Es steht aber doch viel weiter die Frage dahinter: Wie organi sieren wir die für unseren Wirtschaftsstandort so wichtige Lo gistik effizient, menschen- und umweltfreundlich? Das ist doch die eigentliche Frage der heutigen Debatte. Daran sieht man wieder: Das, was FDP/DVP und CDU vorgetragen ha ben, greift wieder einmal viel zu kurz. Man kann sich doch nicht allein auf den Lang-Lkw fokussieren. Wir brauchen ein Gesamtkonzept, das zu einem geringeren Schadstoffausstoß führt, das zu weniger verstopften Autobahnen führt.
Unterstützen Sie uns dabei, Verkehre auf die Schiene und auf die Wasserstraße zu verlagern, liebe Kolleginnen und Kolle gen.
Nehmen wir das Thema Wasserstraßen. Wir haben im Land tag seit vielen Jahren gefordert, dass die Wasserstraße Neckar bis Plochingen für die Nutzung von Schiffen mit einer Länge von bis zu 135 m ausgebaut wird. Ich freue mich über die Zu stimmung der CDU-Landtagsfraktion. Aber wo bleiben die Initiativen der CDU auf Bundesebene? Warum rührt sich Ihr Bundesverkehrsminister nicht?
Wir werden sehr genau prüfen, welche Rolle der Lang-Lkw in einem Gesamtkonzept für nachhaltige Logistik spielen kann. Der Zwischenbericht der Bundesanstalt für Straßenwe sen ist schon erwähnt worden. Die Bundesanstalt für Straßen wesen begleitet diesen Versuch. Aus dem Zwischenbericht ging hervor, Brücken und Straßen seien nicht deutlich mehr belastet, auch bei der Verkehrssicherheit gebe es offenbar kei ne Probleme. Das sind einerseits positive Zwischenergebnis se. Wir müssen aber sehen, Herr Kollege Schwehr, dass die se Ergebnisse darauf beruhen, dass man mit einem Gesamt gewicht der Lkws von 40 t gerechnet hat. Es gibt Forderun gen, bei den Lang-Lkws ein Gewicht von bis zu 60 t zuzulas sen. Insofern ist hier der Hinweis auf eine differenzierte Be trachtung angebracht.
Wenn man den Zwischenbericht weiter liest, erkennt man, dass weitere Schwierigkeiten thematisiert werden. Wie sieht
es mit Nothaltebuchten in Tunnels aus? Sind Rastanlagen, Parkanlagen für die Lang-Lkws geeignet? Auch hier formu liert der Zwischenbericht einige Fragezeichen.
Der Zwischenbericht trifft keine Aussage zu der Frage, wie die CO2-Bilanz des Lang-Lkws aussieht. Da ist der Zwischen bericht der Bundesanstalt für Straßenwesen sehr dürftig. Ge nau diese Frage will die Landesregierung bzw. das Verkehrs ministerium näher beleuchten lassen. Das ist ein sehr gutes Vorgehen.
Denn aus der Sicht der grünen Landtagsfraktion muss man die Frage beleuchten, ob der Einsatz von Lang-Lkws zu einer Emissionseinsparung von ca. 2 000 t CO2 führt. Denn wenn sich diese Emissionseinsparung von 2 000 t CO2 tatsächlich realisieren ließe, dann hätten wir einen immensen Schritt im Klimaschutz getan. Wenn es tatsächlich zutrifft, dass zwei Fahrten mit einem Lang-Lkw drei Fahrten mit einem konven tionellen Lkw ersetzen können, könnte ein immenser Schritt getan werden,
Wenn am Ende tatsächlich eine Einsparung an Dieselkraft stoff von zwischen 15 und 20 % erreicht wird,
dann würde der Einsatz von Lang-Lkws tatsächlich einen Kli mavorteil bringen. Daher ist es absolut richtig, gemeinsam mit der Wirtschaft diese Punkte einer näheren Betrachtung zu un terziehen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Ich kann also festhalten: Bei diesem Thema ist der Minister auf einer richtigen Fährte. Er untersucht die Sache sehr diffe renziert. Meine Fraktion trägt diesen differenzierten Kurs mit. Wir sind gespannt, welche Ergebnisse Sie berichten werden.
Herr Präsident, meine Da men und Herren! Das Problem haben meine Vorredner hinrei chend beschrieben: Das Volumen des Gütertransports in die ser Republik steigt und steigt – auch durch neue Techniken, durch Interneteinkäufe. Es wird immer mehr sogar direkt zum Kunden transportiert, und die Transportwege werden nicht entsprechend ausgebaut. Das betrifft die Straße, aber noch viel mehr das Schienennetz und die Wasserwege.
Der Bund – das kann man sagen, egal, welche Partei gerade regiert – versagt beim Ausbau des Schienennetzes und der Wasserwege, um Alternativen zur Straße zu haben. Denken Sie nur einmal darüber nach, wie lange man für den Bau des dritten und des vierten Gleises im Rheintal braucht.
Was sagt denn Dobrindt dazu? Das ist die Situation. Deswe gen geht es nicht auf ein Versagen der Spediteure und der Lo gistiker zurück, wenn wir immer mehr Lkws auf der Straße haben, sondern es ist ein gewisses Versagen derer, die für die Infrastruktur in diesem Land verantwortlich sind. Das sind vor allem die Bundesregierung und der Bundesverkehrsminister.
Es sind keine Perspektiven vorhanden, wonach in absehbarer Zeit, in einem Jahrzehnt, ein Ausbau des Schienennetzes statt finden kann oder wird, der es zuließe, die wachsenden Güter mengen auf die Schiene zu verlagern. Wir bedauern dies. Trotzdem hält die SPD uneingeschränkt an ihrem Ziel fest, mehr Güter auf die Schiene und möglichst auf die Wasserwe ge zu verlagern.
Das ist unser erklärtes Ziel, wenngleich wir wissen: Es ist ein weiter, weiter Weg, den wir hierbei vor uns haben.
Nun gibt es die Überlegung, über einen Modellversuch in Deutschland andere Lkws zuzulassen – übrigens ein Modell versuch, der in Europa wenig Anklang findet. Das muss man sehen. Er wird speziell nur in Deutschland durchgeführt, weil das europäische Recht gar nichts anderes zulässt als einen Ver such.
Nun wurde beschrieben, wie die Spediteure das alle wollten, wie der gesamte logistische Mittelstand das alles wolle. Da hinter kann man schon zwei Fragezeichen setzen. In der Re publik gibt es ca. 300 000 Lkws. Es sind – wenn ich es rich tig nachgelesen habe – derzeit gerade einmal 110 Lang-Lkws unterwegs. Das ist – lassen wir Baden-Württemberg einmal weg – nicht der Run für die Logistiker und die Spediteure, und sie wollen das zum Teil auch nicht.
Ich will Ihnen auch erklären, weshalb. Zum einen haben sie ihre Betriebshöfe, ihre ganzen Abläufe auf die jetzigen Grö ßen von Lkws eingerichtet. Jeder neue Lang-Lkw sprengt das gesamte Ordnungssystem in einem Betriebshof. Deswegen gibt es durchaus eine Reserviertheit, hier eine völlig andere Art aufzubauen.
Natürlich ist die gesamte Verkehrsinfrastruktur in dieser Re publik nicht überall für diese Lang-Lkws ausgerichtet. Hin sichtlich der Brückenlasten ist das ja noch denkbar. Aber die Rasthöfe, die Autohöfe, Kreisel und anderes mehr sind nicht zwingend für diese Lang-Lkws ausgerichtet. Das führt zu Be hinderungen, und deswegen ist es richtig, den Versuch zu ma chen.
Dass es gegenüber dem Versuch Vorbehalte geben kann, ist nicht das Privileg dieser Landesregierung, des Ministers. Herr Haußmann, ich darf Aussagen aus dem Jahr 2011 zitieren:
Lang-Lkw – Hessen kritisiert Verordnung für Feldversuch... Hessens Verkehrsminister Dieter Posch (FDP) bemän gelt unter anderem den Umfang der wissenschaftlichen Begleitung des Versuchs.
Wir haben also nicht allein Vorbehalte. Wir hatten diese. Da zu bekennen wir uns, weil wir auch im Interesse der Mittel ständler, die auf uns zugegangen sind, gesagt haben: Das ist nicht zwingend die Lösung, zumal die Lösung auch immer nur auf klar definierten Autobahnabschnitten erfolgen kann.
Der Lang-Lkw ist kein Modell für die vielen Hidden Champs im ländlichen Raum. Das muss einmal deutlich gesagt wer den. Die Hidden Champs im ländlichen Raum, von denen wir reden, sichern Arbeitsplätze und Lebensqualität in BadenWürttemberg.
Nun ist dieser Feldversuch gelaufen. Daraus sind Erkenntnis se gewonnen worden. Dazu haben wir von der SPD schon im Herbst gesagt: Okay, das ist gut, wir müssen darüber nachden ken. Das ist kein Fehler, ganz im Gegenteil. Wir sehen das als Lob.
Jetzt frage ich mich nur, Herr Haußmann – Sie stellen eine Frage im Titel der von Ihnen beantragten Aktuellen Debatte –: Was ist denn jetzt Ihre Antwort? Die haben Sie noch nicht ge geben. Ist der Herr Verkehrsminister jetzt glaubhaft oder nicht? Er ist glaubhaft! Natürlich ist er glaubhaft,
weil er lernfähig ist, weil er lernwillig ist – wie wir alle in der Koalition. Wir hören auf die Stimmen, auf die Menschen, mit denen wir reden, mit denen wir Dialoge führen. Wir sind mit ihnen zwar nicht immer einer Meinung, aber wir respektieren deren Meinung – also Lernfähigkeit pur in dieser Koalition, in dieser Regierung. Das ist, wie Sie richtig gesagt haben, „erste Sahne“. Darauf sind wir stolz.