Protokoll der Sitzung vom 13.11.2014

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Das Gleiche gilt für das Thema Berufsregulierung. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sind sehr froh, dass wir ein gut funktionierendes duales System haben. Wir unternehmen große Anstrengungen – Frau Abg. Haller-Haid hat schon da rauf hingewiesen –, das Erfolgsmodell aus Baden-Württem berg zu transferieren und zu exportieren. Deswegen ist es wichtig, in der Europäischen Union gemeinsam dafür zu wer ben, dass im Zuge des Wettbewerbsrechts nicht die Axt an den Meisterbrief, an die Meisterbefähigung gelegt wird.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sehr richtig!)

Wir müssen vielmehr die Möglichkeit beibehalten, die Meis terausbildung, die Aufstiegsmöglichkeiten entsprechend aus zugestalten, damit nicht einem der erfolgreichsten Berufsbil dungssysteme unter falsch verstandener Deregulierung die Grundlage entzogen wird. Auch dafür sollten wir gemeinsam streiten.

(Beifall bei Abgeordneten aller Fraktionen)

Ich freue mich, dass wir aus Europa viel Unterstützung – auch europäische Mittel – für den Transfer des Systems der dualen Ausbildung bekommen. Wir haben nicht nur den Zuschlag – an dieser Stelle vielen Dank für das Lob – für die Koordina tionsstelle der Donauraumstrategie bekommen, sondern die Europäische Union hat uns auch gerade den Zuschlag für ein gemeinsames Projekt mit der Slowakei und Rumänien zum Verbreiten der dualen Ausbildung in diesen Regionen erteilt. Duale Berufsausbildung kann ein Erfolgsmodell zur Bekämp fung der grassierenden Jugendarbeitslosigkeit sein. Wir ma chen vor, wie es geht. Deswegen freue ich mich über die eu ropäische Unterstützung, was die Mittel angeht. Wir fordern sie aber auch für das Berufsbildungssystem insgesamt ein. Hier darf nicht die Axt angelegt werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, TTIP und CETA wurden mehrfach erwähnt. Auch dazu ein paar Worte: TTIP bietet unbestreitbar Chancen. Ich will nicht so sehr über die wirtschaftlichen Chancen sprechen, sondern mehr über die Chancen, über Freihandelsabkommen Globalisierung zu ge stalten und zu regeln. Dazu müssen wir aber die richtigen Ver einbarungen treffen.

Bei TTIP – darauf will ich noch einmal hinweisen, weil in der Öffentlichkeit immer wieder ein falscher Eindruck erweckt wird – geht es nicht um das Verhandeln von Standards, son dern es geht um die Frage, ob wir von uns als richtig und gut befundene Standards auch wechselseitig anerkennen. Gott sei Dank ist das Verhandlungsmandat inzwischen auf Druck der deutschen Bundesregierung und nach einem Beschluss des Bundesrats veröffentlicht worden.

Gerade in der letzten Woche hatten wir auf der Messe „Glo bal Connect“ auch eine Veranstaltung mit dem deutschen Teil nehmer der Verhandlungsdelegation, Herrn Schlegelmilch, da zu. Es geht nicht darum – niemand hat das Mandat dazu –, un sere Standards nach unten zu verhandeln oder zu nivellieren, sondern es geht um die Frage: Können wir uns gemeinsam mit den USA auf die „Vergemeinschaftung“ von hochwerti gen Standards verständigen, um damit auch dem Handel zu nutzen? Das gilt insbesondere – –

(Glocke der Präsidentin)

Herr Minister, wenn Sie Ihren Gedanken zu Ende geführt haben, gestatten Sie dann ei ne Zwischenfrage der Abg. Gurr-Hirsch?

Ich kann auch den Gedanken unterbrechen und ihn dann fortsetzen.

(Vereinzelt Beifall – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Da sind Sie aber ein Charmeur!)

Das wollte ich eigent lich nicht; ich habe mich nur rechtzeitig gemeldet. Es könnte aber sein, dass der Gedanke dadurch nicht unterbrochen wird.

(Zuruf des Abg. Walter Heiler SPD)

Zunächst einmal herzlichen Dank für die sachliche Ausfüh rung der europäischen Chancen bei der Schwerpunktsetzung, was TTIP betrifft.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Jawohl!)

Ich hätte vorhin gern eine Frage gestellt, als Herr Frey von der Transparenz sprach, die durch die Landesregierung in die TTIP-Verhandlungen käme. An dieser Transparenz würde ich gern teilhaben; denn ich werde genauso wie die Kollegen al ler Fraktionen nach Einzelheiten gefragt. Es liegt nun einmal in der Natur der Sache, dass Verhandlungen, wenn man wei terkommen will, in einem geschützten Raum stattfinden. Wie sieht Ihre Transparenz aus, und darf die Opposition daran teil haben?

Sehr herzlichen Dank. – Zu nächst einmal: Die Verhandlungen haben nicht gut begonnen, weil in der Tat vieles geheim gehalten wurde, und zwar ohne Not. In einem gemeinsamen Antrag von Baden-Württemberg, Hamburg und Niedersachen, der im Bundesrat auch eine Mehrheit gefunden hat, haben wir gefordert, das Verhand lungsmandat zu veröffentlichen. Das hat die Bundesregierung inzwischen als ihre Beschlusslage übernommen. Inzwischen ist es auch veröffentlicht.

Wir führen Veranstaltungen durch, wie wir sie im Juni im Neuen Schloss mit Herrn Schlegelmilch oder in der letzten Woche auf der Messe „Global Connect“ hatten. Wir werden auch weitere Veranstaltungen dazu durchführen, um mit den jenigen, die tatsächlich verhandeln, ein Forum zu bieten, da mit die Öffentlichkeit erfahren kann, was dort besprochen wird. Im Internet findet man sowohl auf den Seiten der Gene raldirektion Handel bei der Europäischen Kommission als auch auf den Seiten des Bundeswirtschaftsministeriums in zwischen sämtliche Dokumente, mit denen die Europäische Kommission in die Verhandlungen geht. Das ist gut. Es gibt inzwischen auch ein Debriefing dazu. Es ist gut, dass auch das öffentlich ist. Die Transparenz hat also deutlich zugenommen.

Allerdings muss man dazusagen: Die Europäische Kommis sion hat eine große Lernkurve hinter sich. Sie war es schlicht und ergreifend nicht gewohnt, dass sich jemand in einem sol chen Maß für das Thema „Internationaler Handel“ interessiert.

Die Landesregierung beabsichtigt selbst, einen TTIP-Beirat in Baden-Württemberg einzurichten, der die Verhandlungs

runden und Ergebnisse dann öffentlich diskutiert, damit auch darüber Transparenz geschaffen wird.

Ich will gleichwohl sagen: Bisher weiß niemand genau, was in den Verhandlungen tatsächlich erreicht werden kann. Es ist ein Verhandlungsprozess. Es ist wichtig, möglichst viel davon öffentlich zu machen. Deswegen sollte man aber auch nicht voreilig sagen, dass man dagegen ist oder dass man auf jeden Fall dafür ist.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Sehr gut!)

Denn wir wissen nicht, welches Verhandlungsergebnis am En de des Tages herauskommt. Wir haben jetzt einen Beschluss zu dem Thema Investitionsschutzregelung getroffen. Wir sa gen: Es gibt ein gutes und funktionales öffentliches Gerichts wesen. Deswegen brauchen wir aus Sicht des Bundesrats und der Landesregierung keine zusätzliche private Gerichtsbar keit. Für den Bereich, in dem man sie nach wie vor braucht, bei internationalen Handelsstreitigkeiten, wollen wir rechts staatliche Standards für die Schiedsgerichte herbeiführen.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Danke schön!)

Zum bereits aufgeworfenen Thema Flüchtlingspolitik möch te ich etwas erwähnen, was auch beim Flüchtlingsgipfel an gesprochen wurde. Zum 1. Januar 2015 tritt das Gemeinsame Europäische Asylsystem in Kraft, das Verbesserungen bringt, aber nicht so weitreichend, wie wir sie uns eigentlich wün schen. Das bedeutet, wir bekommen gemeinsame Standards, Mindestnormen bei den Fragen: Wie funktioniert die Aner kennung? Wie ist der Rechtsstatus von Flüchtlingen und Asyl bewerbern? Wie sehen die Versorgungs- und Unterbringungs bedingungen aus? Dazu gibt es Gemeinsamkeiten.

Noch keine Gemeinsamkeit haben wir darüber: Wie sieht die europäische Verteilung von Flüchtlingen aus? Wie beteiligen sich alle Länder gleichermaßen? Wie können die Standards tatsächlich durchgesetzt werden? Wie erreichen wir, dass wir im Fall der Flüchtlingsaufnahme im Wege der Seenotrettung solidarisch mit den Ländern sind, die hier eine humanitäre Aufgabe bewältigen müssen, auch im Sinne einer humanitä ren europäischen Zuwanderungs- und Flüchtlingspolitik?

Wir haben dies aus Baden-Württemberg auch als Thema für die Europaministerkonferenz angemeldet, die in der nächsten Woche tagen wird. Ich hoffe, dass wir da vonseiten der Län der zum ersten Mal einen gemeinsamen Beschluss bekom men, aus dem hervorgeht, welche Vorstellungen wir gegen über der Europäischen Union haben.

Wir machen auch Druck, dass die Europäische Union gemein same Standards festlegt. Das gilt sowohl für die Verwirkli chung eines gemeinsamen Asyl- und Flüchtlingssystems als auch für die Durchsetzung von rechtsstaatlichen Normen in den einzelnen Mitgliedsstaaten, nicht nur bei sogenannten si cheren Herkunftsstaaten, sondern auch bei Mitgliedsstaaten, die aktuell zum Teil nicht die Standards erfüllen, die die eu ropäischen Regelungen eigentlich vorsehen – sei es im Fall von Griechenland aufgrund einer sehr großen Überlastung, sei es aber auch im Fall von Ungarn oder anderen osteuropä ischen Ländern, die gegenwärtig zum Teil auch mit repressi ven Maßnahmen versuchen, Flüchtlinge fernzuhalten.

Ich möchte noch ein letztes Wort zum Thema Programme sa gen. Über den Bereich der Landwirtschaft haben wir eben

schon diskutiert. Ich bin stolz darauf, dass Baden-Württem berg bei allen Fonds jeweils das erste Bundesland war, das die operationellen Programme vorgelegt hat und genehmigt be kam.

Wir sind auf einem guten Weg. Europa ist insgesamt mit et was Verspätung unterwegs. Wir aus Baden-Württemberg ha ben einen Gutteil wieder aufgeholt. Ich bin auch froh, welche Mittelaufwüchse wir gewährleisten konnten, um europäische Politik bei uns gut umzusetzen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen, der SPD und der FDP/DVP)

Herr Minister, gestatten Sie im Nachgang noch eine Frage des Herrn Abg. Röhm?

Ja.

Herr Minister, eine Vorbe merkung: Es war eine Freude, Ihnen zuzuhören.

Meine Frage: Wie erklären Sie sich, dass Sie eine positive Grundeinstellung zu Europa haben und dies auch zum Aus druck gebracht haben, während Ihre Vorredner von Grün und Rot eine eher pessimistische Grundhaltung hatten?

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Sehr gute Frage!)

Das kann ich mir nur so erklä ren, dass dies nicht so ist.

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Meine Damen und Her ren, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wir kommen zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Europa und Internationales, Drucksache 15/5987. Der Ausschuss für Europa und Internationales schlägt Ihnen in seiner Beschlussempfehlung Drucksache 15/5987 vor, von der Mitteilung der Landesregierung, Druck sache 15/5967, Kenntnis zu nehmen. – Sie stimmen dem zu.

Damit ist Punkt 10 der Tagesordnung erledigt.

Ich rufe Punkt 11 der Tagesordnung auf:

Beschlussempfehlungen und Berichte des Petitionsaus schusses zu verschiedenen Eingaben – Drucksachen 15/6022, 15/6023, 15/6024, 15/6025, 15/6026

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Ausspra che über die laufenden Nummern 3 und 4 der Beschlussemp fehlungen des Petitionsausschusses, Drucksache 15/6026, ei ne Redezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt. Bericht erstatter zu diesen beiden Nummern der Drucksache 15/6026 ist Herr Abg. Norbert Beck.

Für die CDU-Fraktion erteile ich Frau Abg. Kurtz das Wort.

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Krönen der Abschluss!)