Protokoll der Sitzung vom 11.03.2015

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Und Sie haben jahrelang die Hauptschule als „Restschule“ diffamiert! Jahrelang!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, deswegen hat die Landesregierung konsequent gehandelt. Wir haben nach Über nahme der Regierungsverantwortung die Weichen für eine re gionale Schulentwicklung gestellt. Ich glaube, es war sehr richtig, dass wir uns nicht für einen Ansatz entschieden ha ben, den Sie, Herr Traub, gerade in Ihrer Rede angedeutet ha ben. Ihr Ansatz ist nämlich, dass das Land dirigistisch, von oben herab, festlegt, an welchen Standorten weiterführende Schulen erhalten werden sollten.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das machen Sie mit der Genehmigung von Gemeinschaftsschulen! – Zuruf des Abg. Georg Wacker CDU)

Wir haben sehr bewusst mit den kommunalen Landesverbän den ein System der regionalen Schulentwicklung geschaffen, in dem das Initiativrecht der Kommunen ein wichtiger Be standteil ist

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Letztlich entschei den die Gemeinderäte!)

und in dem sich die Vertreter der Kommunen und der Schul verwaltung auf Augenhöhe in einer moderierenden und anlei tenden Rolle befinden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wer hier davon spricht, es würden von oben herab Entscheidungen getroffen,

(Abg. Georg Wacker CDU: Natürlich!)

der redet an der Wirklichkeit vorbei, der belügt auch die Men schen in diesem Land.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Es steht außer Frage, dass dieser Komplex der regionalen Schulentwicklung in vielen Fällen vor Ort auch sehr emotio nal diskutiert wird. Das kann auch niemanden überraschen, der weiß, als wie wichtig Bildung und Betreuung heute als Standortargumente in vielen Kommunen betrachtet werden. Für mich steht es außer Frage, dass dies vor Ort auch sehr oft mit schwierigen Entscheidungen verbunden ist.

Deswegen haben wir uns bewusst für ein umfassendes Dia log- und Beteiligungsverfahren entschieden. Denn nur über Transparenz und die Einbindung aller Beteiligten vor Ort er reichen wir auch in Städten und Gemeinden und an den be troffenen Schulen die notwendige Akzeptanz für die oft weit reichenden Veränderungen.

Das Verfahren ist so ausgestaltet, dass immer die Belange vor Ort in den Blick genommen werden und alle Beteiligten an gehalten sind, intensiv nach einer einvernehmlichen Lösung zu suchen. Wir haben bereits jetzt, nachdem das Gesetz noch nicht einmal ein Jahr in Kraft ist, sehr viele positive Erfahrun gen gesammelt und Rückmeldungen aus der Praxis bekom men, dass wir mit diesem Ansatz genau auf dem richtigen Weg sind.

Vorhin wurde vom Kollegen Kern gefragt, wie sich das jetzt mit dem Urteil aus Sachsen verhält. Darauf kann ich Ihnen ei ne ganz eindeutige Antwort geben. Das, was im Land Sach sen von einer CDU-FDP-Landesregierung als Schulentwick lungskonzept aufgelegt wurde, wurde vom Bundesverfas sungsgericht wegen Verletzung des Grundsatzes der kommu nalen Selbstverwaltung für rechtswidrig erklärt.

(Abg. Walter Heiler SPD: Unglaublich!)

Deswegen ist dieses Urteil ein Beweis dafür, dass ein Kon zept, wie es in Baden-Württemberg existiert, vieles von dem, was das Gericht als zwingend notwendig erachtet, berücksich tigt.

(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Vorbildlich!)

Dieses Konzept der regionalen Schulentwicklung ist ein kom munalfreundliches Gesetz, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Zuruf des Abg. Claus Schmiedel SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, in rund 90 % der be reits abgeschlossenen Prozesse konnte ein Konsens zwischen den Beteiligten gefunden werden. Von den Städten und Ge meinden, die sich auf diesen gemeinsamen Weg gemacht ha ben, erhalten wir viel Lob dafür, dass das Verfahren von den Schulträgern ausgeht und dabei die kommunale Selbstverwal tung beachtet wird.

Dass dieser Ansatz richtig ist, zeigt auch – ich habe es gesagt – die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die – wie es dort heißt – zentrale Schulnetzplanung in Sachsen. Im November 2014 hat das Gericht eben zu Recht die dorti gen Regelungen wegen Verletzung des Grundsatzes der kom munalen Selbstverwaltungshoheit kreisangehöriger Gemein den für verfassungswidrig erklärt.

Das Kultusministerium von Baden-Württemberg hat diese Entscheidung zum Anlass genommen, die eigenen Regelun gen im Hinblick auf die genannten Beteiligungskriterien zu überprüfen. Das Ergebnis zeigt gerade in Anbetracht dieser aufgestellten Grundsätze, dass das Verfahren in Baden-Würt temberg so ausgestaltet ist, dass es den Richtsätzen des Bun desverfassungsgerichts entspricht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die regionale Schul entwicklung, wie wir sie gemeinsam mit den Kommunen auf den Weg gebracht haben, ist eine Garantie dafür, dass wir zu künftig in der Fläche des Landes Baden-Württemberg, in städ tischen wie in ländlichen Räumen, Stabilität und Qualität im Bereich der weiterführenden Schulen haben werden. Beteili gen Sie sich an diesem Prozess konstruktiv! Viele Ihrer Par teikollegen in den Kommunalparlamenten tun dies. Machen Sie dies auch! Sie würden sich, wenn Sie weiterhin Ihrer The se anhängen würden, Herr Kollege Traub, dass alles so blei ben könnte, wie es ist, an der Zukunft der Kinder in BadenWürttemberg versündigen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Traub das Wort.

(Abg. Walter Heiler SPD: Wieso? – Gegenruf des Abg. Georg Wacker CDU: Ganz einfach: Redezeit! Die nimmt der Kollege Heiler auch in Anspruch, wenn er sie braucht! – Abg. Andreas Schwarz GRÜ NE: Besser wird’s nicht!)

Ja, Herr Kollege, ich habe noch Re dezeit. Sie wissen das.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Hat er schon seine Gemeinschaftsschule?)

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und liebe Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister, ich verstehe nicht ganz, weshalb Sie sich – auf Schwäbisch gesagt – so saumäßig aufgeregt haben

(Zurufe von den Grünen und der SPD, u. a. Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Das war eine engagierte Rede!)

und viele Worte gebraucht haben, um Ihr Vorgehen in der re gionalen Schulentwicklung zu verteidigen. Wer so aufgeregt redet – –

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Sie sollten ihn mal er leben, wenn er saumäßig aufgeregt ist! – Gegenruf des Abg. Volker Schebesta CDU: Da spricht jemand aus Erfahrung! – Heiterkeit – Vereinzelt Beifall)

Ach ja, lieber Kollege Schmiedel, ich war um die 40 Jahre Bürgermeister. Ich kenne die Dinge.

(Vereinzelt Beifall – Abg. Karl Zimmermann CDU: Das schafft kein Sozi!)

Das Donnerwetter, das mich zum Ziel hatte, lieber Herr Mi nister, ist jetzt geschehen. Ich möchte Ihnen aber noch in ein paar wenigen Sätzen Folgendes sagen: Ich habe nicht alles auf die Demografie geschoben. Ich habe gesagt, dass jetzt vier Jahre vergangen sind, seit Sie in der Verantwortung sind, und dass auch vieles in Richtung Hauptschule schlechtgeredet wurde, heruntergeredet wurde, dass die Verbindlichkeit der Grundschulempfehlung abgeschafft wurde. Das alles hat die CDU-FDP/DVP-Regierung damals nicht gemacht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Karl-Wil helm Röhm CDU: So ist es! Jawohl!)

Aber jetzt lassen wir das einfach.

Liebe Frau Kollegin Boser – sie ist im Moment nicht hier –...

(Abg. Sandra Boser GRÜNE: Doch, hier!)

Doch, in der dritten Reihe.

(Abg. Walter Heiler SPD: Ganz ruhig, Herr Traub! Ganz ruhig!)

... – okay –, ich habe genau zugehört, was Sie gesagt haben. Ich habe auch dir, lieber Klaus Käppe ler, zugehört; du bist ja mein Nachbar im Wahlkreis nebenan.

(Unruhe)

Deshalb möchte ich noch ein konkretes Beispiel aus dem Be reich Laichingen in den Raum stellen. Hier wird im ländli chen Raum ein echter Überlebenskampf im Bereich Schule geführt. Ich kann an diesem Beispiel sagen, dass dort Kom munen aus der Raumschaft gegeneinander ausgespielt wur den. Die Umlandgemeinden mit ihren guten Schulen hatten gegenüber dem größeren und einwohnerstärkeren Laichingen bei der regionalen Schulentwicklung keine Chance. In He roldstatt, in Westerheim, in Berghülen, in Nellingen, in Merklingen, in vielen Gemeinden dieser Region gab es früher eine Schule. Ich sage das bloß der Vollständigkeit halber.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das muss gesagt werden!)

Die Stadt Laichingen beansprucht nun als Zentrum der Raum schaft – das ist ihr gutes Recht und ist auch gar nicht unbillig – und als bisherige Schulstadt die Einrichtung einer Gemein schaftsschule an der bisherigen Haupt- und Werkrealschule. Diese wurde natürlich prompt genehmigt; das habe ich auch erwartet. Die örtliche Realschule in Laichingen hat sich da gegen gewehrt, aber hat natürlich kein Gehör gefunden. Da mit war für weitere Schulen in den Umlandgemeinden die Tür total geschlossen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das war Absicht!)

Auf der Laichinger Alb ist unter Berücksichtigung der Schü lerzahlen nur ein einziger Gemeinschaftsschulstandort realis tisch.

Ich wettere jetzt nicht gegen die Gemeinschaftsschule, ich sa ge Ihnen nur Fakten, wie sie tatsächlich sind. Die sichere Fol ge ist die gewollte Abwanderung von Schülern der Werkreal schulstandorte des Umlands an die Gemeinschaftsschule. Die Verantwortlichen in den Gemeinderäten können doch gar nichts anderes machen; sie haben gar keine andere Chance, als das zu vollziehen, was hier vorgegeben ist.

(Unruhe)