Sehr geehrte Frau Prä sidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die vorgesehenen Novellierungen der Landesbauordnung sind Meilensteine des Bürokratieaufbaus.
Sie sind sozial und ökologisch fragwürdig. Es ist klar – Sie erwarten es ja auch nicht anders –, dass wir von der Opposi tion das kritisieren. Aber ich will jetzt einmal diejenigen zi tieren und anführen, die sich tagtäglich damit beschäftigen.
Wie bereits in der ersten Lesung – es ist mir wichtig, dies ins Protokoll zu bringen – zitiere ich die Gesamtbewertung des Baden-Württembergischen Handwerkstags:
Die Einführung neuer Pflichten sieht der BWHT äußerst kritisch. Statt Anreize für mehr Wohnungsbau zu setzen, werden potenzielle Bauherren abgeschreckt. Bauen soll komplizierter, regulierter und teurer werden. Wir sehen nicht, wie unter diesen Bedingungen mehr Wohnraum ge schaffen werden soll.
Die LBO-Novelle verfolgt zwar hehre Ziele, überlässt die Kosten dafür aber den Bauherren und somit unmittelbar auch den Mietern und mittelständischen Betrieben.
Wir haben dazu bereits die Beispiele gehört: Fahrradabstell platzpflicht, Fassadenbegrünung, faktische Abschaffung des
Herr Maier, ich habe gesehen, dass Sie sich gemeldet ha ben. Ich kann jetzt aber keine Zwischenfrage zulassen, weil ich sonst zeitlich mit meinen Punkten nicht durchkomme. Vielleicht ist am Ende meiner Ausführungen noch genügend Zeit.
Ich bin Ihnen von Grün-Rot ausdrücklich dankbar, dass Sie die öffentliche Anhörung am 24. September zugelassen ha ben. Für eine Regierung des Gehörtwerdens
ist das selbstverständlich, ganz genau. Es ist dann noch ein mal ein Unterschied, ob man die Punkte, die in der Anhörung zur Sprache kommen, auch aufnimmt.
Ich möchte drei Punkte herausgreifen. Die wohnungswirt schaftlichen Verbände haben erhebliche Bedenken zum The ma Fassadenbegrünung. Es drohen Mehrkosten, insbesonde re bei der späteren aufwendigen Pflege und Unterhaltung, die vor allem die Nebenkosten der Mieter erhöhen. Nach Ihrer Auffassung ist die Landesbauordnung sozial und ökologisch. Das stelle ich hier ganz bewusst infrage.
Die Einschränkung des Kenntnisgabeverfahrens trifft vor al lem Familien, die Reihenhäuser kaufen oder bauen. Denn bei ihnen kommt es, auch wenn vom Bebauungsplan her das ge samte Baufenster ausreicht, immer automatisch bei den ein zelnen Häusern, vor allem bei den Mittelhäusern, zu Über schreitungen. Da schlagen Sie zu. Wir wissen, dass dann die Gebühren gegenüber dem Kenntnisgabeverfahren sehr deut lich, teilweise um ein Mehrfaches ansteigen und die Famili en belasten. So etwas bezeichnen Sie dann als eine soziale No vellierung der LBO.
Der Baden-Württembergische Handwerkstag hat ganz vehe ment die Belastung der Bäckereien durch die Problematik der Barrierefreiheit angesprochen. Er fürchtet, dass es nicht zu letzt dadurch, aber auch durch andere Formalitäten wie Min destlohn usw., die Sie alle mitentwickelt haben, zunehmend zu einem Rückgang der Bäckereicafés insbesondere im länd lichen Raum kommt.
Der Deutsche Mieterbund sieht die Fassadenbegrünung bei Mehrfamilienhäusern kritisch und spricht davon, dass es durch die kostensteigernden Regelungen der LBO noch schwieriger wird, bezahlbare Wohnungen zu bauen. So etwas bezeichnen Sie dann als soziale Novellierung der LBO.
Zu den Zielsetzungen der LBO gehört das Thema „Sicherheit beim Bauen“. Die LBO soll Verfahren beschleunigen, sie soll günstiges Bauen ermöglichen. Die jetzige Novellierung der
Gestatten Sie mir am Ende noch einen Hinweis auf eine For derung der Landesvereinigung Bauwirtschaft. Sie sagt:
... schwierige Rahmenbedingungen bremsen nach wie vor das Wachstum auf dem Bau. Hier ist die Politik gefordert, künftig vernünftige Weichen zu stellen.
Anstatt Impulse für den Wohnungsbau zu setzen, sorgt GrünRot mit dieser LBO-Novellierung für einen weitgehenden Ein griff in die Eigentumsrechte, der das Bauen teurer macht, öko logisch garniert mit Efeu an den Fassaden.
Sehr geehrte Frau Präsi dentin, meine Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Ge setzentwurf hat sich die Landesregierung zum Ziel gesetzt, die LBO sozial und ökologisch zu modernisieren. Wir setzen damit um, was wir uns zu Beginn der Legislaturperiode vor genommen haben.
Ein wichtiges Ziel hierbei ist es, das Angebot an barrierefrei em Wohnraum zu vergrößern. Bauvorgaben in der LBO sind ein wesentliches Instrument, um dies zu erreichen. Der Markt allein richtet es nicht, weil es hier um zukünftige Bedarfe geht.
Da die Anforderungen in der derzeitigen Landesbauordnung dem gestiegenen Bedarf nicht Rechnung tragen, muss hier an gepasst werden. Auch bezüglich des Klimaschutzes, Natur schutzes und Umweltschutzes besteht ein deutliches gesetzli ches Defizit, auf das wir nun reagieren. Wir wollen die Lan desbauordnung zukunftsfähiger machen, indem wir Verände rungen im Mobilitätsverhalten unterstützen, z. B. durch eine Verbesserung der Fahrradinfrastruktur.
Meine Damen und Herren, auch außerhalb des Landes ist man inzwischen darauf aufmerksam geworden, dass wir hier eine Gesetzesnovelle haben. „Efeu an Fassaden, Dächer über Rad ständern“ titelte neulich „Die Welt“. Richtig daran ist: Wir wollen etwas verändern. Wir wollen eine zeitgemäße, moder ne Landesbauordnung. Dabei regeln wir Dinge mit Augen maß und ohne die Landesbauordnung insgesamt zu überfrach ten.
Mit der Gesetzesnovelle greifen wir gesellschaftliche Ent wicklungen auf. Wir sorgen dafür, dass vorhandene sinnvol le technische Lösungen, die bislang nicht in ausreichendem Umfang zur Anwendung kommen, bei Neubaumaßnahmen vorgesehen werden.
Der heutigen zweiten Lesung gingen viele Gespräche und ei ne intensive Auseinandersetzung mit zahlreichen Stellungnah men voraus. In ganz vielen Fällen beschreiten wir einen Mit telweg zwischen unterschiedlichen Anforderungen und Wün schen, die an uns herangetragen wurden. Auch deshalb geht der Vorwurf, dass die Novellierung ideologiegetrieben sei, vollkommen ins Leere.
Meine Damen und Herren, der Verkehrsausschuss hat noch mals wichtige Verbände zu dem Gesetzentwurf angehört. Aus unserer Sicht haben sich daraus keine neuen Erkenntnisse oder Sachverhalte ergeben,
(Lachen des Abg. Dr. Reinhard Löffler CDU – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Ist das der Mittel weg?)
Im Übrigen – das möchte ich hier auch einmal festhalten – lie gen uns keine Änderungsanträge der Opposition vor. Da gab es keinen Inhalt, es gab nur Polemik.
(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU – Unruhe – Glocke der Präsidentin)