(Lachen bei den Grünen und der SPD – Abg. Dr. Ste fan Fulst-Blei SPD: Die Tränen kommen mir! – Abg. Helen Heberer SPD: Mehr an Arroganz geht nicht! – Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Das ist wirklich das Allerletzte! – Zurufe der Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE und Rita Haller-Haid SPD)
Ich nehme Sie gern mit. Ich lade Sie herzlich ein, mit Unter nehmern, aber durchaus auch mit Mitarbeiterinnen und Mit arbeitern darüber zu sprechen, was sie von dem Entgeltgleich heitsgesetz halten. Das sind diejenigen, die das nachher auch umsetzen müssen. Deswegen sollte man durchaus auch ein mal auf die Stimmen der Wirtschaft hören.
Ich muss auch sagen, wenn man solche Unternehmen besucht und hört, was dort inzwischen gemacht wird, was dort an Ak tivitäten entfaltet wird, um auch Frauen in die Bereiche hin einzubringen,
dann merkt man, glaube ich, dass wir kein Entgeltgleichheits gesetz in Deutschland brauchen. Sie erreichen das Gegenteil. Das wurde doch aktuell mit diesem unsäglichen Mindestlohn gesetz erreicht. Die Bürokratie, die Sie aufgebaut haben, ist eine Schande für unser Land.
(Beifall bei der FDP/DVP – Zurufe von den Grünen und der SPD, u. a. Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Das ist frauenfeindlich! – Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Herr Kern hat von Bausteinen gespro chen! Wo sind die anderen Bausteine?)
Sehr geehrter Herr Präsi dent, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Was wir gerade in den Ausführungen des Kollegen Haußmann gehört haben, war nichts anderes als der verzweifelte Versuch, ein strukturelles Problem, das wir in Deutschland und auch in Baden-Würt temberg haben, zu individualisieren. Es war der Versuch, dar zustellen, dass eine Lohnlücke nach Bereinigung von 8 % schließlich das Problem der Frauen sei, die nur Teilzeit arbei teten, die ein Vereinbarkeitsproblem hätten und die dann auch noch so blöd seien, die falschen Berufe zu wählen.
In der heutigen Debatte, meine sehr geehrten Damen und Her ren, geht es überhaupt nicht darum, wie Bürokratie auf- oder abgebaut wird,
wie Unternehmen vertreten oder nicht vertreten sind, sondern es geht schlicht und einfach darum, dass es gleichen Lohn für gleiche Arbeit gibt, und sonst um überhaupt nichts.
Wir sind uns einig darüber, dass der Lohnunterschied nach Bereinigung 8 % beträgt. Frauen verdienen auch hier im Süd westen für identische Tätigkeiten im Schnitt 8 % weniger als ihre männlichen Kollegen. Das muss uns eigentlich Auftrag genug sein, hier entsprechend tätig zu werden. Jedem, der jetzt sagt: „Na ja, 8 % sind jetzt nicht so viel“, dem entgegne ich: Wenn z. B. ver.di mit einer Forderung von 8 % mehr Lohn in die nächste Tarifrunde gehen würde, wäre der Aufschrei ob der Unverhältnismäßigkeit groß. Für Frauen in Baden-Würt temberg ist das Tag für Tag nach wie vor Realität.
Wir können natürlich damit argumentieren, dass es daran lie ge, dass Frauen zu wenig Männerberufe wählen. Aber das kann doch nicht der Grund sein. Das Argument dafür, dass gleicher Lohn für gleiche Arbeit zu gelten hat, kann doch nicht sein: Dann sollen Frauen eben in die Metallbranche gehen, wenn man in der Pflege- oder Erziehungsbranche weniger ver dient. Das kann doch nicht das Argument sein, das kann doch nicht die Lösung eines strukturellen Problems sein. Die Fra gestellung, die dahinter steht, muss doch heißen: Was ist es uns denn wert? Ist es uns mehr wert, wenn der Klempner un
seren Abfluss repariert, als wenn Kinder erzogen werden oder Pflegebedürftige versorgt werden? Das ist die Frage, die man sich stellen muss.
Natürlich gilt dies nicht zuletzt bei der Berufswahl. Hier ist auch noch einmal dringend eine Änderung angesagt. Es reicht nicht, immer nur in den Sonntagsreden zu sagen: „Ach wie wichtig und wie schön doch diese pflegerischen und erziehe rischen Berufe sind. Wie schön, dass die Frauen nach wie vor zu Sorgearbeit stehen.“ Ich finde, damit ist es bei Weitem nicht getan, wenn wir heute das Thema „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ besprechen.
Eines muss man auch feststellen: Ähnlich wie bei der Quote ist es auch beim Gender Pay Gap so, dass freiwillige Verein barungen oder halbherzige Bemühungen ganz offensichtlich nicht zum Ziel führen. Die Lohnlücke hat sich über die Jahre hinweg nicht substanziell verringert, geschweige denn ganz geschlossen.
Deshalb unterstütze ich die Bemühungen meiner Kollegin Ma nuela Schwesig, noch in dieser Legislaturperiode ein Entgelt gleichheitsgesetz auf den Weg zu bringen. Jetzt wird es höchs te Zeit dafür. Mit freiwilligen Vereinbarungen kommen wir überhaupt nicht weiter.
Auch wenn die Eckpunkte bis jetzt noch nicht offiziell vorlie gen, so ist doch schon abzusehen, wohin die Reise gehen wird: Es geht um die Herstellung von Transparenz.
Die Zeiten, in denen umfangreiche Geheimhaltungsverpflich tungen bei der Lohnvereinbarung an der Tagesordnung wa ren, sind dann hoffentlich vorbei.
Was mir in diesem Zusammenhang wichtig ist: Natürlich muss die Tarifautonomie in vollem Umfang gewahrt werden.
Frau Ministerin, ist Ihnen be kannt, dass in Baden-Württemberg bei den landeseigenen Un ternehmen 3 % der leitenden Angestellten in Teilzeit arbeiten, während in der freien Wirtschaft 5 % der leitenden Angestell ten in Teilzeit arbeiten? Was will die Landesregierung kon kret in den Fällen tun, in denen sie die Möglichkeit hat, auf die Unternehmen einzuwirken – auf Toto-Lotto, auf Rothaus, auf die EnBW, auf die LBBW –, um diesen Anteil signifikant zu erhöhen, um auf diese Weise sowohl den Damen als auch den Herren, die Führungskräfte in Teilzeit sind, mehr Gleich berechtigung zu ermöglichen?
Herr Abg. Deuschle, ich kann davon ausgehen, dass Sie als Abgeordneter umfangreich informiert sind. Deshalb müsste auch Ihnen bekannt sein, dass es der Landesregierung ein großes Anliegen ist, auch in ihrer eigenen Verwaltung und auch in den landeseigenen Betrieben für mehr Gleichberechtigung und für mehr Gleichbehandlung zu sorgen.
Das gilt für die Führungskräfte genauso wie für die Kräfte in der mittleren und in der unteren Ebene,
wie Sie vielleicht wissen. Aber Sie wissen es ja offensichtlich nicht. Deswegen sage ich es Ihnen: Mein Haus, das für Frau en zuständige Ministerium, gibt einen jährlichen Bericht über den Anteil der Frauenbeschäftigung in den Ministerien und in den landeseigenen Unternehmen heraus.
Daraus müsste Ihnen auch bekannt sein, dass wir den Frauen anteil sowie den Anteil an Teilzeittätigkeiten bei Männern und Frauen steigern konnten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte noch ein paar Worte zum vorgesehenen Entgeltgleichheitsgesetz sagen. Das Wichtigste dabei ist, dass wir Transparenz herstellen, dass die Beschäftigten einen individuellen Auskunftsanspruch er halten sowie das Recht, auch zu erfahren, nach welchen Kri terien sie eingestuft wurden. Außerdem geht es um Auskunft dazu, wie eine Arbeitnehmerin genau eingestuft ist.
Wichtig ist uns, dass die Unternehmen periodisch einen La gebericht zur Situation der Entgeltgleichheit im Unternehmen und gegebenenfalls auch zu eingeleiteten Maßnahmen erar beiten und vorlegen. Ich finde es wichtig – so viel Verantwor tung kann man den Betrieben schon zumuten –, dass sie in ei gener Verantwortung geeignete Maßnahmen auf den Weg bringen, um Entgeltungleichheiten aufzuspüren und zu besei tigen.
In der Tat bilden die Zielgruppe Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten. Ich denke, dies ist auch ein Angebot an die Unternehmen, um sie nicht zu überfordern – obgleich dies auch in Unternehmen mit weniger als 500 Beschäftigten durchaus vonnöten wäre. Denn ein solches Gesetz ist tatsäch lich ein Beitrag zu mehr Entgeltgleichheit.
Dass dies möglich ist, zeigt das Beispiel Kanada. Dort wurde im Jahr 1987 das weltweit erste Lohngleichheitsgesetz in Kraft gesetzt. Es hat zu einer deutlichen Reduzierung der Lohnlücke geführt. Ich finde, es ist an der Zeit, auch in Deutschland end lich dafür zu sorgen, dass Frauen und Männer für gleiche oder vergleichbare Arbeit angemessen, gerecht und vor allem gleich bezahlt werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es war vorhin bei den Ausführungen des Kollegen Haußmann die Rede von ei nem angeblichen „Gruselkabinett des Bürokratieaufbaus“.
Ich finde, es geht hier nicht um den Aufbau von Bürokratie. Das Gruselkabinett sollten wir vielleicht lieber dort lassen, wo es hingehört, nämlich in der Geisterbahn auf dem Cannstatter Wasen, statt es hier in den Plenarsaal zu bringen. Wenn Sie, lieber Herr Haußmann, so viele Menschen im Land und im Bund vertreten, dann frage ich mich schon, warum Sie im Bund nicht mehr vertreten sind und hier im Landtag nur noch in so geringer Zahl.
Zur Frage der Unterschiede, die sich für Männer und Frauen bei der steuerlichen Belastung ergeben: Es ist sicher richtig und wichtig, von den Ungerechtigkeiten wegzukommen, die sich durch die Steuerklasse V ergeben, und zu einem gerech teren Steuersystem zu gelangen, das die Arbeit von Männern wie von Frauen entsprechend abbildet.