Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, insbesonde re Frau Kollegin Stolz, ich glaube, bei dem Besuch wurde sehr deutlich: Es gibt keine immerwährende Weisheit, die noch da zu in Gesetze oder Verordnungen gegossen werden kann. Des halb gilt hier wie im Bildungsbereich insgesamt: Gerade wenn es um Themen der Inklusion geht, gerade wenn es um die Um setzung der Inklusion geht, wird es auch noch in 20 und in 30 Jahren wichtig sein, dass die Rahmenbedingungen, die wir schaffen, die Möglichkeit eröffnen, im Einzelfall die richti gen, am Wohl des Kindes orientierten Modelle aufzusetzen. Das ist die Stärke unseres Vorschlags, und ich glaube, die Schulverwaltung hat dies auch erkannt, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Wenn jemand die Illusion hat, dass mit dieser Schulgesetzän derung quasi Inklusion umgesetzt wird, dass quasi ein Knopf gedrückt wird, dann kann ich Ihnen sagen, auch dieses bestä tigt sich durch den Besuch in Südtirol nicht. Denn Umsetzung der Inklusion braucht viel Zeit, sie muss in den Köpfen die Offenheit schaffen. Aber gerade deshalb ist es ein guter Aus gangspunkt, der von einer breiten gesellschaftlichen Basis ge tragen wird, und diese Voraussetzung ist die zentrale Gelin gensbedingung für Inklusion.
Deswegen war es uns auch wichtig, von Beginn an alle betei ligten gesellschaftlichen Partner und Institutionen eng einzu binden. Wir haben großen Wert darauf gelegt, bereits im Vor feld zur Erstellung des Gesetzentwurfs, aber insbesondere auch in der Anhörung viele Rückmeldungen aufzugreifen und konstruktive Verbesserungsvorschläge umzusetzen.
Auch bei der komplexen Frage der Finanzierung haben wir mit den kommunalen Landesverbänden zu einer guten Ver ständigung und zu einem guten Kompromiss gefunden.
Genauso haben wir auch die Privatschulen im Gesetz aus mei ner Sicht angemessen berücksichtigt. Uns ist es ein Anliegen, dass die Privatschulen als wichtiger Partner Inklusion genau so umsetzen können und dazu die notwendigen Rahmenbe dingungen erhalten wie auch die öffentlichen Schulen.
Bei der Anhörung im Bildungsausschuss vor zwei Wochen hat sich gezeigt, dass alle beteiligten Partner grundsätzlich bereit sind, bei der Inklusion an einem Strang zu ziehen. Weitere Fragen der Umsetzung werden wir nun in der Folge zu klären haben. Dazu zählt etwa die Ausgestaltung der Bildungswege konferenzen, die schulartübergreifenden Regelungen z. B. zum zieldifferenten Unterricht oder auch die Abläufe zur An spruchsfeststellung.
Aber – da zitiere ich Sie nochmals, Frau Kollegin Stolz – von den Bildungswegekonferenzen als Blackbox zu sprechen wird den tatsächlichen Geschehnissen in unserem Land nicht ge recht. Wir haben seit Beginn dieses Jahres die Schulämter ge beten, mit der neuen Systematik zu arbeiten und auch die Bil dungswegekonferenzen im Hinblick auf dieses Entschei dungsrecht der Eltern auszurichten.
Die Rückmeldungen aus allen Schulämtern unseres Landes zeigen, dass die Bildungswegekonferenzen unter Beteiligung vor allem der Eltern, aber auch der Schulträger und der betei ligten Schulen, hervorragend funktionieren und dass die Schulämter vor Ort in der allergrößten Zahl der Fälle hervor ragende Lösungen, konsensuale Lösungen finden, die dazu führen, dass wir zum kommenden Schuljahr in der Regel in gruppenbezogenen Angeboten Inklusion erfolgreich an Schu len umsetzen werden, die bereit sind, diese Aufgabe zu über nehmen. Deswegen kann man hier nicht von einer Blackbox sprechen. Ich glaube, die Schulverwaltung hat im vergange nen halben Jahr Hervorragendes geleistet. Auch dafür meinen ganz herzlichen Dank.
(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Claus Schmiedel SPD: Sehr gut! Gute Schul verwaltung!)
Was ich nicht nachvollziehen kann, ist die von Ihnen, lieber Herr Kollege Wacker, lieber Herr Kollege Dr. Kern, im Bil dungsausschuss vorgetragene Forderung, den angedachten Zeitplan zu verschieben bzw. eine weitere Sondersitzung an zuberaumen.
(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Dadurch hätte sich der Zeitplan nicht verschoben! Das stimmt doch nicht, was Sie sagen! – Zuruf des Abg. Georg Wacker CDU)
Ich verstehe nicht, wie Sie fordern konnten, den angedachten Zeitplan zu verschieben bzw. eine weitere kurzfristige Son dersitzung anzuberaumen,
weil wir die Äußerungen, die von den angehörten Verbänden in der Anhörung erfolgt waren, durch viele Monate vorher ge führte Gespräche bereits kannten
und weil wir auch aus den Ergebnissen des formalen Anhö rungsverfahrens die Argumente bereits seit langer Zeit ken nen.
(Abg. Volker Schebesta CDU: Mit dieser Begründung kann man eine Anhörung im Parlament immer blei ben lassen! Das Parlament macht selbst Anhörungen! – Unruhe – Glocke der Präsidentin)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich sage Ihnen, was meine Erinnerung an die Anhörung ist. Wenn dort Neues gewesen wäre, wäre Anlass gewesen, neu nachzudenken und gegebe nenfalls neu zu entscheiden.
Die dort vorgebrachten Punkte waren und sind mir bereits seit längerer Zeit bekannt, sind auch uns seit längerer Zeit bekannt. Ich kann Ihnen sagen: Die gesammelten Ergebnisse der An hörung liegen bereits seit dem 18. Juni, also der ersten Le sung, hier im Parlament vor.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sollten uns dar über einig sein: Wir brauchen, damit Inklusion an unseren Schulen erfolgreich – und zwar auch rechtssicher – umgesetzt werden kann, die Schulgesetzänderung, die wir heute in zwei ter Lesung beschließen werden. Ich freue mich, dass wir auf Basis der Eckpunkte, die bereits seit über einem Jahr bekannt sind, das Schulgesetz entwickeln konnten und dass wir dieses Gesetz heute auch sehr erfolgreich für die Schulen, und zwar für die Schulen in der Umsetzung, beschließen können.
Auch hier im Parlament haben wir eine Vielzahl von Debat ten zum Thema Inklusion geführt. Ich gehe davon aus, dass auch die Opposition mit den verschiedenen Organisationen und Verbänden zur Inklusion im Gespräch war und ist und nicht nur die offiziellen Anhörungsergebnisse abwartet. Des halb, meine ich, ist es auch richtig, meine sehr geehrten Da men und Herren, heute diese Entscheidung zu treffen, und des halb freue ich mich auch, wenn wir heute diesen weitreichen den Schritt machen.
Die UN-Behindertenrechtskonvention wurde von Deutsch land bereits im Jahr 2009 ratifiziert. Heute stehen wir in Ba den-Württemberg an einem historischen Punkt und vor einem großen Schritt. Der Aufbruch in Richtung eines inklusiven Bildungssystems wird Realität. Ich möchte Sie daher abschlie ßend noch einmal, da wir uns im Ziel einig sind, aufrufen, die sem Gesetzentwurf zuzustimmen und dem gesamtgesell schaftlichen Großprojekt Inklusion damit einen hervorragen den Start zu ermöglichen.
Liebe Kolleginnen und Kolle gen! Ich will hier keiner Legendenbildung Vorschub leisten. Wir haben uns nach der Anhörung aus Respekt vor denen, die wir angehört haben, enthalten. Das als eine inszenierte Anhö rung zu betrachten, ist eine Respektlosigkeit gegenüber den Betroffenen, die das Parlament angehört hat.
Wir wollten die Argumente der Betroffenen prüfen; deswegen haben wir uns enthalten, deswegen haben wir weder abgelehnt noch zugestimmt. Wenn die Regierung zuhört, ist das das ei ne, aber auch das Parlament hört zu und muss sich dann auch ein eigenes Urteil bilden.
Herr Poreski, wenn Sie sagen, Sie konnten unsere Anträge nicht prüfen, sage ich Ihnen: Die haben Ihnen seit heute Mor gen vorgelegen.
Wenn Sie die Prüfung der Anregungen aus der Anhörung ab lehnen und für die Prüfung unserer Anträge Zeit brauchen, dann zeigt das, dass Sie nicht sachorientiert arbeiten und kein Interesse daran haben und dass im Übrigen Ihr PR-Gag einer Politik des Gehörtwerdens wieder einmal eine Farce war und Sie einholt.
Zum Thema Südtirol gäbe es natürlich viel zu sagen. Das war teilweise beeindruckend. Aber ich will ein Zitat der GEW nen nen – die wahrlich nicht unser Sprachrohr ist –, die das kom mentiert und sagt: „In Südtirol ist wenigstens dafür gesorgt, dass zwei Lehrer und eine Integrationskraft verbindlich prä sent sind.“ Sie sagen dann aber weiter, dass verlässliche und verbindliche Zusagen zur Versorgung der Schulen nach wie vor ausstehen. Das ist eben ein Teil dieser Unsicherheit, ob mit diesem vagen Gesetz auch wirklich Inklusion gelingt.
Wir wollen sicherstellen, dass die Reise am Wohl der Kinder ausgerichtet ist, sodass die Akzeptanz dieser Sache keinen Schaden nimmt. Das Gesetz soll ab dem kommenden Schul jahr gelten. Die Rechtsverordnung müsste eigentlich schon da sein. Wir wollen mehr Klarheit, in welchem Geist diese un tergesetzlichen Regelungen getroffen werden; da wollen wir sicher sein. Ich sage Ihnen: Wenn Sie unseren Anträgen, die diese Richtung vorgeben, zugestimmt hätten, wäre für uns die Richtung klarer.
Ich kann nur feststellen: Die Bedenken der Betroffenen haben Sie nicht interessiert. Einigkeit aller Fraktionen, das ist nur ein Lippenbekenntnis. Wir befürchten, dass es durch dieses Gesetz zu einer Vielzahl von Konflikten vor Ort kommen wird. Dadurch nimmt die inklusive Beschulung Schaden, und das ist das, was wir nicht wollen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieses Gesetz ist nur halb rund. Im Interesse der Kinder können wir uns halben Sachen
Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Die Anhörung hat zumindest eines er bracht, Frau Dr. Stolz, und deswegen war die Enthaltung, die Sie zuerst zum Ausdruck gebracht haben, gar nicht so un schlüssig.
Dass das Gesetz eine solide Grundlage für die weitere inklu sive Schulentwicklung ist, ist, glaube ich, von allen Sachver ständigen bestätigt worden. Es ist ein Startpunkt für eine or ganische, regional angepasste Entwicklung; es ist nicht das Ergebnis, sondern es geht um einen Prozess; das haben alle gesagt.
Umso mehr wundere ich mich jetzt – das muss ich sagen –, in welche Verkrampfungen Sie zurückgefallen sind. Ihre Ände rungsanträge konnte ich noch nicht im Detail prüfen. Ich konnte aber durchaus erkennen, dass sie extrem widersprüch lich sind und dass sie in der Praxis einen Rückfall hinter den jetzigen Rechtszustand zur Folge hätten. Es gäbe weniger Möglichkeiten als heute, inklusive Schulangebote zu gestal ten, und die Schulverwaltung wäre wesentlich stärker einge schränkt als heute. Wir wollen aber genau diese – –