Wolfgang Drexler
Sitzungen
15/1
15/7
15/18
15/21
15/23
15/25
15/26
15/27
15/41
15/49
15/58
15/63
15/83
15/94
15/107
15/110
15/150
Letzte Beiträge
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Am 5. November 2014, al so vor 16 Monaten, wurde der Untersuchungsausschuss „Rechtsterrorismus/NSU Baden-Württemberg“ eingesetzt. Viele von Ihnen werden sich noch daran erinnern, in welcher Situation sich die vorhergehende Enquetekommission befun den hat. Es hat sich aber gezeigt, dass man den Auftrag zur Aufklärung der Geschehnisse im Zusammenhang mit der Ter rorgruppe NSU vom ersten Arbeitstag des Untersuchungsaus schusses an ernst genommen und sämtliche parteipolitischen Streitigkeiten hintangestellt hat. Es heißt immer, ein Untersu chungsausschuss sei ein Kampfinstrument, das schärfste Schwert der Opposition. Wir haben gemeinsam über alle Frak tionen hinweg das Kampfinstrument genutzt, um Licht ins Dunkel zu bringen.
Das Ergebnis dieser gemeinsamen Anstrengungen liegt nun vor uns und weist eigentlich schon statistisch Rekorde auf. Ich möchte nur einen Rekord nennen: In weniger als zwölf Mo naten haben wir in 39 Sitzungen 136 Zeugen und 18 Sachver ständige vernommen, darunter mehrere mehrfach. Was vor al lem aber rekordverdächtig ist, ist für mich die vertrauensvol le Zusammenarbeit in diesem Ausschuss. Neben der Einstim migkeit in der Bewertung des Untersuchungsausschussergeb nisses haben wir von Anfang an alle 140 Beweisbeschlüsse einstimmig beschlossen, zwei davon teilweise mit Enthaltun gen.
Für diese Arbeit im letzten Jahr möchte ich mich bei allen Be teiligten herzlich bedanken. Dank an Kolleginnen und Kolle gen in diesem Haus wird recht selten ausgesprochen; ich möchte das heute einmal tun. Ich danke vor allem den Obleu ten des Untersuchungsausschusses, den Kollegen Pröfrock, Filius, Sakellariou und Professor Dr. Goll und allen anderen
Mitgliedern und stellvertretenden Mitgliedern des Ausschus ses sowie den parlamentarischen Beratern, die dies überhaupt mit ermöglicht haben.
Auch der Landtagsverwaltung möchte ich für ihre große Un terstützung danken, namentlich dem Juristischen Dienst mit dem Ausschusssekretariat, dem Stenografischen Dienst ganz besonders sowie den vielen anderen Mitarbeitern, namentlich der Haustechnik und des Hausdienstes. Ein großer Dank gilt auch den Beamtinnen und Beamten der Landesregierung und insbesondere der Staatsanwaltschaft Stuttgart und der Ermitt lungsgruppe „Wasen“, mit der im Todesfall Florian H. ein Ko operationsverhältnis vereinbart wurde, das mustergültig funk tioniert hat.
Daneben möchte ich mich bei allen anderen beteiligten Stel len bedanken, die uns überaus kurzfristig im Wege der Amts- und Rechtshilfe umfassende Akten zur Verfügung gestellt ha ben, insbesondere allein aufgrund der Fülle beim Oberlandes gericht München und bei der Bundesanwaltschaft. Ein beson derer Dank gilt auch den Sachverständigen des Untersu chungsausschusses, insbesondere Herrn Professor Dr. von Heintschel-Heinegg, der für den Untersuchungsausschuss un zählige Akten gesichtet hat.
Das Ergebnis dieser gemeinsamen Anstrengungen: Allein der öffentliche Berichtsteil ohne Anlagen umfasst knapp 1 000 Seiten. Ich denke, wir haben aber auch vor allem inhaltlich in der Aufklärung bisher einiges vorzuweisen. Man sollte nur noch einmal vergleichen, wo wir im Herbst 2014 mit unseren Erkenntnissen und Einschätzungen, aber auch mit den Speku lationen standen. Die Obleute werden nachher in ihren Reden auf die Ergebnisse im Detail eingehen.
Am Ende unseres Berichts folgen zahlreiche Beschlussemp fehlungen. Davon möchte ich folgende drei Komplexe her vorheben:
Erstens: Es darf keine Form politisch motivierter Kriminali tät und keine Form extremistischen Gedankenguts in unseren Sicherheitsbehörden bagatellisiert werden. Es geht nicht an, eindeutig rechtsextreme Handlungen als populistisch zu ver harmlosen oder durch Alkoholkonsum rechtfertigen zu wol len.
Zweitens: Wir wollen dazu die Sicherheitsbehörden stärken. Es gilt, ihre Analysefähigkeit zu verbreitern. Erkenntnissper ren und zu frühes Festlegen auf einzelne Ermittlungsansätze müssen verhindert werden.
Dazu regen wir einige Maßnahmen an: Es bedarf der offenen, verbesserten Zusammenarbeit des Verfassungsschutzes und der Polizei auf allen Ebenen. Die Aus-, Fort- und Weiterbil dung und die interkulturelle Kompetenz auch für Justiz und Polizei müssen weiter gestärkt und verstetigt werden. Schließ lich fordern wir den rücksichtsvollen Umgang der Sicherheits behörden mit Opfern und Angehörigen ein, etwa auch durch die Vermittlung von Seelsorge und psychologischer Beratung.
Zuletzt möchte ich aber darauf hinweisen, dass es trotz aller Anstrengungen im Ausschuss nicht gelungen ist, alle Fragen zu klären. Der Untersuchungsausschuss hat schon in seiner 32. Sitzung am 30. Oktober 2015 gemeinsam festgestellt, dass er einige Fragen wegen der notwendigen Gründlichkeit der Beweisaufnahme nicht mehr bearbeiten kann.
Ich möchte dies an folgenden Komplexen festmachen:
Erstens: Zum Mordanschlag in Heilbronn ist noch zu klären, ob Angehörige von amerikanischen Sicherheitsbehörden auf der Theresienwiese zumindest im Umfeld des Mordanschlags anwesend waren.
Zweitens: Der große wichtige Komplex „Beziehungen des NSU nach Baden-Württemberg“ konnte in der verbliebenen Zeit mit Ausnahme kleinerer Teilkomplexe nicht mehr begon nen werden.
Wir haben eine interne Sammlung möglicher Ansatzpunkte aus der bisherigen Ausschussarbeit, die dafür von Bedeutung sein könnten: über 100 Personen, 25 Bands, über 20 Organi sationen, sechs Firmen, ebenso viele Rockergruppierungen, sieben Szenetreffs und neun herausgehobene rechtsextreme Veranstaltungen.
Damit zusammen hängt auch die Frage nach weiteren An schlagszielen und Aufenthalten von NSU-Mitgliedern in Ba den-Württemberg. Ebenso sollten wir damit die Frage verbin den: Wie überhaupt erfolgte die Rekrutierung und Radikali sierung gerade bei den Personen im Umfeld des NSU mit Be zügen nach Baden-Württemberg? Waren die vorhandenen Strukturen der Präventionsarbeit nicht effektiv genug?
Liebe Kolleginnen und Kollegen, vieles erinnert uns heute an die rechte Gewalt der Neunzigerjahre. Genau zu diesem Zeit punkt haben sich Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe im Hass gegen Flüchtlinge radikalisiert, und an schließend sind sie in den Untergrund gegangen. Heute erle ben wir eine gewaltige Zunahme rechtsextremer Straftaten. 2015 ist die Zahl dieser Straftaten um 30 % auf 13 850 gestie gen. Darunter gab es 921 rechtsextreme Gewalttaten mit fast 700 Verletzten. Dies war eine Verdopplung. Das heißt, wenn Sie das umrechnen, ereignen sich bei uns täglich 37 rechtsex treme Straftaten, davon drei bis vier rechtsextrem motivierte Gewalttaten, meist mit fremdenfeindlichen Motiven. Verge genwärtigen Sie sich das alle einmal. Ich hätte mir fast 70 Jah re nach Beendigung des Zweiten Weltkriegs nicht vorstellen können, dass so etwas in der Bundesrepublik Deutschland möglich ist.
Das BKA und der Verfassungsschutz gehen mittlerweile so gar von einer wachsenden Gefahr durch einen neuen rechts extremen Terrorismus aus. Eine kleine, aber wachsende ge sellschaftliche Minderheit radikalisiert sich. Das Bundeskri minalamt fürchtet eine weitere Zunahme rechtsextremer Ver brechen. Die Hemmschwelle für Gewalt und schwere Straf taten sinkt. Das bedroht unsere Gesellschaft insgesamt.
Einer unserer Sachverständigen hat dem Land Baden-Würt temberg dringend empfohlen, ein Programm gegen Rechtsex tremismus aufzulegen, in dem wir nicht nur Projekte unter stützen, sondern in die Regelstrukturen von Bildung und Er ziehung hineinkommen. Dies wird viel Geld kosten, und des halb sollten wir im neuen Landtag dringend über ein solches Programm in Baden-Württemberg reden.
Gegen Verunsicherung, gegen Angst, aber auch gegen Ver schwörungstheorien müssen wir weiter die besonnene, gründ liche und überparteiliche Aufklärung setzen. Dies gilt gerade
für die Bereiche des NSU-Komplexes, die in unserem Land noch nicht vollständig ausgeleuchtet sind. Wir müssen wei terhin gemeinsam das schärfste Schwert des Parlaments da für einsetzen, Licht ins Dunkel zu bringen. Das sind wir den Opfern und ihren Angehörigen, aber auch allen, die bei uns neu ihre Heimat gefunden haben, schuldig.
Aus diesem Grund werde ich zusammen mit dem Ausschuss büro den Fraktionen bis Ende Februar den Entwurf eines Ein setzungsbeschlusses für einen neuen Untersuchungsausschuss im neu gewählten Landtag zukommen lassen. Damit soll ein klares Zeichen gesetzt werden: Die notwendige Aufklärungs arbeit geht ohne Zeitverlust weiter. Die personellen und orga nisatorischen Voraussetzungen haben wir dafür bereits in al len Fraktionen und in der Verwaltung geschaffen. Die Akten sind hier, das jetzt angesammelte Fachwissen ist hier. Lassen Sie uns also weiter so zusammenarbeiten, für die Aufklärung und für die Menschen in unserem Land.
Vielen Dank.
Ja.
Herr Kollege Rülke, nachdem Sie es schon zum zweiten Mal angesprochen haben, frage ich Sie: Wussten Sie, dass der Herr Ministerpräsident lediglich vorgelaufen ist, um dem polnischen Botschafter grüß Gott zu sagen? Das gehört sich so. Dann ist er wieder an seinen Platz zurückgegangen.
Frau Staatsministerin, ich stel le Ihnen jetzt eine Frage, die vielleicht ein bisschen schwer zu beantworten ist.
Das Bundesverfassungsgericht hat Abgeordnete zu Staatsver tretern erklärt. Dies halte ich für ziemlich problematisch. Wir sind keine Staatsvertreter, sondern gewählte Vertreter der Bür gerschaft
Volksvertreter –, aber es verfestigt sich in dieser Gesellschaft zunehmend der Eindruck, wir verträten den Staat. Das ist aber nicht so.
Können Sie sich erklären – ich räume ein, dass auch Ihnen das Urteil erst seit Kurzem vorliegt –, warum das Bundesverfas sungsgericht den dramatischen Schritt – so empfinde ich es – gemacht hat, Abgeordnete zu Staatsvertretern zu erklären und sie damit wie Regierungen in Vertretungsorganen, wie z. B. in Gremien des SWR, zu behandeln? Das ist eine völlig an dere Darstellung eines Abgeordneten, der sich nicht als Staats vertreter fühlt.
Herr Kollege Sakellariou, Sie kennen die Geschäftsordnung genauso gut wie jeder andere in diesem Saal. Darin steht, dass in den Plenarsitzungen zu erst die Aktuellen Debatten geführt und dann die Gesetzent würfe behandelt werden. Wenn Sie auf die Tagesordnung für die heutige Sitzung sehen, dann erkennen Sie, dass darauf ne ben den Aktuellen Debatten und der Regierungsbefragung ausschließlich die Behandlung von Gesetzentwürfen in Ers ter und Zweiter Beratung steht.
Herr Kollege Dr. Birk, stim men Sie mir zu, dass die letzte Reform der Finanzaufteilung zwischen Ländern und Bund Mitte der Neunzigerjahre statt fand und dass es seither keine Neuaufteilung der Mehrwert steuer gibt, und dass alle Bundesländer, auch im Zuge der Fö deralismusreform – da war u. a. auch Ministerpräsident Oet
tinger dabei –, gefordert haben, dass die Länder mindestens einen Umsatzsteuerpunkt mehr erhalten, damit sie die Aufga ben im Hochschulbereich und in der Schule mit mehr Ganz tagsschulen überhaupt leisten können? Ist Ihnen das bekannt? Deswegen hat das sehr wohl etwas miteinander zu tun.
Herr Minister, nach Ihren Aus führungen hat Herr Kefer der Fraktion GRÜNE und der SPDFraktion wahrscheinlich unterschiedliche Informationen ge geben.
Das können wir ja feststellen. Das würde mich jetzt schon interessieren.
Uns hat Herr Kefer klar und deutlich gesagt: 1,1 Milliarden € soll die Deutsche Bahn übernehmen, und die 1,2 Milliarden € sollen die vier Projektpartner insgesamt zu verhindern versu chen.
Er hat die 1,2 Milliarden € nicht auf das Land und die ande ren Projektpartner geschoben. Das ist ein großer Unterschied, wenn man weiß, was in den 1,2 Milliarden € drin ist.
Meine Verletzung am Fuß hat nichts mit meinem neuen Amt als Präsident des Schwäbischen Turnerbunds zu tun.
Ja, genau. Auch beim Abflug, um das Thema gleich aufzu greifen.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die SPDFraktion hat den Antrag zum Thema „Folgen des Staatsver trags über die Auswirkungen des Betriebs des Flughafens Zü rich auf Baden-Württemberg“ auf die Tagesordnung setzen lassen, weil wir der Meinung sind, dass es an der Zeit ist, dass der Landtag zu diesem Thema eine politische Erklärung ab gibt.
Wir sind der Meinung, dass es vier Monate nach der Unter zeichnung des Staatsvertrags durch Bundesverkehrsminister Ramsauer und die zuständige Ministerin der Schweiz sowie nach öffentlichem Schlagabtausch unterschiedlichster Güte jetzt an der Zeit ist, dass wir gemeinsam – das erkennen Sie an dem gemeinsamen Änderungsantrag – zu einer politischen Erklärung in Richtung Berlin kommen, die dann eine Wucht entwickelt, sodass über diesen Staatsvertrag weder im Bun destag noch im Bundesrat abgestimmt wird. Das wäre das Beste. Wenn über den Staatsvertrag abgestimmt wird, sollte er abgelehnt werden und nicht in Kraft treten.
Die SPD-Fraktion hatte vor vier Wochen eine Veranstaltung in Südbaden, und zwar mit Vertretern der Kommunen, aber auch mit Vertretern der Bürgerinitiative. Wir haben damals als Auftrag mitgenommen, wir sollten uns darum kümmern, dass im Landtag einmal eine Erklärung verabschiedet wird – was wir heute machen wollen –, und auch die Bundestagsabgeord neten aller hier im Haus vertretenen Parteien zu einer gemein samen Lösung einladen.
Unser Fraktionsvorsitzender Schmiedel hat dann für den 30. Oktober zu einem Treffen eingeladen. Leider konnten die Landesvorsitzende der FDP und der Landesvorsitzende der CDU aus Termingründen nicht teilnehmen. Dort ist zum ei nen das beschlossen worden, was wir in Abschnitt III des Än derungsantrags, den wir Ihnen heute vorlegen, festgehalten haben. Das war der Beschluss dieses Gremiums.
Zum anderen haben wir mit Freude zur Kenntnis genommen, dass die Landesgruppen der Bundestagsabgeordneten der CDU und der FDP auch erklärt haben, im Bundestag gegen diesen Staatsvertrag zu stimmen.
Wenn man das alles zusammenzählt, dann hätte das Vorhaben der Bundesregierung keine Mehrheit im Bundestag. Vielleicht führt das dazu, dass sie diesen Staatsvertrag gar nicht erst ein bringt, wenn wir dies politisch so bündeln können.
Ich will jetzt nicht alle Einzelheiten der Debatten der letzten vier Monate aufgreifen, weil wir heute, wie ich finde, ziem lich machtvoll eine gemeinsame Erklärung zugunsten der Be völkerung des südbadischen Teils unseres Landes verabschie den wollen. Aber ich möchte schon noch einmal darauf hin weisen, damit es in der Öffentlichkeit deutlich wird: Es gibt eine Stuttgarter Erklärung. Die haben wir alle zur Grundlage unserer Politik gemacht, und wir haben sie auch in unseren Koalitionsvertrag aufgenommen. In dieser Stuttgarter Erklä rung sind bestimmte Bedingungen für den Staatsvertrag vor geschlagen worden. Von uns ist auch immer wieder gefordert worden, diese Stuttgarter Erklärung zur Grundlage der Ver handlungen zu machen.
Nun können CDU, Grüne, FDP und SPD natürlich sagen, wie sie diesen Staatsvertrag einordnen. Ich mache es heute so, dass ich die Schweizer Seite als Kronzeugen heranziehe. Die Schweizer Seite war übrigens bei den Verhandlungen sehr gut aufgestellt. Glänzendes Handwerk, das haben sie qualitätsvoll durchgezogen. Ich hatte den Eindruck, dass unser Bundesver kehrsminister bei diesem Thema etwas überfordert war. Ich sage das jetzt sehr sanft, weil wir ja eine gemeinsame Erklä rung verabschieden wollen.
Dazu kann ja die Landesregierung noch etwas sagen. – Aber klar war: Der Bundesverkehrsminister hat unterschrieben.
Jetzt will ich nur noch einmal sagen: Die Schweizer Regie rung hat eine Vernehmlassung gemacht. Das finde ich ganz toll: Die Schweiz hält immer dann, wenn sie einen Staatsver trag paraphiert, fest, welche Auswirkungen dieser Staatsver trag hat. Jetzt sage ich Ihnen: Die Forderungen der Stuttgar ter Erklärung wurden bei diesem Vertrag in keinem Fall er füllt, sie wurden nicht einmal im Kompromiss erfüllt.
Schauen wir uns die Bedingungen im Einzelnen an. Zahl der langfristig möglichen Nordanflüge über Deutschland: nach der Stuttgarter Erklärung maximal 80 000 pro Jahr; jetzt, nach dem Vertrag, sind bis zu 110 000 pro Jahr möglich. Ein ge kröpfter Nordanflug ist nach der Stuttgarter Erklärung nicht möglich, jetzt durch diesen paraphierten Vertrag aber zuge lassen. Zahl der Stunden für Nordanflüge – also Einflug über Deutschland – zum Schweizer Flughafen: nach der Stuttgar ter Erklärung maximal 56 Stunden pro Woche, jetzt 75,5 Stun den pro Woche. Warteraum RILAX – das ist der Bereich über Donaueschingen, wo die Flugzeuge warten, bis sie landen dür fen –: nach der Stuttgarter Erklärung Aufhebung, jetzt soll die ser weiterhin bestehen bleiben. Mindestflughöhe für Anflüge über Deutschland: nach der Stuttgarter Erklärung 3 600 m, im neuen Vertrag 2 400 m.
Die Übergangsfrist ist nach der Stuttgarter Erklärung jeder zeit veränderbar, nach dem neuen Vertrag beträgt sie sieben Jahre. Eine Kündigung ist nach dem Vertrag bis 2030 ausge schlossen, nach der Stuttgarter Erklärung jederzeit möglich. Abflüge über das deutsche Gebiet sind nach der Stuttgarter Erklärung nicht möglich, aber nach dem neuen Vertrag, den Herr Ramsauer unterschrieben hat, wäre jederzeit ein Abflug möglich; die Abflughöhe ist sogar noch reduziert worden.
Ich stelle hier fest – ich beschimpfe die Schweiz gar nicht; ich finde es sogar toll, dass sie aufgezeigt hat, welche Bedeutung dieser Vertrag für die Schweiz hat, und uns diese Liste ge schickt hat –: Keine einzige Forderung der Stuttgarter Erklä rung ist in diesem Staatsvertrag enthalten. Keine einzige! Man könnte sich noch darüber unterhalten, wenn von acht oder neun Forderungen vier oder fünf berücksichtigt worden wä ren. Aber nichts dergleichen ist enthalten. Deswegen können wir Sozialdemokraten diesem Vertrag nicht zustimmen.
Ich bin froh, dass wir heute Morgen dazu noch den gemein samen Änderungsantrag einbringen. Ich hoffe, dass wir die sen einstimmig beschließen, sodass wir eine starke politische Äußerung in Richtung Berlin abgeben und damit auch den südbadischen Teil unseres Landes schützen sowie der Bevöl kerung deutlich machen, dass wir hinter ihren Forderungen stehen.
Vielen Dank.
Herr Präsident, liebe Kollegin nen und Kollegen! Zuerst möchte ich ein Dankeschön an die Landesregierung richten: Wir sind der einzige Landtag, der vor dieser historischen Abstimmung im Bundesrat über den Fiskalpakt diskutiert. Das ist eine Leistung, die man anerken
nen muss. Daher auch von unserer Fraktion recht herzlichen Dank dafür.
Ich habe meine ursprünglich vorbereitete Rede nun etwas zur Seite gelegt, weil ich, Herr Kollege Hauk, ein bisschen auf Ih re Ausführungen eingehen möchte. Auch möchte ich mich noch einmal mit der Bund-Länder-Diskussion bezüglich des Themas Fiskalpakt auseinandersetzen.
Die Frau Bundeskanzlerin hat einen Fiskalpakt unterschrie ben, der offensichtlich nicht unserer Schuldenbremse ent sprach – obwohl sie möglicherweise davon ausgegangen ist, dass dies exakt unserer Schuldenbremse entspricht. Anders kann ich das Verhalten des Bundesfinanzministers nicht ver stehen, der diesen Pakt so für die Länder umgearbeitet hat, dass darin nun mindestens zwei Verfassungsverstöße einge arbeitet sind. Denn Artikel 143 d des Grundgesetzes schreibt eben die Schuldenbremse vor, die wir haben. Wer eine ande re Schuldenbremse will, muss das Grundgesetz verändern. Das hat der Finanzminister am Anfang jedoch überhaupt nicht eingesehen. Er hat gesagt: „Jetzt machen wir andere Pfade. Die Länder müssen mehr sparen.“ Das geht natürlich nicht. Insofern schließe ich mich dem Lob an Herrn Schäuble nicht an.
Nein, nein. Es geht nicht um die Frage der Zweidrittelmehr heit; es geht um die Änderung des Grundgesetzes.
Das ist keine rechtstechnische Frage. Herr Kollege Mack, eine Partei, die im letzten Jahr die Verfassung des Landes ge brochen hat,
sollte jetzt endlich einmal damit aufhören, gesetzestechnisch zu reden.
Insofern, Herr Hauk, sind wir froh, dass die Mitglieder der Landesregierung – angefangen bei Minister Friedrich über den Minister für Finanzen und Wirtschaft bis hin zum Minister präsidenten – in den Verhandlungen wie auch in öffentlichen Stellungnahmen deutlich gemacht haben, dass es für das Land Baden-Württemberg nicht darum geht, möglichst viel zu er halten, einen „Basar“ zu machen, sondern dass es zuerst ein mal darum geht, die Gesetze und die Verfassung – auch die Verfassung unseres Landes – einzuhalten und damit die Haus haltsautonomie, das höchste Recht des Landtags von BadenWürttemberg, zu erhalten. Dafür, dass sie das gemacht haben, gebührt ihnen ein großer Dank.
Der Herr Ministerpräsident war ja so fair, all seine Kollegen da mit hineinzunehmen. Natürlich gab es welche, die einen „Basarhandel“ begonnen haben; das muss man hier sagen. Es waren Ministerpräsidenten der Union. Herr Seehofer hat noch in der vergangenen Woche gesagt, der Freistaat werde dem Fiskalpakt nur zustimmen, wenn der Verkehrshaushalt des Bundes mit 1,5 Milliarden € derart ausgestaltet wird, dass die bayerischen Verkehrsprojekte – und zwar alle – in den nächs ten zehn Jahren umgesetzt werden können.
Da war der Basar eröffnet. Das war eine Ungeheuerlichkeit. Mit solchen Vorschlägen wird die Ernsthaftigkeit der Anlie gen des Föderalismus natürlich kaputt gemacht.
Unsere Landesregierung hat streng daran gearbeitet, zum ei nen die Unabhängigkeit des Landtags von Baden-Württem berg in Haushaltsangelegenheiten zu wahren und zum ande ren den Teil des Fiskalpakts, der die Kommunen betrifft, zu ändern und die Kommunen in vier Bereichen, die schon öfter angesprochen worden sind, zu entlasten. Das war die richtige Maßgabe. Wir müssen aufpassen, dass Verhandlungen zwi schen Bund und Ländern in der Öffentlichkeit, auch durch Pressemitteilungen, nicht so dargestellt werden, als gäbe es neben der Sache an sich noch bestimmte Geschäfte, mit de nen man die Zustimmung erkaufen kann. Das halten wir für falsch, und das schadet auch dem Föderalismus, liebe Kolle ginnen und Kollegen.
Das ist in diesem Fall nur und ausschließlich von Minister präsidenten der Union erfolgt.
Das Zweite: Sie haben angedeutet, dass Sie im Grunde ge nommen der Auffassung sind, die Landesregierung sei nur deshalb so vorgegangen, weil sie nicht mehr sparen wolle. Die Landesregierung von Baden-Württemberg wie im Übrigen al le Landesregierungen – das gilt auch für Herrn Seehofer – können an den Bundesrat überhaupt keine Rechte der Landes parlamente abgeben.
Nein, das habe ich nicht unterstellt. Ich habe Ihnen das nicht unterstellt. Ich habe es in Bezug auf Herrn Seehofer gesagt. Denn er hat ja nichts in Bezug auf die Verfassung gesagt.
Es geht mir einfach darum, noch einmal Folgendes deutlich zu machen: Der Ministerpräsident hatte für die Landesregie rung gar keine andere Möglichkeit. Die andere Möglichkeit wäre gewesen, alle 16 Landtage zu befragen – alle 16 Land tage!
Da war der Bund sofort erschrocken, als der Ministerpräsi dent im Fernsehen gesagt hat, er müsse halt seinen Landtag fragen. Dann ist bei Herrn Schäuble sofort alles zusammen gefallen, und er hat plötzlich andere Vorschläge aufgetischt.
Es hätte ja mindestens ein halbes Jahr gedauert, wenn alle Landtage über ihre Haushaltsrechte diskutiert hätten. So ge sehen war es richtig, so zu verfahren, und die Erfolge können sich auch sehen lassen.
Kommen wir zu den Erfolgen. Herr Kollege Hauk, ich ver stehe nach wie vor nicht, warum Sie diesen Antrag nicht mit unterzeichnet haben. Ich hoffe, dass Sie nachher zustimmen. Denn im baden-württembergischen Landtag war es eigentlich immer so, dass Oppositionsfraktionen die Rechte des Landes in Fragen wie Landesverfassung oder Auseinandersetzungen mit dem Bund über ihre eigene Ideologie gestellt haben. Das sieht man am Ministerpräsidenten; das sieht man an mir. Wir haben bei den Verhandlungen über den Föderalismus immer die Interessen des Landes stärker vertreten als beispielsweise zentrale Forderungen der Grünen oder der SPD. Insofern wä re es gut, wenn auch Sie heute ein Zeichen setzen könnten. Wenn Sie sich die vier Bereiche ansehen, die im Antrag ge nannt sind, kann man eigentlich nicht gegen eine Finanztrans aktionssteuer sein. Die steht da drin. Ich meine, Sie haben sich in Berlin lange dagegen gewehrt, dass sie hineinkommt.
Natürlich, alle. Alle haben sich dagegen gewehrt. Jetzt ha ben wir sie, und sie ist doch auch richtig.
Herr Kollege, neun EU-Länder, darunter die vier größten Flächenstaaten Europas, haben sich zusammengeschlossen, um die Transaktionssteuer einzuführen. Man geht davon aus, dass sie 35 Milliarden € erbringt. Der Antrag auf verstärkte Zusammenarbeit ist schon gestellt, und gestern hat die Frau Bundeskanzlerin wohl erklärt, man könnte dieses Geld dann auch für Wachstumsmaßnahmen in Europa ausgeben, also nicht für die Haushalte –
eine tolle Geschichte, nachdem bis vor zwei Jahren das Wort „Wachstum“ im Hinblick auf europäische Anliegen überhaupt nicht aus dem Mund der Bundeskanzlerin kam. Diese Verän derung Ihrer Politik in Berlin, Herr Hauk, die Abkehr von der eindimensionalen Politik ausschließlich mit dem Schwerpunkt Sparen und sonst nichts haben SPD und Grüne im harten Ver handlungsstil erreicht. Es hat eine Veränderung der Position der Bundesrepublik Deutschland gegeben.
Frau Sitzmann hat es gerade gesagt: Generationen von jungen Leuten in Griechenland, in Italien und in Spanien erleben Eu ropa zurzeit nur so, dass die Deutschen, allen voran Frau Mer kel, auf Spardiktaten bestehen und sie Ausbildungsplätze ver lieren und keinen Arbeitsplatz bekommen. Das wird zurzeit mit Deutschland identifiziert.
Reden Sie nicht von „Quatsch“, lesen Sie spanische Zeitun gen.
Wenn Sie das jetzt durch einen Hoffnungsschimmer ergänzen und zum Ausdruck bringen, dass die Deutschen auch der Auf fassung sind: „Jetzt muss Wachstum her, um Ausbildungsplät ze zu schaffen“, dann werden wir endlich mit Sparen, aber auch mit Zukunft in Europa identifiziert. Das haben wir er reicht, und das ist auch richtig.
Im Übrigen basiert das auch nicht auf Schulden, sondern 80 Milliarden € für Maßnahmen, die in Programmen der EU liegen, sollen umgewidmet werden. Wenn Sie die 35 Milliar den € aus der Transaktionssteuer hinzunehmen, sind es 115 Milliarden €, die zur Verfügung stehen. Das ist eine ganz an ständige Summe, und ich finde es auch richtig, dass Sie jetzt die Botschaft aussenden, dass wir eine Veränderung vorneh men.
Insofern war Ihre Rede ein bisschen veraltet, weil Sie nur über das Sparen gesprochen haben. Dafür sind wir auch.
Aber diese Haltung muss zusätzlich noch von Wachstum ge prägt sein. – Herr Hauk, seit 1967 setzen alle Bundesregie rungen, wenn es schwierig wird, auf Sparen und Wachstum, auf Konjunkturprogramme – alle! Warum wollen Sie diese Möglichkeiten nicht auch anderen Ländern in der Eurozone mit unserer Unterstützung geben? Wir haben das immer ge macht. Also müssen wir diese Hoffnung doch auch in Europa verkünden, dass wir dort auch Konjunkturprogramme brau chen.
Also, ich muss sagen, die Bundesrepublik Deutschland steht doch recht gut da.
Ich hoffe, dass das so bleibt. Sie wollen es doch nicht her unterreden? Wir sind der Auffassung, es soll so bleiben, und daran arbeiten wir ja auch.
Jetzt kommen wir zur Jugendgarantie. Die Jugendarbeitslo sigkeit in Griechenland beträgt 50 %, in Spanien sind es 80 %. Wir müssen den jungen Menschen Hoffnung geben. Natür lich können sie ihre Ausbildung auch in Deutschland machen; manche machen das auch, aber doch nicht alle. Sie können Europa doch nicht ausschließlich mit Arbeitslosigkeit identi fizieren. Was ist denn das für ein europäisches Bild?
Deswegen ist es doch gut, dass wir das machen, was nun in diesem Kompromiss steht. Da können Sie doch auch zustim men. Ihre Bundesregierung hat zugestimmt. Ich hoffe, dass Sie auch zustimmen, damit wir in diesem Landtag eine ein heitliche Linie in dieser Frage vertreten und die Landesregie rung in den Verhandlungen unterstützen, die noch kommen, damit wir in Details noch mehr erreichen.
Zum Schluss noch zum Thema Schulden. Ich wollte mich da zu eigentlich nicht äußern, aber nachdem Sie das dauernd hier wie eine Monstranz vor sich hertragen, muss ich sagen: Dass das Schuldenmachen nicht so gut ist, ist Ihnen ein bisschen spät eingefallen.
Ja, natürlich. Sie haben hier 58 Jahre lang regiert, und wir haben 43 Milliarden € Schulden plus Neben-/Schattenhaus halte. Man könnte fast sagen: Die 43 Milliarden € Schulden sind CDU-Schulden in diesem Land, wenn man es drastisch ausdrücken will, Herr Hauk.
Nun kann man sich ja ändern und sagen: Ab jetzt wird gespart. Nichts dagegen!
Es muss allerdings schon so sein, dass wir unsere Maßnah men wachstumsorientiert umsetzen können.
Ja. – Gestern Abend hat Herr Schäuble – ich will Ihnen das sagen – Folgendes formuliert – das finde ich ganz toll –: „wachstumsorientierte Schuldenreduzierung“.
Wachstumsorientierte Schuldenreduzierung ist genau das, was dieser Antrag hier für Europa darstellt. Deshalb können Sie auch zustimmen. Ihr Bundesfinanzminister macht nichts an deres, indem er sagt: Ich muss im nächsten Jahr noch 19 Mil liarden € Schulden machen – 19 Milliarden € –, weil ich die Konjunktur nicht abwürgen will, weil ich manche Program me machen will. Übrigens sind die 19 Milliarden € knapp 1 %, also noch nicht die 0,5 %, die er selbst unterschrieben hat. Denn 1 % von 2,3 Billionen € Bruttoinlandsprodukt sind 23 Milliarden €, und wir machen 19 Milliarden € Schulden. Wir sind also noch nicht bei den 0,5 %, die der Bund unab hängig von den Ländern und den Kommunen einzuhalten hat.
Insofern hat unsere Landesregierung sehr gut verhandelt. Un sere Landesregierung hat unsere Autonomie gewahrt.
Eines sollten wir uns allerdings überlegen – das ist auch eine Bitte an die Landesregierung –: Wir müssen darauf vorberei tet sein, dass weitere Zuständigkeiten des Bundes und mögli cherweise Zuständigkeiten der Länder nach Europa gehen werden. Darauf muss man vorbereitet sein. Man muss für den Fall, dass das kommt, schon selbst Ideen und Modelle entwi ckelt und diskutiert haben, damit wir unsere Autonomie er halten.
Herr Voßkuhle hat hier vor einiger Zeit eine Rede gehalten und hat den Landtag von Baden-Württemberg gelobt. Er hat davon gesprochen, dass die Staatsqualität der Länder aufgrund der Verlagerung von Kompetenzen zum Bund und zur Euro päischen Union immer weiter abnehme. Wir haben das in der letzten Föderalismuskommission rückgängig gemacht und ha ben das jetzt auch durch diese Regelung in Artikel 34 a der Landesverfassung gemacht. Insofern kommt unserem Land tag sicherlich auch eine Vorreiterrolle zu, darüber nachzuden ken, wie wir uns verhalten, wenn weitere Rechte vom Bund nach Europa gehen, und welche Möglichkeiten wir dann nach der Verfassung haben.
Nochmals der Appell: Machen Sie es so, wie wir es früher in der Opposition gemacht haben: Machen Sie mit der Regie rung gute Sachen. Das ist eine gute Sache. Stimmen Sie zu.
Recht herzlichen Dank.
Das Vorhaben, von dem Sie, Frau Razavi, gesprochen haben, ist nicht im Vordringlichen Bedarf, sondern im Weiteren Bedarf eingeordnet – nur damit das klar ist.
Wir haben festgestellte Planungen mit einem Volumen von über 1 Milliarde €, liebe Kolleginnen und Kollegen. Jetzt sol len wir weiter planen. Der Rechnungshof sagt dauernd, wir sollten nicht so viel planen, wenn wir die Maßnahmen nicht abarbeiten würden. Deswegen ist Ziffer 2 Ihres Antrags völ lig falsch. Ihr werden wir auch nicht zustimmen.
Seit Jahren versuchen Sie schon, im Verkehrsbereich eine Nut zerfinanzierung hinzubekommen. Sie sagen nicht, wie, weil Sie die Leute nicht verärgern wollen. Sie sagen nicht, was.
Natürlich. In Ihrem Antrag steht z. B. nicht, dass Sie gleich zeitig die Kfz-Steuer senken wollen, um die Nutzerbelastung zu reduzieren. Jetzt wollen Sie plötzlich nur eine Nutzerbe lastung. Zuerst werden wir hier einmal unter Bezug auf die baden-württembergischen Interessen darüber diskutieren, was wir wollen. Da machen wir mit. Aber wir dürfen das Thema jetzt nicht nach Berlin schieben und sagen: „Überlegt euch einmal, was ihr macht.“ Wir müssen für unsere Bevölkerung schon selbst – wenn wir das wollen – eine nutzerorientierte Belastung vornehmen. Das wird im Landtag von Baden-Würt temberg und nicht im Deutschen Bundestag gemacht. Deswe gen lehnen wir auch dieses Begehren von Ihnen ab.
Natürlich, gern, noch Stunden.
Entschuldigung, Herr Kollege Dr. Birk. Überlegen Sie sich erst einmal, was Sie sagen. Sie waren doch einmal Kultur staatssekretär.
Ist okay.
Wir werden – –
Nein, falsch. Erstens: Wir wol len jetzt, dass von den vorhandenen Bundesmitteln mehr nach Baden-Württemberg fließt.
Zweitens: Wir haben uns immer gegen eine Mehrbelastung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ausgesprochen. Deswegen haben wir immer gesagt: Ihre Vorschläge sind nicht stichhaltig. Denn die Verkehrsteilnehmer haben über die KfzSteuer und die Mineralölsteuer schon sehr viel Geld gezahlt.
Wir geben nicht das Geld aus. Wir sagen: Zuerst soll das Geld ausgegeben werden, das die Verkehrsteilnehmer auch tatsäch lich zahlen. Da haben wir genügend Geld. Dass die Einnah men aus der Kfz-Steuer und vor allem aus der Mineralölsteu er im Bund tatsächlich für andere Zwecke verwendet werden, ist nicht unser Bier. Wir hätten genügend Geld zur Verbesse rung der Verkehrsinfrastruktur.
Deswegen sagen wir: Der Bund soll umschichten. Das ist überhaupt das Erste. Wenn wir unsere Bevölkerung dann tat
sächlich belasten, muss an anderer Stelle auch eine Entlastung stattfinden. In Ihrem Antrag ist sie nicht vorgesehen. Insofern ist das Anliegen des Antrags falsch. Wir können dem ADAC ja erzählen, was Sie hier beantragen.
In Ihren Antrag müsste eine Formulierung aufgenommen wer den, die auf der anderen Seite eine Entlastung vorsieht. Wo ist denn die Entlastung,
die Sie dauernd im Munde führen? Davon steht nichts in dem Antrag. Jetzt sind Sie alle ruhig.
Deswegen lehnen wir Ihr Anliegen ab,
weil es nicht ausgegoren ist.
Es steckt keine Idee dahinter. Sie schieben nur ein Problem pauschal an den Bund ab. Wir müssen hier selbst eine Rege lung treffen.
Seit der Zeit von Herrn Mappus stellen Sie, Herr Kollege, dau ernd dieselbe Forderung auf, haben sie aber nie umgesetzt. Jetzt benutzen Sie uns, um den gleichen Mist nach Berlin zu transportieren.
Deswegen werden wir Sie stellen und fragen: Wie sieht die Nutzungsgebühr bei Ihnen aus? Das müssen Sie einmal sa gen, bevor das Thema nach Berlin muss. Ihr Vorschlag muss auf den Tisch. Dann diskutieren wir darüber.
Frau Kollegin Aras, können Sie bestätigen, dass die CDU-Landtagsfraktion vor zehn Jah ren hier den Länderfinanzausgleich beschlossen hat
ich sage es ja – und dass die SPD damals darauf hingewie sen hat, dass er ungerecht sei? Trotzdem ist er beschlossen worden. Können Sie das bestätigen?
Liebe Kolleginnen und Kolle gen! Ich will mich dem Antrag der CDU-Fraktion zur Rhein talbahn widmen, weil ich der Auffassung bin, dass da von der CDU eine Geschichtsklitterung betrieben wird. Dem wollen wir vorbeugen.
Ja; ich kann das gleich sagen.
Wir haben im Landtag einen Beschluss gefasst, der lautete, dass sich das Land bei der Rheintalbahn mit bis zu 50 % an den Mehrkosten, die über das gesetzliche Erfordernis hinaus gehen, zur Sicherstellung – jetzt kommt’s – „eines menschen- und umweltgerechten Ausbaus“ beteiligt. Das, was Sie ma chen, wollen wir nicht. Sie wollen lediglich lärmschutzbe dingte Mehrkosten entlang der Rheintalbahn finanzieren.
Das ist ein Rückschritt. Dem können wir nicht zustimmen.
Denn es geht nicht nur um Lärmschutz. Es geht auch um Landschaftsschutz.
Zweitens: Wir haben nie beschlossen, alles in Höhe von 50 % zu übernehmen, sondern es hieß: „bis zu 50 %“. Diese Erwei terung können wir nicht mittragen. Das war bisher auch nicht
Ihre Auffassung. Ich weiß nicht, was Sie bewogen hat, so ei nen etwas unsinnigen Antrag zu stellen.
Deswegen werden wir ihn ablehnen.
Aber es kommt noch viel schlimmer. Frau Kollegin Gönner ist darauf eingegangen, dass die Grünen lange gebraucht hät ten. Sie haben aber auch lange gebraucht, um das einmal zu sagen.
Sie schreiben in der schriftlichen Begründung Ihres Antrags Drucksache 15/1213-10:
Die CDU-Landtagsfraktion hat sich mit den Menschen vor Ort seit Jahren mit hohem persönlichem Einsatz... für eine menschen- und umweltfreundliche Trassenfüh rung... eingesetzt.
Käsdreck!
2006 haben wir einen Antrag gestellt – abgelehnt. 2007 haben wir einen Antrag gestellt – abgelehnt.
2008 haben wir einen Antrag gestellt – abgelehnt. 2009 haben wir einen Antrag gestellt – abgelehnt.
Es ging immer um die Beteiligung des Landes. Im Frühjahr 2010 haben wir einen Antrag gestellt – abgelehnt. Im Herbst, kurz vor der Landtagswahl, sind Sie dann rübergekommen. Wir haben das begrüßt. Aber zu sagen, Sie seien die Erfinder, dass die Rheintalbahn auch vom Land bezuschusst werde, was jetzt eintritt – –
Das waren nicht Sie. Das war die SPD-Fraktion.
Jetzt muss man beachten, wo rum es geht. Es geht um vier Kernforderungen der Region.
Ja, wir sprechen einmal über vier: Offenburg, die autobahn nahe Trasse, das Markgräflerland und südlich von Freiburg. Jetzt gibt es das Angebot tatsächlich.
Nein, die Güterbahntrasse ist eine extra Geschichte.
Ich habe gerade gedacht, sie wolle mit mir diskutieren.
Also eine Zwischenfrage. Bit te.
Ja.
Erstens: ja. Zweitens: nein. – Und jetzt komme ich wieder zu meiner Rede.
Also, Offenburg kommt noch. Da sind wir der Auffassung, das ist eine reine Bundesangelegenheit. So, wie es geplant war, geht es nicht. Jetzt gehen sie immer weiter außen herum. Dadurch wird es teurer. Das ist wirklich eine Frage, die der Bund entscheiden muss. Wenn ich es richtig gesehen habe, hat Finanzminister Schäuble auch schon im Fernsehen erklärt, dass er versuchen wird, zu erreichen, dass der Bund dies macht.
Zweitens: die autobahnnahe Trasse. Da wird man noch sehen, was zwischen Offenburg und Riegel passiert, wie weit es geht. Da sind sie noch frei.
Zur Kernforderung 3, der Forderung nach Optimierung der Güterzugumfahrung Freiburg: Plötzlich kommt der Bund da mit rüber. Bisher wollte er nur Lärmschutzwände, jetzt macht er plötzlich einen Vorschlag, bei dem es sich um 84 Millio nen € handelt. Die Hälfte müsste im Falle einer Beteiligung von bis zu 50 % das Land zahlen.
Das Letzte ist die Bürgertrasse. Darüber muss im Projektbei rat noch gesprochen werden. Der Bund macht ja nicht ganz die Bürgertrasse. Er macht die Umfahrung von Buggingen nicht, zumindest nicht so, wie die Bürgertrasse es vorsieht. Er macht im Übrigen nicht alle sieben Landschaftsbrücken. Da muss man verhandeln, ob die Landschaftsbrücken für Natur und Landwirtschaft ausreichen.
Insofern sagen wir: Wenn es nur um lärmschutzbedingte Mehr kosten geht, ist uns das zu wenig. Gerade bei der Bürgertras se sieht man, dass es eindeutig um die Schonung des Land schaftsbilds geht. Das hat mit Lärmschutz nichts zu tun.
Es hat etwas mit weniger Landschaftsverbrauch zu tun, es hat etwas mit der Wahrung der Interessen der Landwirtschaft zu tun – nichts mit Lärm –, und es hat dann natürlich etwas mit Naturbrücken zu tun, wenn man in die Tieflage geht.
Das muss man jetzt in diesem Projektbeirat diskutieren. Wir haben vorgestern in der Fraktion beschlossen, dass wir dieses Geld mit einsetzen werden. Die Grünen haben das auch be schlossen. Es gibt eine gemeinsame Erklärung beider Frakti onsvorsitzenden; also, das steht.
Das wollte ich nur deutlich machen; nicht dass Sie mit Ihrem Antrag herumlaufen und sagen: Die SPD hat dagegen ge stimmt.
Das traue ich Ihnen schon zu.
Was in diesem Antrag steht, ist weniger als das, was wir bis her wollen. Wir wollen mehr, und insofern lehnen wir ihn ab. Sie können mit Ihrem Antrag herumlaufen. Aber nach meiner Rede sind Sie nicht mehr glaubwürdig, wenn Sie das tun.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Kollege Schmiedel, sind Sie überrascht, dass fast jeder zweite Bürgermeister, der Mit glied bei der CDU ist, die Gemeinschaftsschule will?
Frau Präsidentin, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Ein großer Vorteil des vorliegenden Än derungsantrags ist zunächst einmal, dass wir ihn gemeinsam unterzeichnet haben. Ich bin immer der Meinung, dass große Infrastrukturprojekte möglichst von allen Fraktionen im Land tag gemeinsam mitgetragen werden sollten.
Denn sie haben eine lange Planungszeit. Die Fraktionen im Bundestag und im Landtag – beide Parlamente brauchen wir – sind manchmal an der Regierung und manchmal in der Op position. Daher möchte ich nachher einen Appell an die CDU richten. Denn wer bei der Rheintalbahn eine andere, eine bür gernahe Streckenführung will – da sind wir ja auf dem glei chen Weg –, der muss beim Offenburger Tunnel anfangen.
Wenn der Offenburger Tunnel realisiert wird, dann befindet sich die Strecke in der Nähe der Autobahn, und dann kommt auch die autobahnnahe Trasse. Entscheidend ist also im Grun de genommen, was in Offenburg passiert. Dort werden gera de Probebohrungen durchgeführt.
Wir müssen versuchen, unseren Bundestagsabgeordneten in Berlin – über 70 Bundestagsabgeordnete der CDU kommen aus Baden-Württemberg; die Abgeordneten Ihrer und unserer Fraktion müssen wir gemeinsam überzeugen – im Verkehrs ausschuss des Bundestags deutlich zu machen, dass die alter native Trasse eine Entscheidung für Baden-Württemberg ist und sonst nichts. Wenn diese alternative Trasse kommt, wenn sie planfestgestellt ist, dann muss der Bund sie bezahlen; das ist ein ganz entscheidender Punkt. Nicht wir, sondern der Bund muss diese Trasse bezahlen.
Insofern ist der Ansatz bei der Rheintalschiene, jetzt eine bür gernahe Trasse zu planen, mit dem Offenburger Tunnel zu be ginnen und dann eine autobahnnahe Trasse zu wählen, sodass die Strecke in Freiburg in den bestehenden Tunnel einmün den kann. Alles andere wäre fatal. Wenn man die bisherige Trassenführung so beließe und einfach ein paar Lärmschutz wände einrichten würde, die dann das Land zahlt, wäre das keine Trasse für die nächsten 150 Jahre. Aber da sind wir uns einig.
Insofern appellieren wir an Sie, über Ihre Landesgruppe im Verkehrsausschuss des Bundestags Druck zu machen, dass diese alternative Trasse, angefangen beim Offenburger Tun nel, kommt. Das ist das Erste, was wir im Landtag von Ba den-Württemberg gemeinsam im Hinblick auf den Bund er reichen müssen.
Das Zweite: Ich freue mich natürlich, dass alle Fraktionen be reit sind, zu sagen: „Wenn es dann über diese planfestgestell ten Trassenwerte hinaus noch zusätzliche Leistungen geben muss, damit es umwelt- und menschenfreundlich wird, dann wird das Land eintreten.“ Dazu erklären sich heute neben der SPD die CDU, die FDP/DVP und die Grünen in einem ent sprechenden Beschluss bereit.
Wir haben dies schon im Jahr 2007 verlangt, doch damals wurde es von allen anderen Fraktionen abgelehnt. Auch 2008 hat die SPD-Fraktion das verlangt, aber es wurde von allen anderen Fraktionen abgelehnt. Auch 2009 hat die SPD-Frak tion dies in einem Antrag verlangt, aber es wurde von allen anderen Fraktionen abgelehnt. Nun haben wir es endlich ge schafft. Dafür bedanken wir uns; denn damit haben wir für die Menschen im Rheintal etwas erreicht, nachdem wir das be reits dreimal gefordert haben.
Ich will noch einmal daran erinnern. Ich habe extra das Pro tokoll mitgebracht, weil es so schön ist, Herr Schebesta.
Im Februar 2009 sagte der damalige CDU-Fraktionsvorsit zende Mappus:
Was machen Sie eigentlich im nächsten Jahr, wenn die Einnahmen von 290 Millionen € wieder fehlen, aber die Ersparnisse geplündert sind? Kollege Drexler hat ein weiteres Mal verlangt, dass das Land den Rheintalbahn ausbau mitfinanzieren soll.
Darauf kam der Zwischenruf von mir:
Wird es auch machen!
So ist es auch gekommen. Eine schöne Geschichte!
Wichtig ist also, was in Berlin geschieht. Wichtig ist, was in diesen Kommissionen läuft. Wichtig ist auch das, was die Bahn versprochen hat, wobei ich immer darauf hinweise: Lie be Kolleginnen und Kollegen, wir haben bisher keine weite ren planfestgestellten Abschnitte, die wir zurzeit finanzieren können. Das müssen wir einfach zur Kenntnis nehmen. Selbst beim Rastatter Tunnel wird gerade eine Änderung des Plan feststellungsverfahrens vorgenommen, wonach der Abstand der Sicherheitstunnel von 1 000 m auf 500 m reduziert wird. Der Antrag hierzu ist jetzt erst eingereicht worden. Da das EBA maßlos überbeschäftigt ist, gehen wir davon aus, dass das vielleicht im Laufe des Jahres 2012 oder gegen Ende 2012 genehmigt wird. Dann wird ausgeschrieben. Bei realistischer Betrachtung gehen wir davon aus, dass der Rastatter Tunnel, wenn Geld da ist, überhaupt erst 2013 kommen wird, egal, was sonst gesagt wird. Aber es wäre gut, wenn dann dort be gonnen wird
und wir dann gemeinschaftlich sehen, dass wenigstens ein weiteres Stück der Planfeststellung gemacht wird.
Wir appellieren noch einmal an Sie, dass Sie auf Ihre Landes gruppe im Bund zugehen – ebenso wie wir das bei unserer Landesgruppe tun – und die Grünen und die FDP/DVP das ebenfalls tun, damit die Baden-Württemberger erreichen, dass die alternative Planung eine große Chance hat. Denn es gibt auch Berechnungen, liebe Kolleginnen und Kollegen, wonach die alternative Planung, also die Strecke, die nach dem Offen burger Tunnel parallel zur Autobahn verlaufen würde, nicht arg viel teurer wäre als die jetzige. Das müssen wir jetzt als Alternativplanung überprüfen lassen. Wenn wir das erreichen, dann ist der Mitteleinsatz für einen menschen- und umwelt gerechten Ausbau der Rheintalschiene so bemessen, dass das Land Baden-Württemberg das bezahlen kann, und das wollen wir alle.
Vielen Dank für die gemeinschaftliche Kraftanstrengung, da mit endlich das getan wird, was ich schon seit einigen Jahren fordere.
Vielen Dank.
Man hätte es gar nicht besser inszenieren können, Herr Präsident, um zu erreichen, dass beim Thema Schuldenbremse nun so viele zuhören.
Ich bedanke mich bei der CDU.
Ich will Ihnen nur noch einen Tipp geben. Ich habe solche Vor haben viele Jahre lang auch zu organisieren versucht. Bei uns ist das mehrfach gelungen.
Doch, doch. Sie müssen es unauffälliger machen. In dem Moment, in dem Sie und Herr Rülke durch die Reihen gehen, wissen wir, was Sie vorhaben. Das müssen Sie also irgendwie anders machen.
Man hilft den Kollegen, damit sie ihre neue Aufgabe richtig wahrnehmen können, gern.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist ganz gut, dass uns heu te die beiden Gesetzentwürfe zur Änderung der Verfassung vorliegen, weil wir schon einmal versucht haben, eine solche Debatte zu führen. Damals waren CDU und FDP/DVP natür lich nicht bereit, eine Schuldenbremse in die Landesverfas sung aufzunehmen. Jetzt sind sie bereit, und die SPD-Frakti on ist dazu auch bereit.
Ob es jetzt unbedingt diese von Ihnen begehrten Formulierun gen sein müssen, muss sicherlich in den Beratungen festge stellt werden. Ich will auch gleich darauf zu sprechen kom men, um was es geht und was wir vielleicht unter „normalen“ Haushalten verstehen. Das ist eine ganz interessante Formu lierung. Was verstehen wir unter einem „normalen“ Haushalt?
Nun muss man einmal die Rahmenbedingungen sehen, die in der Föderalismuskommission vorhanden waren. Diese ist ein berufen worden mit dem Ziel, Haushalte nachdrücklich und nachhaltig zu stabilisieren. Sie ist auch einberufen worden, um zu klären: Sind denn die Länder finanziell richtig ausge stattet?
Sie sind eben nicht richtig ausgestattet, liebe Kolleginnen und Kollegen. Sie haben seit dem Jahr 2000 ständig neue Aufga ben übernommen: Kleinkindbetreuung, Ganztagsschule. All diese Dinge sind im Finanzausgleich zwischen Bund und Län dern bei den Steuern im Grunde nicht berücksichtigt worden.
Man hat dann in der Föderalismuskommission vonseiten der Länder gesagt: „Wenn der Bund nicht bereit ist, z. B. bei der Umsatzsteuer die Verteilung auf 49 % für die Länder und
51 % für den Bund zu ändern, dann wollen wir eigene Steu ern.“ Darüber ist im Übrigen einmal hier im Landtag überein stimmend diskutiert worden. Deswegen haben dann vor allem Herr Kollege Kretschmann und ich mit Unterstützung des Mi nisterpräsidenten Oettinger versucht, den Vorschlag, die Ver mögensteuer und die Grunderwerbsteuer als eigene Steuerar ten der Länder vorzusehen, in die Beratungen der Föderalis muskommission einzubringen.
Da muss ich Ihnen halt sagen, liebe Kolleginnen und Kolle gen: Da sind wir auf Bundestagsabgeordnete gestoßen, die nicht wollten, dass die Länder mehr Rechte bekommen. Aber wir sind auch auf Kolleginnen und Kollegen in den neuen Bundesländern gestoßen, die völlig ablehnen, dass es einen gewissen Wettbewerb zwischen den Bundesländern gibt. Wir sind immer der Auffassung gewesen: Es muss zwischen den Bundesländern auch einen gewissen Wettbewerb geben.
Also gab es den Kompromiss, die Grunderwerbsteuer so aus zugestalten, dass die Länder rechtlich zuständig sind und un terschiedliche Hebesätze festlegen können. Wir wissen aber, dass da nicht arg viel zu machen ist.
Die Vermögensteuer hingegen wäre durchaus etwas gewesen. Deswegen sage ich: Die Voraussetzungen in der Föderalis muskommission haben sich zum Schluss zum Nachteil der Länder verändert, weil wir weder die Vermögensteuer noch eine andere Steueraufteilung bekommen haben.
Man muss auch sagen – ich habe es vorhin schon gesagt –: Die Aufgaben der Länder sind gewachsen.
Jetzt muss man natürlich über einen Haushalt und dessen Strukturen sprechen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, lieber Herr Dr. Rülke, das eigentliche Problem ist: Wir haben – das können Sie nicht bestreiten – einen unheimlichen Nachholbe darf, was Investitionen angeht. Ich erwähne den Bereich Hochschulen und Universitäten. Ich erwähne auch den Lan desstraßenbau; es gibt plötzlich zuhauf Anträge, in den Stra ßenbau zu investieren. Ich erwähne auch den Hochwasser schutz. All das sind wichtige Investitionen.
Andere Bundesländer tätigen ihre Investitionen so, dass sie im Jahr 2020 über einen normalen Haushalt einen Teil ihrer Investitionen finanzieren können. So weit sind wir in BadenWürttemberg meiner Meinung nach nicht.
Wenn es Ihnen als Opposition jetzt nicht länger darum geht, in der Öffentlichkeit zu sagen: „Die wollen keine richtige Schuldenbremse; sie wollen sie nicht 2016, sondern erst 2020“, wenn Sie davon abkommen und ernsthaft gewillt sind, mit uns gemeinsam eine Verfassungsänderung zu betreiben, dann müssen wir gemeinsam darüber nachdenken, ob das Land Baden-Württemberg in der Lage ist, über einen norma len Haushalt in einem normalen Zyklus sowohl den Haushalt zu bedienen als auch die notwendigen Investitionen vorzu nehmen.
Darum geht es, und deshalb gibt es ganz unterschiedliche ver fassungsrechtliche Vorschriften in den Landesverfassungen.
Ich will Ihnen einmal sagen, was mich überrascht hat. In der vergangenen Woche haben Sie von der FDP/DVP und der CDU – wahrscheinlich war der frühere Finanzminister, der der CDU-Fraktion angehört, Kollege Stratthaus, nicht betei
ligt – das strukturelle Defizit unseres Haushalts innerhalb ei nes Tages um über 800 Millionen € erhöht. Um über 800 Mil lionen €! Sie haben auf der einen Seite verlangt, das Land sol le 500 Millionen € der Steuerentlastung tragen – Beiträge Ih rer Seite –, und auf der anderen Seite haben Sie gesagt, es wä re gut, wenn 350 Millionen € für die Kitas an die Kommunen gegeben würden. Gleichzeitig haben Sie aber gesagt, dass Sie die Erhöhung des Grunderwerbsteuersatzes um 1,5 Prozent punkte nicht mittragen wollen, weil sie schädlich sei. Das heißt: 350 Millionen € drauf, 500 Millionen € weniger – Sie haben dem Haushalt innerhalb eines Tages strukturell über 800 Millionen € mehr auferlegt.
Wenn ich jetzt davon ausgehe, dass wir ein strukturelles De fizit von 1,5 bis 2 Milliarden € haben, dann heißt das, dass Sie innerhalb eines Tages das strukturelle Defizit auf 2,8 Milliar den € erhöht haben.
Wer von einer Schuldenbremse redet, der muss sein tägliches Handeln im Parlament natürlich danach ausrichten, liebe Kol leginnen und Kollegen.
Ich stütze mich auf eine Rede des Kollegen Stratthaus; der hat das nämlich früher immer gesagt.
Wir werden dieses strukturelle Defizit – es beträgt nach mei ner Einschätzung mindestens 1,5 Milliarden € – auch in die sem Jahr verringern; wir werden es in diesem Jahr wahr scheinlich um 30 Millionen € reduzieren können. Wenn Sie das strukturelle Defizit jetzt ausweiten, müssen Sie sehen, dass wir in Zukunft möglicherweise 150 oder 200 Millionen € da von abbauen müssen. Das ist eine Riesenleistung, die das Land Baden-Württemberg erbringen muss.
Dabei ist noch gar nicht einmal erwähnt, dass wir auch Kon solidierungshilfen an andere Bundesländer zahlen. SchleswigHolstein, Bremen, Sachsen-Anhalt und das Saarland bekom men von uns und von allen übrigen Bundesländern Zuschüs se – und zwar jährlich –, damit sie im Jahr 2020 überhaupt ei nen Haushalt ohne Nettoneuverschuldung vorlegen können. Das Land Baden-Württemberg zahlt – auch das ist ein Ergeb nis der Föderalismuskommission – derzeit 52 Millionen € pro Jahr. Das heißt, in den nächsten zehn Jahren zahlen wir ins gesamt eine halbe Milliarde Euro an andere Bundesländer. Das ist der dritte Finanzausgleich, der in diesem Fall der Hil fe für die finanzschwachen Länder dient.
Deswegen muss ich auch deutlich sagen, Herr Hauk: Ich wür de es ziemlich komisch finden, wenn Schleswig-Holstein und das Saarland einer Steuerreduzierung zustimmen, gleichzei tig aber von uns Geld bekommen, damit sie in zehn Jahren ei ne Nullneuverschuldung hinbekommen.
Ich hoffe, dass sie nicht zustimmen. Denn das wäre unglaub lich.