Protokoll der Sitzung vom 16.04.2015

(Zuruf des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE)

Unterstützen Sie Ihren Finanzminister dabei, oder sind die 100 Millionen € ein zu komplizierter Wert, als dass Sie sich dazu äußern könnten?

Ihr Parteivorsitzender Özdemir hat es zumindest verstanden. Er hat nämlich erklärt – „Frankfurter Rundschau“ vom 16. März –: „Der Schäuble-Vorschlag ist eine kluge Umsetzung der Karls ruher Vorgabe.“ Das ist offensichtlich die Position der grünen Bundespartei.

Mich würde interessieren, ob Sie diese Position teilen oder nicht, ob Sie die Position Ihres Finanzministers teilen oder nicht oder ob Sie der Wirtschaft in Baden-Württemberg bis zur Wahl erklären wollen: Der Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg hat keine Position und bleibt dabei, dass er keine Position hat.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Jawohl!)

Das können Sie ja auch tun. Dann kann die Wirtschaft in Ba den-Württemberg die entsprechenden Konsequenzen ziehen.

Wir erwarten drei Dinge: Wir würden von der CDU-Fraktion erwarten, dass sie auf Bundesfinanzminister Schäuble in dem Sinn einwirkt, dass er von der Position mit den 20 Millionen € abrückt.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Wir würden von Ihnen, Herr Schmid, erwarten, dass Sie Ihre Position in der SPD durchsetzen.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Dr. Friedrich Bullin ger FDP/DVP: Jawohl!)

Vor allem erwarten wir vom Ministerpräsidenten des Landes Baden-Württemberg,

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Dass er sich eine Meinung bildet!)

dass für ihn die Landesinteressen wichtiger sind als die grü ne Ideologie in Berlin.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sehr rich tig!)

Für die Fraktion der CDU erhält der Kollege Mack das Wort.

Herr Präsident, liebe Kollegin nen und Kollegen! Die Debatte über die Erbschaftsteuer auf Betriebsübergänge führen wir in der Sorge um die Arbeits plätze in unserem Land. Bei der Beschäftigung in Deutsch land besteht im Moment ein Höchststand. Aber wir dürfen die se Situation auch nicht verspielen.

Südwestmetall mahnte in dieser Woche: „Produktionskapazi täten werden beinahe nur noch im Ausland aufgebaut.“ Ba den-Württemberg ist für die Qualität der Produktion im Land bekannt. Aber wir wissen auch, dass die Arbeitskosten hier hoch sind.

Hinzu kommen weitere Belastungen: das Bildungszeitgesetz, eine verfehlte grün-rote Bildungspolitik,

(Oh-Rufe von den Grünen und der SPD)

die Nahles-Bürokratie um den Mindestlohn. Deswegen treibt uns die Sorge um die Arbeitsplätze im Land um.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Konzeptlose CDU! – Zuruf der Abg. Andrea Lindlohr GRÜNE)

Hinzu kommt: Wir kämpfen auch um die Zukunft für den Mit telstand.

Den großen Konzernen in der Welt gefällt die mittelständi sche Struktur in Baden-Württemberg überhaupt nicht. Die Mittelständler in unserem Land sind schnell, beweglich und bienenfleißig. Die Familienunternehmen in Baden-Württem berg sind in der Lage, über Generationen hinweg zu denken und zu handeln. Baden-Württemberg ist durch diese Famili enunternehmen groß geworden; sie sind ein kulturelles Erbe unseres Landes, das wir bewahren wollen.

Deswegen müssen wir darauf achten, dass die Familienunter nehmen nicht durch eine ungerechtfertigte und falsche Subs tanzbesteuerung gefährdet werden. Das ist das Interesse un seres Landes Baden-Württemberg bei diesem Thema.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Jetzt kommt das Bundesverfassungsgericht ins Spiel. Das Bundesverfassungsgericht hat ganz klar gesagt: Der Schutz des Bestands von Familienunternehmen und Arbeitsplätzen ist ein völlig legitimer Sachgrund, um Betriebe teilweise oder vollständig von der Erbschaftsteuer zu befreien. Wir können also bei unserem bisherigen System bleiben. Wer sieben Jah re einen Betrieb fortführt und die gleiche Lohnsumme hat, bleibt steuerfrei.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Das ist das Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Das Bun desverfassungsgericht sagt aber auch: Wir waren bei kleinen Unternehmen mit weniger als 20 Mitarbeitern zu großzügig, wir waren bei Großbetrieben zu großzügig, und wir müssen Missbrauchsmöglichkeiten einschränken.

Ich glaube, dass wir uns relativ schnell einigen können, was wir in Bezug auf die kleinen Betriebe zu tun haben. Wir kön nen uns relativ schnell einigen, was wir zu tun haben, um die Missbrauchsmöglichkeiten einzuschränken.

Jetzt geht es um die Frage: Was ist ein großes Unternehmen? Dazu hat das Bundesverfassungsgericht relativ klar auf ein Gesetz des Bundes aus dem Jahr 2005 verwiesen – es wurde also unter der rot-grünen Koalition in Berlin verabschiedet –, in dem eine Grenze von 100 Millionen € ins Spiel gebracht wurde.

Jetzt lese ich Ihnen einmal einige Sätze dieses rot-grünen Ge setzes aus dem Jahr 2005 vor. Darin steht – unterschrieben von Herrn Schröder –:

Die vorgeschlagene Regelung dient dazu, familiengeführ te Unternehmen von den Unwägbarkeiten eines Mittel entzugs durch die Erbschaft- und Schenkungsteuer zu be freien, denen große Aktiengesellschaften und Konzerne mit Publikumsbeteiligungen nicht ausgesetzt sind.

Man folge damit einem Vorschlag Bayerns. Weiter heißt es, die volle Entlastung von der Steuer werde auf den Wert des begünstigten Betriebsvermögens von 100 Millionen € be grenzt. Also: bis 100 Millionen € kleineres Unternehmen – schützenswert –, über 100 Millionen € großes Unternehmen. Da ist die Grenze längst genannt, Herr Ministerpräsident.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Deswegen können wir nicht verstehen, warum Sie nicht auf der Basis und im Geiste dieses Gesetzentwurfs – eines rotgrünen Gesetzentwurfs – eine Bundesratsinitiative des Lan des Baden-Württemberg einbringen und Entsprechendes for dern. Wir würden Sie dabei kräftig unterstützen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Nicht schwätzen, sondern schaffen ist das Motto.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Wenn Sie die Interessen des Landes vertreten wollen, dann handeln Sie endlich. Gießen Sie die Vorschläge des Finanz ministers in einen konkreten Gesetzentwurf, und bringen Sie diesen in den Bundesrat ein.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Und Herrn Schäuble eine Kopie schicken!)

Uns haben Sie bei dieser Sache dann auf Ihrer Seite.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Für die Fraktion GRÜNE erteile ich Frau Kollegin Aras das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Man spricht ja von der Boulevardisie rung der Presse. Das, was Sie heute geboten haben, Herr Kol lege Rülke,

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Das haben Sie gestern schon aufgeschrieben! – Abg. Volker Schebes ta CDU: Das steht schon auf dem Zettel!)

war ein weiterer Beitrag zur Boulevardisierung der FDP – mehr nicht.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Dieser Stil führt uns aber nicht weiter. Er bestätigt vielmehr das Vorurteil vieler Bürgerinnen und Bürger, dass die Politik ein Zirkus ist,

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Woher ha ben Sie das alles gestern schon gewusst? – Gegenruf des Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Wir kennen Sie, Herr Rülke!)

der sich viel um sich selbst und zu wenig um die Sache küm mert. Im Gegensatz zu Ihnen kümmern wir uns um die Sache und um die Fakten.