Protokoll der Sitzung vom 17.12.2014

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Unser Haus halt war nicht so kreativ! Das stimmt!)

Denn beim Kassensturz durch den Finanzminister direkt nach Beginn der Legislaturperiode – eigentlich sollte es eine Ver mögensrechnung sein – hat sich gezeigt, dass Schwarz-Gelb tief in den roten Zahlen war: Substanzverlust bei den Straßen und den Schienen sowie bei den Brücken, Substanzverlust bei den Landesgebäuden,

(Abg. Winfried Mack CDU: Und jetzt bei der Regie rung!)

bei den Hochschulen. Dieser Verlust lässt sich nicht in Milli onen beziffern; vielmehr geht es um Milliardenbeträge, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Zuruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU)

Lieber Kollege Herrmann, der Zustand vieler Brücken und Landesstraßen war nach 57 Jahren Schwarz-Gelb bzw. über wiegend Schwarz besorgniserregend; dies ist mittelstands feindlich. Dazu ein Zitat aus der Denkschrift 2013 des Rech nungshofs. Wir haben ja in der vergangenen Woche über den Einzelplan 11 – Rechnungshof – beraten. Dabei wurde gesagt, der Rechnungshof solle ruhig mehr Empfehlungen ausspre chen, und die Regierung solle ihnen verstärkt folgen. Bei der Feststellung des Rechnungshofs, die ich nun zitieren möchte, geht es jedoch noch um Ihre Regierungszeit:

(Zuruf der Abg. Nicole Razavi CDU)

Mittlerweile müssen Brücken daher wegen zu starker Be anspruchung durch den Schwerlastverkehr teilgesperrt (Fahrbahneinengung) werden oder können nur einge schränkt genutzt werden....

Verwiesen wird auf das Beispiel Kocherbrücke.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Wenn schon, dann Kochertalbrücke!)

Also, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, Sie ha ben die Substanz und damit Landesvermögen vernichtet. Wir machen damit ein Ende. Wir sehen dies anders, und wir ma chen dies anders und besser.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Klaus Herrmann CDU: Nachdem Sie zwei Jahre lang nichts getan haben!)

Herr Herrmann, ich schätze Sie wirklich. Eigentlich sind Sie ein seriöser Finanzfachmann,

(Beifall der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)

und eigentlich wissen Sie es besser. Aber hier müssen Sie nun eine Show abziehen. Ich weiß nicht, ob Ihr Noch-Fraktions vorsitzender – oder wer auch immer – dies diktiert. Aber kor rekt ist das nicht.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Billig, billig, bil lig!)

Wir investieren vorrangig in die Substanz. Wir mehren die Substanz des Landes – so, wie es der Ministerpräsident letz te Woche gesagt hat. Hierzu nur zwei Beispiele: Für den Hochschulbau geben wir zusätzlich 600 Millionen € bis 2020. In die Sanierungsrücklage zahlen wir über 300 Millionen € ein. Des Weiteren erinnere ich Sie gern noch einmal daran: Sie haben gegen die Erhöhung von Mitteln für den Straßen bau – Erhalt und Neubau sowie Brückensanierung – gestimmt.

(Abg. Nicole Razavi CDU: Das stimmt doch nicht!)

Sie haben dagegen gestimmt, doch.

(Abg. Nicole Razavi CDU meldet sich. – Glocke der Präsidentin)

Nein, ich möchte jetzt weitermachen.

Frau Aras gestattet kei ne Zwischenfrage.

(Abg. Nicole Razavi CDU: Das wird doch auf die Re dezeit nicht angerechnet!)

Das weiß sie schon. Aber sie gestattet trotzdem keine Zwi schenfrage.

(Abg. Nicole Razavi CDU: Wieso darf ich nie fra gen?)

Wenn wir die kaufmännische Buchführung hätten, wäre die Kurzsichtigkeit der Finanzpo litik der CDU schon sehr viel früher sichtbar geworden. Denn kein Unternehmer würde den Wert einer Firma allein nach dem Stand des Girokontos bemessen. Der Wert einer Firma bemisst sich in erster Linie nach deren Substanz, also nach der Aktivseite der Bilanz. Die Aktivseite umfasst eben sehr viel mehr als nur den Betrag auf dem Girokonto.

Aber die CDU hält trotz massiven Substanzverlusts, der be legt ist und vom Rechnungshof auch angeprangert wurde, an ihrer veralteten und verkrusteten Sichtweise fest. Wie anders

wäre es zu erklären, dass Sie, Herr Hauk, letzte Woche in Ih rer Rede hier „Nullneuverschuldung – hier und jetzt“ forder ten, ohne ein Wort über die Vermögenssubstanz zu verlieren? Dazu haben Sie kein Wort gesagt.

Eigentlich heißt es ja, Haushaltsberatungen seien die Stern stunde der Opposition. Wahrscheinlich war es früher wirklich so; ich bin ja erst in dieser Legislaturperiode hinzugekommen.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Man merkt es!)

Aber eines kann ich sagen: Für diese Opposition gilt diese Aussage garantiert nicht. Das war keine Sternstunde; es wa ren nur „Mondfinanzierungen“.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Tho mas Marwein GRÜNE: Mondfinsternis!)

Zwei Anträge hierzu möchte ich erwähnen – Sie haben heute erneut darauf verwiesen –: Zum einen geht es um eine Min derung der globalen Mehrausgabe für Personalausgaben um 368 Millionen €. Damit möchten Sie die Absenkung der Ein gangsbesoldung rückgängig machen.

(Abg. Klaus Herrmann CDU: Richtig!)

So weit, so gut. Aber das hätte zur Folge, dass die Beamten ab 2015 an keinerlei Tariferhöhung würden teilnehmen kön nen.

(Zuruf von der CDU: Sie haben nicht zugehört!)

Wir wollen keine Nullrunde. Wir wollen eine faire und ge rechte Bezahlung unserer guten Mitarbeiterinnen und Mitar beiter, und dazu gehört eben, keine Nullrunde zu verhängen – die im Übrigen auch verfassungswidrig wäre.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Klaus Herrmann CDU: Aber ihr habt eine gemacht!)

Wir haben die Besoldungsanpassung nur zeitlich verzögert, wir haben sie verschoben.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Um ein Jahr! – Wei tere Zurufe von der CDU)

Nicht nur in der Finanzpolitik, sondern auch in der Verkehrs politik, in der Bildungspolitik, in der Flüchtlingspolitik – im Grunde genommen in allen Politikbereichen – halten Sie an veralteten, verkrusteten, nicht zukunftweisenden Sichtweisen fest.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Allerdings muss ich fairerweise eines sagen: Ihr Kandidat

(Zuruf von der CDU: Hat 100 Punkte!)

hat Einsicht gezeigt, eine Einsicht, die man fast als modern bezeichnen könnte, wenn dies nicht längst überfällig wäre. Ich zitiere aus der „Stuttgarter Zeitung“ vom 13. Dezember:

... Ich verschweige aber nicht, dass wir der demografi schen Entwicklung nicht entkommen. Das von uns ur sprünglich vertretene dreigliedrige Schulsystem ist mit Blick auf die rückläufigen Geburtenzahlen nicht haltbar.

Das ist wirklich eine sehr erfreuliche, realistische und weg weisende Erkenntnis des Kandidaten. Leider kommt sie etwa zehn Jahre zu spät – so, wie das fast immer bei der CDU der Fall ist. Sie glauben, wenn Sie die Zeiger festhalten, bleibe auch die Zeit stehen.

Ich kann jetzt nur hoffen, dass Ihr Erkenntnisgewinn weitere Fortschritte macht und Sie in zehn Jahren möglicherweise sa gen können: „Die von uns ursprünglich vertretene Ablehnung der Gemeinschaftsschule war nicht haltbar.“

(Abg. Klaus Herrmann CDU: Man muss aber nicht die Gemeinschaftsschule wollen! – Zuruf des Abg. Winfried Mack CDU – Glocke der Präsidentin)

Frau Abgeordnete, ge statten Sie eine Zwischenfrage des Abg. Müller?

Nein. – Noch schneller, noch besser, noch innovativer wäre es, wenn der Kandidat das schon beim nächsten Interview sagen würde. Das ist aber wahrscheinlich zu viel der Hoffnung – sogar an Weihnachten.