Protokoll der Sitzung vom 05.11.2014

(Abg. Peter Hauk CDU: Jetzt haben wir mehr!)

mehrere Milliarden Euro Sanierungsstau, einen Berg von un bewältigten Pensionsausgaben. Sie waren in die Sackgasse gefahren. Ihr einziger Vorschlag war: Weiter wie bisher.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Zuruf des Abg. Thaddäus Kunzmann CDU)

Doch damit hätten Sie den Landeshaushalt endgültig an die Wand gefahren.

(Lachen bei der CDU)

Ihrer Konzeptlosigkeit haben die Wählerinnen und Wähler zu Recht ein Ende gesetzt.

Wir haben uns der Herausforderung gestellt. Wir haben Ver antwortung übernommen. Mit dem Dreiklang aus Konsolidie ren, Sanieren und Investieren haben wir einen klaren Kurs vorgegeben und ihn über die Jahre hinweg bis zu diesem Dop pelhaushalt 2015/2016 gehalten. Mit dem Finanzplan 2020 und den Orientierungsplänen haben wir dort gehandelt, wo Sie nur geredet haben. Das Verfahren hat sich als richtig er wiesen. Durch die Umsetzung der Vorgaben aus den Orien tierungsplänen können 2015 und 2016 über 960 Millionen € eingespart werden.

Auch strukturell betrachtet überzeugt das Ergebnis. Konsoli dierungsmaßnahmen aus den Jahren 2012 bis 2016 werden mit Wirkung für das Jahr 2020 voraussichtlich ein Konsoli dierungsvolumen von über 1,5 Milliarden € erreichen.

Das beweist: Die Konsolidierung greift. Und der Erfolg gibt uns recht. 2011, 2012, 2016: Drei Mal keine neue Nettover schuldung in dieser Legislaturperiode.

(Zuruf des Abg. Winfried Mack CDU)

Das ist ein großer gemeinsamer Erfolg dieser Landesregie rung.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Doch wir haben verstanden: Genauso wichtig wie die Rück führung der offenen Kreditmarktverschuldung ist es, die im plizite Verschuldung des Landes anzugehen. Ich spreche von den milliardenschweren Pensionslasten, die ohne entsprechen de Vorsorge zukünftigen Gestaltungsspielraum erheblich ein schränken würden. Ich spreche von öffentlichen Gebäuden und Straßen, von öffentlicher Infrastruktur in unserem Land, die viel zu lange sich selbst überlassen wurde.

Uns ist klar: Das heutige Einsparen von Geld beim Erhalt be deutete die ungleich teurere Sanierung in der Zukunft. Wir nehmen heute Geld in die Hand, damit die kommenden Ge nerationen die schwarz-gelben Versäumnisse der Vergangen heit nicht doppelt und dreifach bezahlen müssen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Im Zeitraum 2011 bis 2016 werden wir rund 2,7 Milliarden € für die Beamtenpensionen zurückgelegt haben, davon allein mit dem Doppelhaushalt 2015/2016 rund 1,2 Milliarden €. Zudem bauen wir den Sanierungsstau Schritt für Schritt ab. 560 Millionen € seit 2011 und weitere 480 Millionen € in den kommenden zwei Jahren beweisen: Es geht – man muss es nur wollen.

Das nützt den Unternehmen in unserem Land, die auf eine gu te Infrastruktur angewiesen sind. Das nützt den Menschen in unserem Land, die schneller und einfacher ans Ziel kommen. Meine Damen und Herren, das ist Haushaltspolitik für einen starken Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Wenn wir dieser Tage über Verantwortung reden, dann kön nen und dürfen wir das Thema Flüchtlinge nicht außen vor lassen. Jeden Tag kommen Menschen zu uns, die alles verlo ren haben. Ich spreche hier im Namen aller in diesem Haus, wenn ich sage: Diese Menschen verdienen unsere Hilfe, ja, sie verdienen eine Perspektive. Wir alle wissen, vor welch gro ßen praktischen Herausforderungen die Kommunen in unse rem Land stehen. Deshalb nehmen wir allein für die pauscha le Kostenerstattung an die Kreise im Doppelhaushalt insge samt 616 Millionen € in die Hand. Das sind rund 238 Millio nen € mehr, als ursprünglich in der mittelfristigen Finanzpla nung vorgesehen waren.

(Vereinzelt Beifall)

Wir werden außerdem für eine angemessene Finanzierung der Landeserstaufnahmeeinrichtungen sorgen und ein Sonderpro gramm für Kommunen zum Bau von Wohnungen für Flücht linge auf den Weg bringen.

Klar ist aber auch: Die Entwicklung der Flüchtlingszahlen ist nicht eindeutig vorherzusagen. Zu viele Überraschungen ha ben wir alle in Deutschland in den letzten Monaten erleben müssen. Deshalb haben wir im Haushaltsentwurf eine Rück lage für Haushaltsrisiken in Höhe von 700 Millionen € veran kert. Darin ist für steigende Flüchtlingskosten eine Vorsorge von 300 Millionen € vorgesehen. Es ist eine Frage der Risi kovorsorge und vorausschauender und solider Finanzpolitik, auf solche Entwicklungen einzugehen. Vor allem ist es aber auch politisch ein ganz klares Signal aus Baden-Württemberg in die Gesellschaft hinein: Wir werden unserer humanitären Verantwortung im Umgang mit Flüchtlingen gerecht.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Wie gesagt, seit 2011 verfolgen wir den Dreiklang in der Haushaltspolitik. Das heißt, neben gutem Sanieren und erfolg reichem Konsolidieren brauchen wir vor allem auch gezielte Investitionen. In den letzten Jahren haben wir da wichtige Im pulse setzen können. Wir haben Ernst gemacht mit „Vorfahrt für Bildung“. Wir haben dafür gesorgt, dass ein Studium eben nicht mehr vom Geldbeutel der Eltern abhängt. Wir sorgen dafür, dass alle Jugendlichen eine Chance auf Ausbildung be kommen. Wir haben die Kinderbetreuung ausgebaut, damit junge Familien in unserem Land eine Sorge weniger haben, und wir haben in unsere Forschungsinfrastruktur investiert, damit wir das Land der Tüftler und Schaffer bleiben können.

Mit diesem Doppelhaushalt knüpfen wir nahtlos an diese In vestitionen an und setzen neue Akzente. Wir investieren, da mit den Menschen im Land neue Wege offenstehen. Dafür braucht es vor allem eines: gute und gerechte Bildungschan cen für alle. Das darf dann eben auch nicht an höheren Schü lerzahlen scheitern. Deswegen lassen wir aufgrund der neuen Schülerzahlenprognose mehr Lehrerstellen im System und si chern so die Unterrichtsversorgung. Wir investieren aber gleichzeitig in Inklusionsangebote und in den Ausbau der Ganztagsschulen. Allein in diese Kernbereiche der Schulpo litik investieren wir in den kommenden zwei Jahren 185 Mil lionen €. Weil wir wissen, wie wichtig die Schule für eine ge lungene Integration ist, sieht der Entwurf außerdem knapp 25 Millionen € mehr für Sprachförderung und Vorbereitungs klassen vor.

Weil wir wollen, dass junge Menschen die Chance einer Aus bildung ergreifen können, müssen wir sie für die Berufe be geistern und den Übergang von der Schule in den Beruf er leichtern. Deswegen ordnen wir diesen Übergangsbereich neu. Wir schaffen so mehr Praxisbezug, mehr Begleitung und mehr individuelle Förderung. Denn eines ist klar, meine Damen und Herren: Wir können es uns nicht erlauben, auch nur einen jun gen Menschen in diesem Land verloren zu geben. Denn die se Zukunft geht uns alle an!

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Die jungen Menschen sind die Zukunft unseres Landes. Des wegen investieren wir in ihre berufliche Ausbildung; deswe gen investieren wir in unsere Hochschulen. Was wir mit der Streichung der Studiengebühren begonnen haben, setzen wir heute konsequent fort: Wir öffnen die Hochschulen; denn hö here Bildung schafft Chancen, Bildung schafft Perspektiven. Dafür nehmen wir eine ordentliche Menge Geld in die Hand.

Sie alle wissen, dass der Bund ab 2015 die Finanzierung des BAföG vollständig übernehmen wird. Diese Entlastung ge ben wir 1 : 1 an unsere Schulen und Hochschulen weiter, und zwar schon ab 2015, obwohl sich die Entlastung erst nach 2020 in unserem Landeshaushalt vollständig bemerkbar ma chen wird, weil Sie in der Vergangenheit BAföG-Finanzierun gen verschleppt haben und damit auch eine verdeckte Ver schuldung eingegangen sind. Aber wir nehmen das, was die Große Koalition in Berlin beschlossen hat, ernst. Wir setzen die BAföG-Mittel zu 100 % für Bildung ein, denn für uns gilt: Vorfahrt für Bildung!

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Wir gehen mit diesem Haushaltsentwurf sogar noch weiter. Mit dem Hochschulbauprogramm investieren wir rund 200 Millionen € zusätzlich in die Sanierung von Hochschulgebäu den. Wir machen den Hochschulstandort Baden-Württemberg mit dem neuen Finanzierungsvertrag „Perspektive 2020“ zu kunftsfest mit einer verlässlichen Grundfinanzierung von ins gesamt 1,7 Milliarden € zusätzlich bis 2020.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, Investitionen in Bildung sind immer auch Investitionen in un seren Standort. Denn die Unternehmen in unserem Land brau chen die klügsten Köpfe und die fähigsten Hände. Sie brau chen den richtigen Rahmen für Innovation und Qualität „Ma de in Baden-Württemberg“. Deshalb sind wir gemeinsam mit der Wirtschaft, den Gewerkschaften und den Arbeitsagentu ren neue Wege in der Fachkräftesicherung gegangen – und das erfolgreich. Wir gewinnen weibliche Fachkräfte wieder zu rück für den Arbeitsmarkt; wir schaffen mit den Welcome Centern eine ganz neue Willkommenskultur, und dank der re gionalen Fachkräfteallianzen gehören Koordinationsproble me vor Ort der Vergangenheit an.

Mit dem vorliegenden Haushaltsentwurf stellen wir zudem si cher, dass unsere Unternehmen auch in Zukunft den anderen den entscheidenden Schritt voraus sein werden. Dabei verfü gen wir in Baden-Württemberg über gute Voraussetzungen; denn die Unternehmen in Baden-Württemberg investieren im Schnitt weit mehr in Forschung und Entwicklung als Unter nehmen andernorts in Europa. Wir sind deutscher Meister bei den Patentanmeldungen pro Kopf, und wir haben eine einzig artige Forschungsinfrastruktur. Auf diesen Stärken können wir aufbauen.

Doch wir ruhen uns nicht darauf aus. Unser Ziel ist klar: Wir wollen bei den neuen Themen ebenfalls voranmarschieren. Deshalb wollen wir Baden-Württemberg zum Gewinner der Digitalisierung machen. Denn für unseren Standort, für Ba den-Württemberg als der industriellen Herzkammer Deutsch lands, führt an der vierten industriellen Revolution, an der In dustrie 4.0, kein Weg vorbei, weil sie den Unternehmen hilft, effizienter und flexibler zu arbeiten, und weil sie eine einma lige Chance für die Unternehmen ist. Industrie 4.0 wird vom Schlagwort zum Exportschlager – dank der Unternehmer in Baden-Württemberg.

In vielen Unternehmen in unserem Land ist die Digitalisie rung schon angekommen. Wir werden mit diesem Doppel haushalt dafür sorgen, dass alle Unternehmen, insbesondere die kleinen und mittleren Unternehmen, die Chance der Digi talisierung nutzen können. Dafür bauen wir die digitale Inf rastruktur weiter aus. Wir stellen in den kommenden zwei Jah ren für Neubewilligungen für noch schnelleres Internet in der Fläche des Landes über 63 Millionen € zur Verfügung. Wir entwickeln die „Forward IT“-Strategie weiter. Wir bauen ei ne IKT-Sicherheitsagentur und schützen so unseren Mittel stand vor Datenspionage und Datenmissbrauch. Mit dem „House of IT“ schaffen wir eine großartige Innovationspart nerschaft zwischen Forschung und unserer IKT-Wirtschaft.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Ohne Zweifel sind Industrie 4.0 und die Digitalisierung die großen Themen für die Unternehmen im Land. Doch wir wis sen auch, wie wichtig es ist, andere Schlüsselbranchen, wich

tige Wachstumsfelder, allen voran die Mobilität, auszubauen. Für uns steht fest: Im Südwesten steht nicht nur die Wiege des Autos, sondern hier liegt auch seine Zukunft. Deswegen in vestieren wir in die Forschung zu neuen Speichertechnologi en, zum autonomen Fahren und zu alternativen Antriebstech nologien. So schlagen wir die Brücke zwischen den Branchen, die unseren Standort stark gemacht haben, und denen, die die se Stärke in die Zukunft tragen werden.

Denn eines ist klar – davon bin ich überzeugt, meine Damen und Herren –: Die besten Zeiten unseres Landes liegen noch vor uns.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Zurufe von der CDU: Sehr richtig!)

Meine Damen und Herren, wir investieren in Chancenvielfalt, wir investieren in die Zukunftsfähigkeit, und wir investieren in unsere Gesellschaft und in ein faires Miteinander der Men schen in Baden-Württemberg. Dabei geht es auch um ganz grundlegende Bedürfnisse: Sicherheit, Vertrauen und Lebens qualität.

Auch dafür zu sorgen ist Aufgabe des Staates. Ohne Zweifel ist Baden-Württemberg ein sicheres Land. Das verdanken wir vor allem den Polizistinnen und Polizisten in unserem Land, die jeden Tag vollen Einsatz bringen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Thomas Blenke CDU: Deshalb führen Sie die zweigeteilte Laufbahn kostenneutral ein!)

Wir wollen ihnen mit diesem Doppelhaushalt helfen, ihrer Aufgabe noch besser nachkommen zu können. Deswegen in vestieren wir rund 60 Millionen € in die Polizeiinfrastruktur, erneuern beispielsweise die Hubschrauberflotte der Polizei. Mit den vorgesehenen Stellenhebungen – es geht um 500 He bungen im Polizeivollzug und weiteren 235 im Tarifbereich –

(Abg. Thomas Blenke CDU: Das war längst überfäl lig!)

erkennen wir die gute Arbeit der Polizistinnen und Polizisten in unserem Land auch ganz praktisch an.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Thomas Blenke CDU: Wie ist das mit der kostenneutralen Einführung der zweigeteilten Laufbahn?)

Wir alle wissen auch, welchen Schaden Naturgewalten anrich ten können, und deswegen wissen wir um die Notwendigkeit guter Vorsorge. Dafür stellen wir den Hochwasserschutz mit diesem Doppelhaushalt auf eine sichere Grundlage und sor gen für eine solide, nachhaltige Finanzierung. Auch so ma chen wir unser Land noch sicherer.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ohne Sicherheit kann kein Vertrauen entstehen, und ohne gegenseitiges Vertrauen kann keine Gesellschaft langfristig bestehen. Steuerhinterziehung zerstört ebenjenes Vertrauen und entzieht dem Gemeinwesen wichtige Mittel – Gelder, die an anderer Stelle dann fehlen. Für mich war schon immer klar: Der Steuerehrliche darf nicht länger der Dumme sein. Wir halten dabei nichts von halbher

zigen Lösungen. Deswegen haben wir das Steuerabkommen mit der Schweiz im Bundesrat abgelehnt, und deswegen wer den wir im kommenden Jahr wie geplant weitere 150 Stellen und 150 Ausbildungsplätze in der Steuerverwaltung schaffen. Denn hier – in einer gut aufgestellten Steuerverwaltung – liegt der Schlüssel zu mehr Steuerehrlichkeit.