Protokoll der Sitzung vom 11.12.2014

Sie haben jetzt vor, das Landesnaturschutzgesetz zu ändern – FFH-Gebiete und Verbandsklagerecht im Tierschutz. Ich sa ge: Wenn Sie da nicht behutsam vorgehen, werden Sie die Be dingungen für die Betriebe in unserem Land weiter verschlech tern, und dann tragen Sie eine Mitschuld am Höfesterben in Baden-Württemberg.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Ich muss leider sagen: Dass die Bauernfamilien und die Kin der dann keine Lust mehr haben, den Betrieb zu übernehmen, kann ich nachvollziehen.

Meine Damen und Herren, ein paar Worte noch konkret zum Haushalt, zum Personal. Statt einer schlankeren Verwaltung gibt es bei den Stellen einen Aufwuchs von 3 137 im Jahr 2014 auf 3 163 im Jahr 2016, begründet natürlich durch den Nati onalpark und das Biosphärengebiet Südschwarzwald. Vor al lem geht die Beratung meines Erachtens immer stärker in Richtung Öffentlichkeitsarbeit und Propaganda. Dafür waren Landwirtschaftsberatung und -verwaltung eigentlich nicht ge dacht, als man sie eingeführt hat.

Zum Thema Strukturförderung – ELR, LEADER, EFRE, MELAP wurden schon angesprochen – fällt mir auf, dass die Neuausrichtung des ELR ganz im Zeichen der Ökologisierung und Bürokratisierung steht. Wenn ich beispielsweise Unter nehmer bin und 10 % meines Zuschusses verliere, der nötig ist, um zu investieren, um im Dorf oder in der Gemeinde Ar beitsplätze zu sichern, zu schaffen, moderner auszurichten, und noch Ökoauflagen im Umfang von 20 % bekomme, dann lasse ich die Finger davon und mache nichts. Das ist leider auch im Mittelstand im ländlichen Raum eine Tendenz, und auch im Handwerk, bei kleinen Handwerksbetrieben heißt es,

wenn es um Existenzübernahmen geht, die Jungen hätten oft keine große Lust mehr, weiterzumachen, weil es hier übertrie ben wird.

Zum Bereich der Forstpolitik möchte ich ganz klar sagen: Das war hervorragend, da haben alle Fraktionen hier wirklich zu sammengehalten, zusammengearbeitet, sind top von Ihnen in formiert worden. Dafür möchte ich mich bei Ihnen bedanken. Da sind wir auf dem richtigen Weg, und wir bitten, dass wir bei der Ausgestaltung, der Neuaufstellung der Forstverwal tung weiterhin so integriert werden – egal, ob Regierung oder Opposition. Das fand ich gut, und das hat gezeigt, wie wich tig uns der Wald und der Forst sind.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Zum Bereich des Greenings möchte ich auch einen prakti schen Punkt nennen. Ich komme aus einer Gegend – – Wer schon einmal einen Gipskeuperboden bearbeitet hat, weiß, was das heißt: Wenn man zur Unzeit pflügt und keine Frost gare bekommt, ist die Ernte für das nächste Jahr schon gelau fen, weil der Boden nicht mehr bestellbar ist. Deshalb ist es wichtig, dass man hier auch die Möglichkeit von Fristverkür zungen nutzt, damit man bei den Zwischenfrüchten da etwas freikommt. Das ist für die Ackerbau- und Gemischtbetriebe ganz wichtig.

Zu den Programmen FAKT und MEKA bitte ich, nicht zu stark, nicht noch stärker in die Ökoausrichtung zu gehen, son dern noch einen Spielraum zum Wirtschaften zu lassen.

Auch die Ökobetriebe in Baden-Württemberg – ob Bioland oder Demeter – haben alle ihre Berechtigung. Ich wünsche mir eigentlich mehr von diesen Betrieben. Ich sehe aber auch, dass sie über die niedrigsten Einkommen verfügen, niedriger als bei den anderen Betrieben. Da ist auch die Frage, ob man hier nicht noch ein bisschen umsteuern muss – nicht mit Sub ventionen, sondern vielleicht mit Rahmenbedingungen.

Meine Damen und Herren, wir werden einzelnen Kapiteln im Einzelplan zustimmen, aber den Haushalt insgesamt ableh nen, denn er ist zu ideologisch und ökologisch ausgerichtet. Eine auf die Zukunft ausgerichtete, wettbewerbsfähige Land wirtschaft ist in Baden-Württemberg nicht mehr möglich, wenn man so weitermacht. Es kommt zu einem Höfesterben – das ist genau das, was wir nicht wollen –, wenn Bürokratie und Gängelung immer mehr zunehmen. Ich will vor allem Landwirtschaftsberatung und keine Agrarpolizei in den Land wirtschaftsämtern.

Auch beim Verbraucherschutz haben Sie das Soll noch nicht erreicht, Herr Minister, denn Sie haben in Ihrer Koalition ver sprochen, Sie möchten mindestens den Bundesdurchschnitt von 49 Cent pro Bürger erreichen. Sie sind jetzt bei 29 Cent. Das ist natürlich mehr als früher. Besten Dank. Das ist in Ord nung. Sie sind auf einem guten Weg.

(Glocke des Präsidenten)

Aber man soll den Mund nicht so voll nehmen, meine Damen und Herren.

In diesem Sinn wünsche ich mir, dass wir einige Dinge der Praxis anpassen. Ich freue mich auf die weiteren Ausführun gen von Ihnen, Herr Minister.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Für die Landesregie rung erteile ich Herrn Landwirtschaftsminister Bonde das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Da men und Herren! Der ländliche Raum ist eine der großen Stär ken Baden-Württembergs. Er ist sowohl wirtschaftlich als auch gesellschaftlich stark und prägt unser Land. Das Minis terium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz hat da bei eine wichtige Funktion. Wir erfüllen eine Reihe von wich tigen Aufgaben. So sind wir zuständig für die Entwicklung im ländlichen Raum, für den Verbraucherschutz, für die Ernäh rung, für die Lebensmittelüberwachung, für die Landwirt schaft, für den Forst, für die Jagd, für das Veterinärwesen, für den Tierschutz, für die Vermessung, für das Geodatenwesen, für den Breitbandausbau, für die Verwaltung der EU-Struk turfonds, für den Naturschutz, für den Tourismus und für vie les mehr.

Ein wichtiges Ziel des Ministeriums wie der Landesregierung ist es, mit einer gezielten Strukturpolitik die Sicherung und Fortentwicklung des ländlichen Raums als eines eigenständi gen und attraktiven Lebens- und Wirtschaftsraums zu gewähr leisten. Das ist eine Aufgabe, der wir uns von Anfang an ge stellt haben. Die Landesregierung und die sie tragenden Frak tionen brauchen da keine Belehrungen. Dieser Haushalt zeigt sehr deutlich, dass wir, seriös unterlegt, eine aktive Politik ma chen und zentrale Bereiche gestärkt haben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Verbraucherschutz und Lebensmittelkontrolle sind zentrale staatliche Aufgaben. Es ist eine wichtige Aufgabe, mit einer funktionierenden Ver waltung für Lebensmittelsicherheit für die Verbraucherinnen und Verbraucher zu sorgen. Ernährung und Verbraucherschutz betreffen alle. Die Information der mündigen Verbraucherin bzw. des mündigen Verbrauchers ist dabei ein wichtiger Punkt.

Herr Abg. Bullinger, Sie haben die Verbraucherzentralen an gesprochen, die in diesem Bereich eine ganz zentrale Aufga be haben. Sie informieren die Bürgerinnen und Bürger unab hängig und geben Hilfestellungen in den unterschiedlichen Bereichen des Lebens. Gerade in Zeiten des Internethandels nimmt die Bedeutung einer solchen unabhängigen Institution zu.

Wir haben deshalb die Unterstützung der Verbraucherzentra len deutlich ausgebaut. Wir steigern sie in diesem Doppel haushalt weiter. Wir fördern die Verbraucherzentralen im Dop pelhaushalt mit zusätzlich 1 Million €. Das bedeutet, wir ha ben diese Förderung innerhalb dieser Legislaturperiode von 1,66 Millionen € im Jahr 2011 auf 3,35 Millionen € erhöht und damit mehr als verdoppelt. Ich finde, das kann sich sehen lassen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Ich will deutlich sagen, dass wir auch zum Zentrum für Euro päischen Verbraucherschutz in Kehl stehen. Diese Institution leistet nicht nur einen unverzichtbaren Beitrag zur Aufklärung der Bevölkerung, sondern ist mit ihrer binationalen Ausrich tung auch ein einzigartiger Ansprechpartner. Die Bedeutung insbesondere des grenzüberschreitenden Verbraucherschutzes nimmt stetig zu.

Wir brauchen aber auch neue Felder, bei denen wir unterstüt zend wirken. Die neue Vernetzungsstelle zur Außerhausver pflegung ist in diesem Zusammenhang ein wichtiger Schritt. Wir reagieren mit diesem neuen Haushaltstitel auf sich ver ändernde Bedürfnisse und tragen Sorge dafür, dass der Ernäh rungsbereich weiter vorankommt, insbesondere was die Qua litätsentwicklung angeht.

Die Lebensmittelsicherheit hat für uns eine besondere Bedeu tung. Deshalb stärken wir mit diesem Doppelhaushalt weiter die Kontrollstrukturen. Dies geschieht übrigens nicht zum ers ten Mal. Bereits von 2012 bis 2014 haben wir mit insgesamt 3,3 Millionen € zusätzlich jeweils 22 neue Stellen pro Jahr für Lebensmittelkontrolleurinnen und -kontrolleure geschaffen.

Die Ausgaben für die Chemischen und Veterinäruntersuchungs ämter sind im Vergleich zu 2011 um 16 % erhöht worden, weil wir davon überzeugt sind, dass wir sichere Strukturen brau chen, auf die sich die Menschen verlassen können, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Eine weitere zentrale Verpflichtung der Landespolitik sind der Erhalt der Natur sowie ein engagierter Einsatz für die biolo gische Vielfalt für kommende Generationen. Wir alle wissen: Die biologische Vielfalt steht unter Druck. Sie ist aber gleich zeitig das Netz, in dem wir leben. Dieses Netz wird löchriger. Wir können es uns aber nicht erlauben, es reißen zu lassen.

Deshalb haben wir den Naturschutz ins Zentrum unserer Lan despolitik gerückt. Wir haben gehört, dass die Opposition das anders sieht und meint, man könne weniger machen. Unsere Überzeugung ist, dass wir nicht nur eine moralische, sondern auch eine ökonomische Verpflichtung haben, zu bewahren, was uns erhält.

(Abg. Paul Locherer CDU: Da sind wir uns einig!)

Die Aufstockung der Mittel für den Naturschutz setzen wir mit diesem Doppelhaushalt fort, um das Ziel zu erreichen, in dieser Legislaturperiode die Mittel von 30 Millionen € auf 60 Millionen € aufzustocken, um wichtige Anliegen finanzi ell unterlegen zu können.

Die Landschaftserhaltungsverbände sind ein wichtiges Inst rument, um Kulturlandschaften zu erhalten. Das wichtige In strument des kooperativen Naturschutzes sollte bewusst ge meinsam mit den Landnutzern umgesetzt werden. Das betrifft auch Natura 2000, Managementverpflichtungen der EU und anderes.

Als wir 2011 die Regierung übernommen haben, hatten wir landesweit sechs dieser Einrichtungen. Inzwischen sind wir bei 27 Einrichtungen. In weiteren Kreisen ist eine Einrichtung in der Diskussion. Das macht deutlich, dass wir auf einem gu ten Weg sind. Das Land steht auch zu allen Finanzierungszu sagen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Mit der Einrichtung des Nationalparks im Schwarzwald ha ben wir eine wichtige Weichenstellung vorgenommen. Die Ausstattung eines solchen Projekts ist wichtig, weil wir den Menschen in der Region – – Die Mehrheit der Nationalpark

gemeinden und -kreise sowie der Regionalverbände hat der Einrichtung des Nationalparks zugestimmt. Wir wissen aber auch um ablehnende Haltungen von Gemeinden sowie kriti sche Meinungen in der Bevölkerung. Gerade deshalb stehen wir zu unserem Versprechen einer guten Ausstattung, die dem Projekt gerecht wird.

Beispielsweise in Sachen Borkenkäfermanagement soll durch den Mitteleinsatz gezeigt werden, dass die Sorgen unberech tigt sind. An dieser Stelle zu kürzen, wie es die Opposition vorschlägt, schadete dem Naturschutz. Das wäre aber auch ein Bruch des Versprechens gegenüber der örtlichen Bevöl kerung. Deshalb folgen wir diesen Anträgen nicht. Das will ich noch einmal in aller Deutlichkeit sagen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Mit unserem neuen Streuobstkonzept fördern wir zusätzlich den Erhalt dieser wichtigen und für viele Teile unseres Lan des identitätsstiftenden Kulturlandschaft. Das ist das erste Konzept in Baden-Württemberg, mit dem der Bereich der Pflege tatsächlich in den Blick genommen wird. Wir machen das in dem rechtlichen Rahmen, der für solche Förderinstru mentarien möglich ist.

Dafür muss man zwar einen Antrag ausfüllen. Die Alternati ve zu diesem Förderkonzept wäre aber, das zu machen, was bisher der Fall war, nämlich nichts. Meine sehr verehrten Da men und Herren, insofern ist mir dieses Förderverfahren mit Antrag lieber, als die Gutsbesitzer allein und ohne Hilfe da stehen zu lassen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Zuruf des Abg. Paul Locherer CDU)

Ein weiterer Punkt, der uns intensiv beschäftigt, ist: Der länd liche Raum muss ein attraktiver Lebens- und Arbeitsraum bleiben. Mit dem novellierten Entwicklungsprogramm Länd licher Raum betreiben wir weiter eine aktive und vorausschau ende Strukturpolitik. Das machen wir – das ist das Gute an den aktuellen Bevölkerungszahlen des Statistischen Landes amts – im ländlichen Raum aus einer Position der Stärke he raus, die uns die Möglichkeit gibt, aus einer jetzt noch guten Situation heraus Herausforderungen wie den demografischen Wandel aktiv anzugehen.

Die neue Richtlinie für das ELR bietet den Gemeinden und Städten mehr Handlungsspielräume, um die gesamte Band breite der kommunalen Entwicklungsmöglichkeiten in den Blick zu nehmen. Das ELR ist übrigens unsere Antwort auf die Frage der Innenentwicklung, die gestellt worden ist. Ins gesamt stärken wir das ELR.

Wir stärken auch den Breitbandausbau, meine sehr verehrten Damen und Herren. Wir haben mit der Breitbandinitiative II im Jahr 2012 die Förderstruktur und damit das Angebot für die Gemeinden deutlich verbessert. Wir ziehen die Konse quenzen aus diesem jetzt neu angestoßenen Engagement der Gemeinden und Kreise, indem wir mit diesem Doppelhaus halt den zur Verfügung stehenden Bewilligungsrahmen für die Breitbandunterstützung durch das Land verdreifachen. Damit schaffen wir die Möglichkeit, gemeinsam mit den Gemeinden diese wichtige Infrastruktur weiter auszubauen.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Minister, gestat ten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Locherer?

Aber bitte.

Bitte, Herr Abgeordne ter.

Herr Minister, Sie haben das Ent wicklungsprogramm Ländlicher Raum angesprochen. Sie bie ten hier die Möglichkeit, Schwerpunktgemeinden zu entwi ckeln, um dann entsprechende Förderanträge stellen zu kön nen. Wie konnte es dazu kommen, dass Sie im „Staatsanzei ger“ am 24. Juli 2014 das Programm ausschreiben, im Pro gramm entsprechende Bürgerbeteiligungsprozesse notwendig sind und die Anträge dann in der ersten Tranche bis zum 31. August des gleichen Jahres eingereicht sein müssen?