Protokoll der Sitzung vom 19.07.2012

Meine Damen und Herren! Ich eröff ne die 44. Sitzung des 15. Landtags von Baden-Württemberg.

Krankgemeldet sind Herr Abg. Marwein und Herr Abg. Ren konen.

Der Herr Ministerpräsident wird ab 13:30 Uhr aus dienstli chen Gründen nicht dabei sein können.

Dienstlich verhindert sind Herr Minister Friedrich bis 14:30 Uhr und Frau Staatsrätin Erler.

Meine Damen und Herren, Verkehrsminister Hermann hat heute Geburtstag. Wir möchten ihm herzlich dazu gratulieren.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Wir treten in die Tagesordnung ein.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf:

Antrag der Fraktion der CDU und Stellungnahme des Mi nisteriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz – Möglichkeiten zur Bürgerbeteiligung zur Frage der mög lichen Errichtung eines Nationalparks im Nordschwarz wald – Drucksache 15/1530 (geänderte Fassung)

Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Be gründung fünf Minuten, für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.

Das Wort zur Begründung des Antrags erteile ich Herrn Kol legen Dr. Rapp.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Dr. Patrick Rapp! Den Namen muss man sich merken!)

Sehr geehrter Herr Präsident! Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehr te Damen und Herren! Die Möglichkeiten der Bürgerbeteili gung bei der Frage der Einrichtung eines Großschutzgebiets, eventuell eines Nationalparks, im Nordschwarzwald sind, den ke ich, ein wichtiges Thema. Wir haben die Debatte deswe gen beantragt, weil wir natürlich daran interessiert sind, zu er fahren, in welcher Weise Sie die Bürgerbeteiligung in diesem Suchraum, in diesem Gebiet konkret umsetzen.

Unbestritten und, ich denke, auch anerkannt ist dabei, dass es sich bei dieser Bürgerbeteiligung, bei diesem Prozess schon um das Flaggschiff Ihrer grün-roten Politik handelt, die Teil habe der Bevölkerung an der entsprechenden Planung in der Region auch frühzeitig durchzuführen.

Sie haben bis jetzt ein Gutachten in Auftrag gegeben, haben Arbeitskreise installiert. Bei diesem Gutachten, bei diesen Ar beitskreisen sind Experten, Verbände und Vereinigungen, aber natürlich auch die Bürgermeister der Region und die Landrä te, deren Gemarkungen von einem eventuellen Großschutz gebiet betroffen sind, involviert.

Sie haben für das Gutachten auch eine Postkartenaktion ein gebunden, die Sie im letzten Sommer im Suchraum durchge führt haben. Sie haben 120 000 Postkarten verschickt und ha ben immerhin 1 % zurückbekommen.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Ein ganzes Prozent?)

Ein ganzes Prozent, 1 200 Karten. Ich glaube, es ist ganz wichtig, dass auch die Antworten, die auf diese Aktion hin eingegangen sind, in dieses Gutachten eingebaut werden.

Bis hierher hört sich das alles ganz gut an. Wenn man jetzt aber den Blick auf die Anfragen von mehreren Abgeordneten und vor allem auf die Beantwortung dieser Anfragen richtet und fragt, wie es denn um die Bürgerbeteiligung vor Ort kon kret steht, dann bekommt man ein etwas anderes Bild. Da gibt es bestimmte Widersprüche. Ich möchte nur ein paar Dinge aufgreifen, denn nach meinem Dafürhalten suchen Sie bei die sen Antworten schlichtweg auch nach Gründen, warum Sie die Bevölkerung gerade jetzt und gerade im Suchraum nicht einbinden wollen.

Zum einen wird wortreich auf die fehlenden rechtlichen Grund lagen abgehoben, die aber an anderer Stelle offensichtlich kei ne Rolle für die entsprechende Beteiligung spielen.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Hört, hört!)

Zum Zweiten wird die Klarstellung gegeben, dass das Gut achten momentan in der Erarbeitung sei – das sehe ich auch ein; das ist auch richtig so – und deswegen keine weiteren Ver fahrensschritte eingeführt würden und man abwarten müsse, bis das Ergebnis des Gutachtens vorliege. In dieser Zeit soll nichts Konkretes passieren. Damit kann man einverstanden sein.

Zum Dritten sagen Sie aber auch in Sachen Bürgerbeteiligung, leider Gottes kenne man weder den Suchraum bzw. den Wirk raum noch die Gemarkungen genau, und aus diesem Grund könne man die betroffene Bevölkerung gar nicht einbinden. Allerdings haben Sie bei der Bildung der Arbeitskreise, die sich auch aus Vertretern der Region zusammensetzen, nicht gerade Bürgermeister und Landräte aus dem Allgäu einbezo

gen, sondern diejenigen aus dem Nordschwarzwald, deren Ge markung am Ende betroffen sein könnte.

Ich glaube, dass es da schon ein paar Widersprüchlichkeiten gibt. Da bitte ich einfach um Aufklärung. Ich habe die Hoff nung, dass die Widersprüche zwischen Anspruch und Wirk lichkeit nicht darauf zurückgehen, dass man Gegenstimmen oder kritische Stimmen zum Nationalpark verhindern und da mit eine offene Diskussion abbrechen will, sondern dass sie tatsächlich nur am Verfahrensablauf liegen und deswegen ab gewartet wird.

Ich möchte jetzt um eine entsprechende Beantwortung durch den Minister bitten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP)

Für die SPD-Fraktion spricht Kolle ge Reusch-Frey.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Ist okay! Der Markus ist noch nicht da! Zugausfall!)

Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Her ren! Es ist gut, dass die CDU das Thema Bürgerbeteiligung auf dem Schirm hat.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Sehr gut!)

Es ist richtig, dass wir die Möglichkeiten der Bürgerbeteili gung bei einem möglichen Nationalpark Nordschwarzwald heute behandeln. Es ist richtig, gut und sehr sinnvoll, dass wir uns darüber austauschen, darüber diskutieren und über die Bürgerbeteiligung die Karten wirklich auf den Tisch legen.

(Zuruf von der CDU: Aber?)

Ich selbst kenne kein anderes Projekt, das in dieser Art und Weise von Transparenz und Durchsichtigkeit geprägt ist. Ich kenne kein anderes Projekt, das so viele Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung bietet.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Zuruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das entspricht dem Politikstil der SPD. Da beziehe ich die grüne Regierungsfrak tion natürlich mit ein. Das ist unser Stil.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Sehr gut! Guter Mann! – Gegenruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Aufnahmeantrag!)

Es ist vorbildlich, was Minister Bonde in diesem Projekt leis tet. Es ist vorbildlich und wirklich hoch anzuerkennen, mit welcher Transparenz, mit welcher Durchsichtigkeit und mit welchen Beteiligungsmöglichkeiten wir das Thema behandeln können. Das verdient höchste Anerkennung und Dank.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, legen wir die Kar ten auf den Tisch. Am Anfang gab es zwei Elemente – Herr Dr. Rapp hat sich dazu schon geäußert –: den Beginn der Dis kussion und der Information mit der großen Veranstaltung mit dem Minister und dann das Schreiben an alle Haushalte im Suchgebiet.

Jetzt kann man natürlich unterschiedlicher Meinung sein, ob 1 500 Rückmeldungen nun wenig oder viel sind. Ich finde, es ist eine beachtliche Arbeit, die das Ministerium mit diesen 1 500 Rückmeldungen zu leisten hat.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Gute Arbeit! – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Bei 2 000 versandten Karten wäre das viel!)

Deshalb wünsche ich an dieser Stelle auch viel Freude bei der Weiterbearbeitung der kritischen Rückmeldungen genauso wie der Fragen und Anregungen.

Was gibt es aktuell? Aktuell, lieber Herr Dr. Rapp, gibt es ein Informationstelefon. Da kann man anrufen und das persönli che Gespräch suchen. Ferner gibt es eine Homepage, die Grundsätzliches und Aktuelles enthält. Außerdem sind zurzeit sieben Arbeitskreise tätig. Das sind Arbeitskreise mit zehn bis 50 Teilnehmerinnen und Teilnehmern, Fachleuten, die ihren Sachverstand vor Ort einbringen. Wer wissen will, wer da ar beitet, braucht nur die Seite anzuklicken, und die Namen er scheinen. Liebe Damen und Herren, das ist Transparenz.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Transparenz auf einen Klick!)

Ebenso ist es Transparenz, dass man nach einem weiteren Klick die Protokolle lesen kann. Ferner gibt es die Möglich keit, auf diese Protokolle zu reagieren, indem man über das Kontaktformular Fragen, Anregungen, Bedenken usw. äußert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist Transparenz, das ist Bürgerbeteiligung, auch aktuell im laufenden Verfah ren. Mehr geht nicht.

(Zuruf des Abg. Thomas Blenke CDU)

Weiter: Wer Kontakt aufnehmen will, kann sich zu allen The men äußern. In diesen Arbeitsgruppen werden alle Themen bearbeitet. Weder der Borkenkäfer und das Auerhuhn noch die Regionalentwicklung, noch der Tourismus und weitere Themen werden ausgelassen.

Muss das sein? Gestern Mittag hatten wir ein forstpolitisches Gespräch. Da fragte jemand, der lieber die Motorsäge anlässt und einen Baum umsägt, als den Mund aufzumachen und das Wort als „Handwerkszeug“ zu benutzen: Muss das sein? Nein, das muss nicht sein. Wir könnten mit dem Kopf durch die Wand. Wir könnten hier auf die Schnelle ein Gesetz mit ein facher Mehrheit durch den Landtag peitschen. Aber das ist nicht unser Weg.