Protokoll der Sitzung vom 26.11.2014

Das müssten Sie noch einmal konkretisieren.

Sie haben hier vor einigen Monaten gesagt, die Versetzungs ordnung stehe für Sie nicht zur Diskussion. Es müsse, wenn nötig, auch dazu kommen, dass Schüler in bestimmten Fällen nicht versetzt werden. Das haben Sie nicht infrage gestellt. Plötzlich kommen Sie hier mit einer anderen Aussage.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Skandal!)

An dieser Stelle entlassen wir Sie nicht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Drittens – um auch das in aller Deutlichkeit zu sagen –: Der Ministerpräsident betont die Zweisäuligkeit, und auch Sie, Herr Minister, haben die Zweisäuligkeit eben noch einmal do kumentiert. Ich zitiere aus dem Brief des SPD-Vorsitzenden Nils Schmid an die Landesvorsitzenden der anderen im Land

tag vertretenen Parteien zum Thema Schulfrieden – hier sind die Bedingungen formuliert –:

Den Realschulen wird auf Grundlage der aktuellen Eini gung eine Existenz- und Entwicklungsperspektive gege ben.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja, klar! Wohin?)

Ist das nicht ein Widerspruch? Hier müssen Sie auch noch ein mal klar Schiff machen. Auf der einen Seite reden Sie von der Zweisäuligkeit, aber dieser Aussage zufolge gibt es offensicht lich eine Drei- und Viergliedrigkeit, nämlich mit Gymnasium, Realschule und Gemeinschaftsschule als zukünftiger Rest schule. Wenn Sie also jetzt von Zweisäuligkeit sprechen, dann hat die Realschule bei Ihnen keine Perspektive. Damit entlar ven Sie sich an dieser Stelle.

Da kann ich Ihnen sagen, Herr Minister: Wenn Sie den Real schulen in dieser Deutlichkeit sagen, dass die Realschulen auf grund dieser Zweisäuligkeit eben keine eigenständige Pers pektive haben, dann werden die Realschulen, glaube ich, wie derum zu Recht auf die Barrikaden gehen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

Das Wort für die Frakti on GRÜNE erteile ich Frau Abg. Boser.

Frau Präsidentin, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Ich bin jetzt doch sehr überrascht. Ich hatte gedacht, zumindest bei der Orientierungsstufe herrsche Einigkeit im Parlament. Das war ja genau das Konzept, das auch Sie vorgelegt haben, indem Sie eine Orientierungsstu fe – –

(Zuruf des Abg. Georg Wacker CDU)

Ja gut, dann müssen Sie sich am Ende auch inhaltlich damit auseinandersetzen, was das für die Orientierungsstufe bedeu tet, wenn Sie das selbst als Konzept vorlegen, Herr Wacker. Das finde ich jetzt schon etwas überraschend.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Zum anderen kann ich nur sagen: Es gibt keine Deadline für die Realschulen. Wir unterstützen die Schulen in Baden-Würt temberg, damit diese sich in ihren Konzepten weiterentwi ckeln. Ich finde es da schon sehr beunruhigend, dass Sie, die Opposition, im Prinzip den Schulen vorgeben wollen, welche pädagogischen Konzepte sie umsetzen dürfen und welche nicht,

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das geben Sie doch vor!)

dass, sobald eine individuelle Förderung und pädagogische Konzepte wie Lernateliers verfolgt werden, dies für Sie ein rotes Tuch ist und Sie sagen: „Aber so, liebe Schulen, geht es natürlich nicht.“ Ich finde, Sie müssen sich schon einmal Ge danken darüber machen, wer am Ende die Bildungspolitik um setzt: Sie als Politiker oder die Lehrerinnen und Lehrer vor Ort.

Man sollte den Lehrern die Möglichkeiten geben, die päda gogischen Konzepte umzusetzen, die sie für richtig halten,

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ihr Konzept um zusetzen! Eine andere Möglichkeit geben Sie ihnen nicht!)

und nicht die, die Sie für richtig halten, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Zum Abschluss noch eines: Was diese Legendenbildung be trifft, die Herr Wacker mit der Zahl der Lehrerstellen an den Realschulen gebracht hat, möchte ich die Dinge an dieser Stel le schon noch einmal in das rechte Licht rücken. Was vor al lem zu einer Erhöhung der Zahl geführt hat, war die Klassen teilersenkung.

(Abg. Georg Wacker CDU: Das ist wahr!)

Diese hat bei allen Schularten gegriffen. Das heißt, Sie haben die Realschulen nach wie vor benachteiligt. Denn zum einen war die Klassenteilersenkung nur bis 2012 finanziert; die Rest finanzierung haben wir übernommen.

(Zuruf des Abg. Winfried Mack CDU)

Zum anderen haben Sie den Realschulen damit keine zusätz lichen Mittel in die Hand gegeben, sondern Sie haben ledig lich keine weitere Benachteiligung zugelassen in der Form, dass die Klassenteilersenkung bei den anderen Schularten greift, bei ihnen aber nicht. Die Klassenteilersenkung hat für alle Schularten Vorteile bedeutet. Sie haben aber keinerlei zu sätzliche Stunden an die Realschulen gegeben.

(Abg. Winfried Mack CDU: Senken Sie doch einmal den Klassenteiler! – Gegenruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Die SPD wollte damals 25! – Abg. Ge org Wacker CDU meldet sich. – Glocke der Präsiden tin)

Herr Mack, noch einmal zur Wiederholung: Wir haben die Klassenteilersenkung, die Sie eingeführt haben, finanziert; Sie hatten sie nicht finanziert.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Erblast! Politik auf Pump war das!)

Wir haben die Baustellen abgeräumt, die Sie hinterlassen ha ben.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Das Wort für die Frakti on der FDP/DVP erteile ich Herrn Abg. Dr. Kern.

Herr Kultusminister, ganz herzlichen Dank. Sie haben nach langer Zeit mal wieder eine Frage konkret beantwortet: Grün-Rot plant, bei den Realschu len zukünftig das Sitzenbleiben in den fünften Klassen abzu schaffen. Das ist eine wichtige Information für die Bevölke rung. Im Übrigen: Sie meinen, damit den Schülerinnen und

Schülern an den Realschulen in Baden-Württemberg etwas Gutes zu tun. Nein, das tun Sie nicht. Sie handeln nicht im In teresse junger Menschen, wenn Sie Hürden aus den Schulen herausnehmen. Man muss junge Menschen anders aufs Leben vorbereiten, als Sie das machen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU)

Herr Kultusminister, Sie haben der „Südwest Presse“ am 8. August dieses Jahres ein, wie ich finde, sehr entlarvendes Interview gegeben. Da wurden Ihnen zwei Fragen gestellt, die Sie folgendermaßen beantwortet haben:

Frage:

An Gemeinschaftsschulen melden sich vorrangig Kinder mit Hauptschulempfehlung an. Ist sie nur ein neuer Na me für die Hauptschule?

Antwort des Ministers Stoch:

Es stimmt, wir haben an Gemeinschaftsschulen im Schnitt 60 % Schüler mit Haupt- und Werkrealschulempfehlung. Wenn Sie so wollen, rächt sich hier, dass Grün-Rot auf Freiwilligkeit setzt.

Eine bemerkenswerte Aussage, wie ich finde.

Nachfrage der „Südwest Presse“:

Setzen Sie auch hier auf Freiwilligkeit – oder auf Geset zesänderungen?

Antwort des Ministers:

Die Frage ist, ob die Realschulen die Gemeinschaftsschu le als Option sehen, ihre eigenen Probleme zu lösen.

Das sind doch nicht die eigenen Probleme der Realschulen. Die Realschulen haben doch heute Schwierigkeiten, die GrünRot ihnen aufgebürdet hat.