Muss das sein? Gestern Mittag hatten wir ein forstpolitisches Gespräch. Da fragte jemand, der lieber die Motorsäge anlässt und einen Baum umsägt, als den Mund aufzumachen und das Wort als „Handwerkszeug“ zu benutzen: Muss das sein? Nein, das muss nicht sein. Wir könnten mit dem Kopf durch die Wand. Wir könnten hier auf die Schnelle ein Gesetz mit ein facher Mehrheit durch den Landtag peitschen. Aber das ist nicht unser Weg.
Wir wollen Information, Beteiligung, Hinhören, Mitnehmen. Der Nationalpark Nordschwarzwald ist, wenn er kommt, das ökologische Aushängeschild für die Region Nordschwarz wald. Er kostet Geld und auch viel Energie im Ministerium.
Deshalb ist es uns zu schade, dieses Projekt einfach so durch zuwinken. Wir wollen den Weg der Beteiligung weitergehen und werden daran festhalten.
Sehr geehrter Herr Präsi dent, werte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Rapp, einen Teil Ihrer Rede habe ich trotz Zugverspätung noch mitbekom men.
„Tempora mutantur et nos mutamur in illis“ – die Zeiten än dern sich, und wir ändern uns mit ihnen. Das gilt auch für Sie, und das ist erfreulich. Das betrifft sowohl das Thema Natio nalpark als auch die Frage der Bürgerbeteiligung.
(Abg. Arnulf Freiherr von Eyb CDU: Können Sie das bitte auch einmal auf Griechisch sagen? – Zurufe der Abg. Sabine Kurtz und Helmut Walter Rüeck CDU)
Darüber hinaus will ich schon darauf eingehen, dass die CDU das Thema Nationalpark – das ist die erfreuliche Änderung; vor drei, vier Jahren wäre das nicht denkbar gewesen – wie derholt ins Plenum bringt. Das freut uns.
Allerdings muss man dazusagen, dass noch vor einigen Jah ren aus der staatlichen Naturschutzverwaltung Briefe an uns geschickt wurden mit Briefkopf des Landes nach dem Motto: „Als Bedienstetem der staatlichen Naturschutzverwaltung die ses Landes ist es für mich allerdings schwer, der offiziellen Vorgabe zu folgen: Nationalparks gibt es nicht in Baden-Würt temberg. Basta.“ Da freut es mich,
(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Das war doch Schröder! – Zuruf des Abg. Thomas Blenke CDU – Gegenruf des Abg. Claus Schmiedel SPD: Nein, das war Basta-Politik! – Weitere Zurufe – Glo cke des Präsidenten)
Herr Blenke, ich erkläre Ihnen genau, was 1992 im Kabi nett passiert ist, als die Minister Weiser und Dr. Vetter mit am Tisch saßen. Darüber können wir uns gern unterhalten. Herr Vetter hat sich übrigens erst vor wenigen Tagen wieder öffent lich für einen Nationalpark im Nordschwarzwald ausgespro chen.
Zurück zur Bürgerbeteiligung, Kollege Rapp. Es freut mich auch hier – – Denn wenn ich alte Landtagsdrucksachen aus dem Jahr 2008 anschaue,
sieht bei den gesetzlichen Bestimmungen für Bürgerbe gehren derzeit keinen Handlungsbedarf.... Dies gilt für den Bürgerentscheid entsprechend.... gilt dies auch für Volksbegehren und Volksabstimmungen.
Das hat sich offensichtlich gewandelt. Sie tragen das Thema Bürgerbegehren hier ins Plenum. Das freut uns sehr.
Wir haben beim Thema Nationalpark – da ich seit 30 Jahren mit dem Thema befasst bin, kann ich es mir auch erlauben, das zu sagen – einen europaweit einmaligen Prozess in Gang gesetzt. Diese Art der Beteiligung mit 120 000 Rundschrei ben an die Haushalte mit der Bitte, sich zu beteiligen, diese Art einer öffentlichen Debatte mit Übertragung im Livestream, diese Art eines umfangreichen Gutachtens gab es weder in Deutschland – fragen Sie die Kollegen im Kellerwald, im Bayerischen Wald, im Harz, im Wattenmeer, im Müritz-Nati onalpark oder in der Eifel – noch irgendwo sonst in Europa; fragen Sie die Kollegen in Norwegen beim JostedalsbreenNationalpark oder in Frankreich beim Parc National du Mer cantour.
Keines dieser Gebiete hat einen derartigen Beteiligungspro zess durchgemacht, wie ihn hier der Minister federführend vorbildlich in Gang gesetzt hat und wie er im Augenblick noch läuft.
Was ich Ihnen, Kollege Rapp, versprechen kann, ist: Wir wer den diesen Beteiligungsprozess weiterführen. Wir werden al lerdings auch darauf achten, dass es ein Beteiligungsprozess bei einem Projekt ist, das „Nationalpark“ heißt. In anderen Ländern ist das eine Angelegenheit des Staates, und nur auf grund des föderalen Prinzips ist das bei uns eine Angelegen heit des Landes.
Das, was dort passiert, ist auch für die Menschen im ganzen Land von Bedeutung. Es ist keine lokale, es ist keine regiona le, es ist eine landesweite, eigentlich sogar – „Nationalpark“ –
Deswegen ist es wichtig, dass wir die Bürger mitnehmen, die Bürger vor Ort genauso wie die Bürger in der weiteren Regi on, Stichwort Europapark Rust, genauso wie die Bürger im ganzen Land, weil es ein Projekt ist, das mindestens landes weite Bedeutung besitzt.
Wir werden uns also dafür einsetzen, dass diese Bürgerbetei ligung weiterläuft, dass wir sie nach Abschluss des Gutach tens weiterführen, dass wir selbstverständlich auch die Kom munen beteiligen und die Ergebnisse der von Ihnen angespro chenen Arbeitsgruppen auswerten. Auch das ist übrigens ein Prozess, den es bisher in dieser Form nirgendwo gab, weder in Deutschland noch in Europa.
Wir und die grün-rote Landesregierung können stolz darauf sein, in welch großem Umfang wir hier Bürgerbeteiligung durchführen.
Deswegen bin ich Ihnen dankbar, dass Sie uns hier quasi die Plattform geben, gemeinsam darüber zu reden, wie die Bür gerbeteiligung und selbstverständlich auch die Beteiligung der Fraktionen – der Kollegen der CDU genauso wie der FDP/ DVP – hier im Parlament weiter erfolgen sollen. Wir – ich spreche hier ganz sicherlich auch im Namen der Kollegen von der SPD – haben ein großes Interesse daran, dass wir dieses Projekt in einem möglichst breiten Konsens vorwärtsbringen, weiterentwickeln und zu einem aus unserer Sicht hoffentlich guten Ende führen, weil es auf geradezu idealtypische Art und Weise ökonomische Vorteile und Vorteile des Naturschutzes miteinander verknüpft.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! „Nutze die Talente, die du hast. Die Wälder wären sehr still, wenn nur die begab testen Vögel sängen.“ So stand es auf dem Faltblatt des Früh gottesdienstes. Meine Damen und Herren, mir ist dazu einge fallen: In der Politik singen oft die am lautesten, die am we nigsten begabt sind.
(Heiterkeit und Beifall bei allen Fraktionen – Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Das ist sehr gefährlich!)
Ein weiterer Punkt: Es gilt auch der alte Sanitäterspruch, dass man, wenn man an eine Unfallstelle kommt, denen, die am lautesten schreien, zuletzt helfen muss. Auch das ist ein Grund satz.