Protokoll der Sitzung vom 26.06.2014

Danken möchte ich auch den Stenografen und dem Haus dienst, vor allem aber auch allen Beraterinnen und Beratern der Fraktionen. Sie haben die Hauptarbeit bei der Durchsicht der Unterlagen und bei der Abfassung der Berichte zu leisten. Auch ihnen ein ganz herzliches Dankeschön.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Eine letzte Bemerkung: Der Untersuchungsausschuss hat – das habe ich gestern zusammenstellen lassen – etwa 911 000 € gekostet, davon entfallen fast 650 000 € auf Personalkosten für die Fraktionsmitarbeiter und das Ausschusssekretariat. Das Weitere sind Übersetzungskosten, Gutachterkosten, Druck kosten und andere Dinge.

Aber: Das Untersuchungsausschussrecht ist ein zentrales par lamentarisches Instrument. Es ist wichtig als Strukturelement der parlamentarischen Demokratie und ist für das Funktionie ren der parlamentarischen Kontrolle und Rechtsauslegung un erlässlich. Insofern ist es auch richtig und gut, wenn hierfür die entsprechenden Kosten anfallen.

Abschließende Bemerkung: Die Dauer des Ausschusses war mit 31 Monaten außerordentlich lang. Der Bericht umfasst knapp 1 500 Seiten. Es ist der längste Bericht, den Untersu chungsausschüsse bisher vorgelegt haben. Ich hoffe, dass Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, und die Öffentlichkeit die Arbeit des Untersuchungsausschusses anerkennen und den Bericht auch sorgfältig zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei der CDU sowie Abgeordneten der Grü nen und der SPD)

Für die CDU-Fraktion spricht Kol lege Throm.

Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Dieser Untersuchungs ausschuss, der auch auf Antrag der CDU-Fraktion eingerich tet wurde, hat wichtige und erstaunliche Erkenntnisse über ein für das Land Baden-Württemberg äußerst bedeutsames Ge schäft erbracht; ja. Wir müssen nicht erst seit heute sagen: So, wie die Transaktion um den Rückerwerb der EnBW-Aktien angesetzt, verhandelt, abgewickelt und abgeschlossen wurde, hätte nicht vorgegangen werden dürfen. Diese Transaktion lei det an erheblichen Fehlern.

(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der CDU und der Grünen)

Aber eines war und ist seit Dezember 2010 unstrittig: Alle po litischen Parteien – vor und nach dem Regierungswechsel – wollten diesen Rückerwerb und haben nun wieder Einfluss auf den größten Stromversorger im Land. Heute, in Zeiten der Energiewende, die so 2010 von niemandem vorhergesehen werden konnte, ist es wichtiger denn je, dass die EnBW mit dem Land Baden-Württemberg und den OEW über zwei zu verlässige Großaktionäre verfügt. Damit kann Baden-Würt temberg aktiv die Sicherung einer wirtschaftlichen, ökologi schen und sicheren Energieversorgung mitgestalten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Der Untersuchungsausschuss hat in seiner letzten Sitzung ein stimmig Folgendes beschlossen: Die Beteiligung des Landes als Großaktionär an der EnBW liegt im wohlverstandenen Landesinteresse. Dieser Beschluss war einstimmig.

(Abg. Andreas Glück FDP/DVP schüttelt den Kopf.)

Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von Grün-Rot, haben sich damals enthalten, haben sich weggeduckt.

Heute, eine halbe Stunde vor dieser Plenardebatte, reichen Sie einen Änderungsantrag ein und wollen noch Ihre eigene Duft marke setzen. Sei’s drum! Im Ergebnis heißt es darin, dass auch Sie begrüßen, dass die EnBW gerade in Zeiten der Ener giewende mit dem Land Baden-Württemberg über einen zu verlässigen Anteilseigner verfügt. Herzlichen Glückwunsch, dass Sie dies erkannt haben.

(Beifall bei der CDU – Abg. Sascha Binder SPD: Die CDU hat es doch verkauft!)

Damit ist heute eines klar: Das Verfahren war falsch. Der Preis ist ungeklärt. Aber alle billigen das Ergebnis dieses Anteils kaufs und sind froh, dass wir die EnBW wieder in unseren Händen haben.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Man hätte es erst gar nicht verkaufen dürfen! Die CDU hat es verkauft!)

Eines ist auch klar: Die Feststellung, dass der Rückkauf be grüßt wird, ändert nichts daran, dass an der Vorgehensweise des früheren Ministerpräsidenten und an seinem Alleingang deutliche Kritik geübt werden muss.

Nach unserer Analyse zeigen sich insbesondere drei Grund probleme: Als Erstes ist hier die unbedingte Geheimhaltung zu nennen und die damit einhergehende Nichteinschaltung der ministerialen Ebene. Damit konnte die Warn- und Sicherungs funktion nicht ausgeübt werden.

Zweitens muss festgestellt werden, dass der frühere Minister präsident bei der Abwicklung des Anteilskaufs das Heft des Handelns aus der Hand gegeben hat. Dies ist umso gravieren der, als die Vertrauensperson Dr. Notheis teilweise über das mit dem früheren Ministerpräsidenten Abgesprochene hinaus gegangen ist. Er hatte alle Fäden in der Hand. Er war die Spin ne im Netz. Es war ein grundlegender Fehler des früheren Mi nisterpräsidenten, sich aufgrund seiner persönlichen Verbin dung zu Dr. Notheis blindlings auf ihn zu verlassen.

Schließlich – drittens – war der angesetzte Zeitraum für den Erwerb mit nur 13 Tagen viel zu knapp bemessen, um ein se riöses und ordentliches Verfahren in der öffentlichen Hand zu gewährleisten.

Klar ist auch: Die Umgehung des Landtags war verfassungs widrig. Dies gilt nicht nur, weil der Staatsgerichtshof dies so festgestellt hat, sondern weil die Grundregeln der parlamen tarischen Demokratie die Einschaltung des Landtags gebie ten. Die CDU-Fraktion ist auch nach Diskussionen nicht der Auffassung, dass es einer Änderung der Landesverfassung be darf. Die jetzige Landesverfassung enthält klare und umfas sende Regelungen. Ein Regierungshandeln, das diesen Maß gaben nicht entspricht, ist abzubrechen.

Letztlich, meine sehr verehrten Damen und Herren, muss auch auf die unrühmliche Rolle der Kanzlei Gleiss Lutz eingegan gen werden. Die Anwälte haben ihren Mandanten, das Land Baden-Württemberg, falsch beraten. Intern war der Kanzlei bewusst, dass der Weg über das Notbewilligungsrecht nicht gangbar ist. Dies zeigen viele E-Mails. Aber dann wurde in einer internen Besprechung der Kanzlei der Prüfungsmaßstab eigenverantwortlich von rechtmäßig auf nur noch begründbar abgesenkt – ein auch für mich als Anwalt unfassbarer Vor gang.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Andreas Glück FDP/DVP)

Im Nachhinein, nach dieser Besprechung, schrieb Herr Dr. Schockenhoff:

Lieber Herr Notheis, unsere Verfassungsrechtler haben den telefonisch besprochenen Weg abgesegnet. Wir lösen das über Artikel 81, das heißt die Zustimmung des Finanz ministers, also kein Parlamentsvorbehalt. Wir können am 6. 12. ohne Bedingungen abschließen.

Dies, meine sehr verehrten Damen und Herren, muss der Kanzlei sehr peinlich gewesen sein. Gerade diese E-Mail war bei den ersten Aktenlieferungen nicht dabei. Welch merkwür diger Zufall!

Letztlich gab es von der Kanzlei keinerlei Vorbehalte und kei nerlei Risikohinweise, weder an den früheren Ministerpräsi denten – das behauptet die Kanzlei selbst nicht – noch an den früheren Finanzminister noch an den früheren Staatsminister noch an die gesamte Ministerrunde. Niemand kann sich an ei nen solchen Risikohinweis erinnern. Es gab ihn nicht. Herr Dr. Schockenhoff hat diesen Weg über das Notbewilligungs recht als sicher und unzweifelhaft gangbar dargestellt.

Insofern, meine sehr verehrten Damen und Herren, halten wir die späte Einbeziehung insbesondere des damaligen Finanz ministers Stächele für völlig inakzeptabel.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Er hätte auch Nein sa gen können!)

Er wurde dadurch in eine Situation gebracht, in der seine tat sächliche Prüfungs- und Entscheidungsmöglichkeit aufgrund des ungeheuren Zeitdrucks stark eingeschränkt war. Er muss te sich der tatsächlich und politisch ausgeübten Richtlinien kompetenz des früheren Ministerpräsidenten fügen.

(Zurufe der Abg. Sascha Binder und Claus Schmie del SPD)

Aber die Anwälte waren nicht allein. Auch das Handeln von Morgan Stanley ist nicht nachvollziehbar. Insbesondere der Eindruck von Interessenkonflikten zwischen dem Land einer seits sowie der EdF andererseits und der Bank selbst konnte nicht ausgeräumt werden. Da verhandeln zwei Zwillingsbrü der auf zwei unterschiedlichen Seiten miteinander. Da steht auf der Homepage von Morgan Stanley Frankreich, man ha be die EdF, nicht das Land bei dem Geschäft beraten. Offen sichtlich gibt es vielfache Geschäftsbeziehungen zwischen der EdF und Morgan Stanley. Hier ist die Bank auch über den Un tersuchungsausschuss hinaus dem Land als ihrem Vertrags partner gegenüber erklärungspflichtig, auch was die Frage an belangt, inwiefern vor dieser berühmten Fairness Opinion weitere Wertermittlungen mit anderen Ergebnissen angestellt wurden. Ich gehe davon aus, dass die Landesregierung diesen Erklärungsbedarf auch geltend machen wird.

Bei der Frage zu der Werthaltigkeit des vereinbarten Kauf preises konnten wir keine abschließende Feststellung treffen. Dazu ist ein politisches Gremium wohl auch nicht in der La ge und nicht berufen. Deshalb kann man heute nur sagen: Es gibt keine belastbaren Daten, die belegen würden, dass der entrichtete Kaufpreis aus damaliger Sicht, nach dem damali gen Kenntnisstand nicht angemessen war.

Insbesondere das Gutachten der Landesregierung von Profes sor Jonas ist in sich nicht schlüssig. Dies hat wiederum der Gutachter der Staatsanwaltschaft, Herr Ballwieser, bei seiner Vernehmung hier an diesem Ort dargelegt. Er hat eine nicht nachvollziehbare Position ausgemacht und ausgeführt, dass eine Korrektur derselben zu einem Mehrwert von über 1 Mil liarde € führen würde.

(Abg. Andrea Lindlohr GRÜNE: Das ist nicht rich tig!)

Selbstverständlich ist das richtig. Sie hätten nur zuhören müssen. Schauen Sie in die Protokolle hinein. Sie waren ja dabei.

(Abg. Andreas Deuschle CDU: Das setzt Sachver stand voraus!)

Der Gutachter der Staatsanwaltschaft, Herr Ballwieser, wäre wieder besonders wichtig gewesen, weil er der einzige Sach verständige war, der Zugang zu unternehmensinternen Daten hatte. Diese haben ihn aber offensichtlich nicht besonders in teressiert. Denn er hat die von der EnBW selbst angesetzte Strompreiserwartung, die damaligen Regeln und Experten meinungen entsprach, einseitig um ein Drittel reduziert. Dass sich damit natürlich auch der Wert reduziert, versteht jeder Laie.

Insofern können wir uns des Eindrucks nicht erwehren, dass beide Gutachter im Nachhinein schlauer gewesen sein wollen als alle anderen Energieexperten zum Zeitpunkt des Kaufver trags. Entscheidend ist nämlich die Einschätzung am 6. De zember 2010. Zu diesem Zeitpunkt konnte niemand die Er eignisse in Fukushima und die Folgen für den Energiestand ort Deutschland vorhersehen. Nach den Ergebnissen beider Gutachter hätte jedoch die Energiewende nahezu keinen Ef fekt auf die EnBW gehabt. Damit aber bestehen beide Gut

achten den Plausibilitätstest nicht. Denn alle Experten gehen davon aus, dass das Abschalten der Atomkraftwerke einen er heblichen Effekt – in negativer Hinsicht – auf den Wert der EnBW hat.

Herr Jeggle, Ihr Geschäftsführer der Neckarpri, schätzte im Ausschuss diese Reduzierung auf 30 % ein. Herr Villis, der ehemalige Vorstandsvorsitzende der EnBW, sagte im Aus schuss, es seien minus 20 bis 25 %. Die Neckarpri wiederum – Ihre Gesellschaft, Ihr Geschäftsführer – hat bei Ernst & Young ein Mindestwertgutachten eingeholt. Das Ergebnis da raus – verglichen mit den Ergebnissen der Gutachten der Staatsanwaltschaft und der Landesregierung – käme lediglich auf 3,3 %. Dies kann nicht sein. Deshalb, meine sehr verehr ten Damen und Herren, bestehen beide Gutachten den Plau sibilitätstest nicht. Wir können die Frage des Preises letztlich nicht endgültig klären.

Sie, Herr Finanzminister, haben dieses Missverhältnis gese hen. Denn Ihr Gutachten ist Grundlage der ICC-Schiedskla ge. Deshalb haben Sie mit allen Mitteln versucht, diesen Im pairment Test, dieses Mindestwertgutachten von Ernst & Young nicht herausgeben zu müssen. Sie haben versucht, mit gezink ten Karten zu spielen,

(Zuruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD)

und Sie haben dies weiter betrieben, indem Sie auch das Gut achten Ihrer Landesregierung, das Gutachten von Herrn Pro fessor Jonas, nicht vollständig dem Untersuchungsausschuss bericht haben beifügen lassen.

(Abg. Sascha Binder SPD: Das ist das mit dem Glas haus!)

Ihre Regierungsmehrheit hat dies in der letzten Sitzung des Untersuchungsausschusses verhindert, obwohl wir darüber anderthalb Jahre in allen Vernehmungen gesprochen haben,

(Beifall der Abg. Andreas Deuschle CDU und Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

weil Sie den Fehler von Professor Jonas, den Herr Ballwieser entdeckt hat, damit verdecken wollen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zuruf des Ministers Dr. Nils Schmid)