Meine Damen und Herren, die Initiative in Burundi wird an gesprochen, die der damalige Landtagspräsident Schneider vor 30 Jahren eingeleitet hatte. Neben der Regierung sind auch die Parlamentarier gefordert. Von dort ging die Initiative aus. Ich denke, das sollten wir auch in der Entwicklungshilfe ernst nehmen.
Die Schweiz ist ebenfalls angesprochen, sowohl in dem Eu ropabericht als auch im Antrag. Deshalb habe ich vorhin ge zögert. Ich dachte, mein Vorredner fasst seine Ausführungen dazu zusammen. So hatten wir vorhin darüber gesprochen. Das spielt aber keine Rolle.
Ich glaube, beim Thema Schweiz sind wir uns alle einig. Mei ne Damen und Herren, ich möchte es abschließend anspre chen: Ich sehe im Moment mit Sorge die Probleme in der Be ziehung zwischen Baden-Württemberg und der Schweiz. Ge rade wir müssen hier alles dafür tun, dass wir gute nachbar schaftliche Beziehungen haben. Dazu gehören bilaterale Ver einbarungen.
Die Generalkonsulin war auch im Europaausschuss. Dazu ge hört, dass man grenzüberschreitend gut zusammenarbeitet. Dazu gehört nach dieser Volksinitiative zur Begrenzung der Zuwanderung vor allem, dass wir sehr sorgsam – im Wissen schaftsbereich, aber auch in anderen Bereichen – wieder zu einem Weg finden, wo man nicht gegeneinander, sondern mit einander arbeiten kann. Baden-Württemberg ist gerade im Hinblick auf den wirtschaftlichen Austausch der wichtigste Partner für die Schweiz, und dies gilt auch umgekehrt.
Die Kommission hat nun die Beteiligung der Schweiz an Ho rizon 2020 und an ERASMUS auf Eis gelegt. Das ist natür lich eine Herausforderung. Es war aber auch ein folgerichti ges Verhalten der Kommission. Deshalb müssen wir, meine ich, einen Weg der Annäherung finden. Das betrifft – ich ken ne die Themen noch – die Flugsicherung, die grenzüberschrei tende Zusammenarbeit, die Dienstleistungen, das Handwerk.
Damit komme ich gern zum Ende: Ich möchte an Sie appellieren, dass wir die enge wirtschaftliche Verflechtung zwischen der Schweiz und Ba
den-Württemberg nicht durch neue Hürden gefährden, son dern uns durch verstärkte Kooperation und ein gutes nachbar schaftliches Verhalten im Rahmen der Trinationalen Metro polregion, der IBK, der Oberrheinkonferenz sozusagen so zu sammenraufen, dass wir für beide Seiten, für Baden-Württem berg und die Schweiz, gute, zukunftsträchtige Lösungen fin den.
Frau Präsidentin, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Wir behandeln Europa als letzten Punkt vor der Sommerpause; daher will ich mich auf wenige The men beschränken.
Trotzdem steht dieser Punkt fast am Ende vor der Sommerpause, und gerade jetzt gibt es zu Europa besonders viel zu sagen.
Die Situation in Europa ist nach der Wahl nicht einfacher ge worden, weder nach innen noch nach außen. Nach innen sind uns sämtliche Probleme erhalten geblieben, von der Eurokri se, die nicht ganz vorbei ist, bis hin zu hoher Arbeitslosigkeit im Süden. Aber die Reformkräfte sind durch die Wahl nicht unbedingt nur gestärkt worden. Jede fünfte Stimme ging an Rechtsextreme, an Rechtspopulisten oder an Europakritiker.
Doch statt darüber zu diskutieren, warum das so ist, spielen in der Öffentlichkeit und in den Medien hauptsächlich Perso nalien eine Rolle. Die sind vielleicht auch nicht ganz unwich tig, aber die Lehren aus dieser Wahl sind andere. Sie lauten, dass wir uns verstärkt den Themen zuzuwenden haben, die die Bevölkerung am meisten bedrücken. Das ist, um ein Beispiel zu nennen, die Jugendarbeitslosigkeit – auch wenn BadenWürttemberg gewillt ist, da etwas zu tun. Über die Jugendga rantie in Europa wurde viel geredet, aber umgesetzt ist so gut wie noch nichts. Es wurden kaum Gelder abgerufen.
Was Europa nach außen betrifft, so gilt es vor allem alles zu tun, um zu einer Deeskalation beizutragen. Das gilt sowohl für den Nahen Osten, der an der Schwelle eines neuen Krie ges steht, als auch für die Ukraine. Statt nur über Sanktionen gegen Russland nachzudenken oder sie zu fordern – diese würden Baden-Württemberg ganz ungemein treffen –, lohnt es sich, auch einmal grundsätzlich über unser Verhältnis zu Russland nachzudenken, vor allem vor dem Hintergrund un serer gemeinsamen Geschichte.
Denn trotz des Zweiten Weltkriegs und seiner vielen Opfer ist die Bevölkerung Russlands uns gegenüber erstaunlich freund lich gesinnt. Das berichten viele Kommunen, die z. B. Part nerschaften mit Kommunen in Russland pflegen. Ich glaube, wir sollten die Partnerschaft zu Russland auch deutlicher pfle gen. Nach wie vor steht die deutsche Kultur dort hoch im Kurs. Es gibt gute Kontakte, besonders zwischen Baden-Würt temberg und Russland, und ich denke, dies eröffnet uns auch Chancen.
Wir sollten dabei nicht vergessen, dass Russland der eigent liche Verlierer des Falls des Eisernen Vorhangs war. Russland war damals versprochen worden, es werde keine Osterweite rung der NATO geben. Es kam bekanntlich anders, und genau dies hat zu manchen Verstimmungen geführt, und manche Be findlichkeiten lassen sich auch so erklären.
Es sind also Zweifel angebracht, ob Sanktionen wirklich wei terhelfen. Stattdessen befürworte ich eine Deeskalationsstra tegie und ein klares Bekenntnis, dass auch Russland ein Teil Europas ist. Sicherheit und Frieden kann es nur mit Russland und ganz sicher nicht ohne Russland geben. Gerade in diesen Tagen, in denen wir an den Beginn des Ersten Weltkriegs er innern, muss auch wieder einmal gesagt werden: Krisen las sen sich niemals militärisch lösen.
Zum zweiten Punkt, zum Thema Schweiz, möchte ich auch noch etwas sagen. In der zweiten Runde wird dann meine Kol legin Helen Heberer auf die Auswirkungen auf die Wissen schaft eingehen.
Es wurde gerade schon gesagt: Wir sind wirtschaftlich aufs Engste mit der Schweiz verflochten. Ich möchte eine Zahl nennen: Von den 57 000 deutschen Grenzgängern kommen allein 52 000 aus Baden-Württemberg. Nun ist durch das Re ferendum ein beachtlicher Flurschaden auf beiden Seiten ent standen. Schon vor der Umsetzung des Referendums ergeben sich erneut Probleme – besonders für baden-württembergi sche Handwerksbetriebe, die auch in der Schweiz tätig sind –, von denen wir eigentlich gedacht hatten, sie wären dem nächst erledigt. Das betrifft vor allem die flankierenden Maß nahmen zur Einhaltung von Mindestlohn- und Arbeitsschutz bestimmungen. Das ist eigentlich eine gute Geschichte, wenn man das nicht zu bürokratisch regelt.
Ich will einmal die Stichworte nennen: Doppelsanktionen, z. B. durch staatliche sowie durch kantonale Behörden – das kann man keinem unserer Betriebe klarmachen –, und Kauti onspflicht mit einem ständig wachsenden bürokratischen Auf wand. Ob solche Kautionen überhaupt mit einem Freizügig keitsabkommen vereinbar sind, daran habe ich zumindest mei ne Zweifel. Daher setzt sich die Schweiz eigentlich schon heu te über dieses Abkommen hinweg.
Jetzt ist Schadensbegrenzung angesagt. In unserem beidersei tigen Interesse muss man natürlich alles tun, damit der Zu gang zu den Arbeitsmärkten und die Möglichkeiten zu grenz überschreitenden Dienstleistungen erhalten bleiben. Noch gilt ja das Freizügigkeitsabkommen, und eine mögliche Kündi gung wäre sowohl für uns als auch für die Schweizer Seite kontraproduktiv.
Weder Baden-Württemberg noch die EU werden akzeptieren können, dass die Grenzgänger in die vorgesehenen Kontin gente einbezogen werden. Das widerspricht meiner Meinung nach ganz klar dem Freizügigkeitsabkommen. Daher kommt
eine Revision des Freizügigkeitsabkommens nicht infrage. Das müssen wir auch der Schweiz gegenüber klar zum Aus druck bringen: Unser Interesse muss es sein, dass nach der Verabschiedung eines entsprechenden Gesetzes dieses Gesetz einem erneuten Referendum unterliegt. Wir hoffen alle ge meinsam, dass dann die Geschichte anders ausgeht als beim letzten Mal.
(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Abschiedsrede! – Zuruf: Letzte Plenarsitzung!)
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich bedanke mich für diese wie immer sehr sorgfältige und ausführliche Berichterstattung. Europa wird nur dann die Akzeptanz der Bürger finden, wenn es sich mit deren Problemen auch beschäftigt.
Was sind die Probleme der Bürger? Da geht es z. B. um Ge währleistung und Sicherung bezahlbarer Energie. Das sind auch unsere Ziele. Doch die Situation ist schwierig. Die Kos ten für Energie sind schon jetzt viel zu hoch und für manche unbezahlbar. Deutsche Haushalte zahlen die zweithöchsten Strompreise in Europa, damit die Betreiber von Wind-, Son nen- und Biogasanlagen auch 20 Jahre lang Rendite machen können. Die deutsche Industrie zahlt im Vergleich zur franzö sischen Konkurrenz für die gleiche Leistung den doppelten Preis.
Hier sollte der Ausschuss darauf drängen, dass endlich ein echter europäischer Strombinnenmarkt realisiert wird. Wenn die Menschen frei wählen können zwischen deutschen und französischen Stromanbietern, wie sie wählen können zwi schen deutschen und französischen Buchhändlern, wird Ener gie nicht zur sozialen Frage der Zukunft. Diese Themen be wegen die Bürger.
Die Auswahl des Kommissionspräsidenten war – trotz from mer Wünsche von Herrn Schulz – ein Armutszeugnis. Das Postengeschacher der Regierungschefs hat uns wieder auf den Boden der Tatsachen gebracht: Überall Proporzdenken – Ost gegenüber West, Nord gegenüber Süd, konservativ gegenüber links, Frau gegenüber Mann. Diese Liste ließe sich beliebig fortführen. Dazu kommt, dass viele dieser Posten keinen Mehr wert bieten, sondern lediglich die hiermit bedachten Mit gliedsstaaten befrieden sollen.
Nein, diese Vorgänge zeigen, dass wir eine europäische Re gierung brauchen, die von Bürgern durch Wahlen legitimiert wird.
Uns, der FDP, ist wichtig, dass lediglich solche Fragen in Brüssel entschieden werden, für die wir nur gemeinsam in Eu ropa eine sinnvolle Lösung finden können. Die Mitgliedsstaa
ten sollen hingegen die Politikbereiche gestalten, die sie selbst besser und bürgernäher regeln können. Bislang gibt es EUKommissare für Bildung und Kultur sowie für Gesundheit, obwohl die Zuständigkeiten hierfür jeweils vor Ort liegen. Es gibt aber nach wie vor keinen Kommissar für Energienetze.
Deutschland und die Europäische Union benötigen außerdem eine Migrationspolitik, die wirtschaftspolitische Interessen mit unserem europäischen Wertesystem verknüpft. Europa muss zunächst einmal lernen, zwischen Zuwanderung und Asyl zu unterscheiden, um beiden Gruppen von Menschen ge recht zu werden. Für Asylsuchende brauchen wir in Deutsch land anstelle der Dublin-Verordnung eine gerechte Zuteilung ähnlich dem Königsteiner Schlüssel.
Um im Bereich der gesteuerten Zuwanderung die Menschen zu erreichen, die wir zur Sicherung der Zukunft der europäi schen Gesellschaft brauchen, müssen wir klare Regelungen schaffen. Aber auch eine Willkommenskultur und möglichst wenig Bürokratie sind wichtige Elemente im Wettbewerb um die klügsten Köpfe des Planeten.
Einen erfreulich breiten Raum nimmt die Entwicklungszu sammenarbeit ein. Wir unterstützen die Partnerschaft mit Bu rundi. Jetzt gilt es aber, diese Partnerschaft mit Leben zu er füllen.
Ein Thema von hoher Aktualität kommt in dem uns vorliegen den Bericht jedoch zu kurz: die Gemeinsame Sicherheitspo litik. Noch Ende letzten Jahres sprach die Bundeskanzlerin davon, dass europäische Sicherheitspolitik effizienter, sicht barer und wirksamer werden müsse. Die Realität ist hiervon weit entfernt, wie das traurige Bild im Konflikt um die Ost ukraine zeigt. Was ist das für eine Effizienz, was ist das für eine gesamteuropäische Sichtbarkeit, wenn ein Teil der Staa ten Sanktionen gegen Russland fordert, während gleichzeitig Franzosen und Engländer Militärgüter in das Land liefern und Länder im Süden und im Südosten die South-Stream-Erdgas pipeline weiter vorantreiben? Hier wird schmerzhaft sichtbar, dass Europa noch nicht so weit ist, wie wir es gern hätten.
Es ist an der Zeit, im Bereich der Sicherheits- und Verteidi gungspolitik Egoismen aufzugeben und Kompetenzen abzu geben. Gleichzeitig müssen wir aber auch darauf drängen, dass der damit verbundenen Verantwortung mit der gebotenen Ernsthaftigkeit begegnet wird. Das Amt des Kommissars für Internationale Sicherheitsfragen darf nicht dasselbe Schicksal realer Bedeutungslosigkeit erleiden, wie es die heutige Vize präsidentschaft für Außen- und Sicherheitspolitik erfahren musste.