Wir begehren nun, im Landesrecht eine solche Bestimmung mit dem Ziel zu verankern, dass spätestens ab 2016 keine
Dies ist der dritte Anlauf, den die Oppositionsfraktionen in diesem Haus unternehmen. Ich darf auf die Gesetzentwürfe der FDP/DVP-Fraktion, Drucksachen 15/503 und 15/3239, sowie auf den Gesetzentwurf der CDU-Fraktion, Drucksache 15/632, verweisen. Sie haben diese Initiativen in der Vergan genheit immer abgelehnt.
Das will ich Ihnen gern erklären, meine Damen und Herren. Die Ausgangslage hat sich nämlich mittlerweile verändert, wie das auch der Ministerpräsident – ich freue mich, dass er an seinem Platz ist –
Was ist denn der Unterschied? Bisher haben beide Koalitions parteien dreieinhalb Jahre lang erklärt, ständig erklärt – –
Herr Kollege Rülke, nachdem Sie es schon zum zweiten Mal angesprochen haben, frage ich Sie: Wussten Sie, dass der Herr Ministerpräsident lediglich vorgelaufen ist, um dem polnischen Botschafter grüß Gott zu sagen? Das gehört sich so. Dann ist er wieder an seinen Platz zurückgegangen.
Was ist der Unterschied, der jetzt mittlerweile eingetreten ist? Man hat uns dreieinhalb Jahre lang erklärt, die Erblast der schwarz-gelben Vorgängerregierung sei so dramatisch, dass man gar nicht anders könne, als bis 2020 neue Schulden zu machen. Es hieß, man habe ein strukturelles Defizit vorgefun den, dessen Schließung durch Einsparungen mindestens acht bis neun Jahre dauere.
Interessant ist, dass der Finanzminister mittlerweile erklärt, dieses strukturelle Finanzloch habe sich durch höhere Steuer einnahmen geschlossen. Das ist übrigens mein Lieblingszitat des Finanzministers. Es lautet: „Höhere Steuereinnahmen wir ken teilweise auch strukturell.“
Diese Aussage muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen. Das heißt so viel wie: Strukturelle Defizite bauen sich
automatisch ab, weil ja die Steuereinnahmen steigen und nie mals wieder absinken. Nur so kann man das verstehen, wenn jemand behauptet: Höhere Steuereinnahmen wirken teilwei se auch strukturell. Damit gibt er selbst zu, dass dieses angeb liche strukturelle Defizit, das Schwarz-Gelb hinterlassen ha be, erstunken und erlogen war. Dieses Defizit hat es gar nie gegeben. Davon hat sich jetzt auch Grün-Rot verabschiedet, meine Damen und Herren.
Aber wie dem auch sei – plötzlich hat der Finanzminister er klärt, ab 2016 sei es möglich, ohne Neuverschuldung auszu kommen. Daraufhin erklärt der Ministerpräsident, er mache nur dann mit, wenn dies kein Einmaleffekt sei, wenn BadenWürttemberg nicht nur einmalig im Jahr 2016 ohne neue Schulden auskomme; es müsse vielmehr in den Folgejahren auch funktionieren. Nun gut, wenn Sie erklären, es müsse in den Folgejahren auch funktionieren, dann meinen Sie wohl die Jahre 2017, 2018 und 2019. Ab 2020 greift ohnehin die Schuldenbremse des Grundgesetzes. Wenn dem so ist, meine Damen und Herren, dann frage ich mich wirklich: Was sollte Sie dann davor zurückhalten, unserem Vorschlag zuzustim men? Denn es geht nur um drei Jahre. Für diese drei Jahre liegt ja Ihre Absichtserklärung vor, ohne neue Schulden aus kommen zu wollen.
Auch die Haushaltsdaten sind entsprechend. Sie haben gut 3 Milliarden € an Rücklagen. Das macht deutlich, dass sämt liche Schulden, die Sie in dieser Legislaturperiode gemacht haben, im Grunde überflüssig gewesen sind. Sie hätten die ge samte Legislaturperiode ohne neue Schulden auskommen kön nen.
Darüber hinaus machen Sie neue Schulden in Höhe von 768 Millionen € und haben – das erfahren wir jede Woche – in fast allen Bereichen die Spendierhosen an, wenn Sie durch das Land marschieren und in allen Bereichen kräftig in Ihr Schatz kästlein greifen, um sozusagen die Stimmung in der Bevölke rung und bei vielen Interessengruppen Ihnen gegenüber ge wogen zu gestalten.
Im Übrigen bleibt es auch im neu gefassten Artikel 84 der Landesverfassung – so, wie wir uns das vorstellen – bei Aus nahmemöglichkeiten. Denn im Fall von Naturkatastrophen und außergewöhnlichen Notsituationen besteht weiterhin die Möglichkeit, neue Schulden aufzunehmen. Wenn Sie die Re gelung nicht wollen, dann müssen wir annehmen, dass die grün-rote Landesregierung selbst von Ihnen als außergewöhn liche Notsituation verstanden wird.
Es besteht Handlungsbedarf. Pricewaterhouse Coopers hat im Sommer 2014 die Haushaltssituation in Baden-Württemberg folgendermaßen beschrieben – ich zitiere –:
Das macht deutlich, dass Ihre Haushaltspolitik in keiner Wei se solide ist, dass es auch keine Erblast gegeben hat, sondern dass Sie es sind, die, seit Sie an der Regierung sind, in erheb
Im Vergleich der Entwicklung der Zuschussbedarfe seit 2010 verzeichnete Baden-Württemberg die höchsten Auf wüchse,...
Das ist alles andere als ein Lob, meine Damen und Herren. Sparen sieht anders aus als das, was Sie ins Stammbuch ge schrieben bekommen haben.
Wenn es Ihnen also mit der dauerhaften Nullneuverschuldung ernst ist, so, wie Sie es in der Öffentlichkeit für die Jahre 2016 und folgende angekündigt haben, dann können Sie gar nicht anders, als unserem Gesetzentwurf zuzustimmen. Sollten Sie allerdings diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen, dann wird deutlich, was Sie eigentlich im Schilde führen. Dann wollen Sie nämlich nur im Wahljahr 2016 einen ausgeglichenen Haus halt vorlegen, um vor den Wählerinnen und Wählern gut da zustehen, und wollen sich die Hintertür offenhalten, in den Jahren 2017 bis 2019 im Fall einer erfolgreichen Wiederwahl wieder neue Schulden machen zu können. Das ist das eigent liche Ziel, das Sie im Schilde führen, wenn Sie diesen Gesetz entwurf ablehnen.
Vor diesem Hintergrund sind wir sehr gespannt, wie Sie, mei ne Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, sich zu diesem Gesetzentwurf stellen. Sie haben zwei Möglichkeiten. Entweder Sie stimmen zu; dann ist es ehrlich gemeint, dass Sie ab dem Jahr 2016 keine neuen Schulden mehr machen wollen. Oder Sie lehnen ihn ab; dann reißen Sie sich die Mas ke vom Gesicht
und zeigen, dass Sie im Fall einer erfolgreichen Wiederwahl zu der Schuldenpolitik zurückkehren wollen, die Sie seit 2011 auszeichnet.
Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen und Kollegen! Die CDU ist uneingeschränkt für die Schul denbremse. Eine Lockerung der Schuldenbremse des Grund gesetzes kommt für uns nicht in Betracht. Sie wurde mit ei ner Zweidrittelmehrheit im Bundestag und im Bundesrat ins Grundgesetz aufgenommen. Wir wollen nun, dass sie ihre be absichtigte Wirkung auch entfalten kann.
Bei der Schuldenbremse gibt es Ausgleichssysteme. Das Land Baden-Württemberg zahlt eine halbe Milliarde Euro als Kon
solidierungshilfe. Insgesamt fließen bis 2019 7,2 Milliarden € an Entschuldungshilfen an die Länder Bremen, SchleswigHolstein, Berlin und Saarland. Es muss also allen Ländern, auch Baden-Württemberg, möglich sein, die Schuldenbrem se einzuhalten. Deswegen kommt für uns eine Lockerung der Schuldenbremse nicht in Betracht.
Darüber hinaus wollen wir – darin sind wir uns mit der Re gierung und dem Bundesfinanzminister einig – mehr Steuer gesetzgebungshoheit für die Landtage ab 2019. Wir wollen, dass Länder dafür verantwortlich sind, wenn sie Schulden ma chen. Die Schulden von heute sind die Steuern von morgen. Das ist ein alter Lehrsatz.
Unser Steuersystem ist völlig überzentralisiert, und zwar seit nahezu 100 Jahren. Der Staatsrechtler Hans-Peter Schneider hat herausgefunden, dass in keinem anderen Bundesstaat der Welt die Autonomie der Teilstaaten und ihrer Parlamente bei Steuern und Finanzen so gering wie in Deutschland ist.
Deswegen ist Finanzminister Schmid auf dem richtigen Weg. Wir können ihm empfehlen: Er soll in der SPD seine Meinung durchsetzen. Dann kommen wir noch in dieser Legislaturpe riode des Bundestags zu einer entsprechenden Grundgesetz änderung. Also, Herr Schmid: Auf, los, machen Sie das! Lei der ist er nicht da, aber sein Staatssekretär kann es ihm wei tergeben.