Dritte Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz über die Feststellung des Staatshaushaltsplans von Baden-Württemberg für das Haushaltsjahr 2012 (Staatshaushaltsgesetz 2012 – StHG 2012) – Drucksachen 15/1220, 15/1221
Meine Damen und Herren, für die Dritte Beratung des Haus halts 2012 hat das Präsidium eine Redezeit von 15 Minuten je Fraktion festgelegt, wobei gestaffelte Redezeiten gelten.
Herr Präsident, liebe Kollegin nen und Kollegen! Wir beraten heute abschließend den ersten Haushalt eines grün-roten Regierungsbündnisses.
Wenn man sich diesen Haushalt und die dazugehörige mittel fristige Finanzplanung anschaut, sieht man: Das ist kein Ruh mesblatt, sondern das Gegenteil von Nachhaltigkeit. Es ist die Grundlage, um künftige Generationen in unverantwortlicher Weise zu belasten.
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zuruf von den Grünen: Der „Schulden-Herrmann“! – Abg. An dreas Schwarz GRÜNE: Er hat sich verrechnet!)
Zunächst eine Vorbemerkung: In den Haushaltsberatungen lief es wie früher, nur mit umgekehrten Rollen: Die Anträge der Regierungsfraktionen wurden angenommen, die Anträge der Opposition wurden abgelehnt.
Uns hat das nicht überrascht. Allerdings hatten Sie nach der Wahl gesagt, es würde jetzt anders laufen. Die Praxis sieht an ders aus.
(Abg. Claus Schmiedel SPD: Dann stellen Sie doch gescheite Anträge! – Abg. Andreas Stoch SPD: Wenn Sie so schlechte Anträge stellen!)
Nun zum Haushalt: Ich möchte zunächst einmal das Märchen entkräften, Sie hätten eine marode finanzpolitische Situation übernommen.
Wir haben in den Jahren 2008 und 2009 ein Konjunkturpro gramm aufgelegt. Wir haben das zum Teil mit Schulden finan ziert, und wir haben es zum Teil mit Geld finanziert, mit dem wir Schulden zurückzahlen wollten. Wir haben vorgesehen, dies in den Jahren 2012 bis 2014 zum Teil zu refinanzieren.
Durch dieses Konjunkturpro gramm kamen wir besser aus der Krise als andere Bundeslän der. Unsere Programme haben gewirkt. Unsere Wirtschaft steht heute gut da. Das ist gut für den Haushalt, und das ist insbesondere gut für die Menschen im Land, die nirgendwo sonst so leicht Arbeit finden wie in Baden-Württemberg.
Sie können nun aus dem Vollen schöpfen. Sie haben ein Land der Spitzenplätze übernommen, ein Musterland nicht nur in finanzpolitischer Hinsicht.
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Claus Schmiedel SPD: Ach wo! – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Schön wär’s!)
Wir haben in der Vergangenheit strukturelle Maßnahmen durchgeführt, die heute im Haushalt wirken. Wir haben eine Verwaltungsreform gemacht mit der Verlagerung zahlreicher Sonderbehörden auf die Landkreise. Das entlastet heute den Landeshaushalt jedes Jahr um 130 Millionen €. Wir haben vor der Verwaltungsreform das Personal auf den mittleren Ebe nen, bei den Regierungspräsidien, um ein Drittel reduziert, und die Aufgaben werden weiterhin gut erfüllt. Wir haben die 41-Stunden-Woche für Beamte eingeführt und damit auch die Beamten zur strukturellen Bereinigung des Haushalts heran gezogen. Wir haben Stellenabbauproramme in den Ministeri
en verwirklicht. Wir haben also strukturelle Maßnahmen er griffen, die in diesem und in jedem nächsten Haushaltsjahr den Haushalt um über eine halbe Milliarde Euro entlasten. Da rauf können Sie aufbauen.
Wie sieht nun der Haushalt aus? Wir hatten nach der mittel fristigen Finanzplanung unserer Regierung im Jahr 2012 34 Milliarden € Gesamteinnahmen. Sie haben jetzt 39 Milli arden € Gesamteinnahmen zur Verfügung, allein 4 Milliar den € mehr an Steuereinnahmen gegenüber der mittelfristigen Finanzplanung, 3 Milliarden € brutto mehr als im letzten Nachtragshaushalt. Sie haben 1 Milliarde € Überschuss aus dem letzten Jahr, also 5 Milliarden € mehr zur Verfügung.
Es ist richtig: Wir haben damals in der Finanzplanung eine Deckungslücke von 2,3 Milliarden € gehabt. Es ist auch rich tig: Wir hatten damals 700 Millionen € Neuverschuldung ein geplant. Richtig ist auch, dass Sie eine halbe Milliarde Euro mehr in den Länderfinanzausgleich einzahlen müssen. Das sind also insgesamt 3,5 Milliarden €, die zu decken waren. Damit sind aber noch immer 1,5 Milliarden € übrig. Wo ist dieses Geld geblieben?
Das kann ich Ihnen ganz genau sagen, wenn ich in den Haus halt schaue: Sie haben im Haushaltsentwurf 2012 zunächst zahlreiche Wünsche erfüllt. Sie haben Mehrausgaben für Alt lasten, für Nachhaltigkeit, für Energiepolitik, für die Schulso zialarbeit, für Arbeitsmarktprogramme, für die Forschung ein gestellt. Frau Bauer hat stolz verkündet, dass allein im Haus halt des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst 373 Millionen € mehr enthalten sind. Sie haben die Studien gebühren abgeschafft. Sie haben kostspielige Bildungsexpe rimente eingeführt. Sie haben neue Stellen in Ministerien be willigt. Sie haben mehr Geld für die Gebäudesanierung aus gebracht.
Wir haben ja auch einigem zugestimmt. Aber als Sie einen Strich darunter gezogen haben, haben Sie gemerkt, dass all die Wünsche und Forderungen, die Sie erfüllt haben, so viel Geld kosten, dass Ihnen 360 Millionen € fehlen. Dann haben Sie die Ministerien aufgefordert, zu streichen. Zuerst hat man massiv draufgesattelt, und dann hat man gesagt: „Jetzt müs sen wir leider irgendwo streichen.“
Um das Ganze zu vertuschen, haben Sie das Märchen von den haushaltswirtschaftlichen Versäumnissen der Vergangenheit erfunden. Sie haben stolz verkündet, dass Sie den Haushalt 2012 ohne Aufnahme neuer Schulden aufstellen. Nur: Alles, was in Ihrem sogenannten Kassensturz enthalten war, war vor her bekannt. Neu war nur, dass Sie das Ganze jetzt übersicht lich zusammengestellt haben.
Keine neuen Schulden in diesem Jahr aufzunehmen entspricht einer Notwendigkeit, die sich aus der Landeshaushaltsord nung ergibt. Hätten Sie Schulden aufgenommen, wäre der Haushalt gesetzwidrig. In § 18 Absatz 3 der Landeshaushalts ordnung steht nämlich:
All das liegt nicht vor. Es entspricht also nur Recht und Ge setz, dass Sie keine neuen Schulden aufnehmen.
Doch nun ein Blick in die Zukunft. Ich habe mir die Reden an den drei Plenartagen in der letzten Woche sehr genau ange hört. Das war ein Strauß an zusätzlichen Forderungen: Herr Minister Untersteller beklagte die Personalknappheit in sei nem Ministerium. Zum Programm „Klimaschutz-Plus“ sagte er: „Die Haushaltslage lässt es momentan nicht zu, mehr Geld zu investieren.“ Also kommt künftig mehr.
Herr Schwarz wollte mehr Geld für den Straßenbau. Herr Bay er sagte: „Eine Senkung des Klassenteilers ist derzeit nicht fi nanzierbar.“ Künftig ist sie also wohl möglich. Die Frau Kul tusministerin verkündete zahlreiche kostspielige bildungspo litische Projekte. Herr Staatssekretär Walter wollte mehr Geld für die Kunst. Herr Sckerl wollte mehr Geld für die Polizei. Herr Haller wollte mehr Investitionen in den Straßenbau. Frau Altpeter sagte, nach einer Aufbauarbeit im Jahr 2012 komme in den nächsten Jahren eine Phase des Ausbaus und der Ver tiefung – künftig also auch mehr Geld. Herr Renkonen woll te mehr für den öffentlichen Nahverkehr und damit für den Busverkehr im ländlichen Raum.