Protokoll der Sitzung vom 05.11.2014

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU – Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Auf wesentliche Punkte dieser Anhörung möchte ich einge hen. Die wichtigste soziale Maßnahme im Gesetzentwurf ist die Verbesserung der Barrierefreiheit im Wohnungsbau. Dies wurde bereits angesprochen. In den Wohnungen sollen zu künftig die Wohn- und Schlafräume sowie Bad und Küche nicht nur mit dem Rollstuhl zugänglich, sondern künftig auch barrierefrei nutzbar sein. Dies soll in mehr Wohnungen der Fall sein, indem schon in Gebäuden mit mehr als zwei Woh nungen eine Etage barrierefrei eingerichtet werden soll.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Die Badewanne ist dann eben!)

Die Verbände vor allem der Wohnungswirtschaft wenden sich unter Hinweis auf die Kosten gegen eine Ausweitung der Bar rierefreiheit im Wohnungsbau.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Barrierefreies Bauen lässt sich leider nicht immer ohne jegli che Mehrkosten umsetzen,

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Das merkt man!)

aber der Gesetzgeber hat bereits in der jetzt gültigen Vorschrift Vorsorge getroffen, indem er bei unverhältnismäßigen Mehr kosten keine Barrierefreiheit verlangt. Daran ändern wir nichts.

Daher beruht die Kritik mancher Verbände, man müsse künf tig allein wegen der Barrierefreiheit Aufzüge einbauen, auf einem Missverständnis. Man hätte den Gesetzestext einmal genau anschauen müssen.

Außerdem sollte man nicht aus den Augen verlieren, dass mehr barrierefreier Wohnraum mehr Komfort für uns alle be deutet. In barrierefreiem Wohnraum können ältere Menschen länger in ihren vertrauten Wänden leben. Dies entlastet öffent liche, aber auch private Haushalte in erheblichem Umfang bei den Pflege- und Unterbringungskosten. Und es ist natürlich viel günstiger, neu barrierefrei zu bauen, als später teuer um zubauen.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Dann baut es der Schwabe von sich aus! Der braucht Sie nicht dazu!)

Ein ergänzender Hinweis noch zur Änderung von § 39 Ab satz 3: Ausnahmen von der gesetzlichen Verpflichtung, öffent lich zugängliche Gebäude umfassend barrierefrei herzustel len, sollen künftig nur im Einzelfall erfolgen dürfen. Diese Änderung ist eine notwendige Klarstellung der bereits gelten den Rechtslage. Daher wird weder die Rechtslage noch die bewährte Handhabung bei der Zulassung kleinerer Bäckerei en mit Sitzgelegenheiten in irgendeiner Weise nachteilig be rührt. Die diesbezügliche Kritik des Handwerkstags – das war dessen Hauptkritikpunkt bei der Anhörung – beruht ganz klar auf einem Missverständnis.

Meine Damen und Herren, ein weiteres Ziel der Novelle ist es, die Nachhaltigkeit im Baurecht zu stärken, denn gerade mit baubezogenen Maßnahmen kann ein spürbarer Beitrag zum Klimaschutz, zum Naturschutz und zum Schutz der Um welt geleistet werden. Der Gesetzentwurf wird dieser ökolo gischen Zielsetzung durch unterschiedliche Maßnahmen ge recht. Die vielleicht wichtigste Maßnahme ist die Aufnahme einer allgemeinen Pflicht zur Schaffung von Fahrradstellplät zen.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Das kann man so sagen!)

Die meisten Verbände halten im Übrigen diese Maßnahmen in der Sache für richtig. Trotz dieser Erkenntnis beklagen ei nige, dass es das Bauen verteuern würde. Auch hierzu ist zu sagen: Das wird im Vergleich mit den Gesamtbaukosten re gelmäßig nicht wirklich ins Gewicht fallen. Außerdem wur de diese Regelung mit Augenmaß formuliert. Die Pflicht, beim Neubau zwei Fahrradstellplätze pro Wohnung einzuplanen, gilt nicht, wenn die Stellplätze nach Art, Größe oder Lage der Wohnung nicht erforderlich sind.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Sagen Sie einmal ein Beispiel!)

Dem Klima-, Natur- und Umweltschutz dienen aber auch noch weitere Maßnahmen, die wir vorsehen wollen, so insbeson dere die bauordnungsrechtliche Erleichterung der Nutzung re generativer Energien, die erweiterte Verwendung von Holz als Baustoff und nicht zuletzt die Pflicht zur Begrünung von bau lichen Anlagen. Es gilt schon heute – das merken Sie, wenn

Sie einmal in die LBO schauen –, dass die nicht überbauten Flächen der bebauten Grundstücke Grünflächen sein müssen, soweit diese Flächen nicht für eine andere Verwendung benö tigt werden. Wir ergänzen diese Regelung um die Aussage: Wenn so dicht gebaut wird, dass neben dem Gebäude kein Platz für Grün ist, dann soll das Gebäude nach Möglichkeit begrünt werden.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Herr Mack, haben Sie einmal versucht, eine Fassadenbegrü nung im Bebauungsplan vorzuschreiben?

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Ist das un sere Idee?)

Das geht nämlich nicht so einfach. Deswegen braucht es die se Änderung in der Landesbauordnung.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Karl Zimmermann CDU: Zeigen Sie mir den wilden Wein!)

Gerade in so dicht bebauten Quartieren beeinflusst Begrünung das Kleinklima positiv, erhöht die Aufenthaltsqualität und ist ein Beitrag zur Anpassung an den Klimawandel.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Ja, ja!)

Es gibt Verbände, die bemängeln, dass die gesetzlichen An forderungen zu unklar seien. Auch hier gilt: Es gibt viele er probte kostengünstige Lösungen – bis dahin, dass Kostenein sparungen bei der Außenfassade möglich sind, wenn man gut plant. Die Vorschrift ist so offen formuliert, damit die Situa tion im Einzelfall betrachtet und eine jeweils passende gute Lösung gefunden werden kann.

Der Gesetzentwurf sieht auch verschiedene verfahrensmäßi ge Änderungen vor. Vor allem soll das Kenntnisgabeverfah ren sachgerecht eingeschränkt werden. Dies ist ganz klar ei ne Kompromisslösung. Insbesondere der Städtetag und die Architektenkammer fordern nämlich unter Hinweis auf den Verwaltungsaufwand und die Missbrauchsmöglichkeiten die komplette Abschaffung des Verfahrens. Dagegen verlangt die Wohnungswirtschaft eine ungeschmälerte Beibehaltung. Wir wollen das Kenntnisgabeverfahren künftig nur dann zulassen, wenn die Festsetzungen des Bebauungsplans eingehalten wer den, denn nur dann ist es tatsächlich vorteilhaft.

Verfahrensmäßige Erleichterungen bringt die Erweiterung der Liste der verfahrensfreien Vorhaben mit sich. So sollen Au ßenwandbekleidungen sowie Bedachungen einschließlich der Wärmedämmmaßnahmen und Solaranlagen auf Gebäuden im mer verfahrensfrei möglich sein. Dies ist Entbürokratisierung.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Durch die künftige Anzeigepflicht bei Grundstücksteilungen werden die Baurechtsbehörden in die Lage versetzt, bau rechtswidrigen Teilungen rechtzeitig zu begegnen. Diese An zeigepflicht ist nötig, aber auch ausreichend; einer Wiederein führung der früheren verwaltungsaufwendigen Genehmi gungspflicht bedarf es nicht.

Abschließend noch ein Wort zu dem allgemeinen Einwand, durch den Gesetzentwurf würde das Bauen und Wohnen ver teuert. Es ist keineswegs so, dass der Gesetzentwurf nur Re

gelungen beinhalten würde, die zu Verteuerungen führen kön nen. Im Gegenteil, er enthält natürlich auch Regelungen, die die Baukosten senken. Ich nenne die neue Möglichkeit der Kommunen – die insoweit auch nicht mehr bevormundet wer den –, die Kfz-Stellplatzverpflichtung bei Wohnungen bis auf null abzusenken. Wir beenden also den Asphaltierungszwang, den Sie bisher vorgeschrieben hatten.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Auch die Aufnahme weiterer baulicher Anlagen in den Kata log der verfahrensfreien Vorhaben senkt Baukosten. Im Übri gen zeigt eine aktuelle Studie der Bau- und Immobilienbran che, dass die Stellschrauben zu den Neubaukosten nicht in den in der Kritik befindlichen einzelnen Regelungen der LBO lie gen. Die größeren Stellschrauben liegen im Bereich der Fi nanzierung und der Abschreibung von Bauvorhaben. Was die Mieten betrifft, ist entscheidend, wie wir das Mietrecht aus gestalten.

Meine Damen und Herren, vieles von dem, was zum Gesetz entwurf in letzter Zeit gesagt und geschrieben wurde, hat sich so nicht als haltbar erwiesen. Das gilt auch für die Märchen, die Herr Mack heute hier erzählt hat, beispielsweise was den Brandschutz in Ställen angeht.

Wir haben den Schutz von Klima, Natur und Umwelt auch beim Bauen zu berücksichtigen; das sollte auch bei Ihnen in der Opposition angekommen sein. Wir haben nach vielen Ge sprächen einen sehr ausgewogenen Gesetzentwurf vorgelegt. Ich bitte Sie alle um Unterstützung zu diesem Gesetzentwurf.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Meine Damen und Her ren, in der Allgemeinen Aussprache liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wir kommen daher in der Zweiten Beratung zur A b s t i m m u n g über den Gesetzentwurf Drucksache 15/5294. Ab stimmungsgrundlage ist die Beschlussempfehlung des Aus schusses für Verkehr und Infrastruktur, Drucksache 15/5923. Der Ausschuss für Verkehr und Infrastruktur empfiehlt Ihnen, dem Gesetzentwurf mit Änderungen in Artikel 1 Nummer 15 zu § 35 zuzustimmen.

Ich rufe auf

Artikel 1

Änderung der Landesbauordnung

der aus den Nummern 1 bis 32 besteht, und dazu die Be schlussempfehlung des Ausschusses für Verkehr und Infra struktur, Drucksache 15/5923.

Ich schlage Ihnen vor, die Nummern 1 bis 32 bei der Abstim mung zusammenzufassen und damit über Artikel 1 insgesamt abzustimmen. – Sie sind damit einverstanden.

Wer Artikel 1 mit den Nummern 1 bis 32 in der Fassung der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Verkehr und Inf rastruktur, Drucksache 15/5923, zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Damit ist Artikel 1 mehrheitlich zugestimmt.

Ich rufe auf

Artikel 2

Änderung der Allgemeinen Ausführungsverordnung des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur zur

Landesbauordnung

Wer Artikel 2 zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Damit ist Artikel 2 mehrheitlich zugestimmt.

Ich rufe auf