Protokoll der Sitzung vom 18.06.2015

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Deswegen wollen wir die Kinder und Jugendlichen mit dem notwendigen Rüstzeug ausstatten. Dann müssen wir definie ren, wie dieses notwendige Rüstzeug aussieht.

In dem Prozess von drei Jahren Bildungsplanarbeit – um auch ein weiteres Zerrbild von Ihnen einfach in die Tonne zu ki cken – waren Ihre Fraktionsmitglieder im Beirat zur Bildungs planarbeit beteiligt. Dort wurde weder von der CDU noch von der FDP/DVP die Forderung erhoben, Informatik als ein ei genständiges Fach auszugestalten.

(Zurufe von den Grünen und der SPD, u. a. Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Hört, hört!)

Denn wir betrachten nämlich aus guten pädagogischen Grün den exakt diesen fächerübergreifenden Ansatz, wie ihn Kol lege Fulst-Blei beschrieben hat, als den richtigen Weg. In kei ner Sekunde wurde von Ihren Kollegen in irgendeiner Weise ein Vorstoß in diese Richtung unternommen.

(Zurufe von den Grünen und der SPD, u. a. Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Aha!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch als der Minis terpräsident in den USA weilte, habe ich in keiner Weise eine Veränderung vorgenommen. Aber es kam vielleicht eine Pres semitteilung zutage, in der der Fachverband der Informatik lehrer wieder, wie auch schon 2004, den Wunsch nach einem eigenständigen Fach zum Ausdruck gebracht hat.

Veränderungen in der Bildungsplanarbeit zulasten des Faches Informatik wurden durch mich zu keinem Zeitpunkt vorge nommen. Wir stärken Informatik. Das, was Sie hier erzählen, sind Lügenmärchen, Herr Wolf.

(Lebhafter Beifall bei den Grünen und der SPD)

Nur, um noch einmal auf die Definition zu sprechen zu kom men, meine sehr geehrten Damen und Herren: Für die Defi nition von Mediennutzung gibt es einen weiten Interpretati onsspielraum. Da spielen Fragen der Mediennutzung sowie auch der Mediengestaltung, etwa die Nutzung von Textverar beitungsprogrammen oder auch der Erwerb von Kompeten zen im Bereich von Hardware und Programmiersprachen, na türlich eine ganz wesentliche Rolle, und zwar in einem soge nannten spiralcurricularen Aufbau. Das heißt, die Kinder ler nen Klassenstufe für Klassenstufe, diese Kompetenzen auf zubauen.

Unser pädagogisches Konzept sieht vor, diese verschiedenen Lerninhalte integrativ zu unterrichten und an verschiedenen Stellen im neuen Bildungsplan zu verankern.

Ich nenne Ihnen einmal ein Beispiel, an dem Sie erkennen können, wie das dann in der Praxis aussieht. Nehmen Sie z. B. den Bildungsplan im Fach NwT. Dort soll Schülern vermit

telt werden, dass die Verarbeitung von Informationen in „Na turwissenschaft und Technik“ nach dem gleichen Prinzip er folgt. Dort heißt es – Zitat aus dem Bildungsplan mit Ihrer Er laubnis, Herr Präsident –:

Natürliche Vorgänge und technische Prozesse laufen ge steuert und geregelt ab. Die Schülerinnen und Schüler lernen das Prinzip der Steuerung kennen und entdecken, dass diese bestimmten Algorithmen folgen. Sie entwickeln spezielle Algorithmen selbst und setzen sie in eine Pro grammiersprache um.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dies sind konkrete Festlegungen bezogen auf konkrete Fächer und konkrete Klas senstufen. Genau so wird im Bildungsplan die Kenntnis von Programmierinhalten, von informatischer Bildung aussehen. Wir werden diese Konkretisierung auch weiterhin vornehmen. Wir werden versuchen, im Bildungsplan deutlich zu machen, an welchen Stellen dies zu erfolgen hat.

Das, was von Ihnen angelegt worden war – Informationstech nische Grundbildung als Überschrift, aber nicht die Inhalte zu liefern, nicht die Verankerung in der Stundentafel, nicht die verpflichtende Voraussetzung der Umsetzung dieser Ziele –, hat nicht dazu geführt, dass alle Kinder gut vorbereitet wur den.

Wir werden zukünftig einen anderen Weg gehen. Bei uns wer den die Kinder, auch was die Fragen der Informatik angeht, gut auf das weitere Leben vorbereitet werden, meine sehr ge ehrten Damen und Herren.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Natürlich werden wir – ich sage das an dieser Stelle auch ganz bewusst – bei Themen wie Informatik, bei Themen wie Me diennutzung nicht mit Halbwertszeiten von zehn Jahren – nach dieser Zeit werden die Bildungspläne in der Regel neu über arbeitet – leben können. Vielmehr werden wir auch zukünftig immer wieder sehr kritisch reflektieren müssen, ob ein Bil dungsplan, der 2016 an unsere Schulen kommt, z. B. im Jahr 2018/2019 noch den Anforderungen entspricht oder ob wir dort entsprechende Veränderungen vorzunehmen haben. Das ist ein zentrales Element von Schule, die sich daran anzupas sen hat, welchen Anforderungen die Kinder und Jugendlichen in ihrem späteren Leben ausgesetzt sind.

Deswegen, meine sehr geehrten Damen und Herren, bringen uns all Ihre Angstdebatten, all Ihre Verfälschungen im Sinne von Abschaffung, irgendwelche Angstdebatten, die Menschen verunsichern sollen, überhaupt nicht weiter. Lieber Herr Wolf, tun Sie uns doch einen Gefallen:

(Zuruf des Abg. Winfried Mack CDU)

Liefern Sie uns in den nächsten Monaten bitte mehr als Über schriften. Das Land wäre interessiert an Inhalten und nicht nur an Phrasen, wie sie von Ihnen bisher kommen.

Herzlichen Dank.

(Anhaltender lebhafter Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Claus Schmiedel SPD: Sehr gut! – Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Voll auf den Punkt gebracht!)

Für die CDU-Fraktion erteile ich in der zweiten Runde das Wort dem Kollegen Wacker.

(Zurufe von den Grünen und der SPD, u. a. Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Aha! – Abg. Claus Schmie del SPD: Jetzt kommt einer, der ein bisschen was ver steht! – Lachen des Abg. Guido Wolf CDU – Gegen ruf des Abg. Guido Wolf CDU: Da sind Sie über rascht, was? Strategie! – Gegenruf des Abg. Dr. Ste fan Fulst-Blei SPD: Danke, dass Sie meiner Empfeh lung gefolgt sind!)

Herr Präsident, liebe Kollegin nen und Kollegen! Lieber Herr Minister Stoch, mich wundert, dass Sie Ihre Zeitreise schon so früh beendet haben, sonst hät ten Sie noch entdecken müssen, dass auch Wilhelm von Hum boldt zwar das Gymnasium aus der Taufe hob, aber Informa tik schon damals im Bildungsplan vergessen hatte.

(Lachen bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Walter Heiler SPD: Was? – Abg. Claus Schmie del SPD: Was soll jetzt das?)

Herr Minister, immer wieder treten Sie ans Rednerpult und versuchen, mit Ihrer Politik eine Vergangenheitsbewältigung zu betreiben. Sie müssen bezogen auf die Zukunft argumen tieren. Gerade im Bereich der Informatik versagen Sie in be sonderem Maß.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Deswegen bringe ich nochmals einige Klarstellungen zum Ausdruck. Mit dem Bildungsplan 1994 ist zu einem sehr frü hen Zeitpunkt durch die frühere Landesregierung Informatik als ITG in der Stundentafel verpflichtend verankert worden. Dies geschah zu einem Zeitpunkt, als Informatik generell in den Kinderschuhen war. Im Jahr 2004, als das Tempo des di gitalen Ausbaus noch nicht absehbar war,

(Abg. Walter Heiler SPD: Ihr habt es noch nicht ab gesehen! – Weitere Zurufe)

hat die Landesregierung ITG als ein verbindliches Bildungs ziel im Bildungsplan verankert, Herr Minister.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: So ist es! – Abg. Karl Zimmermann CDU: Hört, hört!)

Das haben Sie einfach nicht zur Kenntnis genommen.

(Zurufe)

In den Kontingentstundentafeln von Werkrealschulen – im Wahlbereich –, Realschulen, aber auch in Gymnasien sind hierfür einzelne Stunden ausgewiesen worden.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: So ist es!)

Die Fachverbände der Informatik würdigen in ausgesproche nem Maß die hohe Qualität des Bildungsplans 2004.

(Abg. Beate Böhlen GRÜNE: Wer? – Abg. Siegfried Lehmann GRÜNE meldet sich.)

Dies ignorieren Sie mit Ihrer Aussage ebenfalls.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Deswegen möchte ich gerade für den Kollegen Lehmann – um ihm die Zwischenfrage vorwegzunehmen – einfach aus dem Bildungsplan 2004 zitieren:

Die Informationstechnische Grundbildung soll im Zusam menspiel verschiedener Fächer beziehungsweise in Pro jekten bis zum Ende der Sekundarstufe I aufgebaut wer den.

Jetzt kommt der entscheidende Satz:

Sie beschränkt sich auf ein für alle verpflichtendes Grund gerüst, auf das in der Sekundarstufe II... aufgebaut wer den kann. Die von den Schülerinnen und Schülern zuneh mend erworbene Sicherheit im Umgang mit den entspre chenden Geräten und Programmen befähigt sie, Informa tions- und Kommunikationstechnologie selbstständig im Fachunterricht als Medium des Arbeitens und Lernens einzusetzen.

(Glocke des Präsidenten)

Eine vorbildliche Formulierung – und Sie tun so, als sei über haupt nichts gewesen.

(Abg. Alexander Salomon GRÜNE: Das hat doch mit Informatik noch nichts zu tun!)

Sie versuchen, mit der Vergangenheitsbewältigung Ihre Schwachstellen in diesem Bereich zu kaschieren, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Genau!)