Protokoll der Sitzung vom 06.05.2015

Für die Landesregierung erteile ich das Wort Herrn Minister Untersteller.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn in der Öffentlichkeit über die Energiewende gesprochen wird, versteht man darunter in der Regel den Umbau der Stromer zeugung – weg von konventionellen und von atomaren Kraft werken hin zu erneuerbaren Energien. Weitaus seltener – dies ist allerdings nicht gerechtfertigt – redet man über das Thema „Energieeffizienz und Energieeinsparung“. Dabei ist klar: Wir werden nur dann mit der Energiewende Erfolg haben, wenn wir sparsamer und effizienter mit Energie umgehen.

Das betrifft sowohl den Stromsektor als auch den Wärmesek tor. Tatsächlich entfallen mehr als 40 % des Endenergiever brauchs auf den Wärmesektor, und hiervon wiederum 80 % auf die Warmwasserbereitung sowie auf Gebäudeheizung und -klimatisierung. Deshalb ist es besonders wichtig, die riesi gen Effizienzpotenziale im Gebäudebereich anzugehen und sie zu erschließen.

Herr Kollege Glück und Herr Kollege Nemeth, ich werde gleich anhand einiger Zahlen noch einmal versuchen, Ihnen deutlich zu machen – ich will wenigstens den Versuch machen –, dass wir uns hier in keiner Weise zu verstecken brauchen, sondern dass Baden-Württemberg hier bundesweit eine Spit zenposition einnimmt.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Zuruf: Wind räder! – Weitere Zurufe)

Unser Ziel ist es, die Gebäudeeigentümerinnen und -eigentü mer in die Lage zu versetzen, abgestimmt auf ihre persönli chen, individuellen Bedürfnisse und Möglichkeiten die rich tige und zukunftweisende Entscheidung für ihr jeweiliges Ge bäude zu treffen. Informationen rund um das Thema „Ener getische Gebäudesanierung“ bietet hier z. B. das bewährte Landesprogramm „Zukunft Altbau“, das es auch schon zu Ih rer Zeit gegeben hat und das wir weiterentwickelt haben und weiterführen.

Darüber hinaus setzen wir auch auf ordnungsrechtliche Maß nahmen, die es auch zu Ihrer Zeit gegeben hat und die wir wei terentwickelt haben. Nehmen wir beispielsweise das Erneu erbare-Wärme-Gesetz, mit dem wir den gebäudeindividuel len Sanierungsfahrplan eingeführt haben, der eine Erfüllungs option in diesem Gesetz darstellt und wichtige Impulse für ei ne möglichst ganzheitliche Betrachtung bei der energetischen

Sanierung von Gebäuden gibt. Auch wenn der Sanierungs fahrplan nur eine Option ist, die nicht umgesetzt werden muss, so wird er trotzdem eine Impulswirkung auf die Eigentüme rinnen und Eigentümer haben. Spätestens dann, wenn am Ge bäude etwas gemacht werden muss, wird man sich dieser Un terlage entsinnen, die fachlich fundierte Hinweise zu dem The ma „Energetische Sanierung“ liefert.

Meine Damen und Herren, das Umweltministerium ist im Be reich Energieeffizienz inzwischen mit zahlreichen Maßnah men aktiv. Wir bieten in vielfacher Weise Beratung, und wir bieten eine Förderung der Energieeffizienz an. Ich will eini ge Beispiele nennen.

Durch die Kooperation zwischen der Verbraucherzentrale Ba den-Württemberg und den regionalen Energieagenturen im Land haben wir Energieberatungsangebote für Bürgerinnen und Bürger gebündelt und ausgebaut. Heute haben wir, was dieses Thema betrifft, das dichteste Netz bundesweit.

Mit unserer Contracting-Offensive treiben wir alternative We ge für die Umsetzung von Energieeffizienzmaßnahmen vor an.

Für kleine und mittlere Unternehmen stellen wir Zuschüsse für die Energieberatung und für die Umsetzung CO2-mindern der Maßnahmen über die „Klimaschutz-Plus“-Förderung zur Verfügung.

Seit 2012 – jetzt kommen wir zu konkreten Zahlen – haben wir mit 9,4 Millionen € aus meinem Etat zinsvergünstigte Dar lehen der L-Bank zur Wohngebäudemodernisierung unter stützt, und für kleine und mittlere Unternehmen haben wir im gleichen Zeitraum 8 Millionen € zur Verfügung gestellt.

Herr Kollege Glück, offensichtlich scheinen Sie die Mecha nismen, die dahinterstecken, gar nicht zu verstehen. Was ma chen wir da? Wir vergünstigen die zinsverbilligten Darlehen der KfW mit Mitteln aus meinem Haus und Mitteln der L-Bank noch weiter. Wozu hat das geführt?

(Abg. Paul Nemeth CDU: Zu Minuszinsen!)

Jetzt mal konkrete Zahlen: Es hat dazu geführt, dass von Ap ril 2012 bis 31. Dezember 2014 2 300 Anträge von Unterneh men bei der L-Bank eingegangen sind, eine Fördersumme von 1,4 Milliarden € für Energieeffizienzmaßnahmen ausgereicht wurde, was wiederum dazu geführt hat, dass bei den mittel ständischen Unternehmen Investitionen im Umfang von 2,3 Milliarden € losgetreten wurden.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Meine Damen und Herren, das ist eine Erfolgsstory, die Sie bundesweit sonst nicht so schnell finden.

Nehmen wir ein anderes Beispiel: Auch im Bereich der Sa nierung von Gebäuden haben wir in den letzten Jahren die Konditionen weiter zinsverbilligt. Die Entwicklungen an den Zinsmärkten muss ich hier nicht erläutern. Seit Beginn dieses Jahres ist die KfW mit ihren Konditionen auf das Niveau he runtergegangen, das wir in Baden-Württemberg schon seit zwei Jahren anbieten, nämlich 0,75 %.

Seit Beginn dieses Jahres haben wir deshalb zusätzliche An reize in Form von Tilgungszuschüssen eingebaut. Das heißt,

jemand, der bei der Sanierung von Gebäuden eine noch bes sere Qualität realisiert als der Durchschnitt, kann in BadenWürttemberg beispielsweise bei den sogenannten Effizienz häusern einen Tilgungszuschuss von 24,5 % bekommen.

Herr Kollege Nemeth, zeigen Sie mir ein weiteres Bundes land in Deutschland, in dem es diese Konditionen und diese Angebote gibt – wohlgemerkt: finanziert mit Mitteln der Lan desregierung.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Damit, meine Damen und Herren, ist Baden-Württemberg – das ist nicht unsere Aussage, sondern die des Bundeswirt schaftsministeriums in einer Übersicht, die hier schon ange sprochen wurde – bundesweit auf Platz 1, was die Energieef fizienz in den Bundesländern betrifft.

(Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Na also! Platz 1!)

Durch die zusätzliche Zinsverbilligung und durch die zusätz lichen Anreize, die wir geben, zieht Baden-Württemberg mehr Mittel von der KfW ab als Bayern und Nordrhein-Westfalen zusammen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Und dann erzählen Sie uns hier das Märchen, wir würden bei der Energieeffizienz nichts machen. Verstehen Sie: Wir sind bundesweit der Vorreiter! Schauen Sie sich die Studie der dena an. Die dena, die Deutsche Energie-Agentur in Berlin, kam in einer Studie, die sie im vergangenen Herbst vorgelegt hat, zu dem Ergebnis, dass Baden-Württemberg auch bei den ProKopf-Ausgaben für die Sanierung weit vorn liegt. Konkrete Zahlen: Durchschnittlich werden hier in Baden-Württemberg 33 € pro Kopf für die Sanierung ausgegeben. Bundesweit sind es im Schnitt 22 €. Und Sie malen hier im Parlament schwarz.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Das hat doch mit dem gar nichts zu tun!)

Ihre Schwarzmalerei hat doch mit den erwähnten Fakten über haupt nichts zu tun.

(Vereinzelt Beifall – Abg. Karl Zimmermann CDU: In Baden-Württemberg war das schon immer so, Herr Minister!)

Wir werden diesen Weg auch in diesem Jahr konsequent wei tergehen. Wir werden in diesem Jahr in den zwölf Regionen Baden-Württembergs zwölf Kompetenzzentren für Energie effizienz einrichten, die die kleinen und mittleren Unterneh men beraten werden, um in Sachen Energieeffizienz noch bes ser zu werden. Das wiederum bedeutet, dass sie noch wettbe werbsfähiger werden, Kosten einsparen und – das ist für uns wichtig – auch CO2 eingespart wird. Für die zwölf Kompe tenzzentren stehen uns insgesamt 12 Millionen € an EFREMitteln zur Verfügung, und aus meinem Haus legen wir noch 9,3 Millionen € drauf, sodass wir in den kommenden Jahren insgesamt rund 20 Millionen € für diese Kompetenzzentren zur Verfügung haben.

(Beifall des Abg. Wolfgang Raufelder GRÜNE)

Zudem haben wir in den letzten Monaten eine Studie für ein Landeskonzept Kraft-Wärme-Kopplung erarbeiten lassen. Wir werden in den kommenden Monaten auf der Basis der Vor

schläge, die diese Studie enthält, gemeinsam mit den Akteu ren in Baden-Württemberg ein Landeskonzept Kraft-WärmeKopplung erarbeiten und vorlegen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, den Beispielen, die ich eben genannt habe, könnte man weitere hinzufügen. Neh men Sie das Thema der Bioenergiedörfer in Baden-Württem berg im ländlichen Raum.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Schon Peter Hauk!)

Sie haben das damals schon angefangen, Frau Kollegin, selbstverständlich. Sie müssen aber sehen, dass wir mittler weile 80 Bioenergiedörfer in Baden-Württemberg haben. Auch da sind wir bundesweit weit vorn.

(Zuruf der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)

Worum geht es dabei? Erneuerbare Wärme soll möglichst ef fizient genutzt werden. Auch diese Maßnahmen werden wir in den kommenden Jahren weiterführen. Wir werden noch in diesem Jahr das Thema Nahwärmeförderung neu aufsetzen, und zwar im Hinblick darauf, nicht nur erneuerbare Wärme, sondern auch die Nutzung industrieller Abwärme fördern zu wollen. Auch hier werden Sie bundesweit nichts finden, was mit dem vergleichbar ist, was wir in Baden-Württemberg ent wickeln.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sind, was Ener gieeffizienz betrifft – ich habe Ihnen einige der Zahlen, die von der L-Bank vorgelegt wurden, genannt –, auf einem gu ten, um nicht zu sagen sehr guten Weg. Wir sind bundesweit spitze unter den Bundesländern, was die Umsetzung von Ener gieeffizienzmaßnahmen sowohl im Gebäudebereich als auch bei der Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen betrifft. Der Bund muss erst einmal zeigen, dass er nicht nur Konzep te vorlegt, sondern auch Taten folgen lässt.

Nehmen wir mal das Thema „Steuerliche Abschreibung“. Herr Kollege Glück, das Thema ist beim letzten Mal im Vermitt lungsausschuss gelandet – zu unserem Leidwesen – und dort gescheitert.

(Abg. Andreas Glück FDP/DVP: Wie haben Sie denn im Bundesrat gestimmt?)

Da gibt es keine Abstimmung. Wenn Sie das Verfahren im Vermittlungsausschuss kennen, ist Ihnen bekannt, dass Sie gar kein Abstimmungsergebnis kennen können.

Mittlerweile gibt es ein Eckpunktepapier aus dem Dezember letzten Jahres, in dem seinerzeit zwischen den Ministerpräsi dentinnen und Ministerpräsidenten und der Kanzlerin verein bart wurde, steuerliche Abschreibungen im Umfang von 1 Milliarde € auf den Weg zu bringen. Da gab es eine Einig keit. Ich dachte, damit sei der Knoten geplatzt. Dann gab es, wie Sie vielleicht alle noch wissen, im Februar in Berlin eine Spitzenrunde der Koalitionspartner, nämlich der Kanzlerin mit dem Bundeswirtschaftsminister und dem bayerischen Mi nisterpräsidenten. Wenn Sie sich erinnern, wurde dort der Fortgang der Dinge durch den bayerischen Ministerpräsiden ten blockiert, weil er mit der vorgelegten Gegenfinanzierung nicht einverstanden war. Das kann man so machen. Aber dann muss man einen Alternativvorschlag vorlegen, der aufzeigt, wie es anders finanziert werden soll.

Wir haben im Bundesrat einen solchen Vorschlag eingebracht. An dem klebe ich nicht unbedingt, weil mir das Thema „Steu erliche Abschreibung“ viel zu wichtig ist, um es an die Ge genfinanzierungsfrage zu koppeln. Aus meiner Sicht – das sa ge ich Ihnen ganz offen – bräuchten wir keine Gegenfinanzie rung,

(Abg. Andreas Glück FDP/DVP: Genau!)

weil sich die Dinge, wenn sie in den kommenden Jahren vo rangehen – und sie werden vorangehen –, selbst finanzieren, weil zusätzliche Steuereinnahmen da sind.

(Zuruf des Abg. Andreas Glück FDP/DVP)

Aber noch einmal: Ich lege Wert darauf, dass das nicht an Ba den-Württemberg hängt.

(Abg. Ulrich Lusche CDU meldet sich. – Glocke des Präsidenten)