Protokoll der Sitzung vom 12.03.2015

Herr Mack, ich glaube, Sie können sich einreihen beim Kol legen Müller, der den schlechten großen Verkehrsvertrag un terzeichnet hat, beim Kollegen Rech, der 2006 im Landtag ge sagt hat, er wolle bis 2012 alle Leistungen im Wettbewerb ver geben, und beim Kollegen Köberle,

(Abg. Winfried Mack CDU: Jetzt begründen Sie doch Ihr Gesetz, und kommen Sie nicht nur mit Polemik!)

der Züge im Schienenpersonennahverkehr abbestellt hat. In diese Reihe, Herr Kollege Mack, können Sie sich einreihen. Von Ihnen kam hier in den letzten vier Jahren kein konstruk tiver Vorschlag.

(Abg. Winfried Mack CDU: Sie können sich einrei hen bei Hermann & Co.!)

Das bedaure ich. Ich bin von Ihnen enttäuscht.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Das, was wir geplant haben, das, was der Verkehrsminister zusammen mit dem Finanzministerium geplant hat

(Zuruf des Abg. Dr. Reinhard Löffler CDU)

und was mit maßgeblicher Beteiligung des Rechnungshofs – der Rechnungshof hat an den Arbeitsgruppensitzungen teil genommen – zustande gekommen ist, kann sich sehen lassen. Es ist eine Anstalt des öffentlichen Rechts, die dazu beiträgt, die Bedingungen für Ausschreibungsverfahren im Schienen personennahverkehr zu verbessern. Damit wollen wir Firmen, die sich hier engagieren wollen, mit guten Finanzierungsun terstützungsmaßnahmen helfen, sich zu bewerben. Letztend lich kommen dadurch neue Fahrzeuge nach Baden-Württem berg, und wir nehmen von den Silberlingen des Winfried Mack Abstand.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Alle Experten, die an der Sitzung des Verkehrsausschusses teilgenommen haben, haben bestätigt, dass wir dadurch auf dem richtigen Weg sind.

(Abg. Jörg Fritz GRÜNE: Ist der Herr Mack kein Ex perte?)

Es hat sich als gut erwiesen, dass der Verkehrsausschuss noch einmal eine sehr informative Sitzung unter Beteiligung ver schiedener Experten durchgeführt hat, die beispielsweise im größten Verkehrsverbund in Nordrhein-Westfalen, dem Ver kehrsverbund Rhein-Ruhr, Verantwortung tragen, und dass

wir diese Personen angehört haben. Denn all diese Experten haben uns bestätigt: Wir liegen damit auf dem richtigen Weg. Baden-Württemberg macht damit seine Hausaufgaben rich tig, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU)

Letztendlich geht es darum, dass wir gleiche Wettbewerbsbe dingungen für alle Unternehmen schaffen wollen und dass wir die gute Bonität des Landes nutzen wollen. Ich meine, Herr Staatssekretär Hofelich, Baden-Württemberg ist neulich wie der mit AAA ausgezeichnet worden.

(Beifall des Abg. Hans-Martin Haller SPD)

Wir wollen also nicht zusätzliches Geld geben, Herr Kollege Mack, sondern die gute Bonität des Landes nutzen. Letztend lich werden wir unter dem Strich durch gute Angebote, durch ein gutes Wettbewerbsverfahren Geld in der Landeskasse spa ren, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Im Übrigen – ich habe es bei der ersten Lesung gesagt – ist eine Anstalt des öffentlichen Rechts wesentlich transparenter als eine GmbH. Das Land hätte eine GmbH gründen können; dann wäre der Landtag außen vor gewesen.

(Zurufe von der CDU)

Die Regierung hat bewusst den Weg einer Anstalt des öffent lichen Rechts gewählt – mit mehr Transparenz, mit einer Be teiligung des Landtags. Ich muss sagen: Das ist informativ und transparent. Daran gibt es nichts zu rütteln, liebe Kolle ginnen und Kollegen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Gestatten Sie mir noch den Hinweis: Auch aus steuerlicher Sicht ist die Anstalt des öffentlichen Rechts wesentlich bes ser geeignet.

Ich möchte noch einmal auf den Verkehrsverbund Rhein-Ruhr in Nordrhein-Westfalen zurückblicken. Dessen Vertreter hat es in der Sitzung des Verkehrsausschusses dargelegt: Bei fünf Verfahren spart der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr durch sol che Methoden 15 Millionen € jährlich. Ich erwarte solche Ein sparungen auch für Baden-Württemberg. Dann sind wir für den Wettbewerb, für den Ausbau des Schienenverkehrs und für gute Fahrzeuge auf dem richtigen Weg.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Für die SPD-Fraktion er teile ich das Wort Herrn Abg. Haller.

Frau Präsidentin, werte Kol leginnen und Kollegen! Heute führen wir die zweite Lesung des Gesetzentwurfs über die Landesanstalt Schienenfahrzeu ge durch. Diese Landesregierung hat ein Ziel. Ihr ist ein ganz, ganz großes Projekt vorgegeben, nämlich bei der Vergabe be zogen auf die Schiene Wettbewerb herbeizuführen. Das ist ein Projekt, dessen Umfang letztendlich bei über 100 Milliarden € liegt. Denn die jährlichen Vergaben von ca. 7 Milliarden €

werden sich im anzustrebenden Zeitraum auf über 100 Milli arden € summieren.

Ein solches Projekt ist im Grunde genommen in diesem Land einmalig. Es ist das Verdienst dieser Regierung, des Verkehrs ministers, das mit Akribie und trotz gelegentlichen Wider spruchs – auch die SPD hat manchmal Widerspruch eingelegt – zielstrebig angegangen zu sein. Eines wurde dabei immer in den Vordergrund gestellt: Wir wollen durch mehr Wettbe werb bessere Preise. Es ist das Credo dieser Regierung, kos tengünstig für das Land und seine Bürger zu arbeiten und da her mehr Verkehre anzubieten.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Dafür gibt es verschiedenste Instrumente. Es gibt die klassi sche Ausschreibung. So wurde es übrigens beim Los 1, Mann heim, gemacht – das nur als Nachhilfeunterricht –, was einen günstigeren Preis ergeben hat. Das wurde ohne Landesanstalt gemacht. Das ist durchaus denkbar. Deswegen braucht man auch nicht so dogmatisch an die Sache heranzugehen, wie es die CDU macht.

Ein weiteres Instrument, das wir jetzt einführen wollen, ist die Beschaffung von Fahrzeugen. Das ist in dieser Republik durch aus gang und gäbe. Dazu wollen wir eine Landesanstalt er richten. Herr Schwarz hat es wiederholt erwähnt. Denn eine Anstalt des öffentlichen Rechts ist eine steuerrechtlich sinn volle Sache.

Deswegen steht auch die SPD zu diesem Projekt. Wir erwar ten uns davon eines – wir haben dazu keine Gewissheit, aber wir müssen diesen Mosaikstein, diese Option im Wettbe werbsspiel, im Spiel der Kräfte zulassen –, nämlich dass das Land die Fahrzeuge anschafft, aber keinesfalls selbst betreibt und unterhält, sondern sie eben den Unternehmen zur Verfü gung stellt.

Der Vergleich zwischen einem Markt im Baubereich mit dem Eisenbahnmarkt ist natürlich etwas schief. Es gibt eine Un zahl kleiner, mittlerer und großer Bauunternehmer; in diesem Bereich gibt es einen Markt, der sich über Jahrzehnte, über ein Jahrhundert hinweg bewährt hat. Wo gibt es denn bezo gen auf die Schiene bislang einen Markt? Durch den großen Verkehrsvertrag ist er geradezu verhindert worden. Wir müs sen den Markt in diesem Bereich erst schaffen. Genau das ist das Ziel dieses Gesetzesvorhabens.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen)

Wir stehen zu diesem Gesetzesvorhaben und hoffen, dass es zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger in Baden-Württem berg bald bessere Fahrzeuge, vor allem neuere Fahrzeuge gibt. Das haben sie nach über 40 Jahren Silberlinge dringend ver dient. Dafür steht diese Regierung.

Besten Dank.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Für die Fraktion der FDP/ DVP erteile ich das Wort Herrn Abg. Haußmann.

Sehr geehrte Frau Prä sidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Bereits in der ers ten Lesung hatte ich hier einige Fragen formuliert und diese

dann auch im Verkehrsausschuss angesprochen. Trotzdem sind aber für meine Fraktion nach wie vor viele Fragen offen, wes halb wir diesem Gesetz über die Landesanstalt Schienenfahr zeuge Baden-Württemberg heute nicht zustimmen können.

Ich will noch einmal auf ein paar Punkte eingehen. Die Aus gestaltung der neuen Landesanstalt ist für uns nach wie vor unklar. Wesentliche Punkte sind uns nicht beschrieben wor den. Dazu gehören folgende Fragen: Wie sehen die Struktur der Geschäftsführung und die Zahl der Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer, der Umfang des Personalkörpers aus? Wie viele Mitarbeiter sind geplant? Wie ist die wirtschaftli che Entwicklung?

Ich darf daran erinnern, dass wir über ein Volumen von bis zu 3 500 Millionen € – vielleicht werden es aber auch noch mehr – reden. Das ist also durchaus eine Summe, über die noch ein mal intensiv nachzudenken sich sicherlich auch lohnt.

Wie sind die Kalkulationen, die Wagnisaufschläge für den Fall, dass wir nach dem Auslaufen der Verträge Gebraucht fahrzeuge im Bestand haben? Wie soll das technische Knowhow aussehen? Wer ist für das Pflichtenheft für die Fahrzeu ge verantwortlich? Wer begleitet die Fahrzeugherstellung? Wer kümmert sich um die Zulassung der Fahrzeuge beim Ei senbahn-Bundesamt? Alle diese Punkte konnten auch in den Ausschussberatungen nicht erläutert werden.

Kollege Schwarz hat darauf hingewiesen, dass die Verkehrsex perten vom Verkehrsverbund Rhein-Ruhr von guten Erfah rungen berichten. Dazu muss man aber sagen, dass man auch dort erst in der Phase des Projektstarts ist. Kollege Mack hat erläutert, wie lang die Verkehrsvertragslaufzeiten sind. Inso fern verfügen wir bisher nicht über die Erfahrungen, wie sie nach Ablauf der ersten Verkehrsverträge vorliegen.

Wir wissen, dass wir in der Bundesrepublik ganz unterschied liche Standards bei Fahrzeugen haben, weshalb wir überhaupt nicht einschätzen können, ob wir später Gebrauchtfahrzeuge tatsächlich wieder woanders im Markt unterbringen können.

Insofern haben wir den Eindruck, dass es, wenn man jetzt ei ne Landesanstalt auf einer Grundlage errichtet, die zumindest nach unserer Information geringer fundiert ist, als sie jeder Existenzgründer auch für eine Kleinstfirma gegenüber der Bank erklären muss, für uns ein zu großes Risiko ist, jetzt dem Landesgesetz in dieser Form zuzustimmen.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Es ist außer Frage, dass wir durchaus auch mehr Eisenbahn verkehrsunternehmen motivieren müssen, sich an den Aus schreibungen zu beteiligen. Das stellen wir gar nicht infrage. Es kann natürlich auch sein – so war es zumindest auch beim Verkehrsverbund Rhein-Ruhr –, dass sich Unternehmen aus dem Ausland bewerben, die nur über eine allenfalls zweifel hafte Bonität – gegebenenfalls über gar keine Bonität – ver fügen und sich gerade deswegen bewerben, weil sie hier kei ne Investitionen tätigen müssen. Wir wissen auch gar nicht, wie das im Zuge der Bewertungen der Ausschreibungen über haupt berücksichtigt werden soll. Also auch hier geht das Land in ein nicht kalkulierbares Risiko hinein.