, warum es uns wichtig ist und warum auch ich persönlich – in der letzten Sitzung war die Arbeitsgemein schaft am Rande des Scheiterns; das wissen Sie –
mit Nachdruck dafür geworben habe, wieder eine Tür zu fin den, damit es weitergeht. Letztlich haben wir uns auf die Sit zung Ende Oktober geeinigt. Wir könnten die Änderung der Kommunalordnung selbst auf den Weg bringen;
(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Machen Sie es doch allein! – Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Basisde mokratie!)
für die Änderung der Landesverfassung brauchen wir selbst verständlich die Unterstützung der Opposition.
Es geht uns aber auch um etwas ganz anderes. Es geht um ei ne neue Beteiligungskultur. Diese wollten wir hier im Land tag anwenden. Ich finde, dieser Vorschlag und dieses Ange bot haben diese Mäkelei aus Ihren Reihen nicht verdient, mei ne Damen und Herren.
Man weiß nie so genau, woran man ist. In der letzten Sitzung der Arbeitsgruppe hieß es von der CDU, der Planungsleitfa den sei für sie jetzt erst einmal erledigt. Sie ist informiert; sie wurde darüber informiert, dass das Abstimmungsverfahren der Ressorts derzeit läuft. Die CDU weiß, dass heute, am 9. Oktober, parallel zu dieser Sitzung ein Termin stattfindet, bei dem diese Abstimmung zu einem Ende geführt wird. An schließend wird ein schlüssiges Gesamtpaket präsentiert. Das wussten Sie seit der letzten Sitzung der Arbeitsgruppe.
Sich heute hier hinzustellen und zu sagen: „Wir wissen gar nichts; das ist alles nur Stückwerk“, ist, finde ich, im Lichte einer Zusammenarbeit, die fair und ergebnisorientiert ist, nicht sehr glücklich gewählt, liebe Kolleginnen und Kollegen. So sollten wir nicht miteinander umgehen.
Der Planungsleitfaden hatte einen holprigen Start; das wissen wir. Das hatte verschiedene Ursachen. Aber eines bitte ich Sie doch noch einmal zu bewerten: Die Staatsrätin hat Ihnen be reits im Mai eine erste Fassung vorgelegt und hat Sie zur Mit wirkung eingeladen. Auch das war ein Novum in der Ge schichte des Landtags, dass eine Landesregierung für einen Bereich von ausschließlichem Regierungshandeln – über die sen Planungsleitfaden entscheidet die Landesregierung und nicht der Landtag – die Opposition zur Mitarbeit einlädt. Das ist Ausdruck dieser neuen Kultur.
Sie haben dieses Angebot nicht angenommen. Es gibt von Ih nen keinen einzigen konstruktiven Vorschlag zur Änderung des Planungsleitfadens, aber bis zum heutigen Tag gibt es Kri tik und Vorbehalte. Das passt nicht zusammen, meine Damen und Herren.