Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Wolf hat davon geredet, wir würden Schulden machen. Da frage ich: Welche Schulden meinen Sie denn, Herr Wolf? Wir ha ben immerhin dreimal in dieser Legislaturperiode keine Ver schuldung gebraucht, um den Haushalt auszugleichen.
Wir hatten auch in der Vergangenheit höchste Steuereinnah men bei entsprechender Wirtschaftsleistung. Sie wissen ganz genau, dass im normalen Gang der Dinge die Steuereinnah men mit der Wirtschaftsentwicklung ansteigen. Wir sind die Ersten, die in einer Legislaturperiode dreimal ohne neue Schulden ausgekommen sind.
Wenn Sie in dieser Situation fordern, man möge die Nullneu verschuldung schon 2015 erreichen, dann ist das doch nur ein Ausdruck der Hilflosigkeit angesichts dessen, dass wir, die Landesregierung, die erfolgreichste Finanzpolitik in der Ge schichte des Landes betrieben haben und etwas erreicht ha ben, was Sie nie erreicht haben.
Wenn Sie dann auch noch, lieber Herr Wolf, einerseits das Er reichen der Nettonull schon 2015 fordern, andererseits all das unterstützen wollen, was wir in dem Nachtragshaushalt an großen Blöcken vorhaben, und dann auch noch den Beamten 1 Milliarde € durch die zeit- und inhaltsgleiche Übernahme des Tarifpakets versprechen, dann ist das keine Rechenkunst à la Adam Riese, sondern Voodoo-Economics à la Guido Wolf.
Wenn Sie im Urhaushalt 500 Millionen € für die Beamten he rausstreichen wollten und jetzt Pressekonferenzen abhalten, in denen Sie 1 Milliarde € mehr für die Beamten fordern, fra ge ich Sie – auch aufgrund der richtigen Anmerkung von Kol legin Edith Sitzmann –: Für wie dumm halten Sie die Kolle ginnen und Kollegen in der Landesverwaltung?
Wir verfolgen seit 2011 eine klare Linie in der Haushaltspo litik. Wir wollen das strukturelle Defizit bis 2020 absenken. Wir investieren in die Quellen des Wohlstands. Beispielswei se investieren wir massiv in Bildung; hierfür stellen wir in die ser Legislaturperiode über 1 Milliarde € mehr bereit. Zudem bauen wir Stein für Stein den Sanierungsstau ab.
Deshalb steht dieser Nachtragshaushalt in einer Linie mit al len anderen Haushalten seit 2011 – nichts Besonderes,
Wenn Sie die gesamte Legislaturperiode in den Blick nehmen, möchte ich Sie bitten, zwei Zahlen besonders im Kopf zu be halten. Eine Zahl ist wohlbekannt: Wir haben in dieser Legis laturperiode dreimal die Nettonull erreicht. Das ist ein großer Erfolg dieser Regierung; das muss ich nicht wiederholen. Aber die zweite Zahl, die ich Sie für eine faire Beurteilung unserer Haushaltspolitik im Auge zu behalten bitte, ist die Zahl der Ausgaben für Flüchtlinge im Landeshaushalt.
2011 betrugen die Ausgaben 60 Millionen €, 2016 680 Mil lionen €. Ich wiederhole: 2011 wurden im Landeshaushalt 60 Millionen € für die Unterbringung von Flüchtlingen bereit gestellt, 2016 – mit diesem Nachtrag – sind es 680 Millio nen €. Das heißt, wir erreichen dreimal die Nettonull in einer Zeit, in der sich die solidarisch notwendigen Ausgaben für die Flüchtlinge verelffacht haben. Wenn das keine große Leistung ist!
Es ist gut, dass wir alle gemeinsam hinter dieser Steigerung der Ausgaben für die Solidarität mit Flüchtlingen stehen. Es ist gut, dass Sie, Herr Wolf, noch einmal betont haben, dass Sie diesen Teil mittragen wollen; denn manchmal habe ich Zweifel an Ihrer Haltung bei diesem Thema.
Es ist gut, dass wir gemeinsam immer auf der Grundlage der aktuellen Zahlen unsere Ausgaben für die Erstaufnahme, für die Unterkunft, für die Betreuung, für die Integration von Flüchtlingen aufstocken.
Aber zu einer fairen Beurteilung der Haushaltspolitik gehört eben auch, anzuerkennen, dass wir es mit einem Sondereffekt zu tun haben, den es in der Vergangenheit so nicht gab und der uns wahrscheinlich noch eine Weile begleiten wird. Das gehört auch zur Ehrlichkeit dazu. Deshalb kann es sein, dass wir aufgrund der Entwicklung da noch einmal nachsteuern wollen.
Wenn man die Zahlen anschaut, stellt man also fest, dass wir es mit einem Haushalt zu tun haben, der für Kontinuität, für Solidität steht.
Interessanterweise haben Sie, Herr Wolf, keinerlei konkrete eigene Aussagen zur Finanzpolitik im engeren Sinn gemacht. Sie sind auf die Schulpolitik eingegangen. Da gibt es offen sichtlich Streit. Ich kann nur nach wie vor bedauern, dass Sie die Möglichkeit eines Schulfriedens nicht genutzt haben.
(Abg. Klaus Herrmann CDU: Hättet ihr keinen Un frieden begonnen, bräuchten wir keinen Frieden! – Weitere Zurufe von der CDU)
Das wäre für Lehrer, Schüler und Eltern in Baden-Württem berg überfällig. Man sollte sich nicht in ideologische Gräben zurückziehen, wie es die CDU bei diesem Thema getan hat.
(Abg. Karl Zimmermann CDU: Ihr habt doch das Schwert gezogen! – Zuruf des Abg. Thaddäus Kunz mann CDU)
Wir wollen, dass alle Schülerinnen und Schüler an allen Schul arten im weiterführenden Bereich optimal unterrichtet werden. Deshalb stärken wir mit zusätzlichen Poolstunden die Real schule.
Dann haben Sie über Bürgerbeteiligung geredet. Diese Aus sagen fand ich wirklich faszinierend, gerade angesichts des sen, dass Sie lange in der Kommunalverwaltung tätig waren.
Sie haben die Zahl der Bürgerentscheide auf kommunaler Ebene in der vergangenen Legislaturperiode mit der in dieser Legislaturperiode verglichen. Jetzt frage ich: Was kann die Landesregierung dafür, wie viele kommunale Bürgerentschei de eingeleitet werden?
Glauben Sie, die damalige, CDU-geführte Landesregierung hat damals kommunale Bürgerentscheide von oben herab an geordnet? Das ist ein seltsames Verständnis von kommunaler Selbstverwaltung, lieber Kollege Wolf. Seltsam, seltsam!
Dort, wo es aber darum ging, nicht nur mehr Bürgerbeteili gung zu ermöglichen, sondern auch die Gesellschaft nicht weiter zu spalten, sondern zusammenzuführen, nämlich beim Konflikt um Stuttgart 21,
da hat die CDU kläglich versagt. Sie hat Wasserwerfer auf die Bürger losgelassen, anstatt eine Volksabstimmung zu beför dern. Das ist die Wahrheit. Das ist Ihre Bilanz beim Thema Bürgerbeteiligung.
(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Fried linde Gurr-Hirsch CDU: Wir haben gekämpft dafür! Die SPD hat nicht gekämpft! Verdrehung der Tatsa chen! Herr Drexler hat als Einziger mit uns gekämpft! – Abg. Karl Zimmermann CDU: Da grinst er noch! Das ist ja unmöglich! – Weitere Zurufe von der CDU)
Der erste Volksentscheid auf Landesebene ist durch diese Lan desregierung durchgeführt worden. Es war diese Landesre gierung, die diesen Konflikt befriedet hat.
Und Sie haben daraus sogar noch einen Wahlkampfschlager machen wollen. Herr Wolf, Herr Hauk, Sie alle von der CDU, die Sie hier im Landtag sitzen, haben Herrn Mappus in dieser Linie unterstützt.
(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Dr. Ste fan Fulst-Blei SPD: Jawohl! Sehr gut! – Unruhe bei der CDU)
Ich würde einfach sagen: Eine Lehre – – Lieber Herr Wolf, Sie beruhigen zu Recht Ihre Kollegen. Sie von der CDU soll ten besser nicht mehr über Bürgerbeteiligung reden. Das ist kein gutes Terrain für Sie.
Bei der inneren Sicherheit wollen Sie eine bessere Politik ma chen. Aber welchen konkreten Vorschlag haben Sie? Was wol len Sie denn einbringen? Sie fordern mehr Polizisten. Aber die Polizisten sind nicht auf dem Arbeitsamt als Arbeitslose gemeldet, sie müssen erst einmal ausgebildet werden. Des halb bilden wir mehr Polizistinnen und Polizisten aus.
(Abg. Thomas Blenke CDU: Und schließen dafür die Ausbildungsstandorte! Wieso haben Sie denn die Schu len dafür geschlossen?)
Bei der Schulpolitik fällt Ihnen als Einziges ein, Sie hätten gern gleich 500 Lehrerstellen mehr für die Realschulen im Nachtragshaushalt. Da sage ich Ihnen: Dann machen Sie ei nen Finanzierungsvorschlag, in dem Sie aufzeigen, wie Sie strukturell zusätzlich 10 Millionen € im Landeshaushalt un terbringen wollen und gleichzeitig die Nullneuverschuldung 2015 erreichen wollen. Das passt doch alles nicht zusammen. Null Substanz von Ihnen, Herr Wolf, in dieser Frage.