Protokoll der Sitzung vom 27.07.2011

Herr Kollege Rös ler, es mag sein, dass der Minister der Auffassung ist, dass die ser Betrag angemessen sei. Wir sind der Auffassung, dass ein höherer Betrag angemessen ist.

(Zurufe von der SPD: Warum? – Sind Sie die Fach experten? – Begründung! – Gegenruf der Abg. Fried linde Gurr-Hirsch CDU: Es hat gehagelt!)

Im Übrigen hat es in der Zwischenzeit gehagelt.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: So ist es! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Da gibt es Hagelversi cherungen! – Gegenruf der Abg. Friedlinde Gurr- Hirsch CDU: Nein!)

Wir nehmen zur Kenntnis: Der SPD-Fraktionsvorsitzende stellt fest, dass wir keine Mittel aus dem Haushalt für Hagel schäden in der Landwirtschaft brauchen; dafür gibt es Hagel versicherungen. Wir werden das den Bauern ausrichten.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Das wissen sie schon selbst! – Weitere Zurufe von den Grünen und der SPD)

Jetzt zur Landeshaushaltsordnung, meine Damen und Herren. Herr Kollege Herrmann hat völlig zu Recht ausgeführt: Die ser Nachtragshaushalt verstößt eindeutig und eklatant gegen die Landeshaushaltsordnung. Der Finanzminister hat im Aus schuss selbst zugegeben, dass nicht feststellbar ist, dass die Steuereinnahmen im Vergleich zum Vorjahr um 1 % geringer sind, und musste deshalb zur Hilfskonstruktion mit dem Jahr 2008 Zuflucht nehmen. Der Rechnungshof hat in der Finanz ausschusssitzung deutlich gemacht: Wenn man im Jahr 2011 über das Vorjahr redet, ist nicht das Jahr 2008 gemeint, son dern das Jahr 2010.

(Zuruf der Abg. Muhterem Aras GRÜNE)

Wenn Sie hier an dieser Stelle wort- und trickreich die Finanz krise ins Spiel bringen, dann darf ich Sie daran erinnern, dass Ihnen der Rechnungshof in der Finanzausschusssitzung deut lich gesagt hat, es sei nun wirklich ziemlich schwierig, die Entwicklung der Steuermehreinnahmen der Jahre 2010 und 2011 noch immer im Zusammenhang mit der Finanzkrise zu sehen. Wenn Sie sich also die Haushaltsentwicklung anschau en, meine Damen und Herren, können Sie mit Sicherheit nicht so argumentieren. Vielmehr beginnen Sie Ihr Regierungshan deln mit einem Rechtsbruch; das ist an dieser Stelle ganz ein deutig festzuhalten, meine Damen und Herren –

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

es sei denn, Sie argumentieren mit der anderen Möglichkeit, die in der Landeshaushaltsordnung noch vorgesehen ist, näm

lich der Möglichkeit, sich auf eine Naturkatastrophe zu beru fen.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU)

Aber ich glaube, Naturkatastrophen sind nicht absehbar, es sei denn, Sie sehen den 27. März dieses Jahres als eine Naturka tastrophe an.

(Heiterkeit bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Alfred Winkler SPD: Die einzige Katastrophe ist Ihr Beitrag! – Heiterkeit bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Ich darf daran erinnern, dass Herr Ministerpräsident Kretsch mann in der Vergangenheit, als er noch in der Opposition war, immer gefordert hat, die Bestimmungen der Landeshaushalts ordnung sollten doch bitte Verfassungsrang erhalten. Ich neh me an, Herr Ministerpräsident, Sie erinnern sich an die For derungen: Diese Bestimmungen sollten nach Möglichkeit Ver fassungsrang erhalten. Das betrifft beispielsweise auch die Frage, wie die Neuverschuldung zu tilgen ist. Dazu darf ich darauf hinweisen, dass in der Landeshaushaltsordnung vorge sehen ist, einen Tilgungsplan vorzulegen, sodass Schulden, die über diesen Deckel von 41,7 Milliarden € hinausgehen, spätestens in sieben Jahren zu tilgen sind. Meine Damen und Herren von der neuen Landesregierung, wenn Sie das, was Sie bisher über Ihre Haushaltspolitik verlautbaren, umsetzen, dann geht das gar nicht. Wie wollen Sie denn in den nächsten sieben Jahren die Neuschulden tilgen, wenn Sie erst im Jahr 2020 wieder zur Nullneuverschuldung kommen möchten? Das sollten Sie an dieser Stelle vielleicht auch einmal deutlich ma chen.

Aber der Finanzminister hat ja schon in der Finanzausschuss sitzung gesagt, dass er von der Landeshaushaltsordnung ei gentlich nicht so viel halte, dass er einen gewissen Wider spruch zur Verfassung sehe und sich infolgedessen nicht an die Landeshaushaltsordnung zu halten brauche.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Hört, hört! – Abg. Ingo Rust SPD: Das hat er sicher nicht gesagt! Das ist eine Lüge! Das ist eine bösartige Lüge! – Abg. Bärbl Mielich GRÜNE: Bleiben Sie bei der Wahr heit!)

Man sollte vielleicht in der grün-roten Landesregierung auch einmal darüber diskutieren, ob das gilt, was der Ministerprä sident früher gesagt hat, nämlich dass die Landeshaushalts ordnung eigentlich Verfassungsrang einnehmen müsste, oder ob das gilt, was der Finanzminister im Finanzausschuss ge sagt hat, nämlich dass er die Bestimmungen der Landeshaus haltsordnung als nicht einleuchtend betrachte.

Schauen wir uns einmal die Stellenpläne der neuen Landes regierung an – Kollege Herrmann hat es angesprochen – und stellen uns die Frage, wo man sparen könnte. Man kann dar über streiten, ob es nur für die k.w.-Stellen oder auch die sons tigen Stellen gelten sollte. Es gibt ja das Versprechen, diese Stellen im künftigen Haushalt wieder abzubauen. Diese Ver sprechen sind interessant. Es wird an allen Ecken und Enden vom Sparen geredet und das Sparen angekündigt. Wenn es aber konkret wird, heißt es immer: „in der Zukunft“. Herr Sti

ckelberger hat vorhin auch gesagt: „Wir werden das aus dem eigenen Ressort heraus leisten.“

(Abg. Thomas Blenke CDU: Da sind wir einmal ge spannt!)

Das heißt, das, was wir auf der einen Seite ausgeben, sparen wir auf der anderen Seite wieder ein. Aber es wird nie kon kret aufgezeigt, wo genau dies geschehen soll.

(Zuruf des Abg. Walter Heiler SPD)

Wir sind schon einmal gespannt, ob im künftigen Haushalt von einem Stellenabbauprogramm oder von einem konkreten Betrag die Rede ist. Einstweilen werden jedenfalls nur Stel len aufgebaut, und zwar in bemerkenswerter Größenordnung. Wenn man sich beispielsweise einmal den Stellenplan des In tegrationsministeriums mit 44 Stellen, darunter ein Amtslei ter und drei Abteilungsleiter mit einer Stellenwertigkeit von B 6, anschaut,

(Zuruf von der CDU: Unglaublich! – Abg. Dr. Fried rich Bullinger FDP/DVP: Was tun die eigentlich?)

dann kann man sich ausrechnen, dass jeder dieser B-6-Beam ten etwa zehn Mitarbeiter führt.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Die führen sich selbst!)

Frau Öney, Sie kommen aus Berlin. In Berlin ist momentan das Amt des Polizeipräsidenten neu zu besetzen. Ihre sozial demokratischen Parteifreunde sind daran gescheitert, weil sich der Innensenator offensichtlich nicht so ganz mit dem Lan desrecht auskannte. Jetzt sucht man weiter.

(Abg. Bärbl Mielich GRÜNE: Mein Gott! – Weitere Zurufe von den Grünen und der SPD)

Seine Stellenbesetzung wurde ihm um die Ohren gehauen. Das können Sie nicht bestreiten.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Kommen wir wieder nach Baden-Württemberg!)

Aber das ist auch nicht das Entscheidende, sondern das Ent scheidende ist: Sie brauchen drei B-6-Stellen, von denen je der Stelleninhaber dann zehn Mitarbeiter führt.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Ein Refe ratsleiter ist das!)

Der Polizeipräsident in Berlin – das ist auch eine B-6-Stelle – hat 16 000 Vollzugsbeamte und 5 000 Verwaltungsbeamte zu führen.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: So ist es!)

Das sind die Verhältnisse, unter denen im Land Baden-Würt temberg Geld ausgegeben wird.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Claus Schmiedel SPD: So viele Polizisten hätten wir auch gern in Baden-Württemberg! – Gegenruf des Abg. Thomas Blenke CDU: Aber nicht die Berliner Ver hältnisse, Herr Kollege Schmiedel!)

Auf Ihre Rücklage von 560 Millionen € – Herr Kollege Köß ler hat es in seiner Zwischenfrage deutlich gemacht – sollte man zugunsten der Absenkung der Kreditaufnahme verzich ten. Weder das Prinzip der Haushaltsklarheit noch das der Transparenz, noch das der Jährlichkeit wird durch das, was Sie an dieser Stelle tun, eingehalten.

Den Anträgen der CDU-Fraktion können wir im Wesentlichen zustimmen. Sie gehen in eine Richtung vergleichbar mit der, die wir für richtig halten. Unser Zusatzantrag zu § 6 des Staatshaushaltsgesetzes sieht für die Zukunft eine 80-%-Bin dung des Nettosteuermehraufkommens zur Verringerung der Kreditaufnahme vor. Frau Aras, wenn ich Sie richtig verstan den habe, müssten Sie zumindest dem zustimmen; denn Sie haben angekündigt, wenn jetzt noch weitere Steuermehrein nahmen kommen, dann würden sie auf jeden Fall so verwen det,

(Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Lesen Sie Ihren An trag einmal genau! Das war eine Ermächtigung!)

dass auf eine Neuverschuldung verzichtet wird.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Für die Landesregie rung erteile ich Herrn Finanz- und Wirtschaftsminister Dr. Nils Schmid das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Ausschussberatung und auch in der heutigen Debatte ist noch einmal deutlich geworden, dass Konsolidierung, Nach haltigkeit und generationenübergreifende Gerechtigkeit eine Haushaltswirtschaft erfordern, die nicht nur eindimensional auf die Kreditaufnahme abstellt. Vielmehr haben wir ein Drei eck von Sanieren, Investieren und Konsolidieren, und genau dieses Dreieck setzt die Landesregierung im Nachtragshaus halt um.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Die alleinige Konzentration auf die Nullneuverschuldung un ter Inkaufnahme des Werteverzehrs bei Vermögenswerten des Landes ist weder nachhaltig noch generationengerecht. Wir haben hier eine grundsätzlich andere Entscheidung getroffen, die dazu führen wird, dass wir den Landeshaushalt endlich nachhaltig konsolidieren können.

Wir haben beim Kassensturz deutlich gemacht, dass wir eine jahrzehntelange verdeckte Mängelwirtschaft vorgefunden ha ben.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Versucht! Gelungen ist es Ihnen nicht!)

Wir haben Ihnen nachgewiesen, dass Sie über Jahrzehnte hin weg die vermeintliche Konsolidierung zulasten der Vermö genssubstanz, zulasten unserer Hochschulen, zulasten unse rer Landesstraßen betrieben haben.