Es ist außer Frage, dass wir durchaus auch mehr Eisenbahn verkehrsunternehmen motivieren müssen, sich an den Aus schreibungen zu beteiligen. Das stellen wir gar nicht infrage. Es kann natürlich auch sein – so war es zumindest auch beim Verkehrsverbund Rhein-Ruhr –, dass sich Unternehmen aus dem Ausland bewerben, die nur über eine allenfalls zweifel hafte Bonität – gegebenenfalls über gar keine Bonität – ver fügen und sich gerade deswegen bewerben, weil sie hier kei ne Investitionen tätigen müssen. Wir wissen auch gar nicht, wie das im Zuge der Bewertungen der Ausschreibungen über haupt berücksichtigt werden soll. Also auch hier geht das Land in ein nicht kalkulierbares Risiko hinein.
Im Übrigen sind die Fakten schon im Juli 2014 geschaffen worden. Wenn man sich die Ausschreibung für die Stuttgar
ter Netze anschaut, sieht man: Darin steht schon, dass dieses Baden-Württemberg-Modell zur Anwendung kommt. Inso fern sagen wir uns natürlich auch, dass Sie uns für dieses Ge setz gar nicht brauchen. Wenn Sie auf das Baden-Württem berg-Modell bereits vor neun Monaten in der Ausschreibung Bezug genommen hatten, können Sie das jetzt natürlich auch in eigener Verantwortung auf den Weg bringen. Wir jedenfalls wollen keinen Blankoscheck über 3 500 Millionen € ausstel len. Für uns ist eine solide Haushaltspolitik viel wichtiger. Deshalb können wir dieses Gesetz in dieser Form nicht mit tragen.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir beraten diesen Gesetzentwurf heute in zweiter Lesung, und inzwischen hatten wir auch Gelegenheit, im Ver kehrsausschuss im Detail darüber zu sprechen. Ich konnte an den Beratungen dort aus persönlichen Gründen leider nicht teilnehmen, aber mir ist berichtet worden, dass dort sehr vie le Fragen auch detailliert abgearbeitet worden sind. Deshalb werde ich heute das Projekt sozusagen noch einmal in den Grundzügen vorstellen. Denn es ist mindestens in zwei Rede beiträgen klar geworden, dass nicht allen alles klar ist.
Ich beginne gleich mit Herrn Mack und seiner Unterstellung: Dieser Gesetzentwurf ist unter der Federführung des Minis teriums für Verkehr und Infrastruktur und selbstverständlich in engster Zusammenarbeit mit dem Finanz- und Wirtschafts ministerium erarbeitet worden.
So lange ist es noch nicht her, dass Sie regiert haben. Daher wissen Sie, dass in solchen Fragen kein Gesetz ohne die Zu stimmung des Finanzministeriums gemacht wird. Sie können schon einmal sicher sein, dass wir da eng zusammenarbeiten.
Ich danke den Koalitionsfraktionen, dass sie das Projekt un terstützt haben. Es war wirklich ein großer innovativer Schritt. Ich danke auch dem Landesrechnungshof, dass er uns in all diesen Beratungen immer positiv unterstützt hat. Man kann eigentlich auch sagen – aufgrund all der Resonanz, die wir bisher bei diesem Projekt erfahren haben –, dass wir hier auf dem richtigen Weg sind.
Herr Mack, Sie lachen zum zweiten Mal an dieser Stelle; auch bei der letzten Debatte dazu haben Sie gelacht. Aber am 24. Ap ril haben hier in diesem Haus alle Fraktionen dem zugestimmt,
dass wir eine Haushaltsermächtigung über 3,4 Milliarden € bekommen haben, um solche Finanzierungsmodelle anzubie
ten. Wir haben schon damals deutlich gemacht: Es gibt so wohl ein Fahrzeugfinanzierungsmodell – ein Baden-Württem berg-Modell, wie wir es nennen – als auch ein Kapitaldienst garantiemodell.
Wir haben schon damals gesagt: Wir schreiben das nieman dem vor, sondern wir bieten es an. Sie haben schon damals nicht verstanden, warum wir das machen, und deswegen er kläre ich es Ihnen gern noch einmal.
Wettbewerb funktioniert nicht, wenn ein Großer besondere Konditionen hat – wie ein Staatsunternehmen – und andere, kleine Unternehmen – seien es auch Töchter von anderen Staatsunternehmen – Bedingungen wie kleine Mittelständler auf dem Kapitalmarkt haben. Wenn man Wettbewerb will, muss man gleiche Bedingungen in diesem Beschaffungsbe reich, bei der Finanzierung, schaffen. Genau das ist der Grund gedanke. Genau das war eigentlich auch Grundlage des Be schlusses des Landtags, den alle mitgetragen haben.
(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Winfried Mack CDU: Stimmt doch gar nicht! Schauen Sie ins Protokoll! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Sie meinen wohl „unbewusst“!)
Alle Experten haben gesagt, wir sind auf dem richtigen Weg, und alle haben übrigens auch die verschiedenen Modelle be urteilt. Dass wir am Schluss ein Baden-Württemberg-Modell entwickelt haben, war auch der Erfahrung geschuldet, die man in anderen Regionen macht.
Wettbewerb kommt dann zustande, wenn man gleiche Bedin gungen schaffen kann. Ich kann Ihnen sagen: Wir haben bei den Stuttgarter Netzen deutlich mehr als eine Handvoll Be werber. Das ist Wettbewerb. Das haben wir hinbekommen. Sie haben vor zwölf Jahren auf Wettbewerb verzichtet und gleich dem einen alles gegeben und reichlich dafür gezahlt. Wir machen das anders. Wir sparen das Geld.
Jetzt nicht. Ich adressiere meine Ausführungen gera de an Herrn Mack. Er hat sich ja um einen Vergleich bemüht. Wie Sie wissen, hinken Vergleiche meist, aber Ihr Vergleich hatte eindeutig eine Macke. Denn er hat überhaupt nichts ge taugt. Er hat überhaupt nichts erklärt. Er war völlig falsch.
Sie haben auch noch nicht einmal verstanden, wie Ausschrei bung funktioniert und wie überhaupt die Geldläufe im Bereich
der Regionalisierungsmittel und ihres Einsatzes sind. Sie ha ben damals im großen Verkehrsvertrag zugelassen, dass Fahr zeuge, die 30 Jahre alt sind, noch länger laufen können, bis es nicht mehr länger geht. Uns werfen Sie jetzt vor, dass wir langfristig planen und kalkulieren, aber mitreden. Nach Ihrem großen Verkehrsvertrag können die Fahrzeuge bis anno To bak laufen, bis 2016, in jeder Form, wie auch immer. Das ha ben Sie alles vertraglich nicht festgelegt.
Wir sagen klipp und klar: Wir wollen bei den Stuttgarter Net zen neue Fahrzeuge, und dafür schaffen wir Bedingungen, dass das möglich ist. Dafür bedarf es dieser Finanzierungsin strumente.
Nun kann man natürlich sagen: Ihr nehmt denen das Risiko ab. Ich sage: Wenn wir das nicht tun, bezahlen wir es auf an derem Weg. Das haben Sie nicht verstanden, dass in jedem Kilometerpreis sozusagen das Kapitalrisiko, das ein Unter nehmen eingegangen ist – die hohen Zinssätze, die es bezah len muss –, abgebildet und zu zahlen ist. Sie haben das übri gens der Bahn mit einem hohen Kilometerpreis bezahlt, ohne dass die DB ein Risiko hatte. Das ist ja der besondere Witz an der Geschichte, dass Sie ökonomisch wirklich völlig unsin nig gehandelt haben.
Wir ziehen unsere Konsequenzen daraus und haben diese Mo delle konzipiert. Alle Experten sagen: So kann es gehen. So wird es gut gehen, und ihr bezahlt dann am Ende weniger, weil ihr die Finanzierung möglichst günstig organisieren könnt.
Noch etwas zum Thema Fahrzeuge: Wir bestimmen, dass die Fahrzeuge neu sind. Wir bestimmen, wie sie in etwa ausse hen; wir sagen nicht genau, welche Fahrzeuge. Die Unterneh men sind frei, die zu kaufen, die zu den Kriterien passen. Die Unternehmen sind frei, zu entscheiden, ob sie sie selbst finan zieren – mit Kapitaldienstgarantie – oder nach dem BadenWürttemberg-Modell vorgehen wollen.
Meine Damen und Herren, verschiedene Fragen sind gestellt worden; so auch von Herrn Haußmann. Er hat u. a. gesagt, man könne sich gar nicht vorstellen, wie diese Anstalt funk tioniert, wie groß sie denn wird. Herr Haußmann, das hängt
davon ab, wie viele Unternehmen sich dieses Modells bedie nen. Theoretisch kann es auch sein, dass keines dieser Model le gezogen wird, weil alle sagen: „Das können wir selbst fi nanzieren.“ Aber wir müssen damit rechnen, dass vom BadenWürttemberg-Modell Gebrauch gemacht wird. In welchem Umfang, hängt davon ab, wie viele am Ende zum Zuge kom men. Davon hängt dann auch ein Stück weit die Größe der Anstalt ab. Das klären wir aber eindeutig. Wir versuchen, ei ne schlanke Organisation aufzubauen.
Eines ist klar: Aus den Pachtzahlungen, die die Unternehmen z. B. beim Baden-Württemberg-Modell bezahlen müssen, wird diese Organisation mitfinanziert. Nicht von uns, dem Land, sondern aus den Regionalisierungsmitteln wird auch diese Organisation finanziert. Wir glauben, dass wir die Mit tel auf diese Art und Weise sehr kostengünstig einsetzen.
Eine Anstalt hat übrigens auch den Vorteil, dass sie einer öf fentlichen Kontrolle unterworfen ist. Es gibt den Verwaltungs rat, der das genau kontrolliert. Da haben wir genaue Einsich ten. Bei einer GmbH ist das schwieriger; sie hat deutliche Nachteile. Wir haben bewusst diesen gesetzlichen Weg mit der Anstalt gewählt.
Meine Damen und Herren, die Experten haben in der Anhö rung, wenn man so will, im Ausschuss alle Ihre Fragen beant worten können. Wir haben auch erklärt, warum das Modell so gestrickt ist, wie es gestrickt ist. Wir haben, glaube ich, sehr deutlich gemacht: Wer das heute nicht tut, braucht sich nicht zu wundern, wenn es keinen Wettbewerb gibt. Dass wir Wett bewerb haben, dass wir so viele Bieter haben, heißt, wir sind auf einem guten Weg. Mit dieser Anstalt bringen wir unsere Ausschreibung gut voran, und wir legen uns übrigens damit nicht auf Ewigkeiten fest.
Wenn Fahrzeuge beschafft werden, sind sie anschließend üb rigens nicht wertlos, sondern sie verbleiben im Eigentum des Landes. Selbst für den Fall einer Insolvenz bleiben sie im Ei gentum des Landes. Das Land hat kein Risiko. Wir können auch bei der nächsten Ausschreibung festlegen, dass diese Fahrzeuge übernommen werden. Es ist nicht so, dass sie ein fach abgestellt würden; wir haben die Möglichkeit, dass sie auch weiterhin verwendet werden. Das bestimmen wir, das gestalten wir. Da gehen wir sehr viel weiter, als Sie je gegan gen sind. Das ist eine moderne Verkehrspolitik, das ist eine moderne wettbewerbsorientierte Ausschreibungspolitik. Am Ende kommt dadurch auch ein besserer Verkehr auf unserem Netz zustande.