Ich schlage vor, den Gesetzentwurf Drucksache 15/6779 zur weiteren Beratung an den Ständigen Ausschuss zu überwei sen. – Es erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist das so be schlossen.
CDU, der Fraktion GRÜNE, der Fraktion der SPD und der Fraktion der FDP/DVP – Gesetz zur Stärkung der parlamentarischen Kontrolle des Verfassungsschutzes – Drucksache 15/6746
Landesregierung – Parlamentarische Kontrolle des Ver fassungsschutzes in Baden-Württemberg – Drucksache 15/4660
Meine Damen und Herren, für die Aussprache über den Ge setzentwurf Drucksache 15/6746 und die Besprechung der Großen Anfrage hat das Präsidium eine Redezeit von fünf Mi nuten je Fraktion festgelegt. Der Fraktion der SPD steht für das Schlusswort zur Großen Anfrage noch eine zusätzliche Redezeit von fünf Minuten zu.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Gestatten Sie mir eine Bemerkung zu Beginn. Wir haben uns darauf verständigt, dass wir trotz der Fülle der Tagesordnungspunkte heute im Plenum diesen Punkt noch aufrufen. Dazu war es notwendig, bestimmte Ent scheidungen für die Abfolge zu treffen. Wir haben auf eine Aussprache zu einem Tagesordnungspunkt heute verzichtet.
Unsere Bereitschaft zu solchen Entscheidungen wird natür lich nicht dadurch gesteigert, dass wir dann von Finanz- und Wirtschaftsminister Schmid dafür kritisiert werden, dass zu dem betreffenden Punkt keine Aussprache stattfindet. Da bit te ich einfach darum, etwas anders miteinander umzugehen. Das ist nicht in Ordnung.
Zu Rechtsterrorismus und zum Nationalsozialistischen Unter grund haben wir einen Untersuchungsausschuss. Aber unab hängig davon gibt es schon jetzt Lehren aus diesen Vorgän gen. Bundesweit sind wir alle der Meinung, dass wir die par lamentarischen Kontrollgremien schlagkräftiger ausgestalten müssen. Zum derzeitigen Stand hat Baden-Württemberg als einziges Bundesland mit dem Ständigen Ausschuss, dem G-10-Gremium und der G-10-Kommission drei solche Gre mien, und Baden-Württemberg hat auch weniger Rechte als andere Bundesländer in der Kontrolle des Verfassungsschut zes.
Das wollen wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf ändern und die Kontrollbefugnisse des Ständigen Ausschusses und des G-10-Gremiums zusammenfassen und in einem Parlamen
tarischen Kontrollgremium bündeln. Dieses Parlamentarische Kontrollgremium soll öfter tagen als die bisherigen Gremien. Wir wollen dafür auch neue Rechte begründen.
Das Parlamentarische Kontrollgremium soll sich aus elf Per sonen zusammensetzen. Darauf haben wir uns für diese Le gislaturperiode geeinigt. Ich will aber auch an dieser Stelle sa gen: Für effektives Arbeiten in diesem Kontrollgremium wä re sicher eine kleinere Größe des Gremiums sinnvoll. Es wird dann Aufgabe sein, das in der nächsten Legislaturperiode zu regeln. Neue Rechte sind insbesondere die Akteneinsicht in die Vorgänge beim Landesamt für Verfassungsschutz, das Recht, Angehörige des Landesamts für Verfassungsschutz un mittelbar zu befragen, und auch die Erlaubnis für Bedienste te des Landesamts, sich ohne Einhaltung des Dienstwegs an das Parlamentarische Kontrollgremium zu wenden.
Ich glaube, wir sind zu einem guten Ergebnis gekommen. Herzlichen Dank an die Kollegen, die in dieser interfraktio nellen Arbeitsgruppe mitgewirkt haben, insbesondere auch an die Kollegen von der SPD und Herrn Binder in der organisa torischen Leitung. Dank für die Zusammenarbeit auch den Mitarbeitern der Fraktionen, Dank aber auch für die Unter stützung vonseiten der Landesregierung, insbesondere vom Innenministerium.
Wir haben vereinbart, dass wir eine Anhörung durchführen werden. Aber wir sind auf einem guten Weg. Wenn es Ände rungen gibt, die wir nach der Anhörung einarbeiten, dann wer den wir das sicher auch wieder gemeinsam hinbekommen.
Auf der Strecke tauchte das Thema „Standards für V-Leute“ noch zusätzlich auf, weil auf Bund-Länder-Ebene darüber dis kutiert worden ist, auch einen gesetzlichen Standard für den Einsatz von V-Leuten festzulegen. Das wollen wir bei der Ge setzesberatung mit einem Änderungsantrag in der Sitzung des Ständigen Ausschusses für die Zweite Beratung mit einfügen. Auch dazu haben wir eine Verständigung gefunden.
Die Grünen sind in der Öffentlichkeit vorgeprescht mit ihrer Forderung, nur gewaltbereiten Extremismus durch V-Leute beobachten zu lassen. Für unsere Fraktion ist klar: Das ist ein wichtiges Instrument, das wir auch für eine effektive Arbeit des Verfassungsschutzes im Vorfeld von gewaltbereitem Ex tremismus für wichtig halten. Auch in den anderen Bereichen, die der Verfassungsschutz zu beobachten hat, gilt es, Augen und Ohren in dieser Art und Weise offenzuhalten. Es ist des halb gut, dass der Vorschlag von den Grünen nach dem Ge genwind schon in der Arbeitsgruppe nicht mehr aufrechter halten worden ist.
Natürlich werden wir uns auf der Grundlage der Erkenntnis se des Untersuchungsausschusses mit den Empfehlungen aus einandersetzen. Für uns besteht bisher – Stand jetzt – kein An lass, mit der gesetzlichen Grundlage für V-Leute in die Rich tung, wie es die Grünen gefordert haben, zu gehen. Wir glau ben, dass wir jetzt einen guten Weg gefunden haben.
Sehr geehrte Frau Präsi dentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Das ist heute, den ke ich, ein guter Tag für das Parlament. Wieder einmal gelingt es, sich interfraktionell auf ein Vorhaben zu verständigen. Wir finden das gut. Wir bedanken uns ausdrücklich gleich am An fang bei dem Kollegen Binder für die Initiative und die orga nisatorische Durchführung der Arbeitsgruppe, aber auch bei den anderen Kollegen, bei Ihnen, Herr Schebesta, bei Herrn Hitzler, bei Herrn Goll, der in der Schlussphase dazugestoßen ist, sowie auch beim Kollegen Wahl für die Diskussion der letzten Wochen. Ich glaube, wir haben uns sehr schnell auf diesen Vorschlag verständigt.
Auch für uns war klar: Es ist jetzt wichtig, da interfraktionell zusammenzuarbeiten. Deswegen haben wir auch an der einen oder anderen Stelle eigene Forderungen oder Erwartungen zu rückgestellt. Die Einigung ist wichtig. Baden-Württemberg ist das letzte Bundesland, das ein Parlamentarisches Kontroll gremium einrichtet. Nicht nur die Ereignisse der letzten Jah re unter den Stichworten Rechtsterrorismus oder NSU führen uns dazu, sondern auch insgesamt haben wir festgestellt, dass es bei einem Verfassungsschutz, der wichtige Aufgaben aus übt, aber gleichzeitig natürlich viele dieser Aufgaben amtsbe dingt und aufgabenbezogen im Verborgenen ausübt, richtig ist, erstens die parlamentarische Kontrolle zu stärken und zweitens die Kompetenzen des Ständigen Ausschusses, die in der Vergangenheit außerordentlich beschränkt waren, und des G-10-Gremiums in einem neuen Gremium zusammenzufüh ren. Das ist ein richtiger Schritt nach vorn.
Der Kollege Schebesta hat die neuen Zuständigkeiten erläu tert. Das kann ich mir an dieser Stelle ersparen. Ich glaube, dass das zu einer konstruktiven parlamentarischen Tätigkeit führen wird. Wir bewegen uns mit den Standards, die wir ver einbart haben, durchaus auf dem Niveau der anderen Bundes länder. Auch das ist ein gutes Ergebnis.
Wir haben gesagt – das ist für uns wichtig, und das gebietet auch der Respekt vor der Tätigkeit des Untersuchungsaus schusses; ich finde, diesem Untersuchungsausschuss gebührt großer Respekt für seine intensive, verantwortungsvolle Tä tigkeit, für das, was er bisher geleistet hat –, dass es für uns logisch und notwendig ist, dass wir auf Empfehlungen des Untersuchungsausschusses hören und uns gründlich damit be schäftigen werden. Die wird es auch zum Thema Verfassungs schutz geben. Das ist der Materie geschuldet und unausweich lich.
Deswegen sagen wir: Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf und auch mit der ergänzenden Regelung für die V-Leute, die dann in der Zweiten Beratung kommen wird, machen wir ei nen wichtigen Schritt nach vorn, aber er ist für uns nicht ab schließend. Wir sind wirklich sehr gespannt, was der Unter suchungsausschuss im Weiteren noch zutage fördern wird. Wir werden uns intensiv damit beschäftigen.
Was die V-Leute betrifft, gibt es natürlich schon noch Diskus sionsbedarf. Wir sagen ja nicht, V-Leute seien gänzlich ent behrlich. Das wäre ganz falsch. Ich nenne nur einmal das Stichwort „Islamistischer Terrorismus“. Da werden wir sehr schnell zu einer Verständigung kommen. Aber es gibt auch andere Bereiche, bei denen man einmal fachlich abgeschich
Wir finden es wichtig, dass wir eine gesetzliche Grundlage für deren Einsatz finden. Das ist der Schritt nach vorn. Das ist auch, so denke ich, ein wichtiger Schritt für die Öffentlich keit, weil das Ganze nach den Erfahrungen der letzten Jahre auch unter der Überschrift „Wiederherstellung von Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Sicherheitsbehörden“ läuft. Das ist eine gemeinsame Aufgabe.
Deswegen begrüßen wir, wie gesagt, diesen Schritt des ge meinsamen Gesetzentwurfs und werden das morgen auch kon struktiv im Ständigen Ausschuss und dann in der zweiten Le sung beraten.
Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen und Kollegen! Wir haben heute einen durchaus bedeuten den Tag für den Landtag von Baden-Württemberg, weil wir die Rechte des Landtags von Baden-Württemberg im Hinblick auf die Kontrolle des Landesamts für Verfassungsschutz stär ken. Ich möchte mich recht herzlich bei den Kollegen bedan ken, die gemeinsam an einem Strang gezogen haben und die Regelungen für – die Kollegen haben es erwähnt – die Zu sammenführung der Befugnisse des G-10-Gremiums und der Kontrollrechte des Ständigen Ausschusses in einem Parlamen tarischen Kontrollgremium mit erweiterten Kontrollrechten erarbeitet haben.
Herzlichen Dank für die sehr gute Arbeit. Wir wissen, auch die innere Sicherheit ist oft ein hart umkämpftes politisches Thema, und gerade auch beim Thema Verfassungsschutz gibt es durchaus unterschiedliche Auffassungen in den Reihen der Fraktionen hier im Landtag von Baden-Württemberg. Des halb ist es gerade bei diesem Thema bemerkenswert, dass wir es geschafft haben, uns auf eine Einigung zu verständigen. Dafür noch einmal einen herzlichen Dank an Sie, an die Mit arbeiter und auch an den Innenminister und Herrn Armbrus ter für die fachliche Unterstützung und die Beratung. Danke schön.
Wir haben sicherlich bei all dem, was wir z. B. im Zuge des NSU-Skandals in Thüringen erlebt haben, einen Verlust von Vertrauen in die Tätigkeit der Sicherheitsbehörden zu ver zeichnen gehabt. Wir haben keinen Verfassungsschutzskan dal in Baden-Württemberg.
In den letzten Tagen wurde ich mehrmals danach gefragt. Das ist richtig. Das heißt aber nicht, dass wir unsere Kontrolle nicht verbessern müssen, um damit auch den Spagat zwischen dem Arbeiten im Verborgenen – das muss der Verfassungs schutz, um die innere Sicherheit zu gewährleisten – und der größtmöglichen Transparenz, damit die Bürgerinnen und Bür
ger sehen, warum und weshalb und unter welchen Vorausset zungen das gemacht wird, besser zu bewerkstelligen. Das wol len wir im Parlamentarischen Kontrollgremium gewährleis ten.
Wir wollen z. B. auch dem Thema Datenschutz in dieser Hin sicht Rechnung tragen. Wir haben jetzt die Möglichkeit, den Landesdatenschutzbeauftragten in einer Sitzung beizuziehen, um gerade sehr schwierige datenschutzrechtliche Fragen zu klären. Denn Freiheit auf der einen Seite und Sicherheit auf der anderen Seite, das ist immer eine Frage der Abwägung der Rechtsgüter im Interesse der Bürgerinnen und Bürger in un serem Land. Um dies wirklich sorgfältig abwägen zu können, haben wir diese Regelungen getroffen.
Im Übrigen haben wir uns bewusst dafür entschieden, Rege lungen für V-Leute gesetzlich zu fixieren, und zwar auch pa rallel zur Arbeit des NSU-Untersuchungsausschusses und be vor dessen Tätigkeit abgeschlossen ist, weil wir da Regelungs bedarf sehen und das jetzt gemeinsam mit dem Gesetz zur Stärkung der parlamentarischen Kontrolle des Verfassungs schutzes regeln wollen.
Auch dort wird jetzt transparent, unter welchen Voraussetzun gen V-Leute eingesetzt werden können. Da ist z. B. eine span nende Frage: Kann man diesem Gesetz denn auch entnehmen, wer überhaupt als V-Mann oder V-Frau in einer bestimmten Organisation tätig sein kann, oder nicht? Aber es gibt noch ge nügend Möglichkeiten, weiterhin V-Frauen und V-Männer zum Erreichen des Ziels, gewaltbereite und nicht gewaltbe reite Organisationen zu überwachen, einzusetzen. Dazu ge hört dann auch, zu beobachten, ob es in einer Organisation, die bisher nicht gewaltbereit war, Tendenzen zu Gewaltbereit schaft gibt, und diese dann zu verhindern, um nicht erst dann in die Arbeit eintreten zu müssen, wenn etwas passiert ist.
Ja, Kollege Zimmermann, aber da ich Redner der SPDLandtagsfraktion bin, werde ich dazu jetzt nicht in einen Dis kurs mit Ihnen gehen. Ich habe meine Position dargelegt, und diese Position werden Sie dann morgen im Ständigen Aus schuss an dem Änderungsantrag, den wir dort einbringen wer den – ich hoffe, Sie haben das gelesen –, noch einmal sehen.
Ich glaube, das ist ein guter Tag für die innere Sicherheit in Baden-Württemberg, für die Stärkung des Parlaments und für einen Vertrauenszugewinn für die Sicherheitsbehörden, um ihre Arbeit, wie sie sie bisher gemacht haben, weiter so gut fortsetzen zu können.