Protokoll der Sitzung vom 05.02.2015

Deswegen hoffe ich, dass wir es zukünftig schaffen, über das Thema „Schulen/Schularten“, insbesondere auch über die Ge meinschaftsschulen, in einer Weise zu sprechen, die auch die Leute, die dort arbeiten, nicht in ein schiefes Licht rückt. Vor hin gab es wieder einen Zwischenruf des Kollegen Zimmer mann, der sagte, die Gemeinschaftsschule sei nur der Ersatz für die Werkrealschule. Wenn Sie versuchen – was Sie lau fend tun –, der Schule diesen Stempel aufzudrücken, errei chen Sie vielleicht etwas Negatives.

(Abg. Klaus Herrmann CDU: Das ist die Wahrheit, kein Stempel!)

Dann werden wir nämlich keine Lösung für den Erhalt von Schulstandorten im ländlichen Raum haben, wenn Sie bei den Eltern Misstrauen gegenüber dieser Schulart wecken.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Für uns ist die Werkrealschule nichts Negatives! Für Sie ist die Werkrealschule negativ, für uns nicht!)

Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen, halte ich es für wichtig, bei aller Differenz – –

(Glocke der Präsidentin)

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abg. Zimmermann?

(Abg. Georg Wacker CDU: Lieber nicht!)

Der Kollege Wacker sagte: „lieber nicht“, aber ich bin gern bereit, Zwischenfragen zu beantworten.

Weil Herr Wacker wahr scheinlich nicht mehr länger zuhören will. – Wie bewerten Sie Aussagen – ich habe diese Frage schon einmal gestellt – von Schulleitern und Lehrern, die sagen: „Wir machen wirklich aus vollster eigener Überzeugung das beste Beratungsge spräch, die Eltern stimmen zu, alle stimmen zu, und später er fahren wir, dass die Zielrichtung des Beratungsgesprächs völ lig ignoriert wird, dass die Kinder auf eine andere Schule ge hen“?

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Frage 2: Gibt es Erkenntnisse darüber, dass die Ergebnisse von Beratungsgesprächen nicht zielführend waren?

Herr Kollege Zimmermann, exakt die gleiche Frage haben Sie mir gestern gestellt. Ich kann dazu das Gleiche sagen, was ich gestern zu dieser Frage gesagt habe.

Ich habe gestern auch Ihren ehemaligen Fraktionsvorsitzen den Hauk zitiert. Wenn Sie der Meinung sind, die Verbind lichkeit der Grundschulempfehlung solle nicht wiederherge stellt werden – so eine Aussage Ihres Fraktionsvorsitzenden; soweit ich informiert bin, ist das der Diskussionsstand auch auf Ihrer Seite –, müssen Sie auch damit leben, dass die Men schen innerhalb dieser Verantwortung, die sie damit haben, eine verantwortliche Entscheidung treffen, und die muss nicht zwingend dieser Empfehlung entsprechen.

Ich habe gestern aber auch deutlich gemacht, dass sich gut 80 % der Eltern an die Grundschulempfehlung halten. Des wegen halte ich es auch für einen Teil von Freiheit, dass dies geschieht.

Bisher habe ich – jedenfalls hier im Parlament – noch nieman den gehört, der gesagt hätte, die Verbindlichkeit der Grund schulempfehlung solle wiederhergestellt werden. Deswegen muss man das, glaube ich, in Kauf nehmen, wenngleich ich gestern an dieser Stelle auch gesagt habe, wir müssten alles dafür tun, dass die Eltern diese Empfehlung sehr ernst neh men. Denn – das ist mir ganz wichtig – die Eltern sollten nicht aus falsch verstandenem Ehrgeiz nach Klasse 4 die falsche Entscheidung für ihr Kind treffen und dann möglicherweise in die Situation geraten, dass ihr Kind durch ein Scheitern an der weiterführenden Schule frustriert ist und ein Bruch in sei ner Bildungsbiografie entsteht.

Aber der Preis, wenn Verantwortung zugeteilt wird – das kann ich Ihnen ganz deutlich sagen –, ist letztlich auch, dass die Menschen mit der Verantwortung oder der Freiheit so umge hen, dass die Entscheidung eben nicht immer die objektiv richtige ist. Dennoch glaube ich nicht, dass wir diese Freiheit einschränken sollten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sollten in die sem Diskurs über die Schularten versuchen – egal, in welcher Debatte, nicht nur wenn es um das Beratungskonzept und die Aufgaben der Grundschulen geht –, die Eltern möglichst ob jektiv zu informieren. Welche Meinung sie sich dann aufgrund der Fakten bilden, entzieht sich ein ganzes Stück weit auch unserem Einfluss, da sich die Eltern nämlich aus verschiede nen Quellen informieren werden.

Ich glaube, dass wir es dann zukünftig schaffen werden, die Eltern bei der Entscheidung zu begleiten, ohne dass sie Angst haben müssen, wenn es um die Frage der weiterführenden Schule geht, und das Informationsbedürfnis der Eltern wirk lich befriedigen. Wir sind im Kultusministerium bemüht, über alle Schularten, die sich nach der Grundschule im Sekundar bereich anschließen, objektiv zu informieren. Das ist auch ei ne Aufgabe der Schulverwaltung.

Sie werden auch aus einzelnen Fällen, in denen Grundschu len vielleicht nicht das tun, was sie sollen, keine Verschwö rungstheorie entwickeln können, die irgendwie beinhaltet, dahinter stecke das Kultusministerium. Das wird so nicht sein.

Wir werden nach Kräften alles dafür tun, dass die Menschen die Informationen bekommen, die sie von uns auch erwarten. Das bezieht sich auf alle Schularten; das bezieht sich in be sonderem Maß auch auf die Gemeinschaftsschule als neuar tiges pädagogisches Konzept. Genau diesen Ansprüchen der Eltern und damit der Schülerinnen und Schüler wollen und werden wir gerecht werden.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Meine Damen und Her ren, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wir kommen zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung des Antrags Drucksache 15/4271 (Geänderte Fassung). Der An trag ist ein reiner Berichtsantrag und kann für erledigt erklärt werden. – Sie stimmen der Erledigterklärung zu.

Damit ist Punkt 7 der Tagesordnung erledigt.

Ich rufe Punkt 8 der Tagesordnung auf:

a) Beschlussempfehlungen und Berichte des Ausschusses

für Finanzen und Wirtschaft zu den Mitteilungen des Rechnungshofs vom 3. Juli 2014 – Denkschrift 2014 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Landes BadenWürttemberg – Drucksachen 15/5400, 15/5401 bis 15/5422 und 15/5901 bis 15/5922

Berichterstatter: Abg. Dr. Reinhard Löffler

b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für

Finanzen und Wirtschaft zu dem Antrag des Rech nungshofs vom 22. Oktober 2014 – Prüfung der Rech nung des Rechnungshofs (Epl. 11) für das Haushalts jahr 2012 durch den Landtag – Drucksachen 15/5977, 15/6039

Berichterstatter: Abg. Karl Klein

c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für

Finanzen und Wirtschaft zu dem Antrag des Ministeri ums für Finanzen und Wirtschaft vom 9. Dezember 2013 – Haushaltsrechnung des Landes Baden-Württem berg für das Haushaltsjahr 2012 – Drucksachen 15/4513, 15/6040

Berichterstatter: Abg. Karl Klein

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Ausspra che eine Redezeit von zehn Minuten je Fraktion festgelegt.

Das Wort erteile ich zunächst Herrn Rechnungshofpräsident Munding.

Sehr geehr te Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, Herr Staatssekretär Hofelich! Der Auftrag des Rechnungshofs ist es, die Ordnungsmäßigkeit der öffentlichen Finanzen zu prüfen und Ihnen für die Entlastung der Landesregierung zu berichten. Das tun wir mit der Denkschrift, die Sie heute be raten.

Der Rechnungshof leistet aber weit mehr. Mit unserer breit gefächerten Prüfungstätigkeit unterstützen und fördern wir ein wirtschaftliches Verhalten in allen Bereichen der Landesver waltung. Dies erfordert aber, dass wir unsere Aufgabe umfas send verstehen: von Organisations- und Strukturfragen, der Gestaltung von Verfahrensabläufen, der Bemessung von Per sonalbedarfen über die Unterstützung durch IT, die Auftrags vergabe in der öffentlichen Hand, Themen der Infrastruktur bis hin zu Investitions- und Erneuerungsbedarfen, um nur ei nige Beispiele zu nennen.

Die Denkschrift bildet dieses Aufgabenspektrum des Rech nungshofs exemplarisch ab. Wir sagen Ihnen, was das Ganze kostet. Wir können und dürfen Ihnen die Entscheidung jedoch nicht abnehmen. Aber wir wollen Ihnen einen sachkundigen und fachkundigen Beitrag liefern – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Der Blick auf den Haushalt, seine Tragfähigkeit und Zukunftsorientierung ist dabei die Zentralperspektive des Rechnungshofs.

In zwei Sitzungen im Oktober und im November 2014 haben Sie die Beiträge der Denkschrift 2014 intensiv beraten. Zu ei ner ganzen Reihe konnten wir Ihnen sogar Beschlussvorschlä ge vorlegen, die mit den Ressorts abgestimmt waren.

Wir haben den Eindruck: Die Bereitschaft der Ministerien und der nachgeordneten Institutionen, Empfehlungen der Finanz kontrolle aufzugreifen und ihnen zu folgen, hat sich erfreuli cherweise verbessert. Diese Entwicklung ist mit Sicherheit auch Ausfluss der steten und intensiven Arbeit des Finanz- und Wirtschaftsausschusses, der Konsequenz und der Hartnä ckigkeit, mit der er unsere Vorschläge aufnimmt und weiter verfolgt.

Sie, meine Damen und Herren, unterstützen damit ganz ent scheidend unsere Arbeit. Dafür vielen Dank. Der Dank gilt insbesondere den Mitgliedern des Finanz- und Wirtschafts ausschusses, Ihnen, Herr Vorsitzender Karl Klein, aber auch dem Finanz- und Wirtschaftsministerium, das wir, Herr Staats sekretär, von der Aufgabe her als einen Verbündeten betrach ten, auch wenn wir nicht immer einer Meinung sind.

Ihnen, Herr Staatssekretär, bei dieser Gelegenheit herzlichen Glückwunsch zu Ihrer neuen Aufgabe. Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit Ihnen in neuer Funktion.

(Beifall bei Abgeordneten aller Fraktionen)

Ein Beispiel für diese Unterstützung durch den Finanz- und Wirtschaftsausschuss ist das Thema IT-Bündelung. Wir haben es 2009 vorgeschlagen. Sie haben es immer und immer wie der angemahnt. Gut, manchmal sind die Wege etwas ver schlungen oder langwieriger. Wenn es am Ende dann klappt, soll es gut sein.

Mit der Errichtung des Landesbetriebs BITBW und der Ins tallierung eines CIO ist der Anfang gemacht. Allerdings sind wir noch nicht am Ziel. Jetzt beginnt die eigentliche Kärrner arbeit. Es gilt, die mit der Bündelung verfolgten und mit dem Gesetz intendierten Einsparungen auch tatsächlich zu erwirt schaften.

Ich will auch nicht verhehlen, dass wir, die Finanzkontrolle, nicht immer mit allen Entscheidungen des Finanz- und Wirt schaftsausschusses glücklich sind. So müsste der Personalab bau in vielen Bereichen insgesamt konsequenter betrieben werden. Immer wieder machen wir die Erfahrung, dass selbst dort, wo Einsparmöglichkeiten identifiziert und nachgewie sen sind, wo Personaleinsparungen möglich sind, von den Ressorts sofort neue Bedarfe nachgeschoben werden. Sie soll ten in diesen Fällen – dieser Ratschlag sei uns erlaubt – die Einsparungen vornehmen, um als Haushaltsgesetzgeber dann über neue Bedarfe selbst zu entscheiden und diese Entschei dung nicht anderen zu überlassen.

Der manchmal schon reflexhafte Ruf nach neuem Personal ist nicht das Allheilmittel. Er ist nicht die Prima Ratio, sondern die Ultima Ratio. Zuvor gilt es, Strukturen und Abläufe, Vor gaben und Verfahren zu optimieren und, wo notwendig, auch Schwerpunkte zu verlagern und Prioritäten und Posteritäten neu zu justieren. Die Optimierung der Strukturen hat Vorrang vor der Schaffung neuer Stellen.

Mit diesem Ansatz treten wir allerdings auf der Stelle. Der Haushalt 2015/2016 setzt insoweit keine neuen Impulse zum Thema „Personal, Personaleinsparungsmöglichkeiten und -entwicklungen“.