Protokoll der Sitzung vom 10.12.2014

So wenig wir mit Nationalsozialisten Regierungen bilden, so wenig würden wir sie mit Kommunisten bilden, weil wir auf beiden Augen wachsam sind.

(Zurufe von den Grünen)

Sie sind auf einem Auge total blind. Das ist doch auch ein Teil der Wahrheit.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Meine Damen und Herren, deshalb darf man diese Solidari tät nicht überstrapazieren. Deshalb, Herr Ministerpräsident – das hat Ihnen Herr Kollege Rülke schon lobend angerechnet –, haben Sie dem Asylkompromiss ja am Ende zugestimmt, der auch weitere gute Folgen hatte, wie z. B. die erleichterte Möglichkeit, eine Arbeit aufzunehmen.

(Abg. Manfred Lucha GRÜNE: Das habt ihr nie hin bekommen!)

Das begrüßen wir ausdrücklich. Das war ja unser Kompro miss, der der Großen Koalition.

(Abg. Manfred Lucha GRÜNE: 20 Jahre nichts da für getan! Das ist ja unglaublich!)

Sie haben dem Kompromiss zugestimmt. Aber ich sage Ihnen auch: Setzen Sie ihn auch um!

Jetzt will ich aber doch noch einmal fragen – diese Frage ha be ich schon in der letzten Debatte zum Haushalt gestellt; der Innenminister ist gerade nicht im Saal; er hat sich gestern noch einmal geäußert –, was denn mit den über 14 000 nicht Auf enthaltsberechtigten in Baden-Württemberg geschieht. – Wer hat jetzt „Weihnachten“ gesagt?

(Abg. Martin Rivoir SPD: Ja, bald ist Weihnachten!)

Irgendjemand hat Weihnachten erwähnt.

(Zuruf der Abg. Sandra Boser GRÜNE)

Ist in Ordnung. Ich frage, wo jetzt beispielsweise bei den Flüchtlingen aus Bosnien-Herzegowina das Weihnachtsfest eine besondere Bedeutung hat.

(Abg. Andrea Lindlohr GRÜNE: Das ist jetzt nicht wahr!)

Diese Frage kann man stellen.

Jetzt sagen Sie: „vor Weihnachten“.

(Zuruf der Abg. Andrea Lindlohr GRÜNE)

Jetzt reden wir einmal nicht von „vor Weihnachten“, sondern von Februar oder von November. Woher kommen denn die Zahlen?

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Von wel chen Zahlen sprechen Sie?)

Ich möchte einfach wissen, wie Sie diese sich jetzt in BadenWürttemberg befindenden, nicht anerkannten und nicht ge duldeten Asylbewerber zurückführen wollen und wie Sie den Asylkompromiss letztlich umsetzen wollen. Denn das gehört eben auch dazu.

Jetzt sagen Sie wieder pauschal: „humanitär“. Jeder, der nach Baden-Württemberg kommt, ist also „humanitär“. Das ist nämlich die Antwort von Ihnen, Herr Lede Abal.

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Ich habe gar nichts gesagt!)

Wenn jeder, der hierherkommt, „humanitär“ ist, können wir die Grenzen gleich aufmachen. Das wäre die logische Konse quenz. Davor möchte ich Sie warnen. Ich will Sie ermuntern, dagegenzuhalten und vor allem auch zu handeln. Sie müssen auch Rückführungen von solchen Personen durchführen – so problematisch das im Einzelfall auch sein mag –, die behörd licherseits keine Anerkennung als politisch Verfolgte und auch keine Duldungserlaubnis haben.

Da reicht es nicht aus, zu sagen: „humanitär“. Diese Art von Humanität ist ein reines Gutmenschentum, und mit Gutmen schentum kann man ein Land mit 10,5 Millionen Bürgern nicht regieren.

Zur Solidarität gehört auch, dass man alle Säulen der Solida rität berücksichtigt – die Solidarität, die geübt wird, und die, die in Anspruch genommen wird. Es darf nicht sein, dass So lidarität immer nur einseitig in Anspruch genommen wird,

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja!)

dass man von uns immer erwartet, unbegrenzte Solidarität zu üben. Deshalb, Herr Ministerpräsident, ist das schon eine erns te Frage, weil sie, wenn sie nicht gelöst wird, auch das Klima bereitet – das sage ich noch einmal warnend –, dass es in Ba den-Württemberg schwierig werden kann.

(Abg. Alexander Salomon GRÜNE: Das machen Sie doch!)

Diese Frage muss auch gelöst werden. Es ist eben falsch zu meinen: Nur wer es anspricht, spielt schon mit dem Feuer. Man muss ein Thema ansprechen, wenn man Fehlentwicklun gen sieht. Wir warnen vor diesen Fehlentwicklungen, und wir sagen zum Thema Flüchtlingspolitik: Handeln Sie endlich, damit Baden-Württemberg gut regiert wird.

(Beifall bei der CDU)

Nach § 82 Absatz 4 un serer Geschäftsordnung erteile ich Herrn Fraktionsvorsitzen den Dr. Rülke das Wort.

Herr Präsident, lie be Kolleginnen und Kollegen! Herr Ministerpräsident, Sie ha ben diesmal Perikles zitiert; Hannah Arendt haben Sie am heu tigen Tag mir überlassen.

(Abg. Manfred Lucha GRÜNE: Die arme Hannah Arendt! Das hat sie nicht verdient!)

Perikles spricht vom Reden, vom Handeln und dann von Er gebnissen. Nach dem Reden und der Tat besichtigt man die Ergebnisse. Nur, Herr Ministerpräsident: Das war eine Gefal lenenrede, und die Ergebnisse von Reden und Tat sind Opfer. Vor diesem Hintergrund würde ich davor warnen, sich Perik les in der Landespolitik allzu sehr zum Vorbild zu nehmen.

Sie haben – die Kollegin Sitzmann hat es schon vorwegge nommen –, wie das früher Erwin Teufel gemacht hat, aufge zählt, wo Baden-Württemberg überall spitze ist. Frau Sitz mann: erster Platz, erster Platz, zweiter Platz usw.

(Zuruf des Abg. Martin Rivoir SPD)

Das Interessante daran ist: Dort, wo es nicht so gut läuft, re den Sie gern von Erblasten. Aber die ersten und die zweiten Plätze sind dann offensichtlich das Ergebnis grün-roter Poli tik. Der Unterschied zwischen Ihnen und Erwin Teufel ist: Er hat nach jahrzehntelangem Regierungshandeln diese Bilan zen aufgezählt, während Sie schon nach drei Jahren den Ein druck zu erwecken versuchen, dass die Politik, die Sie ma chen, das Land Baden-Württemberg überall an die Spitze bringt.

(Zuruf von den Grünen: Das ist ein richtiger Ein druck!)

Nein, das ist kein richtiger Eindruck. Vor allem müssten Sie dann auch die Frage stellen, inwieweit man den Hinweis auf die Erblasten – gerade in der Haushaltspolitik und in anderen Bereichen – noch aufrechterhalten kann. Überall dort, wo es gut läuft, geht das auf die eigene Politik zurück, überall dort, wo es schlecht läuft, sind es Erblasten.

Das, was Sie angesprochen haben – insbesondere Sie, Frau Kollegin Sitzmann –, sind nun wirklich keine Leistungen, bei

denen man davon ausgehen kann, dass sie sich über Nacht er geben, beispielsweise Patentanmeldungen und dergleichen. Oder glauben Sie im Ernst, dass die Wirtschaft in BadenWürttemberg nun erklärt hat: „Die Grünen sind an der Lan desregierung beteiligt; also melden wir einmal ein Patent an“? Das ist eine etwas eigenartige Vorstellung.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Klaus Bur ger CDU)

Zu den Erblasten, Herr Ministerpräsident, zählt offensichtlich das Thema Windräder. Der Rote Milan, die Gelbbauchunke und der Auerhahn sind also Erblasten von Schwarz-Gelb. Das Landesplanungsgesetz, das Sie geändert haben, ist ebenfalls eine Erblast, die dann dazu führt, dass in Baden-Württemberg offensichtlich wenig Windräder entstehen.

Sie haben mit Ihrer Politik bis zum heutigen Tag nicht erklä ren können, warum Erwin Teufel beim Aufstellen von Wind rädern erfolgreicher war als Winfried Kretschmann. Das kann mit Erblasten nichts zu tun haben. Es kann vielleicht damit zu tun haben, dass die wirklich sinnvollen Standorte für Wind energie in Baden-Württemberg in der Vergangenheit schon al le belegt worden sind.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Sehr gut!)

Da stimmt auch der Kollege Zimmermann zu. Das ist offen sichtlich der Fall. – Dass Sie jetzt versuchen, über Subventi onspolitik dort, wo es keinen Sinn macht, neue Windräder zu erzwingen – –

(Zuruf des Ministers Franz Untersteller)

Ich habe mir schon gedacht, dass jetzt der Kollege Unter steller wie das HB-Männchen von der Regierungsbank auf und ab hüpft. Aber die Realitäten sind nun einmal offensicht lich so, dass der Wind in Baden-Württemberg weniger stark weht als an der Nordseeküste und wir uns deshalb die Frage stellen müssen: Was können wir in den Bereichen Speiche rung, Energieeffizienz und Leitungsausbau für die Energie wende sinnvollerweise tun?

(Zuruf des Abg. Manfred Lucha GRÜNE)

Ihre Windrädchen, Herr Kollege Untersteller, sind nicht der Weisheit letzter Schluss; das müssen Sie endlich einmal ka pieren.