Ich will Ihnen aus der jüngsten Vergangenheit über ein Bei spiel zur Ausstattung mit Arbeitsmaterial berichten, das mich wirklich geschockt hat. Da ist ein Polizeibeamter wegen Schüssen in einer Wohnung gerufen worden. Dann sind dort mehrere Polizeibeamte erschienen, die die Situation entschär fen wollten. Genau in diesem Moment haben alle drei Funk geräte der eingesetzten Polizeibeamten versagt –
Wenn Beamte zu einem Einsatzort gerufen werden, wo Schüs se aus einer Wohnung kommen, ist das für die Beamten le bensgefährlich. Die spüren natürlich, dass es auch eine Ge ringschätzung ihrer Arbeit ist, wenn sie nicht anständig aus gestattet sind.
Ein anderes Beispiel: die PC-Ausstattung. Wir haben Fälle, bei denen der Jugendsachbearbeiter von seinem Polizeipos ten in ein mehrere Kilometer entferntes Polizeirevier wech seln muss, weil er nur dort einen tauglichen Computer vorfin det, an dem er seine Recherchen durchführen kann. Wir ha ben für sechs Polizeibeamte vier PCs. Mir wurde ein Fall ge schildert, bei dem ein Polizeibeamter an einem Tag dreimal den PC wechseln musste, weil dieser jeweils anderweitig in Anspruch genommen wurde. Wie soll man denn da sinnvoll arbeiten?
Wie soll ich den Menschen sagen: „Ich respektiere eure Ar beit, ich schätze euch wert“, wenn ich sie mit solchem Mate rial ausstatte? Das reicht mitnichten aus.
Wir haben auf diese Herausforderung reagiert und gleich in unserem ersten Nachtragshaushalt 6 Millionen € bereitgestellt, um wenigstens die größten Löcher zu stopfen. Die Polizeibe amtinnen und Polizeibeamten waren uns dafür dankbar.
(Abg. Walter Heiler SPD: Sehr gut! – Abg. Thomas Blenke CDU: Was Sie da erzählen, ist abenteuerlich!)
Der zweite Punkt: Altersaufbau und Personalausstattung. Auch hier gibt es Probleme. Wir wissen, dass im Jahr 2016 eine rie sige Pensionierungswelle bevorsteht. Wir müssen darauf re
agieren. Am besten fangen wir damit an, dass wir im Jahr 2012 statt 800 nun 1 200 Polizeianwärter einstellen.
Das ist ein doppeltes Signal – einmal eines zur Verstärkung der Polizeiarbeit, aber auch eines gegenüber dem doppelten Abiturjahrgang –, dass wir als Landesregierung reagieren, und zwar in die richtige Richtung. Das müssen wir auch, denn die Polizeibeamten sind besonderen gesundheitlichen Herausfor derungen ausgesetzt.
Ich nenne Ihnen ein paar Stichworte: Die psychische Belas tung im Polizeidienst ist unbestritten hoch. Das hängt mit dem Personalstand zusammen. Die im Polizeidienst tätigen Frau en sind viel seltener verheiratet als andere. Diese Frauen sind auch viel öfter kinderlos als andere. Bei den Personen, die im Wechselschichtdienst tätig sind, ist die Scheidungsrate erhöht.
Bei einer Befragung, die die Polizei unter Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten selbst durchgeführt hat, waren 71 % der Befragten der Meinung, dass sie chronische Beschwerden hät ten. Das sind gut zwei Drittel aller Beamtinnen und Beamten. Bei einem Viertel aller Polizeibeamtinnen und Polizeibeam ten sind chronische Erkrankungen festgestellt worden. Aus meiner Sicht ist dieser Anteil zu hoch. Man kann ihn nur durch eine vernünftige Personalausstattung wieder zurückführen.
Aber die vernünftige Ausstattung mit Material und Personal ist nur ein Teil der Wertschätzung. Vielmehr geht es auch um die Wertschätzung insgesamt. Dazu gehört – das war eine un serer ersten Maßnahmen, die wir umgesetzt haben –, die Ein stellung für den Freiwilligen Polizeidienst jetzt zu stoppen. Dieses Signal richtet sich nicht gegen diejenigen, die sich in der Polizei freiwillig engagiert haben.
(Abg. Karl Zimmermann CDU: Doch! Das ist keine Wertschätzung dieser Menschen, wie Sie sie fordern! Das ist eine Ohrfeige! – Gegenruf des Abg. Thomas Blenke CDU: Genau das ist es!)
Nein, es ist ein positives Signal an die Polizeibeamten. Wenn jemand bei der Wahrnehmung einer hoheitlichen Aufgabe ei ne Polizeiuniform trägt, steckt hinter dieser ein hervorragend ausgebildeter Polizeibeamter, der diese Tätigkeit hauptberuf lich wahrnimmt und mit Leib und Leben für das, was er tut, einsteht. Nichts anderes steckt dahinter.
Das Signal ist auch deshalb wichtig, weil die Zahl der Gewalt taten gegen Polizeibeamte wirklich gravierend gestiegen ist. Dies war schon zu Ihrer Regierungszeit der Fall. Deshalb muss man natürlich mit Wertschätzung reagieren.
Ich nenne einige Zahlen: Es gab 2 482 Fälle von Gewalt ge gen Polizeibeamte, 452 Fälle von Widerstandshandlungen so wie 294 Fälle von gefährlicher und schwerer Körperverlet
(Abg. Konrad Epple CDU: Wegen Stuttgart 21? – Abg. Karl Zimmermann CDU: Hat das etwas mit Stuttgart 21 zu tun? – Zuruf des Abg. Thomas Blen ke CDU)
Ich möchte Ihnen etwas sagen, damit Sie einmal die Dimen sionen erkennen, Herr Kollege Zimmermann: Bei den Eska lationen am Bauzaun am 30. September 2010 bezüglich Stutt gart 21 sind 34 Polizeibeamte verletzt worden.
Darauf spielen Sie an. Aber in der Bundesligasaison 2009/2010 sind fast zehnmal so viele Polizeibeamtinnen und Polizeibe amte – über 310 – im Zusammenhang mit der Überwachung der Bundesligaspiele erheblich verletzt worden.
Zum Thema Wertschätzung will ich noch eine Bemerkung machen. Denn der Gipfel war eine Äußerung des Herrn von Herrmann. Eine Situation, in der ein Polizeibeamter so schwer verletzt wurde, dass er noch immer arbeitsunfähig ist, hat Herr von Herrmann damals als „heitere Atmosphäre in Feierabend stimmung“ bezeichnet. Dazu muss ich sagen: Wenn man mo tivierte Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte haben möchte, dann muss man sagen dürfen, dass man eine solche Äußerung – bezogen auf eine Situation, durch die ein Familienvater noch immer arbeitsunfähig und krankgeschrieben ist – nur als wi derlich bezeichnen kann. Das war nicht in Ordnung.
(Beifall bei der SPD, der CDU und der FDP/DVP so wie Abgeordneten der Grünen – Abg. Karl Zimmer mann CDU: Kein Beifall bei den Grünen! – Gegen ruf des Abg. Jörg Fritz GRÜNE: Doch! – Gegenruf des Abg. Karl Zimmermann CDU: Aber da vorn nicht!)
Wir haben uns vorgenommen, sowohl die Ausstattung mit Ma terial als auch mit Personal zu verbessern, um genau das zu erreichen, was heute Thema dieser Aktuellen Debatte ist.
Zur Klarstellung: Wir haben für die einleitenden Erklärungen der Fraktionen fünf Minuten und für die Redner in der zweiten Runde jeweils fünf Minuten Re dezeit. Aber es steht Ihnen natürlich frei, die fünf Minuten aus beiden Runden bereits in der ersten Runde in Anspruch zu nehmen, wie es eben geschehen ist.
(Abg. Winfried Mack CDU: Guter Mann! – Abg. Hel mut Walter Rüeck CDU: Endlich einmal einer, der sich auskennt!)
Herr Präsident, werte Kollegin nen und Kollegen! Herr Kollege Sakellariou, ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit Ihnen als Polizeisprecher. Mit
Verlaub: Nach dem, was ich eben gehört habe, muss ich sa gen, dass Sie aber noch erheblich in der Einarbeitungsphase sind.
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Claus Schmiedel SPD: Das ist jetzt aber keine gute Zusam menarbeit! Das ist eine Frechheit! Quatsch!)
Das werfe ich ihm nicht vor. – Die Polizei sorgt für Sicher heit und für Freiheit. Damit ist die Polizei die Visitenkarte des Rechtsstaats. Um ihrer Arbeit nachgehen zu können, bedarf es in der Tat einer großen beruflichen Motivation. Es bedarf motivierter Polizeibeamter. Da haben Sie ein paar Punkte an gesprochen. Es ist in der Tat so: Das Ganze beruht auf ver schiedenen Säulen.
Schauen Sie doch einmal in die anderen Bundesländer. Alle anderen Bundesländer in Deutschland beneiden uns um die Ausstattung unserer Polizei.
Wir haben in die Ausstattung der Polizei immens investiert. Das wird am sichtbarsten bei den Fahrzeugen, das sehen Sie bei der persönlichen Ausstattung, bei der neuen Uniform, bei der Schutzausrüstung, die wir infolge des Amoklaufs von Winnenden und Wendlingen mit einem Millionenaufwand er heblich verbessert haben. Sie sind schlicht schiefgewickelt, wenn Sie das anführen.
Mit Verlaub, Herr Kollege Sakellariou, es ist schön, dass Sie jetzt im Nachtragshaushalt Mittel für einige erforderliche Er satzinvestitionen einstellen. Das nennen Sie dann „TechnikSofortprogramm“. Das ist ein Progrämmle; das sind normale Ersatzinvestitionen.
Der zweite Punkt: Für die Motivation sind die berufliche Si tuation, die Besoldungssituation, eine gute Bezahlung und gu te berufliche Perspektiven von zentraler Bedeutung.