Protokoll der Sitzung vom 15.04.2015

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Meine Damen und Her ren, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wir kommen zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung des Antrags Drucksache 15/4657 (Geänderte Fassung). Der An trag ist ein reiner Berichtsantrag und kann für erledigt erklärt werden. – Sie stimmen zu.

Damit ist Punkt 8 der Tagesordnung erledigt.

Ich rufe Punkt 9 der Tagesordnung auf:

Antrag der Fraktion der CDU und Stellungnahme des Mi nisteriums für Verkehr und Infrastruktur – Absenkung

der Förderquote bei kommunalen Verkehrsprojekten und im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) – Drucksa che 15/4753

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat folgende Rede zeiten festgelegt: für die Begründung fünf Minuten, für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.

Das Wort zur Begründung erteile ich für die CDU-Fraktion Frau Abg. Razavi.

Frau Präsidentin, meine sehr ge ehrten Damen und Herren! „Landesgemeindeverkehrsfinan zierungsgesetz“ ist nicht nur ein kompliziertes Wort, sondern das LGVFG ist das zentrale Instrument zur Förderung der kommunalen Verkehrsinfrastruktur im Land. Es sichert wich tige Investitionen im kommunalen Straßenbau und im ÖPNV. Zumindest war das bisher so.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Und auch weiter hin!)

Ob die Rahmenbedingungen auch in Zukunft, Herr Schwarz, stimmen,

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Selbstverständlich, Frau Kollegin!)

wird sich an der Entwicklung der Verkehrsinfrastruktur, vor allem in den Gemeinden, zeigen.

Ein Ziel haben die Grünen und die SPD bereits im Koalitions vertrag definiert, nämlich dass das LGVFG – ich zitiere – „ökologisch, nachhaltig und kommunalfreundlich“ ausgestal tet werden soll. So steht es auch in der Stellungnahme der Landesregierung zu unserem Antrag.

In der Stellungnahme steht übrigens auch, dass das neue Ge setz zum 1. Januar 2015 hätte in Kraft treten sollen. Jetzt ha ben wir Mitte April. Sie haben erst gestern den Gesetzentwurf im Kabinett verabschiedet. Nach dem Scheitern des ÖPNVFinanzierungsgesetzes habe ich das Gefühl, dass Sie sich auch dabei in der Koalition etwas schwertun.

Aber zurück zum Inhalt: Darüber, was ökologisch und nach haltig ist, ließe sich sicherlich trefflich streiten. Aber ob die Novelle kommunalfreundlich ist, lässt sich leicht bemessen. Das ist sie nicht. Das wissen wir jetzt schon. Das zeigen vor allem die Reaktionen von Gemeindetag, Städtetag und Land kreistag sowie auch der Verkehrsunternehmen. Sie sind an Klar heit nicht zu überbieten. Schon 2013 lesen wir: „Städtetag und VDV lehnen die Novelle des LGVFG entschieden ab.“ Ges tern sagte Frau Heute-Bluhm vom Städtetag:

Diese gravierenden Änderungen führen dazu, dass zahl reiche Kommunen sich die notwendigen Infrastrukturver besserungen nicht mehr leisten können.

Noch ein Zitat vom Städtetag:

Diese Änderungen können und werden wir nicht akzep tieren!

Deutlicher geht es nicht. Das heißt: Ablehnung auf ganzer Li nie, schärfste Kritik von Beginn an.

Spätestens seit gestern, Herr Minister und liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD und von den Grünen, müssten Sie doch eigentlich umschwenken.

Aber wir glauben eben nicht, dass Ihnen wirklich an einer kommunalfreundlichen Ausgestaltung gelegen ist. Das zeigt auch Ihre Vorgehensweise. Sie haben mit Schreiben vom 10. Oktober 2013 die kommunalen Landesverbände über die se neuen Rahmenbedingungen unterrichtet, das heißt vor voll endete Tatsachen gestellt.

Wie beim ÖPNV-Finanzierungsgesetz geht es Ihnen also auch hier gar nicht darum, mit den Betroffenen die beste Lösung zu finden. Vielmehr geht es Ihnen darum, Ihre Politik auf Ge deih und Verderb mit Gewalt durchzusetzen. Damit, meine Damen und Herren, kündigt die Landesregierung die jahrzehn telange wirklich erfolgreiche Partnerschaft zwischen Land und Kommunen bei der Infrastrukturförderung auf.

(Beifall bei der CDU)

Was sind denn die Kritikpunkte? Erstens die Absenkung der Förderquote von 75 bzw. 70 % auf 50 %. Das bedeutet sage und schreibe die Verdopplung des Eigenanteils der Kommu nen. Hierzu bemerkte der Städtetag in seiner Pressemitteilung von gestern und bereits 2013 – ich zitiere –:

Insbesondere bei größeren, verkehrlich wichtigen und sinnvollen Projekten wird dies häufig die finanzielle Leis tungsfähigkeit der Kommunen übersteigen und damit das „Aus“ für die Projekte bedeuten.

Zweiter Kritikpunkt: Festbetragsförderung. Weil Sie damit al le finanziellen Risiken den Kommunen aufladen, wird das die Investitionsbereitschaft der Kommunen nicht fördern, sondern bremsen. Das ist, so meinen wir, gerade in der heutigen Zeit völlig kontraproduktiv. Die Begründung, dass damit die Kom munen zu einer sorgfältigeren Vorhabens- und Kostenplanung gezwungen werden sollen, ist, Herr Minister, geradezu dreist. Das ist der Ausdruck Ihres Misstrauens. Das stößt aber die Kommunen, denke ich, vor den Kopf.

Dritter Kritikpunkt: die Ausweitung der Fördertatbestände. Grundsätzlich kann man dagegen nichts haben. Es ist nichts dagegen einzuwenden.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Aha! Hört, hört!)

Sie ist aber dann falsch, Herr Schwarz, wenn Sie gleichzeitig nicht bereit sind, das Gesamtvolumen zu erhöhen. Dazu sag te die Geschäftsführerin des Städtetags, Frau Gudrun HeuteBluhm, gestern ganz eindeutig – ich zitiere –:

Wir halten den Ansatz, möglichst viele kleine Projekte oh ne verstärkte Mittelbereitstellung zu fördern, nicht für zielführend.... Das wird zulasten der großen und notwen digen Projekte gehen.

Der Gemeindetagspräsident Roger Kehle sagt:

Wir fragen uns, wie mit weniger Fördergeld mehr För dertatbestände finanziert werden sollen. Wenn das Land die Entwicklung des Mobilitätsverhaltens nachhaltig und wirkungsvoll steuern will, sollte es nicht sparen, sondern die Fördermittel noch erhöhen.

Dazu muss man nichts mehr sagen. Das ist aber auch unsere Meinung. Angesichts der guten Haushaltslage wäre Ihnen ei ne Mittelerhöhung durchaus möglich.

Bereits der erste Schritt, die Umkehrung der Mittelverteilung auf 60 % für den Umweltverbund und 40 % für den Straßen bau, hat dem ÖPNV leider nicht genutzt, dafür aber den kom munalen Straßenbau mit dem Bewilligungsstopp für drei Jah re zum Erliegen gebracht.

Die Behauptung von Grün und Rot, der Straßenbau wäre bei der CDU unterfinanziert gewesen, ist nachweislich falsch. Al lein das Umdrehen der Förderquoten ist die eigentliche Ursa che für die Unterfinanzierung gewesen und ist der eigentliche Grund. Es fehlen sage und schreibe über 30 Millionen € jähr lich für den kommunalen Straßenbau. Ich bin mir sicher, die se Entscheidung war sehr bewusst und gewollt so getroffen. Mit der Absenkung der Förderquote wollen Sie die Folgen jetzt nur kaschieren.

Aber auch die dringend notwendigen Maßnahmen für den ÖPNV bleiben auf der Strecke und werden vor allem im Bal lungsraum nicht mehr realisierbar sein. Nur ein paar wenige Beispiele:

Beim Ausbau des rnv-Betriebshofs in Heidelberg mit Gesamt kosten von 44,3 Millionen € steigt der kommunale Anteil durch die Novellierung von 15 Millionen € auf 25 Millio nen €.

(Abg. Karl Klein CDU: So ist es!)

Zweites Beispiel: Verlegung bzw. Verlängerung der Stadt bahnlinie U 5 am Bahnhof Leinfelden. Statt einer Förderung von 8 Millionen € sind es nur noch 4 Millionen €.

Oder – das kann auch wirklich nicht in Ihrem Sinn sein –: der dringend notwendige barrierefreie Ausbau des ÖPNV mit ei nem Volumen von insgesamt 160 Millionen €. Die Kommu nen und die Verkehrsunternehmen sind – das sei noch gesagt – bis zum 1. Januar 2022 dazu verpflichtet. Bisher konnten die Kommunen mit 102 Millionen € rechnen, jetzt eben nur noch mit 70 Millionen €.

Fazit: Die Landesregierung wird ganz bestimmt eines nicht erreichen, nämlich mit dem neuen LGVFG die Gesamtinves titionen in kommunale Verkehrsinfrastruktur zu erhöhen und die Fördermittel besser zu verteilen. Warum? Weil der Zu wachs beim Investitionsvolumen allein von den Kommunen getragen werden soll. Das wird nicht funktionieren. Im Ge genteil: Die neue Förderpolitik wird, wie von den kommuna len Landesverbänden und auch von den Verkehrsunternehmen befürchtet, zu einem Gefälle zwischen leistungs- und finanz starken Kommunen einerseits und leistungs- und finanzschwa chen Kommunen andererseits sowie zu einem Investitions- und Modernisierungsstau führen.

Die Ausrichtung an der Finanzstärke der Kommunen statt am Bedarf ist ungerecht und völlig inakzeptabel. Die Landesre gierung verabschiedet sich damit von einer ihrer zentralsten Aufgaben, nämlich der Förderung der Strukturentwicklung aller Kommunen, um gleichwertige Lebensverhältnisse im ganzen Land zu schaffen und zu erhalten.

Das heißt, diese Novelle ist nicht nur nicht kommunalfreund lich, sie ist sogar kommunalfeindlich. Sie ist aber auch nicht

ökologisch und nicht nachhaltig, weil sie auch den ÖPNV aus bremst. Wenn zum Schluss nur noch Radfahrer und Fußgän ger davon profitieren, Herr Minister, ist das einfach zu wenig.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: So ein Quatsch!)

Jetzt antworten Sie den Kommunen auf ihre Kritik relativ dreist mit dem Satz: Wenn es ums Geld geht, sollen sie sich doch bitte an den Bund wenden. – Wir alle sind dafür, dass das LGVFG eine Nachfolgeregelung nach 2019 erhält. Aber die Rechnung nach dem Motto „Sie bestellen, und der Bund soll die Mittel für das liefern, was Sie an Mehrausgaben ver ursachen“

(Minister Winfried Hermann: Sie bestellen ja auch bei uns ständig!)

geht nicht auf. Das ist unseriöse Finanzpolitik.