Protokoll der Sitzung vom 11.12.2014

Lieber Herr Kollege Paul Locherer, Sie haben das Szenario in den Raum gestellt, eigentlich seien Sie die Gruppierung der jenigen, die sich für den ländlichen Raum einsetzen, und es sei prima, dass die Grünen ab dem Jahr 2011 darauf gekom men seien, dass es das Thema „Ländlicher Raum“ gebe, und sie zu diesem Thema einen Parteitag veranstaltet hätten.

Dazu kann ich nur sagen: Wir sind schon immer dabei, und wir machen schon immer Politik für den ländlichen Raum. Wir machen eine wirklich zukunftsträchtige und gute Politik für den ländlichen Raum, gehen jedoch nicht mit der Gieß kanne herum, wie wir das schon über viele Jahre hinweg ge kannt haben. Wir machen eine gezielte Infrastrukturpolitik für die Gemeinden und Kommunen auf dem Land, und diese kommt dort auch an.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Sie stellen das so in den Raum – ich möchte das noch einmal aufgreifen –, als hätten die Grünen nur eines im Sinn, näm lich die Städtebauförderung, die Wohnraumförderung in den Unistädten; denn dort säßen die Studenten, die bekanntlich die Wähler der Grünen seien.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Endlich hast du das mal richtig erkannt! – Abg. Paul Locherer CDU: Es geht um die Wohnraumförderung!)

Wer gibt denn das Geld über den Ausgleichstock, damit die ländlichen Kommunen genau diese Probleme angehen kön nen? Wir waren es doch, die die Unterstützung der Kommu nen im ländlichen Raum massiv vorangebracht haben.

(Zuruf von den Grünen: Genau! – Abg. Paul Loche rer CDU: Das ist doch kommunales Geld!)

Wer legt denn Landessanierungsprogramme auf, damit die Kommunen im ländlichen Raum die dort anstehenden Wohn raumprobleme angehen können?

Ich erwähne MELAP. Solche Programme gab es früher. Die se führen wir fort, damit genau diese Fragestellungen bear beitet werden können.

Sie sagten, für die Allgäubahn gäbe es kein Geld. Wer hat denn dort kürzlich den Stundentakt eingeführt? Das war unser Ver kehrsminister, den wir unterstützen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Andre as Schwarz GRÜNE: Sehr richtig!)

Ich darf zusammenfassen:

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Die CDU redet! Wir machen es!)

Sie brauchen sich eigentlich nicht zu wundern, dass wir von den eingebrachten Anträgen nicht allzu viel halten. Es sind jetzt sechs übrig geblieben. Wir haben im Ausschuss ausgie big darüber diskutiert. Man kann es vielleicht so zusammen fassen: Es war das zaghafte Ja der Opposition zu dem, was wir an Politik für den ländlichen Raum,

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Ein beherztes Ja!)

für die Landwirtschaft, für den Verbraucherschutz machen, aber sofort gepaart mit dem Aber.

Das Aber kommt mit der Unterzeile: „Außerdem muss man doch immer wieder sagen, dass die Grünen eigentlich nur die se Verbotspartei sind. Die nehmen doch immer allen alles weg.“

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Jetzt hast du schon wieder recht!)

In diesem Zusammenhang wird beispielsweise das Jagdgesetz angeführt. Dann kommt das unsägliche Thema Gewässerrand streifen,

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Hast du meine Rede gelesen?)

das mit Ausnahme der CDU niemanden mehr aufregt. Das ist längst alles geklärt und wunderbar unter Dach und Fach.

(Abg. Paul Locherer CDU: Geh doch mal raus!)

Wir machen eine Politik mit dem klaren Blick darauf, dass ein Ausgleich zwischen den Interessen der Gesellschaft und den Interessen einzelner Gruppierungen, die durchaus ihre Berech tigung haben, erfolgt. Ich nenne beispielhaft die Interessen der Jäger, die Interessen der Naturschützer, den Gewässerschutz und den Anspruch der Menschen in unseren Städten und Ge meinden, sauberes Trinkwasser zu haben. Das finde ich pri ma. Das ist eine Politik, die die Gesamtheit der Gesellschaft im Blick hat und nicht nur Einzelinteressen vertritt.

Ich möchte auf ein paar Punkte eingehen – vieles ist schon an gesprochen worden – und verdeutlichen, dass hier Nebelker zen abgefeuert wurden.

Zur Breitbandförderung: Diese ist natürlich ein ganz wesent licher Aspekt der Infrastrukturpolitik für den ländlichen Raum. Als wir angetreten sind, gab es – der Ministerpräsident hat es gestern auch gesagt – noch über 700 weiße Flecken auf der Landkarte. Es waren Problembereiche, die unterversorgt wa ren, und dieser Zustand resultierte daraus, dass Ihre Politik auf dem Ansatz basierte, dass 1 Mbit/s der Standard sei.

(Abg. Andreas Deuschle CDU: Das war früher auch so!)

Heute lachen alle darüber und sagen: Was sollen wir denn mit 1 Mbit/s Transferrate?

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Wir waren da mals führend!)

Wir haben heute den grundsätzlichen Anspruch, eine Trans ferrate von 50 Mbit/s sicherzustellen, und nur noch 200 wei ße Flecken auf der Landkarte.

Wir haben die Mittel – Sie wissen das – von 10 Millionen € auf 30 Millionen € erhöht. Die FDP/DVP hat übrigens einen ähnlichen Antrag gestellt, weil sie nicht verstanden hat, dass wir das schon machen. Daher haben wir im Ausschuss gesagt: Danke, dass ihr den gleichen Antrag stellt, den wir schon längst verwirklicht haben.

Heute gehen wir mit unserer Politik für den ländlichen Raum und der Breitbandstrategie die schwierigeren Fälle gezielter an. Dafür muss ich dem Ministerium ausdrücklich ein Lob aussprechen. Denn es ist gut, was diese Strategie beinhaltet, und es ist gut, wie sie technisch umgesetzt werden soll. Das hilft uns – damit meine ich nicht nur die ländlichen Räume; denn wir haben selbst in Randbereichen von Ballungsräumen große Schwierigkeiten, die vorhandenen Lücken zu schließen –, in elementaren Schritten voranzukommen. Ich hätte mir ge wünscht, dass vonseiten des Bundes viel mehr käme,

(Abg. Andreas Deuschle CDU: Das wünschen Sie sich immer!)

dass nicht nur die hohle Unterstützungsformel „Wir wollen das“ käme. Vom Bund werden ähnliche Größenordnungen und Zahlen genannt, aber wie der Bund das umsetzen will, bleibt dann im Raum stehen, und die Förderung kommt bei den Län dern nicht an.

Zur Regionalentwicklung und zur Strukturpolitik. Wir haben eine Strukturpolitik vorgefunden, die nach dem Gießkannen prinzip betrieben wurde. Sie sind mit der Gießkanne übers Land gelaufen. Wo Strukturpolitik betrieben werden sollte, haben Sie allenfalls im Hinterzimmer besprochen.

Wir machen das beispielsweise mit LEADER, und das Inter esse an LEADER-Projekten ist groß. Sie wissen, in Kürze steht die Entscheidung an, welche LEADER-Projekte den Zuschlag bekommen. Wir stellen 28 Millionen € mehr für LEADER-Projekte zur Verfügung. Das ist gut angelegtes Geld. Denn wer weiß, wie die LEADER-Programme gelau fen sind, der weiß, dass von diesen die Impulse zur Identitäts bildung in den ländlichen Regionen ausgegangen sind. Das stärkt Menschen, das stärkt Kulturbereiche.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

RegioWIN, „Spitze auf dem Land!“ und das Bestreben, den Mittelstand, kleine und mittlere Unternehmen mit einzubezie hen, das sind ganz wichtige Säulen, die bei uns Strukturpoli tik bedeuten.

Ein Wort zum Tourismus: Wir haben den Naturtourismus, den Nachhaltigkeitscheck, die Nachhaltigkeitslotsen, die Modell vorhaben und die Modellregion für nachhaltige Mobilität im ländlichen Raum; all das kennen Sie. Was das Thema E-Mo bilität angeht, habe ich noch nie so viele Artikel darüber ge lesen, dass ein Landwirtschafts- und Verbraucherminister mit E-Mobilitäts-Fahrzeugen in seiner Heimat im Schwarzwald unterwegs war.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Er ist mehr im Land unterwegs als daheim!)

Das sind natürlich Symbole, aber sie sind auch Zeichen eines Umbruchs in Richtung E-Mobilität in ländlichen Räumen. Das ist eine wichtige Säule im Bereich der allgemeinen Mobilität,

des Verbraucherschutzes und der Nutzungsmöglichkeiten an stelle der alleinigen Nutzung eines Pkws. Zusammen mit ei nem starken ÖPNV sind das Bausteine einer neuen Mobili tätsstrategie, die wir auf den Weg bringen.

Sie hatten das Thema Nationalpark angesprochen. Da kam auch ein „Ja, aber“. Nachdem die Gefechte lang und breit aus getragen wurden, geht es jetzt sozusagen in die Nachklappge fechte. Jetzt heißt es: Aber warum braucht ihr denn so viele Stellen?

Sie sprechen von 100 Stellen, obwohl ein Teil aus dem Be stand kommt und wir nur von einem Bruchteil neu zu schaf fender Stellen sprechen. Ich möchte allerdings daran erinnern, dass wir alle gesagt haben: Wenn ein Nationalpark erfolgreich sein soll, dann braucht er zu Beginn eine gute Aufstellung.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Das, was gerade erkennbar ist – 22 000 Besucher, die hohe Attraktivität, die vom Nationalpark ausgeht –, gibt uns recht. Es war genau goldrichtig, in Baden-Württemberg eine solche Konzeption zu verwirklichen. Das wird der Region Nord- und Mittelschwarzwald neue Impulse geben. Nationalpark und Naturpark ergänzen sich hier wunderbar. Das wird wirklich ein Erfolgsmodell. Davon bin ich überzeugt.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Das Programm zum Biosphärengebiet, lieber Kollege Paul Locherer, ist nicht so angelegt, dass man Kommunen dazu zwingen würde, mühselig einem Konstrukt zuzustimmen, wenn sie eine Förderung erhalten wollen. Vielmehr haben die Kommunen erkannt – da können Sie sicher sein –, dass es sinnvoll ist, Einheiten wie beispielsweise Biosphärengebiete zu schaffen. Man braucht sich nur anzuschauen, was sich im Biosphärengebiet Schwäbische Alb entwickelt hat. Dann sa gen sie: „Das ist aus unserer Sicht eine Entwicklungschance, die wir gern aufgreifen.“ Da gibt es keinen Zwang; wir zwin gen hier niemanden. Das sind Angebotsplanungen, bei denen die Menschen und die Kommunen vor Ort mitziehen müssen – und sie wollen auch mitziehen.

Noch ein paar Worte zu Forst und Naturschutz: Einerseits wird etwas unterschwellig gesagt: „Sie haben für den Naturschutz mehr Geld eingeplant.“ Das klingt immer wie ein Vorwurf. „Sie haben die Mittel auf 60 Millionen € erhöht; Sie hätten sie doch für etwas anderes verwenden können.“

(Zuruf des Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE – Ge genruf des Abg. Paul Locherer CDU – Gegenruf des Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Millionen!)

So kommt das Ganze herüber. Dabei machen wir eine ganz klare Ansage: Wir wollen flächendeckende Landschaftserhal tungsverbände, damit wir Strukturen schaffen, um Natur schutz, Biotopschutz und den Biotopschutzverbund wirklich auf eine neue qualitative Ebene zu heben. Dafür schaffen wir mit diesem Haushalt die Strukturen.

Wir wollen im Forst wirklich neue Wege gehen. Sie haben das Kartellverfahren angesprochen. Sie haben gesagt, wir hätten doch das Bundeswaldgesetz ändern müssen. Die Frage ist, wer in Berlin gerade die Regierung stellt. Wir hätten uns ein biss chen mehr Unterstützung gewünscht.