Protokoll der Sitzung vom 10.06.2015

Die Grundlage für Musik wird bei den Kindern und Jugend lichen gelegt. Das fängt in den Vereinen, in den Jugendmu sikschulen und natürlich auch in der Schule an. Aber ausge rechnet in dem Ergänzungsbereich in den Schulen hat das Kul tusministerium massiv die Stunden gestrichen. Damit stehen die AGs wie etwa die Trommel-AG, die Big Band, der Chor auf der Kippe, und ist es gar nicht mehr selbstverständlich, dass das für alle Kinder in den Schulen angeboten werden kann. Das, meine Damen und Herren, ist das Gegenteil von kultureller Bildung, die wir doch eigentlich gemeinsam so hochhalten.

(Beifall bei der CDU)

Aber damit nicht genug. Bei der Ganztagsbetreuung wurde der Sport massiv bevorzugt. Die Musikvereine mussten sich und müssen sich zum Teil immer noch hinten anstellen und warten, bis auch sie Angebote in den Schulen unterbreiten dür fen. Das ist eine massive Ungleichbehandlung und uns völlig unverständlich; denn die Musik wird hier benachteiligt, und das schadet dem Musikland Baden-Württemberg.

Dass die Ausbildung der Musikmentoren in Ihrer Regierungs zeit so massiv zurückging – Sie lesen die Zahlen in der Ant wort auf die Große Anfrage, die auf der Tagesordnung steht –, ist ein Beweis dafür und macht uns in der CDU wirklich Sorgen.

Dass die Zusammenarbeit zwischen den beiden Häusern nicht funktioniert, können wir auch daran erkennen, dass Sie den Fachbeirat Kulturelle Bildung haben einschlafen lassen. Die sen Fachbeirat hatte noch die CDU-geführte Landesregierung eingeführt, und er fand große Anerkennung bei allen Beteilig ten. Dort wurde hervorragend gearbeitet, und es wurden dann bemerkenswerte Empfehlungen vorgelegt. Das war im No vember 2013, meine Damen und Herren. Was ist seither ge schehen? Nichts, wirklich nicht viel. Still ruht der See. Erst jetzt, nachdem wir mit einem Antrag sozusagen einen Weck ruf gestartet haben, haben Sie sich bequemt, diesen Fachbei rat wieder einmal – jetzt im Juli – einzuberufen. Das hat wirk lich lange gedauert und ist nicht nachzuvollziehen.

Aber den Vereinen und da insbesondere der Blech- und Blas musik kommt eine besondere Bedeutung für die kulturelle Bil dung zu. Welche Wirkung und Bedeutung diese Vereine ha ben, konnten wir jetzt wieder im Mai bei dem Landesmusik fest in Karlsruhe erleben. Da waren 200 Musikvereine und Orchester vertreten. Rund 10 000 Musikerinnen und Musiker haben eindrucksvoll und aktiv gezeigt, was sie bewerkstelli gen. Veranstalter waren die beiden großen Blasmusikverbän de in Baden-Württemberg, der BVBW und der BDB. Ich möchte hier ganz ausdrücklich unsere Anerkennung, unseren

Respekt und unseren herzlichen Dank für dieses große ehren amtliche Engagement, das hier geleistet wird, aussprechen.

(Beifall bei der CDU – Bravo-Rufe von der CDU)

Wir in der CDU sind davon überzeugt, dass dieses ehrenamt liche Engagement weiterhin unbedingt unterstützt werden muss. Diese Blasmusikverbände leisten außerordentlich viel für die Aus- und Weiterbildung der Musikerinnen und Musi ker. Sie haben dafür auch zwei Ausbildungszentren, eines in Staufen und eines in Kürnbach. Sie wissen es alle – wir hat ten dazu ein gemeinsames Gespräch –: Beim BDB in Staufen besteht derzeit ein großer Sanierungsbedarf, und der BVBW möchte sein Zentrum gern nach Plochingen verlegen. Das ist nicht nur für die Blech- und Blasmusikvereine wichtig. Hier gibt es auch Ausbildungsmöglichkeiten für andere Amateur musiker, für Akkordeon- und Harmonikavereine, für die Zi thermusik. Das ist also wirklich wichtig für den gesamten Amateurbereich. Wir gehen davon aus, Herr Staatssekretär, dass Sie selbstverständlich den Vereinen bei den großen In vestitionen, die jetzt anstehen, unter die Arme greifen, so wie das in der Vergangenheit auch üblich war.

(Zuruf des Abg. Dieter Hillebrand CDU)

Wir hoffen, dass wir dazu bald eine klare Aussage vom Mi nisterium hören können.

Das Repertoire der Blasmusik in Baden-Württemberg ist sehr vielfältig. Die Orchester decken ein ganz breites Spektrum ab. Sie leisten damit auch einen wesentlichen Beitrag zur Tradi tionspflege. Wir halten es für richtig und für wichtig, dass wir unser kulturelles Erbe pflegen, weiterentwickeln und weiter geben. Das heißt natürlich, dass man für Neues und für die Einflüsse anderer Kulturen offen bleibt. Ich will die Schloss festspiele in Ludwigsburg als gutes Beispiel dafür erwähnen, wie kreativ man auch mit dem Volkslied umgehen kann und dass es überhaupt nichts mit Rückständigkeit zu tun hat, wenn man sich den eigenen Wurzeln widmet, z. B. dem Volkslied. Es ist wichtig, dass wir das nicht verkommen lassen. Unsere eigene Musiktradition ist so wertvoll, so reichhaltig und in ternational so anerkannt, dass es eine Schande wäre, wenn wir sie vernachlässigen würden.

(Beifall bei der CDU)

Dass wir in Baden-Württemberg jetzt ein Zentrum für Welt musik bekommen werden, das in Zusammenarbeit mit der Musikhochschule Mannheim an der Popakademie in Mann heim eingerichtet wird, sehen wir, die CDU, als Bereicherung an. Wir begrüßen diese Neuerung ganz ausdrücklich. Aber wir haben auch nicht vergessen, welchen Schaden die Frau Mi nisterin in der Musikhochschullandschaft insgesamt angerich tet hat. Das macht auch dieses Zentrum für Weltmusik über haupt nicht wett. Auch die fünf Symposien, die Sie durchge führt haben, um publikumswirksam über die Ausbildung an unseren Musikhochschulen zu räsonieren, täuschen nicht da rüber hinweg, wie viel Porzellan hier zerschlagen wurde.

(Beifall der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)

Derzeit führen Sie umständliche Verhandlungen mit den Mu sikhochschulen darüber, welche Musikhochschule denn jetzt wo wie viele Studienplätze anbieten darf. Sie beziehen sich da als Berechnungsgrundlage auf die Zahlen von 1998. Aber,

meine Damen und Herren, diese sind nun wirklich von ges tern. Seither hat sich sehr viel verändert. Es gibt vielfältige neue Herausforderungen für die Musikhochschulen. Mit die ser Erbsenzählerei kommt man wirklich nicht weiter.

Insgesamt scheinen Sie den Musikhochschulen extrem ins Handwerk zu pfuschen. Die Ministerin redet immer von Au tonomie der Hochschulen. Aber bei den Musikhochschulen ist das nicht der Fall; die nimmt sie ans Gängelband.

Das zeigt sich schon beim Hochschulfinanzierungsvertrag. Die Musikhochschulen dürfen nicht wie die anderen Hoch schulen über ihre Finanzen selbst bestimmen. Hier ist es also mit der Autonomie der Hochschulen nicht weit her.

Ich muss auch sagen, das Konzept, das die Landesregierung 2013 zur Reform der Musikhochschulen vorgelegt hat, war auch wenig von Sachkunde und von Liebe zum Musikland Baden-Württemberg geprägt. Das hat dazu geführt, dass der Herr Ministerpräsident den Negativpreis „Musik-Gordi – der gordische Knoten des Musiklebens“ mit der Begründung ver liehen bekommen hat, das einstige Musterländle sei auf dem besten Weg, im Wettbewerb der Länder auf bildungskulturel les Mittelmaß abzusteigen.

(Der Rednerin wird das Ende ihrer Redezeit ange zeigt.)

Ich bin gleich fertig. – Professor Höppner hat dazu gesagt:

Ministerpräsident Kretschmann trägt die Gesamtverant wortung für die fortschreitende Zerstörung kultureller In frastruktur in Baden-Württemberg.

Das ist starker Tobak. Das bezog sich auch auf die Rund funkorchesterfusion.

(Glocke des Präsidenten)

Wir haben es ja erlebt, dass der Herr Ministerpräsident im Vor feld dieser Rundfunkorchesterfusion keinen Finger krumm gemacht hat, um vielleicht irgendwo Unterstützung herbeizu führen und zu schauen, wie man diese beiden Orchester hät te retten können.

(Glocke des Präsidenten)

Frau Kollegin, kom men Sie bitte zum Schluss.

Das sind zwei Orchester – ich bin sofort fertig –, die die kulturelle Identität unseres Landes maß geblich geprägt haben, die auch Bestandteil der Musikkon zeption sind. Und jetzt, meine Damen und Herren, droht Ba den-Württemberg auf kulturelles Mittelmaß abzusinken. Das ist fatal. Das hören wir auch aus der Musikszene in BadenWürttemberg.

(Glocke des Präsidenten)

Frau Kollegin, ich bit te Sie, jetzt zum Schuss zu kommen. Sie haben zehn Minuten Redezeit. Das sind gegenüber den anderen Rednern fünf Mi nuten mehr. Sie dürfen die Redezeit dann nicht noch um drei Minuten überziehen.

Ja, Herr Präsident, ich bin fertig. – Ich erinnere einfach daran, dass wir in Sachen Kultur Vor reiter waren, dass Ministerpräsident Lothar Späth die erste Kunstkonzeption auf den Weg gebracht hat.

(Unruhe bei den Grünen und der SPD)

Wir bitten darum, dass Sie mit diesem Erbe verantwortungs bewusst umgehen.

(Beifall bei der CDU – Abg. Klaus Herrmann CDU: Ausgezeichnete Rede! – Abg. Thaddäus Kunzmann CDU: Ich hätte noch 20 Minuten zuhören können!)

Für die Fraktion GRÜ NE erteile ich Herrn Abg. Kern das Wort.

(Abg. Georg Wacker CDU: Dafür hat der Kollege Kern drei Minuten weniger! – Gegenruf: Mehr!)

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Kurtz, vieles von dem, was Sie gesagt haben, insbesondere was die Bedeutung der Ama teurmusik angeht, was die Bedeutung der volksmusikalischen Tradition in Baden-Württemberg angeht, unterschreibe ich voll und ganz. Aber die anderen Behauptungen, die Sie auf gestellt haben, sind hanebüchen. Auch wenn Sie jetzt lange darüber geredet haben, wird es dadurch nicht richtiger.

(Heiterkeit und vereinzelt Beifall bei den Grünen)

Sie haben z. B. unterstellt – speziell an meine Adresse –, wir hätten kein Gefühl für die Bedeutung der Amateurmusik, wür den da hilflos herumrennen und nur soziokulturelle Zentren und die Hochkultur hofieren. Das geht völlig an den Tatsachen vorbei. Sie wissen sicherlich, dass ich selbst leidenschaftli cher Amateurmusiker bin, dass ich sehr viel bei den Verbän den unterwegs bin.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Eine Schwal be macht noch keinen Sommer!)

Natürlich sind Sie da näher dran, weil die Präsidenten, die sich die Verbände wählen, immer von Ihrer Partei waren. Da gab es auch keine Ausschreibung oder irgendeine Chance, dass da einmal jemand anders hätte in ein solches Amt kommen kön nen. Die bleiben unter sich.

(Zurufe – Unruhe bei der CDU)

Ja, es gibt einen von der FDP. Das macht einen großen Un terschied. Natürlich. Entschuldigung.

Das betrifft gerade die Blasmusiker, von denen Sie sprechen, mit denen Sie natürlich sehr viel reden und mit denen Sie sich auch einig sind, dass alles Mist ist, was hier passiert. Das glau be ich Ihnen. Aber deswegen wird es nicht wahr.

Es ist tatsächlich so, dass wir im aktuellen Haushalt die Mit tel für die Amateurmusik um 150 000 € pro Jahr erhöht ha ben.

(Abg. Sabine Kurtz CDU: Scheckbuchdiplomatie!)

Ja, schauen Sie ruhig noch einmal nach. – Wir sind auch in der Planung, wie wir mit den Ausbildungsstätten umgehen. Denn das muss natürlich gemacht werden. Das wissen wir al le. Das ist ein ganz wichtiger Punkt.

Wenn Sie jetzt in Ihrer Großen Anfrage schreiben, Sie sähen das Musikland Baden-Württemberg gefährdet, und wenn Sie der Landesregierung planlose Politik vorwerfen, dann ist das – mit Verlaub – lächerlich. Sie haben offenbar nicht mitbe kommen, wie viel Geld in den vergangenen vier Jahren ziel gerichtet in Kultur, vor allem in die Musik, geflossen ist. Im Grunde kann man der Antwort entnehmen – insofern bedan ke ich mich bei Ihnen für die Große Anfrage –, wie viel in Ba den-Württemberg für Orchester, Ensembles, Chöre, aber auch für die Festivals verschiedener Größe im klassischen Bereich und auch in den Bereichen Jazz und Pop sowohl im professi onellen wie auch im Amateurbereich getan wird. Das kann man an den Aufstellungen, die in der Antwort der Regierung enthalten sind, sehr gut sehen.

Gleiches gilt auch für die musikalischen Ausbildungsstätten, seien es Ochsenhausen, Schloss Kapfenburg, die Bundesaka demie in Trossingen oder die beiden Akademien der Blasmu sikverbände in Staufen und Kürnbach.