Thomas Poreski

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Frau Präsidentin, meine Da men und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das war jetzt kurz vor Mittag Wackers Märchenstunde, die natürlich nicht verdecken kann, dass es gute Gründe gab, warum das Verhältnis zwischen den freien Schulen und der früheren Lan desregierung komplett zerrüttet war.
Da Sie mich persönlich angesprochen haben – Sie haben ja auch Kontakte in Richtung freie Privatschulen –, werden Sie sicher auch gehört haben, dass zumindest mein Verhältnis, das Verhältnis meiner Fraktion zu den Privatschulen ein sehr ent spanntes, ein sehr freundliches ist.
Kommen wir zurück auf den Teppich dessen, was wir tatsäch lich hier beraten. Die Änderung des Schulgesetzes, die wir heute abschließend beraten, erfüllt zwei Zwecke. Sie füllt ei nerseits eine Regelungslücke bei der inklusiven Beschulung auf der Basis unseres gemeinsamen Entschließungsantrags, der am 15. Juli des vergangenen Jahres einstimmig beschlos sen wurde. Damals haben wir einmütig gefordert: Maßgebend für das Prädikat „Inklusive Beschulung“ sind der Wille der Eltern und der Schulort des Kindes, nicht der Anstellungsträ ger der beteiligten Sonderpädagogen.
Nach der alten Rechtslage war es aber so, dass ein an einer allgemeinbildenden Schule inklusiv beschultes Kind doch wieder den Status eines Sonderschülers erhielt, wenn zu sei ner Unterstützung Sonderpädagogen eingesetzt wurden, de ren Anstellungsträger eine Privatschule war. Das war ein ziemliches Durcheinander. Das war natürlich nicht der Wille des Gesetzgebers und auch schon im Juli des vergangenen Jahres bekannt. Unklar war aber die rechtssystematisch sau bere Lösung. Deshalb haben wir unseren Entschließungsan trag mit dem Auftrag an die Landesregierung eingebracht. Dieser Auftrag ist nun erfüllt. Die Zweifel über die Umset zung in der Verwaltungspraxis sind beseitigt.
Die FDP/DVP bringt nun mit einem Änderungsantrag eine Alternativlösung ein, ohne zu begründen, was deren Vorteil sein soll, und rechtssystematisch geprüft ist es auch nicht. Ich sage: So etwas braucht kein Mensch.
Der zweite Zweck des Gesetzes ist eine Überbrückungsrege lung für die Privatschulen. Darüber haben Sie ja gesprochen, Kollege Wacker. Sie stellt eine Zwischenlösung dar, bis die für das Frühjahr vereinbarten Verhandlungen zwischen den Privatschulen und der Landesregierung für eine dauerhafte Fi nanzierungssystematik abgeschlossen sind. Dabei gilt es – das ist auch der Grund dafür –, ein kompliziertes Gerichtsurteil mit einzubeziehen, das beide Seiten noch nicht abschließend bewertet haben.
Bei der Zwischenlösung, für die das Land im laufenden Jahr zusätzlich 17 Millionen € aufwendet, wird den Privatschulen ein einheitlicher Fördersatz von gut 78 % gewährt, gemessen an den Aufwendungen für staatliche Schulen. Das ist sowohl relativ als auch absolut die beste Förderung, die die privaten bzw. freigemeinnützigen Schulen jemals erhalten haben – um dies vielleicht einmal festzuhalten. Damit verhindern wir auch, dass durch die einvernehmlich – auch das war einver nehmlich – vereinbarte Versorgungsabgabe für neu beschäf
tigte Beamte an Privatschulen unnötige Härten entstehen. Das verhindern wir durch diese Regelung. Dies ist auch die Grund lage für eine nachhaltige und rechtskonforme Lösung, die wir gemeinsam mit den Privatschulen erarbeiten werden.
Dabei gilt für meine Fraktion selbstverständlich das 80-%-Ver sprechen; auch Ministerpräsident Kretschmann steht dazu. Selbstverständlich müssen in die neu zu vereinbarende Be rechnungsgrundlage auch Neuerungen einfließen, die es beim früheren Bruttokostenmodell nicht gab, beispielsweise der Ganztagsbetrieb oder die Verfügbarkeit von Schulsozialarbeit.
Den vereinbarten Verhandlungen versucht die FDP/DVP nun mit weiteren Änderungsanträgen vorzugreifen. Das ist natür lich reine Show,
ebenso Ihre Aufforderung zu Verhandlungen, die ja längst ver einbart sind.
Es ist ja längst vereinbart. – Unser grün-roter Änderungs antrag erweitert den Verhandlungsauftrag um das Thema Flüchtlinge. Das ist hingegen sinnvoll und notwendig.
Was wir heute abschließend beraten – um es ganz sachlich auf den Punkt zu bringen –, ist somit sowohl ein pragmatisches als auch im positiven Sinn zukunftsoffenes Gesetz des gesun den Menschenverstands. Machen wir durch unsere Zustim mung einen Knopf dran.
Vielen Dank.
Herr Präsident, liebe Kolle ginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Die logopä dische Übung, den Namen des Gesetzentwurfs zu nennen, hat die Kollegin Schiller schon durchgeführt – mit Erfolg.
Ich möchte auch die Gelegenheit nutzen, mich für die gute Zusammenarbeit zu bedanken und Ihnen, liebe Kollegin Schil ler, alles Gute für Ihre Zukunft zu wünschen.
Inhaltlich ist auch nicht viel hinzuzufügen. Der Gesetzentwurf der Landesregierung bewirkt, wenn er heute von uns verab schiedet wird – so sieht es ja aus –, eine einmalige Sonderent lastung der baden-württembergischen Kommunen um 3,791 Millionen € und gleicht damit eine besondere Belastung aus – das hat die Kollegin Schiller ja ausführlich begründet –, die durch eine verstärkte Armutszuwanderung aus dem EU-Raum, namentlich Rumänien und Bulgarien, zwischen Juni 2013 und 2014 entstanden ist. Die Entlastung wurde als Teil eines um fassenden Gesamtpakets mit dem Bund erfolgreich verhan delt. Die Regelung bezieht sich konkret auf die Kosten der Unterkunft gemäß dem SGB II, weil da entsprechende Kos ten bei den Kommunen anfallen. Die Entlastung erfolgt nun logisch anhand der jeweils Zugewanderten aus der benannten Referenzgruppe.
Dies können wir nur begrüßen. Dementsprechend erwarten wir in diesem Haus eine einmütige Zustimmung – so sieht es nun wirklich aus – zu diesem Gesetzentwurf.
Vielen Dank.
Frau Präsidentin, sehr ge ehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Wacker, Sie haben Ihre Pflichtaufgabe gerade so er füllt, hier noch ein bisschen Wahlkampf zu betreiben.
Inhaltlich ist dazu kein Anlass gegeben.
Die heute zur Debatte stehende Vorlage ist schlicht und ein fach ein Gesetz zur Harmonisierung. Sie erfüllt den Auftrag eines Entschließungsantrags, den wir fraktionsübergreifend, sogar einstimmig, am 15. Juli des vergangenen Jahres hier be schlossen haben. Dabei haben Sie mitgestimmt. Es geht da bei nämlich um Inklusion, um die unkomplizierte Kooperati on von freien und staatlichen Schulen im Bereich der Inklu sion. Der zweite Teil ist die Verbesserung der Förderung der Privatschulen. Diese wird jetzt auf eine transparente Grund lage gestellt. Auch das ist eigentlich kein Aufreger.
Zunächst zur Inklusion: Mit der vorgesehenen Gesetzesände rung wird es möglich, dass Sonderpädagoginnen und Sonder pädagogen, die an einer Privatschule angestellt sind, mit ei ner pragmatischen, auskömmlichen Erstattungsregelung auch an staatlichen Schulen arbeiten können, um dort Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf zu unterstützen. Das musste man erst einmal rechtlich einnorden bzw. entsprechend formulieren, weil es nicht so ganz unkompliziert ist.
Auch bisher war diese Unterstützung möglich. Dann galten aber die Inklusionsschülerinnen und -schüler nicht mehr als inklusiv beschult, sondern waren plötzlich wieder Schüler ei ner Sonderschule, obwohl sie dort gar nicht unterrichtet wor den sind. Inklusiv beschulte Kinder wurden quasi exkludiert. Das liegt am komplizierten Dienstrecht. Deswegen hat es auch mit der Gesetzesänderung ein bisschen gebraucht. Die Folge, die ich gerade benannt habe, war natürlich nicht der Wille des Gesetzgebers. Dies wird jetzt entsprechend unserem gemein samen Entschließungsantrag rechtlich sauber geändert.
Die neue Regelung gilt ab dem kommenden Schuljahr, um die bisherigen Konstrukte nicht innerhalb des Schuljahrs durch einanderzubringen. Es stellt sich aber die Frage, was mit de
nen passiert, die es im Vorgriff auf die neue Regelung schon richtig gemacht haben und die bereits eine unkomplizierte Er stattungsregelung angewandt haben. Die Antwort liegt auch da auf der Hand. Auch sie ist kein Aufreger.
Da die bisherige Regelung in der Wirkung nicht dem Willen des Gesetzgebers entspricht – wir wollten inklusive Beschu lung ermöglichen –, kann hier juristisch von einer planwidri gen Gesetzeslücke gesprochen werden. Auch das ist nichts Einmaliges in der Historie. Alle, die diese Lücke durch prag matisches Verwaltungshandeln stimmig geschlossen haben, haben keinen Fehler gemacht. Darin bin ich auch mit dem Kultusminister einig.
Die Förderung der freien Schulen haben wir in den vergange nen Jahren Schritt für Schritt massiv erhöht. Der Kultusmi nister hat dies bereits aufgelistet. Damit haben wir uns einer Förderung von 80 %, die wir mittelfristig zugesagt haben, an genähert. Die Steigerung fiel auch deswegen so hoch aus, weil sich in den vergangenen Jahren die Bemessungsgrundlage er weitert hat. Denn wir haben die Pro-Kopf-Ausgaben für alle Schülerinnen und Schüler in Baden-Württemberg in den ver gangenen Jahren um rund 20 % erhöht. Das ist ein historischer Zuwachs für die Bildung in unserem Land. Das ist auch kein Zufall. Denn die Kinder in Baden-Württemberg sind uns das wert.
Parallel dazu haben wir mit den Privatschulen vereinbart, dass auch sie sich künftig Schritt für Schritt an der Altersversor gung der bei ihnen arbeitenden Beamten beteiligen.
Auch das ist kein Skandal. Das ist eine Vereinbarung.
Wenn wir das heute im Entwurf vorliegende Gesetz nicht ver abschieden würden, würde sich dadurch die Förderquote an einzelnen Schulen wieder verringern. Das wollen wir natür lich nicht.
Zugleich gilt es, ein neues und recht kompliziertes Urteil des Verwaltungsgerichtshofs zur Finanzierung der Privatschulen einzubeziehen. Zwischen den Privatschulen und dem Kultus ministerium gibt es nun die Verabredung – auch das ist ein Konsens –, dass beide Seiten das Urteil auswerten und auf die ser Basis ab Ende März verhandeln.
Als Überbrückungsregelung gibt es die heute zur Debatte ste hende Regelung, die das Förderniveau einheitlich auf 78,1 % festschreibt, also auch bei den Schulen, die besonders viele Beamte angestellt haben. Das ist sowohl relativ als auch ab solut sehr viel mehr, als es unter Schwarz-Gelb je gab.
In diesem Sinn ist dies ein gutes, ein notwendiges Gesetz, das, wenn Sie die Verführung des Wahlkampfs ausklammern – das ist Ihnen bisher nicht ganz gelungen –, in diesem Haus auch einmütig verabschiedet werden kann.
Frau Präsidentin, sehr ge ehrte Damen und Herren! Das Heilberufe-Kammergesetz ist weitestgehend unstrittig. Deswegen werde ich dazu keine wei teren Ausführungen machen, die über das hinausgehen könn ten, was Frau Dr. Engeser gesagt hat.
Der andere Bereich ist zwar hinsichtlich der Regelungen auch nicht strittig, aber, glaube ich, einen weiteren Blick wert. Denn 25 % aller Flüchtlinge, die nach Baden-Württemberg kom men, sind Kinder und Jugendliche, und mehr als ein Viertel davon sind unbegleitete Minderjährige. Das heißt, wir haben im Moment – ich habe etwas andere Zahlen als Frau Dr. En geser, aber das macht keinen qualitativen Unterschied – etwa 5 300 in Baden-Württemberg, und nach dem Verteilschlüssel der Bundesländer werden es über 8 500 sein. Das ist natürlich eine gewaltige Herausforderung.
Die Vorlage, über die wir heute beschließen, ist erst einmal eine Umsetzung des Bundesrechts. Da ist ein Satz zentral, den wir ja auch übernommen haben:
Maßgeblich für die Zuweisung sind die spezifischen Schutzbedürfnisse und Bedarfe unbegleiteter ausländi scher Minderjähriger.
Das ist wichtig, weil da auch festgelegt wird, dass für uns die UN-Kinderrechtskonvention und das Kinder- und Jugendhil fegesetz maßgebend sind. Das heißt, im Zentrum steht das Kindeswohl.
Das Landesjugendamt wird also als Verteilstelle zentral zu ständig. Wir finanzieren dafür zusätzliches Personal. Auch das hat Frau Dr. Engeser gesagt. Das ist gut so. Gut ist es deswe gen, weil wir an einigen Stellen, wenn wir in das Land schau en, schon sehen, dass wir Sortierungs- und Orientierungsbe darf haben. Im Moment ist es z. B. so, dass nach dem, was wir wissen, etwa 50 % der minderjährigen Flüchtlinge, wenn sie nach irgendeinem eher bürokratischen Schlüssel einmal regis triert und irgendwie zugewiesen worden sind, dann unterwegs „verloren gehen“. Das darf so nicht bleiben. Deswegen ist es auch gut, dass wir eine entsprechende Regelung vornehmen.
Der zweite Punkt ist, dass wir häufig von Jugendhilfeeinrich tungen erfahren, dass Kinder, die woandershin geschickt wor den sind, zurückkommen, weil sie dort nicht adäquat unter stützt wurden. Auch da gibt es offensichtlich einen Mangel, dem wir jetzt durch die neuen Maßstäbe abhelfen werden.
Es ist z. B. auch so, dass es die Vorstellung gibt, es gäbe so genannte ambulante Inobhutnahmen. Das heißt, wenn ein ört liches Jugendamt die Verantwortung für die Räume über nimmt, bräuchte es keine Betriebserlaubnis, dann müsste man seitens des Landesjugendamts nicht näher draufschauen. Auch das ist ein Problem, das durch die zusätzlichen Kapazitäten, die wir jetzt schaffen, demnächst hoffentlich der Vergangen heit angehört.
Wir haben – positiv formuliert – jetzt die Erwartung, dass das Landesjugendamt natürlich für alle unbegleiteten Minderjäh rigen zuständig ist, dass es klare Standards gibt, die dann auch in der Fläche greifen – beispielsweise beim Verfahren der Al tersfeststellung, aber auch bei der Umsetzung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes. In § 41 des SGB VIII ist die sogenann te Hilfe für junge Volljährige geregelt; das gehört zum Kin der- und Jugendhilfegesetz. Das heißt: Wenn während einer Maßnahme eine Jugendliche oder ein Jugendlicher über 18 wird, dann ist klar, dass er oder sie nicht ausgeschlossen wer den darf, sondern das Kindes- bzw. Jugendlichenwohl weiter hin im Zentrum steht.
Das heißt, die künftige Verteilung wird sich daran orientieren: Wo gibt es örtlich geeignete Kinder- und Jugendhilfestruktu ren? Wohin haben die Kinder oder Jugendlichen persönliche Bezüge? Es ist übrigens auch ein Grund für den sogenannten Schwund, dass Minderjährige, die in der Lage waren, sich von Nordafrika oder aus dem Nahen Osten hierher aufzumachen, natürlich auch in der Lage sind, sich dorthin zu begeben, wo ihre möglicherweise entfernten Verwandten sind. Das kann man aber von vornherein berücksichtigen. Das würde auch der UN-Konvention entsprechen.
Weiter wäre es in diesem Zusammenhang möglich, bedarfs bezogen auch da, wo es sinnvoll ist, wo Kinder und Jugend liche eine Beheimatung brauchen, so etwas wie Internate zu schaffen, wo ihre Ausbildung stattfinden kann.
Natürlich kann man mit dem Verfahren, das wir jetzt ermög lichen, auch dem entgegenkommen, was die Bedarfe in der Wirtschaft sind. Wir haben sehr viele Ausbildungsbetriebe, insbesondere Handwerker, die ein großes Interesse daran ha ben, diesen Jugendlichen etwas anzubieten. Es macht natür lich Sinn, die Kinder und Jugendlichen dorthin zu schicken, wo diese Angebote sind. In diesem Sinn glaube ich schon, dass es wichtig und richtig ist, dass und wie wir das jetzt regeln. Wir werden auf die Umsetzung achten.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Raab, der Landes-Behindertenbeauftragte hat meines Wissens an keiner Stelle Punkte gefunden, wo die Vorschläge der CDU-Land tagsfraktion in irgendeiner Weise inklusionsfördernder gewe sen wären als das, was die Landesregierung gemacht hat.
Wir wissen alle, dass die Geschichte der Menschenrechte, der Verwirklichung der grundlegenden Menschen- und Bürger rechte noch gar nicht so alt ist. Das wird in der tagesaktuellen Debatte oft übersehen. Wir haben hier im Landtag vor einer Woche eine Verfassungsänderung beschlossen, die allen Kin dern das Recht auf gewaltfreie Erziehung garantiert. Das wä re vor wenigen Jahren noch undenkbar gewesen. Die Rechte von Frauen und Kindern und die Gleichberechtigung von Min derheiten sind auch in Europa nicht von selbst entstanden, sondern waren über Jahrzehnte heftig umstritten und wurden in heftigen politischen Diskursen hart erstritten. Sie müssen immer wieder aufs Neue gesichert und verteidigt werden. Das lehrt uns nicht zuletzt die aktuelle Flüchtlingsdebatte.
Speziell die Entwicklung der Rechte von Menschen mit Be hinderungen zeigt, wie schwierig das ist. Von der Ächtung und Massenvernichtung über Strategien des Wegsperrens und Aus grenzens war es bis zur Integration, also der fürsorglichen Ak zeptanz von Menschen mit Behinderungen seit den Siebziger jahren, ein steiniger und sehr weiter Weg. Die Wegbereiter der Integration, darunter auch die Sonderpädagogik und die Be hinderteneinrichtungen, haben sich um unsere Gesellschaft verdient gemacht, indem sie menschenwürdige Lebensbedin gungen und auch das Recht auf Bildung für behinderte Men schen erstritten.
Die Einrichtung, in der ich bis zu meiner Wahl als Geschäfts führer tätig war, hatte bereits 1973 den bundesweit ersten Heimbeirat für Menschen mit geistiger Behinderung, der wirk liche Mitbestimmungsrechte hatte. Auch das war ein Meilen stein.
Die Integrationspioniere wurden aber bereits in den Siebzi gerjahren angetrieben von einer Selbsthilfebewegung behin derter Menschen, die mehr wollten. Die sogenannte Krüppel bewegung forderte nicht weniger als die volle gesellschaftli che Teilhabe und die Abkehr von jeglicher Sonderwelt. Es dauerte dann nochmals weitere Jahrzehnte bis 2009, bis die von der UN-Behindertenrechtskonvention geforderte volle ge sellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Behinderungen, die sogenannte Inklusion, dann auch geltendes Recht in Deutsch land wurde.
Dennoch haben bis heute die meisten nicht behinderten Kin der während ihres Aufwachsens keinen wirklichen Kontakt zu behinderten Altersgenossen. Auch das gehört zur Realität. Auch an der Verankerung der UN-Behindertenrechtskonven tion in den Einzelgesetzen arbeiten wir bis heute.
Grün-Rot hat hier – auch das wird der Landes-Behinderten beauftragte bestätigen – in relativ kurzer Zeit sehr viel auf den Weg gebracht.
Baden-Württemberg ist eben nicht mehr Schlusslicht im In klusionskonzert der Bundesländer – das waren wir –, sondern ganz vorn mit dabei.
Das Wunsch- und Wahlrecht auf inklusive Bildung ist hierfür ein Beispiel, ein Gesetz mit Augenmaß, das das individuelle Recht auf inklusive Bildung garantiert und zugleich eine or ganische regionale Schulentwicklung ermöglicht. Es ist also inklusiv und zugleich regional stimmig. Daran ändern auch die Märchen nichts, die Sie, Herr Raab, jetzt hier in diesem Zusammenhang gern wiederholen, wonach Grüne die Sonder schulen abschaffen würden.
Ich betone nochmals – Sie kennen mich –: Ich habe an mei ner Position – ich bin der zuständige fachpolitische Sprecher meiner Fraktion – in dieser Wahlperiode nichts ändern müs sen, sondern ich habe mich auf ganzer Linie durchgesetzt.
Wir haben damit ein Gesetz geschaffen, das Veränderungen anstößt, aber nichts überstülpt, und allen Beteiligten mit Wert schätzung begegnet, mit Respekt für ganz unterschiedliche Traditionen und Entwicklungen in den Regionen und Kreisen unseres Landes. Wir haben inzwischen das bundesweit beste Landes-Behindertengleichstellungsgesetz – auch das ist eine Tatsache –, das Menschen mit Behinderungen sowohl auf der Landesebene als auch auf der kommunalen Ebene das Recht auf umfassende Mitbestimmung und Barrierefreiheit gibt.
Wir haben mit großer öffentlicher Beteiligung unter der Fe derführung unseres Landes-Behindertenbeauftragten Gerd Weimer, dem auch ich zu großem Dank verpflichtet bin, ei nen Landesaktionsplan erstellt, der Inklusion für alle gesell schaftlichen Bereiche und Politikfelder durchbuchstabiert und der eine ebenso anspruchsvolle wie reizvolle politische Her ausforderung markiert. Wir schaffen mit vielen Förderinstru menten und regionalen Inklusionskonferenzen die Vorausset zung dafür, dass sich unglaublich viele Menschen in unserem Land auf den Weg machen und gemeinsame Wege suchen und erkunden.
Allerdings: Viele Menschen im Land haben noch immer Scheu und Vorurteile im Umgang mit Menschen mit Behinderungen, und zwar umso mehr, je mehr sie in getrennten Welten leben, und umso mehr, je weniger sie Menschen mit Behinderungen als einen bereichernden Teil gesellschaftlicher Normalität er leben konnten. Es muss also nicht nur um politische Rahmen setzung gehen, sondern zugleich auch um einen Wandel in den Köpfen.
Der Übergang von der Integration zur Inklusion steht für ein Kernstück grüner Sozialpolitik nach dem Grundsatz „Teilha be statt Fürsorge“. Viele Menschen bedürfen der staatlichen oder gesellschaftlichen Fürsorge. Diese steht ihnen selbstver ständlich auch zu. Vorrangig und vorgelagert ist aber das Prin zip der Befähigung, des Empowerments als Voraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe. Auch benachteiligte Menschen müssen durch persönliche Unterstützung in die Lage versetzt werden, sich selbst zu vertreten, sich gleichberechtigt am kul turellen und sozialen Leben zu beteiligen, sich in der Gesell schaft ungehindert zu bewegen und auf Augenhöhe mit Be hörden zu sprechen. Das ist das Prinzip des Nachteilsaus gleichs. In einer hilfreichen Umgebung sind unterstützungs bedürftige Menschen eben nicht hilflos.
Dafür werden z. B. im Rahmen des Landes-Behinderten gleichstellungsgesetzes in allen Stadt- und Landkreisen unab hängige Behindertenbeauftragte geschaffen und vom Land fi nanziert. Sie beraten behinderte Menschen überparteilich und unabhängig von den Stadt- und Landkreisen über ihre Rech te und über den Umgang mit Behörden. In einem obrigkeits staatlichen Verwaltungsdenken ist das eine Provokation und nährt den Verdacht, hier würden Menschen aufgestachelt. In einer aufgeklärten sozialen Bürgergesellschaft ist das Bild aber ein ganz anderes: Menschen, die Unterstützung erfahren und über ihre Rechte aufgeklärt sind, können eine innere Sou veränität im Umgang mit Behörden gewinnen, und sie haben weniger Anlass, mit ohnmächtiger Wut zu reagieren.
Dass eine solche unabhängige Beratung inzwischen auch von vielen staatlichen Institutionen geschätzt wird, bestätigt den Mentalitätswandel auch dort. Denn so können viele Konflik te in einem konstruktiven Dialog geklärt werden.
Die Betroffenen kommen zu ihrem Recht, verstehen zugleich, wo ein Widerspruch keinen Sinn macht, aber ebenso, wo ein Widerspruch oder ein Rechtsstreit aussichtsreich ist, neuer dings auch über ein eigenes Klagerecht für anerkannte Behin dertenverbände. Dass über dieses Empowerment auch die Ver mittlungschancen auf dem Arbeitsmarkt steigen, ist ein will kommener Nebeneffekt. Inklusion kommt – das ist offensicht lich – mit Grün-Rot gut voran.
Wir haben noch viel vor, von der inklusiven frühkindlichen Bildung über regionale Behindertenbeiräte bis hin zu einer verlässlichen Bedarfsbemessung sowie einer fairen Teilhabe am Arbeitsmarkt. Eine verlässliche Bedarfsbemessung, lieber Herr Kollege Raab, wäre die Voraussetzung dafür, dass keine vernünftige Behinderteneinrichtung noch finanzielle Nöte hät te, denn dann hätten wir eine objektive Bedarfsbemessung und nicht das Aushandeln auf Basarebene, das wir heute an vielen Stellen haben. Ich weiß auch vom Liga-Gespräch – das haben Sie offensichtlich anders interpretiert als ich –, dass man dies auch dort als das zentrale Problem und auch als den zentralen Lösungsansatz ansieht.
Das heißt, wir müssen uns nicht zuletzt über unsere BundLänder-Kooperation weiterhin für ein Bundesteilhabegesetz einsetzen, das endlich auch im Bundesrecht die UN-Behin dertenrechtskonvention ernst nimmt und die Eingliederungs
hilfe aus den Zwängen der Sozialhilfe befreit. Dann haben wir auch eine andere Bedarfsbemessung.
Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Raab – das muss man vielleicht bilateral klären –, bei der LAG:WfbM geht es um die Werkstätten für Menschen mit Behinderungen und nicht um den Wohnbereich. Aber das kriegen wir bilateral ge regelt, was tatsächlich Thema war.
Entscheidend ist wohl ein Punkt, den Kollege Haußmann zu Recht angesprochen hat, nämlich dass Selbstbestimmung ein Freiheitsthema ist. Das Problem ist – deswegen haben Sie als einzige Fraktion gegen das Landes-Behindertengleichstel lungsgesetz gestimmt –, dass Sie einen verkürzten Freiheits begriff haben. Denn Freiheit erfordert – das sieht die UN-Be hindertenrechtskonvention sehr wohl – einen Nachteilsaus gleich. Dazu gehört unabhängige Beratung, dazu gehört Om budschaft. Dann gegen die Behindertenbeauftragten zu pole misieren ist einfach unlogisch, oder Sie haben es nicht verste hen wollen.
In diesem Sinn glaube ich, dass wir, das Land, mit dem Geld, das wir für die regionalen Behindertenbeauftragten angelegt haben, eine sehr gute Investition getätigt haben, weil dies Menschen erstmals auf Augenhöhe mit Behörden bringt, aber auch die Kooperation von Behörden und Betroffenen erleich tert und es den Menschen mit Behinderungen in der Folge wiederum leichter macht, sich tatsächlich die volle Teilhabe auch auf dem Arbeitsmarkt zu erstreiten.
Vielen Dank.
Herr Präsident, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Die Kollegin Wölfle hat bereits darauf hingewiesen: Baden-Württemberg hat im Ganztagsbereich deutschlandweit das beste Betreuungsverhältnis in der Klein kindbetreuung. Gemeinsam mit den Kommunen im Land ha ben wir erreicht, dass auf eine Erzieherin bzw. einen Erzieher rechnerisch nun weniger als drei Kinder kommen. Dafür hat die grün geführte Landesregierung die Mittel für die Klein kindbetreuung verzehnfacht. Grundlage hierfür war der Pakt des Landes mit den Kommunen. Ohne diesen grün-roten Pakt und die dort definierten Mindestpersonalschlüssel wären wir in der Bertelsmann-Studie nicht deutscher Meister, sondern höchstens Kreisklasse. Das ist jetzt nicht meine Meinung; es ist eine Tatsache.
Der Ausbau der Kleinkindbetreuung ist ein wichtiger Erfolg der grün geführten Landesregierung; er ist ein entscheidender Beitrag zu einem leistungsfähigen und gerechten Bildungs system von der Kita bis zur Hochschule. Wir, das Land, ha ben in relativ kurzer Zeit einen großen Sprung nach vorn ge macht, quantitativ und qualitativ. Wir sind hier aber in einem Entwicklungsprozess, der noch lange nicht beendet ist.
Diese Aussage können Sie einordnen, wenn Sie sehen, wo wir herkommen: Erst seit dieser Wahlperiode ressortiert die vor schulische Bildung im Kultusministerium. Die Anforderun gen an die Fachkräfte in den Kitas sind ständig gestiegen, vom fachlichen Dreiklang „Bilden, Erziehen, Betreuen“, vom Um gang mit sozialer und kultureller Vielfalt über gesetzliche Vor gaben bei der Sicherheit und bei Lebensmitteln bis hin zu pä dagogischen Zielen in der Sprachförderung, Bewegung, Na turerfahrung, Ernährung und Inklusion.
Diese Anforderungen sind alle berechtigt. Allerdings: Bei der gesellschaftlichen Wertschätzung der Arbeit in den Kitas, bei der realen Anerkennung ihrer Arbeit, ist noch Luft nach oben. Die tariflichen Auseinandersetzungen sind nur ein Ausdruck davon. Es ist notwendig, dass wir in Baden-Württemberg ei nen verbindlichen Qualitätsrahmen erarbeiten, der die inhalt lichen und fachlichen Maßstäbe und auch die dafür erforder lichen Ressourcen definiert. Diesen müssen wir im Dialog mit den Kommunen und den kommunalen Landesverbänden ent wickeln, im Dialog mit Erzieherinnen und Erziehern, mit den verschiedenen Trägern von Kindertagesstätten und mit den Eltern.
Unser Ziel sind überall in Baden-Württemberg qualitativ hochwertige Spiel- und Lernorte für Kinder, egal, ob in der Stadt oder auf dem Land. Gute Kitas sind die Orte, in denen am einfachsten und nachhaltigsten auf Chancengleichheit und auf die Überwindung sozialer Benachteiligung hingewirkt werden kann – wenn diese in hoher Fachlichkeit gestaltet wer den. Denn uns ist sehr bewusst: Wir können nicht einfach For derungen übereinanderstapeln und die Fachkräfte vor Ort in
überfordernde und letztlich frustrierende Drucksituationen bringen; wir müssen im weiteren Verlauf auch dafür sorgen, dass überall – nicht nur an einzelnen Orten – die Bedingun gen stimmen.
Ich nenne ein Beispiel: Niemand käme bei einer kleinen Grundschule mit Halbtagsunterricht auf die Idee, dass diese keine Leitung, kein Sekretariat und keine Unterstützung durch einen Hausmeister benötigt. Aber selbst bei großen Kitas im Zehn-Stunden-Schichtbetrieb ist dies häufig ganz anders. Des halb ist klar: Wenn wir über Qualität reden, über Organisa tions- und Qualitätsentwicklung, müssen wir auch anerken nen, dass dies Führungs- und Leitungsfreistellung sowie eine entsprechende Infrastruktur erfordert.
Dabei wird immer wichtiger, dass in Kindertagesstätten Men schen mit unterschiedlichem fachlichen Hintergrund multi professionell zusammenarbeiten. Als zentrale Orte im Sozial raum können sie sich zu Kinder- und Familienzentren weiter entwickeln.
Sie können z. B. familienentlastende Dienste im Sozialraum bündeln, niedrigschwellige Angebote zur Familienbildung machen, Selbsthilfe vernetzen und das Potenzial Ehrenamtli cher erschließen – mit einem professionellen Kern an fachlich breit aufgestellten Fachkräften.
Wir wollen daher Anreize dafür setzen, dass sich Kinderta gesstätten zu Familienzentren weiterentwickeln, die Kindern, Eltern und Familien eine leicht zugängliche Unterstützung und Förderung anbieten. Deshalb macht es Sinn, zuerst an die ser Stelle die Themen Leitung und Leitungsfreistellung mit zusätzlichen Ressourcen zu verbinden.
Über Familienzentren in soziale Netzwerke und in den gesell schaftlichen Zusammenhalt zu investieren wäre auch in nor malen Zeiten eine notwendige Aufgabe, die aktuell ansteht. Jetzt, in Zeiten eines großen Flüchtlingszuzugs, ist dies für unsere Gesellschaft existenziell. Denn die meisten Flücht lingskinder – das wird oft übersehen – sind im Kita-Alter.
Deshalb ist es auch richtig, dass wir im Land die durch den Wegfall des verfassungswidrigen Betreuungsgelds frei wer denden Mittel für den Ausbau und die Qualität der Kinderbe treuung einsetzen. Angesichts dieser sozialpolitischen Her ausforderungen ist es geradezu aberwitzig, dass der CDUSpitzenkandidat Wolf allen Ernstes ein Landesbetreuungsgeld einführen will. Es ist eine zentrale staatliche Aufgabe, eine gute Infrastruktur im Sozialen und in der Bildung bereitzu stellen – eben auch im Bereich der Kindertagesbetreuung. Diese Infrastruktur kann jeder für sich annehmen oder sie in Teilen auch ablehnen. Aber es ist nicht unsere Aufgabe, Men schen dafür eine Vergütung zu zahlen, dass sie ein gesell schaftlich gewolltes Angebot nicht annehmen.
Wenn Sie eine hoch subventionierte Konzertveranstaltung nicht besuchen wollen, steht Ihnen dafür auch keine Vergü tung zu, und falls Sie eine solche verlangen sollten, wird man sich zu Recht fragen, ob Sie noch alle fünf Sinne beisammen haben.
Es wird Zeit, dass sich die CDU im Land von der CSU eman zipiert und bei der zentralen gesellschaftlichen Zukunftsauf gabe der frühkindlichen Bildung endlich ihre ideologischen Scheuklappen ablegt.
Herr Präsident, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Vielleicht sollte man ein paar Dinge zu rechtrücken.
Zum Thema Tageseltern: Der Kollege Kern hat darüber ge klagt, die Tageseltern seien benachteiligt worden. Ich stelle fest, die Landesmittel in diesem Bereich sind von 12 Millio nen € auf 42 Millionen € pro Jahr erhöht worden. Ich glaube, eine Vernachlässigung sieht anders aus.
Wir haben die Mittel im Bereich der frühkindlichen Bildung insgesamt verzehnfacht. Natürlich sind damit Teile des Ori entierungsplans umgesetzt worden. Niemand hat gesagt, dass wir am Ende des Weges seien. Wir haben damit den Personal schlüssel ganz gewaltig verbessert. So zu tun, als ob wir nicht über Qualität reden, und gleichzeitig den Personalschlüssel auszublenden, finde ich aberwitzig. Natürlich ist der Perso nalschlüssel ein Qualitätsmerkmal.
Wenn man über Qualität redet, muss man natürlich auch über Fachlichkeit reden. Klar ist, dass die beste Sprachförderung mit entsprechenden Ressourcen, auch mit entsprechender per soneller Qualifikation hinterlegt werden muss und vor allem alltagsorientiert abläuft. Das heißt, nur die entsprechenden Etiketten vor sich herzutragen reicht nicht aus.
Wir haben also ganz viele Gründe, warum wir das Betreuungs geld auf dem weiteren Weg zur Verbesserung der frühkindli chen Bildung einsetzen wollen.
Wenn Sie tatsächlich über Qualität reden wollen – das kön nen wir gern tun –, dann können wir vielleicht einmal Fragen vertiefen, die in der Praxis vordringlich sind, und sollten das Thema nicht einfach über allgemeine Phrasen abhandeln.
Wenn wir also über Leitungsaufgaben reden, ist zu fragen: Wie sind sie definiert? In manchen Kommunen ist dies her vorragend geschehen, in anderen überhaupt nicht. Wie sind sie zeitlich hinterlegt? Wer räumt die Spülmaschine ein? Macht das eine hauswirtschaftliche Fachkraft, oder müssen das die Erzieherinnen tun? Ist eine Krankheitsvertretung or ganisiert? Gibt es eine stellvertretende Leitung, und wie ist die gegebenenfalls qualifiziert und bezahlt? Wer macht die Schreibarbeiten, die an einer kleinen Schule von einem Se kretariat gemacht werden? Machen das die Erzieherinnen, oder ist das anders hinterlegt? Wer leert z. B. das Klo im Wald kindergarten? Machen das die Erzieherinnen, oder macht das jemand anders? Wie stellt sich das denn im Vergleich zwi schen frühkindlicher Bildung und späterer Bildung dar?
Damit will ich eines sagen: Wir haben viele Fragen geklärt, und wir haben hier einen gigantischen Schritt nach vorn ge
macht. Aber wir haben nie behauptet, dass wir am Ende des Weges seien. Wir haben viel erreicht, und wir haben sehr viel vor. Genau deswegen ist Grün-Rot die richtige Antwort.
Herr Präsident, sehr geehr te Damen und Herren, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer!
Vielleicht erinnern sich einige von Ihnen an den gemeinsamen Entschließungsantrag aller Fraktionen, den wir hier gemein sam verabschiedet haben, nachdem Grün-Rot die Absenkung des Wahlalters für die Kommunalwahlen auf 16 Jahre be schlossen hatte – gegen die Stimmen der Opposition.
In dem Antrag stand – von mir formuliert –:
Demokratie kann am besten gelernt werden, indem sie... praktisch erlebbar wird.
Der Jugendlandtag, der gestern getagt hat, war ein kleiner, aber feiner Teil einer solchen Erfahrung. Er ist für uns eine besondere Gelegenheit, mit jungen Menschen ins Gespräch zu kommen und unmittelbar zu erfahren, mit welcher Ernst haftigkeit und mit welcher Kompetenz sie sich mit ihren un mittelbaren Angelegenheiten, aber auch mit tagespolitischen und mit zeitgeschichtlichen Themen auseinandersetzen. Da für allen, die teilgenommen haben, einen ganz herzlichen Dank. Es hat Spaß gemacht und war auch wirklich gehaltvoll.
Für den Jugendlandtag wie auch für den Kindergipfel, der tur nusgemäß stattfindet, hat der Landtag den Landesjugendring und den Ring politischer Jugend als kompetente Partner. Mei ne Fraktion ist für diese Partnerschaft dankbar, die, wie ich meine, durchaus einen Applaus aus dem ganzen Haus ver dient.
Zuhören und Verstehen sind das eine, aber das muss auch Fol gen haben. Die grün-rote Koalition erweitert deshalb die Be teiligungsrechte von jungen Menschen systematisch: von der Wiedereinführung der Verfassten Studierendenschaft über die Drittelparität in den Schulkonferenzen und das Wahlalter von
16 Jahren bei Kommunalwahlen bis hin zur anstehenden Än derung der Gemeindeordnung mit einer Stärkung der Jugend gemeinderäte, mit Rede- und Antragsrecht in den kommuna len Parlamenten, einem selbstverwalteten Budget und vielen anderen Formen der direkten Beteiligung. Erstmals werden wir auch die Mitbestimmung von Kindern in sie betreffenden Angelegenheiten regeln. Damit können die Erfahrungen von Vorreiterkommunen wie Freiburg landesweit nutzbar werden, und damit setzt Baden-Württemberg auch an dieser Stelle die UN-Konvention über die Rechte von Kindern in Landesrecht um. Dafür wollen wir auch die Kinder- und Jugendrechte in der Landesverfassung verankern.
Einen wichtigen Beitrag zur demokratischen Zivilgesellschaft leisten auch die offene Jugendbildung und die Jugendarbeit. Sie haben in Baden-Württemberg zu Recht Verfassungsrang und sind zusätzlich in § 11 des Kinder- und Jugendhilfegeset zes verankert, und das zu Recht. Denn jeder hier investierte Euro rentiert sich an anderer Stelle mehrfach durch einen Ge winn an Schlüsselkompetenzen und – auch das gehört erwähnt – in der Folge weniger Bedarf an Therapien und auch an Straf verfolgung.
Offene Jugendarbeit und Jugendbildung haben einen general präventiven Charakter. Ihre Bedeutung ist zeitlos. Sie vermit teln Schlüsselqualifikationen auch für Kinder aus bildungs fernen Familien. Sie gestalten Ferien und Freizeit mit päda gogisch wertvollen Angeboten. Viele von uns haben dies er lebt und in ihrer Jugend erfahren – manche wie ich im Rah men der kirchlichen Jugendarbeit, bei den Pfadfindern oder der Jungschar, andere etwa im Sport. Viele, die heute Land tagsabgeordnete sind, haben die dafür grundlegenden Kom petenzen der offenen Jugendarbeit und Jugendbildung zu ver danken.
Diese Erfahrung verdienen alle Kinder und Jugendlichen. Deshalb ist es von entscheidender Bedeutung, dass wir uns gemeinsam den neuen Herausforderungen einer sich wandeln den Gesellschaft stellen. Dazu gehören der demografische Umbruch, die sich verändernde Bildungslandschaft, die neu en Medien und ein verändertes Freizeitverhalten, die dazu füh ren, dass Kinder und Jugendliche heute schwerer zu erreichen sind, weil sie sich weniger im öffentlichen Raum aufhalten.
Neue Erfahrungen mit Migration, Asyl und gesellschaftlicher Vielfalt, aber auch die Isolation eines Teils der jungen Men schen inmitten einer scheinbar grenzenlos offenen Umgebung – darüber und über die damit zusammenhängenden Probleme wurde im Landtag nach dem Amoklauf von Winnenden viel und ernsthaft nachgedacht. Eine Konsequenz daraus ist der „Zukunftsplan Jugend“ mit einem Haushaltsvolumen von zu sätzlich jährlich 3 Millionen €. Er steht für einen dialogischen Beratungsprozess unter Beteiligung vieler Verbände und Dachorganisationen. Namentlich sind dies die Baden-Würt tembergische Sportjugend, die Landesarbeitsgemeinschaft Of fene Jugendbildung Baden-Württemberg, der Landesjugend ring, die Landesvereinigung Kulturelle Jugendbildung BadenWürttemberg und die Arbeitsgemeinschaft der Jugendverbän de in Baden-Württemberg.
Sie alle sind sich einig: Es geht nicht einfach um ein „Weiter so!“, sondern wir brauchen neue Kooperationen zwischen Schule und Jugendarbeit, aber ohne falsche Vermischung. Da für hat diese Landesregierung – beispielsweise im Kontext der
Ganztagsschulen – die notwendigen Rahmenbedingungen ge schaffen.
Auch heute noch – so viel zum Thema Bildung – lernen Kin der und Jugendliche außerhalb der Schule in der Summe deut lich mehr als innerhalb. Die Stärkung der außerschulischen Erfahrungen ist für uns deshalb auch ein Beitrag zur Bildungs gerechtigkeit. Denn die dort erworbenen Fähigkeiten und das darin gewonnene Selbstvertrauen wirken sich selbstverständ lich auch auf den weiteren Bildungs- und Berufsweg aus. Die se Bedeutung besteht nicht zuletzt im Hinblick auf neue Mi lieus und die notwendige interkulturelle Öffnung der Ange bote. Dafür fördern wir Projekte und Strukturen im Sinne ei ner demokratischen Kultur, die auf Freiwilligkeit, Partizipa tion und Selbstorganisation basiert.
Jugendliche brauchen professionelle Strukturen, um an ehren amtliches Engagement herangeführt zu werden. Diese Quel le darf aber nicht ausgebeutet, sondern muss immer wieder neu erschlossen und gepflegt werden.
Wir haben es uns im Koalitionsvertrag zur Aufgabe gemacht, verbindliche und verlässliche Förderstrukturen zu schaffen, und wir haben Wort gehalten. Wir fördern nicht nur wegwei sende Projekte, sondern auch die sie tragenden Strukturen – beispielsweise mit 22 zusätzlichen Bildungsreferentenstellen im Land. Dabei geht es ebenso um die Angebote im ländli chen wie im urbanen Raum.
Demokratie – das habe ich eingangs gesagt – entwickelt sich vor allem dadurch, dass sie erlebt und erlebbar gemacht wird. Deshalb wollen wir die Potenziale der außerschulischen Kin der- und Jugendbildung als Demokratiewerkstatt nutzen, eben so die Bildungspotenziale – von der Alltagskompetenz bis zur Gesundheitsbildung. Dies ist heute, wie wir täglich in unse ren Wahlkreisen erfahren, notwendiger denn je. Deshalb will Grün-Rot mit dem „Zukunftsplan Jugend“ den damit begon nenen Beratungsprozess mit den Jugendverbänden über eine die gesellschaftlichen Herausforderungen aufnehmende Ar beit fortsetzen und dabei auch für eine nachhaltig angemesse ne Finanzierung ihrer wertvollen Arbeit sorgen.
Ebenso wichtig ist uns die Jugendsozialarbeit. Sowohl vor beugend als auch in schwierigen Lebenslagen ist sie ein wich tiger und für viele Jugendliche unverzichtbarer Teil ihres ge lingenden Aufwachsens. Sie ergänzt die elterliche Sozialisa tion und hat stützende Funktion, wo traditionelle Milieus und Nachbarschaften dies nicht mehr leisten können. Ihre Anbin dung erfolgt immer mehr über die von Grün-Rot massiv auf gebaute Schulsozialarbeit, ist aber unabhängig vom Schulkon text. Sie unterstützt mit Einzelfallhilfe, Gruppen- und Gemein wesenarbeit sowohl die Jugendlichen als auch die Gesellschaft als Ganzes.
Jugendbeteiligung, demokratisches, zivilgesellschaftliches Engagement entstehen nicht von allein. Sie müssen landespo litisch ermöglicht und von einem breiten Bündnis schulischer und außerschulischer Akteure getragen und umgesetzt wer den.
Die Übernahme von Verantwortung, selbst- und mitbestimm te Formen der Beteiligung sowie das Erfahren von Selbstwirk
samkeit sind zentrale Voraussetzungen einer demokratischen und selbstbewussten Bürger- und Bürgerinnengesellschaft. Sie helfen Kindern und Jugendlichen dabei, soziale und kulturel le Vielfalt als Bereicherung zu erfahren, mitzugestalten
und aktiv soziale Ausgrenzung und Diskriminierung jeder Art zu überwinden.
Bei alldem darf die Beteiligung von Kindern und Jugendli chen nicht zum politischen Trockenschwimmen werden. Des halb engagieren wir uns in einem breiten Bündnis mit der Lan deszentrale für politische Bildung dafür, Jugendliche für de mokratische Prozesse und für die Teilnahme an Wahlen zu ge winnen. Dafür steht die Veranstaltungsreihe „Was uns be trifft“. Das ist wichtig und wird unter einer Bedingung zum Erfolg führen: wenn nämlich Kinder und Jugendliche die re ale Erfahrung machen, dass ihre Meinung, ihre Bedürfnisse und ihr Einsatz zählen, dass sie wirklich einen Unterschied machen.
Ich bin deswegen gespannt auf das Ergebnispapier des Ju gendlandtags, das uns heute Mittag überreicht wird.
Noch gespannter bin ich darauf, wie wir, der Landtag, damit umgehen. Da heißt es auch – lieber Kollege Schreiner, Sie ha ben ja viele Themen genannt –: Farbe bekennen. Jugendbe teiligung ist und bleibt nämlich eine tägliche Herausforderung und eine Chance für uns alle.
Frau Präsidentin, sehr ge ehrte Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Zwischen der ersten Lesung dieses Gesetzentwurfs und der heutigen zweiten Lesung standen für den Bildungsausschuss zwei prägende Ereignisse: die Informationsreise nach Südti rol und die öffentliche Anhörung am 1. Juli.
Südtirol hat uns gezeigt, was es bedeutet, wenn eine Bildungs kultur inklusiv geprägt ist, wenn Kinder mit Beeinträchtigun gen von Anfang an ganz selbstverständlich dazugehören – in den Kindertagesstätten ebenso wie in den Grundschulen, in den beruflichen Schulen und selbstverständlich auch im Gym nasium.
Es war beeindruckend, wie pädagogische Fachkräfte, Lehre rinnen und Lehrer, Professorinnen und Professoren, Eltern so wie Politikerinnen und Politiker aus dem gesamten Spektrum offen über Probleme sprachen. Denn auch Südtirol ist keine heile Welt. Umso überzeugender war aber, dass niemand an irgendeiner Stelle daran gezweifelt hat, dass der Weg der In klusion der richtige ist, weil er für alle Kinder ein Gewinn ist – sozial und übrigens auch in Bezug auf die klassischen schu lischen Leistungsstandards.
Die Eindrücke in Südtirol haben uns bestätigt, dass der Weg, den wir mit der Schulgesetzänderung gehen, für uns in Ba den-Württemberg der richtige ist. Wir ermöglichen Inklusion, aber wir erzwingen nichts. Wir schaffen ein Wunsch- und
Wahlrecht auf inklusive Beschulung an einer allgemeinbil denden Schule, aber nicht unbedingt an einer bestimmten Schule. Wir geben der Schulverwaltung die Möglichkeit, be stimmte Profilierungen einzelner Schulen zu fördern und ein regional stimmiges inklusives Schulangebot zu gestalten.
Die Schulämter haben künftig die Ressourcensteuerung in der Hand. Dies würde über die Annahme Ihrer Änderungsanträ ge übrigens wieder abgeschafft. Alle Schulen werden so Schritt für Schritt inklusiv, aber nicht an jeder Schule wird das Gleiche stattfinden. Die Sonderpädagogik gewinnt in inklusi ven Settings sogar noch an Bedeutung. Sonderpädagoginnen und Sonderpädagogen können künftig entscheiden, ob sie von der allgemeinbildenden Schule angestellt werden wollen oder weiterhin der bisherigen Sonderschule, also einem künftigen sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentrum, zu gehören wollen.
Wir stellen für den Reformprozess jährlich zusätzliche Son derpädagoginnen und Sonderpädagogen ein, im nächsten Schuljahr allein 200 und bis 2022 1 350 – zusätzliche Son derpädagoginnen und Sonderpädagogen, wohlgemerkt.
Dieses Paket hat auch in der öffentlichen Anhörung am 1. Ju li überzeugt. Von der kommunalen Seite war angesichts der finanziellen Vereinbarung mit dem Land von einem fairen In teressenausgleich die Rede. Das kann man einmal zur Kennt nis nehmen.
Die Schulräte halten ebenso wie die unterschiedlichen Schul träger und die Gewerkschaften das Gesetzespaket für sinn voll. Von der Sonderpädagogik kam ausdrücklich Anerken nung, weil entgegen früherer Befürchtungen – da ist ja der Teufel an die Wand gemalt worden; Frau Dr. Stolz hat heute versucht, das noch einmal zu reanimieren – die sonderpäda gogische Fachlichkeit und Qualität uneingeschränkt gewahrt bleiben.
Frau Dr. Stolz, ich habe es Ihnen auch bei der letzten Rede ge sagt – und Sie haben bisher nichts Neues dazu beigetragen –: Ich bin der zuständige fachpolitische Sprecher meiner Frak tion. Ich musste zu keinem Zeitpunkt eine meiner Positionen ändern oder revidieren; sie finden sich 1 : 1 in diesem Gesetz.
Ich finde, das gehört zur Redlichkeit, statt zu behaupten, wir hätten hier früher Wunder was alles gefordert: Unsere Frakti on hat hier immer eine konsistente Linie vertreten.
Ich rede von meiner Fraktion, von meiner Position. Ich bin der zuständige fachpolitische Sprecher.
Ich kann natürlich auch irgendwelche Politiker aus Ihren Rei hen zitieren, deren Aussagen Ihnen an dieser Stelle vielleicht unangenehm sind oder die zu einem anderen Diskussionsstand etwas anderes gesagt haben. Das ist nicht Gegenstand dieser Debatte.
Deswegen war es nur konsequent, dass auch die Opposition im Ausschuss nach der Anhörung nicht mehr gegen die grünrote Gesetzesvorlage gestimmt hat. Das war doch einmal ein Schritt nach vorn. Denn Reden, die wir in früheren Debatten gehört hatten – Sie hatten ja unterschiedliche Debattenanläs se geschaffen –, hörten sich ganz anders an.
Ich hörte mich nicht anders an.
Mittlerweile scheint bei Ihnen aber das Chaos ausgebrochen zu sein. Denn Sie haben uns ein völlig unstrukturiertes Sam melsurium von Änderungsanträgen geliefert, die zum Teil un seren gemeinsamen Zielen zuwiderlaufen, z. B. was die Sou veränität der Schulverwaltung angeht.
Der Verdacht drängt sich auf, dass Sie sich hier von außen ha ben zuarbeiten lassen, ohne auf die innere Schlüssigkeit zu achten.
Ihre Änderungsanträge beinhalten zumindest einmal ganz un terschiedliche Zielsetzungen. Wenn Sie z. B. voraussetzen, dass ein Sonderpädagoge an einer allgemeinbildenden Schu le erst angestellt werden darf, wenn an den Sonderschulen sonst überall 100 % Schulausstattung gewährleistet sind, dann stellen Sie eine Bedingung auf, die Sie in Ihrer Regierungs zeit nicht ein einziges Mal erfüllt haben. Es gäbe null inklu sive Angebote, wenn das, was Sie hier fordern, tatsächlich um gesetzt worden wäre.
Wir stocken die Zahl der Sonderpädagoginnen und Sonder pädagogen über den Ersatzbedarf hinaus auf. Das hätten Sie auch machen können.
Natürlich schaffen wir auch mit diesem Gesetz keine heile Welt, sondern nur eine bessere. Es gibt unverändert Baustel len, die geschlossen werden müssen, die es aber – siehe An hörung – nicht rechtfertigen, das Gesetz auf die lange Bank zu schieben. Beispielsweise müssen wir eine rechtlich ein wandfreie Regelung finden, wenn Lehrerinnen und Lehrer aus privaten Sonderschulen an inklusiven staatlichen Schulen un terrichten. Das Kultusministerium hat eine entsprechende Lö sung skizziert. Wir erwarten eine zeitnahe Umsetzung, und dazu passt auch der gemeinsame Entschließungsantrag der Regierungsfraktionen.
Das überzeugt weit mehr als die völlig unterschiedlichen Schnellschüsse – das sind ja zwei völlig verschiedene Ziel richtungen, die Sie jetzt vorschlagen –, die die Oppositions fraktionen last minute auf den Tisch gelegt haben. Und: Wie soll man etwas über Nacht prüfen, was rechtlich weitgehen de Schlussfolgerungen nach sich zieht?
Wir müssen beim Umbau auch darauf achten, dass keine fal schen Anreize gesetzt werden, indem inklusiv beschulte Kin der finanziell – das ist ja ein ziemlich komplexes Konstrukt – schlechtergestellt werden würden als an Sonderschulen. Des halb muss auch der Organisationserlass für die Zuteilung der Lehrerinnen und Lehrer dem neuen Gesetz angepasst werden.
Wir müssen die mit dem Gesetz ermöglichten Pilotversuche, die Eltern von Kindern mit Beeinträchtigungen zusätzliche Gänge zu den Sozial- und Jugendämtern ersparen, schnellst möglich auf den Weg bringen und zum allgemeinen Standard machen.
Jetzt hört es sich ja ganz gut an, wenn Sie sagen: „Die Positi onen haben sich angenähert.“ Das mag vielleicht in der per sönlichen Verständigung der Fall sein. Ich möchte nur fest stellen, dass wir unsere Position an keiner Stelle verändern mussten, dass wir, der grüne Teil, uns nicht weiter bewegen mussten als andere. Wir waren uns in der Koalition sehr schnell einig – das wird der Kollege Käppeler bestätigen –, wie wir das Gesetz gestalten,
nämlich so, wie es Ihnen hier vorliegt.
Interessanterweise beziehen Sie sich auch noch auf den Lan des-Behindertenbeauftragten. Er war aus durchaus nachvoll ziehbaren Gründen der Meinung, dass wir an einigen Stellen vielleicht sogar zu kompromissbereit waren. Daher, glaube ich, hilft es Ihnen nicht, wenn Sie sich auf ihn beziehen.
Die Nebenbaustellen, die ich ehrlicherweise erwähnt habe, ändern nichts daran, dass das Hauptwerk insgesamt gelungen ist und auf breite Zustimmung stößt – als solide Grundlage für eine inklusive Schulentwicklung. Es stimmt natürlich: Wir schaffen damit keine heile oder konfliktfreie Welt, aber die Voraussetzung für eine bessere, eine inklusive Welt. Und das ist aller Ehren wert.
Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Die Anhörung hat zumindest eines er bracht, Frau Dr. Stolz, und deswegen war die Enthaltung, die Sie zuerst zum Ausdruck gebracht haben, gar nicht so un schlüssig.
Dass das Gesetz eine solide Grundlage für die weitere inklu sive Schulentwicklung ist, ist, glaube ich, von allen Sachver ständigen bestätigt worden. Es ist ein Startpunkt für eine or ganische, regional angepasste Entwicklung; es ist nicht das Ergebnis, sondern es geht um einen Prozess; das haben alle gesagt.
Umso mehr wundere ich mich jetzt – das muss ich sagen –, in welche Verkrampfungen Sie zurückgefallen sind. Ihre Ände rungsanträge konnte ich noch nicht im Detail prüfen. Ich konnte aber durchaus erkennen, dass sie extrem widersprüch lich sind und dass sie in der Praxis einen Rückfall hinter den jetzigen Rechtszustand zur Folge hätten. Es gäbe weniger Möglichkeiten als heute, inklusive Schulangebote zu gestal ten, und die Schulverwaltung wäre wesentlich stärker einge schränkt als heute. Wir wollen aber genau diese – –
Das können wir gleich über eine Zwischenfrage klären.
An dieser Stelle ist doch klar, dass wir diesen Anträgen nicht zustimmen können.
Wir wissen natürlich auch – das ist eine alte Weisheit –: Wer Inklusion nicht will, der findet Gründe,
und wer sie haben möchte, der findet Wege.
Für diese Wege braucht es Weichenstellungen, damit sie er möglicht werden. Die eine Weichenstellung ist die gesetzli che Weichenstellung; da sind wir, meine ich, auf einem sehr guten Weg. Die Anhörung ist ja dokumentiert.
Die zweite Weichenstellung ist natürlich die entscheidende: Dies ist die Weichenstellung in den Köpfen. Nachdem wir heute Vormittag über die Ergebnisse des Jugendlandtags de battiert haben, kann man an dieser Stelle vielleicht von jun gen Menschen lernen. Ich nenne zwei Beispiele aus meinem Umfeld:
Das erste Beispiel ist meine Tochter, die im Alter von 14 Jah ren erstmals in einem inklusiven Setting ein Praktikum ge macht hat. Ich habe sie am Ende der Woche dann gefragt: „Was war denn für dich das Entscheidende?“ Da hat sie ge sagt: „Weißt du was? Das Recht auf Inklusion haben nicht bloß die Behinderten, das habe auch ich.“ Das war das erste Beispiel.
Das zweite Beispiel: Ein Vater, dessen Tochter vor Kurzem in eine inklusive Kita aufgenommen wurde, hat seine Tochter nach den ersten Tagen dort gefragt: „Wie ist es denn? Wie ge fällt es dir?“ Die Tochter antwortete: „Mir gefällt es gut.“ Der Vater sagte dann: „Ja, aber ihr habt da ja auch ganz viele Kin der, die behindert sind. Wie ist denn das mit diesen Kindern? Sitzen manche von ihnen im Rollstuhl? Die sind dann ja ein geschränkt.“ Darauf sagte die Tochter nur: „Ha, Kinder halt.“ Der Vater sagte zu mir: „An dieser Stelle habe ich etwas ka piert.“
Ich hoffe, heute kapieren alle etwas, und ich hoffe, wir alle nehmen die richtige Weichenstellung vor.
Herr Präsident, liebe Kolle ginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren! Der heutige Tag markiert einen Meilenstein in der Schulpolitik un seres Landes. Wir bringen eine Schulgesetzänderung auf den Weg, die die Sonderschulpflicht abschafft und jedem Kind das Recht auf inklusive Beschulung gibt. Es gehört dann zu der Schule, an der es unterrichtet wird, und zählt selbstverständ lich zum Klassenteiler. Das ist neu, und das ist gut so.
Wir gestalten den Umbau mit Augenmaß, indem wir die Rech te der Betroffenen stärken und Wahlmöglichkeiten erweitern, ohne Bewährtes über Bord zu werfen oder zu entwerten, und indem wir uns an guten Erfahrungen innerhalb und außerhalb unseres Landes orientieren.
Die Kollegin Stolz hat widerwillig zugestanden, dass in die sem Gesetzentwurf viel Richtiges steht. Eines stimmt aber de finitiv nicht: dass meine Fraktion ihre oder ich meine Positi on hätten revidieren müssen. Das wissen Sie auch. Ich muss te meine Position in diesem Prozess an keiner einzigen Stel le verändern oder revidieren. Das müssten Sie mir sonst nach weisen. Das wird Ihnen aber nicht gelingen, weil es eben nicht stimmt.
Eltern von Kindern mit Behinderung können sich künftig frei für eine inklusive Beschulung ebenso wie für den Unterricht an einer Sonderschule entscheiden. Die staatliche Schulver waltung gewährleistet das individuelle Wunsch- und Wahl recht auf Inklusion.
Dieses Recht beinhaltet den Besuch einer wohnortnahen Re gelschule, jedoch nicht zwingend den Besuch einer ganz be stimmten Schule. Als wohnortnahe Regelschule kommt jede Schule in Betracht, an der der notwendige Assistenzbedarf ge deckt wird. Wird ein Kind mit Behinderung nicht zielgleich im Hinblick auf den Schulabschluss unterrichtet, muss eine passende Regelschule zieldifferent unterrichten können. Das regionale Angebot sowie der gesamte Umbauprozess werden im Rahmen einer regionalen Angebotsplanung unter der Re gie der Staatlichen Schulämter gesteuert, die dafür personell verstärkt werden.
Dabei ist klar: Alle Schulen werden sich künftig inklusiv wei terentwickeln, aber nicht jedes Kind kann an jeder Schule un terrichtet werden. Das war immer meine Position.
Gruppenbezogene Lösungen und eine Profilierung einzelner Schulen sind ebenso sinnvoll wie z. B. die inklusive Weiter entwicklung der Außenklassen, die eben nicht inklusiv, son dern integrativ sind. Das ist ein wichtiger Zwischenschritt, aber es ist eben nicht Inklusion.
Auch das ist immer meine Position gewesen.
In den bisherigen Sonderschulen wird weiterhin, aber pers pektivisch deutlich weniger Unterricht stattfinden. Sie wer
den zu sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren und können sich auch für Kinder ohne Behinderung öffnen.
Ja.
Ja, gern.
Ja.
Ja.
Ich habe ja gesagt: „Zwi schenschritt“. Es ist ein Schritt in die richtige Richtung. Das ist das Erste, was die grundsätzliche Organisationsform an geht.
Der Zweite ist: Es ist tatsächlich so, dass sich in einzelnen Fäl len und in zunehmender Zahl von Fällen die Außenklassen in klusiv weiterentwickeln, also langsam übergehen.
Es ist aber natürlich schwierig – das werden Sie mir zugeste hen –, dass diese Kinder per Definition weiterhin nicht die Kinder der Schule sind, an der sie unterrichtet werden, son dern von einer anderen Schule sind, von der sie geschickt wor den sind. Das ist eben noch keine Inklusion, sondern das ist ein Schritt dahin. Deswegen möchten wir da eine Weiterent wicklung haben.
Für die Schnittstelle zur Eingliederungs- und Jugendhilfe, für die nicht schulbezogene Assistenz, gibt es eine Verständigung
mit den kommunalen Landesverbänden. Das Land leistet hier für hohe Ausgleichszahlungen. Der Minister hat darüber ge sprochen.
Die aktive Rolle der Schulämter wird es Eltern künftig erleich tern, ihre Ansprüche geltend zu machen und durchzusetzen.
Für uns ist das ein erster Schritt hin zu einer Ideallösung, bei der alle Leistungen aus einer Hand, nämlich in Bezug auf die Schule bei der Schulverwaltung, gewährt werden. Modell- und Pilotversuche werden dafür ausdrücklich ermöglicht.
Auch für die Lehrerinnen und Lehrer erweitern wir die Wahl möglichkeiten. Sonderpädagoginnen und -pädagogen, die in klusiv an einer allgemeinbildenden Schule unterrichten, kön nen entscheiden, ob sie primär an diese Schule angebunden sein wollen oder an ihr bisheriges sonderpädagogisches Bil dungs- und Beratungszentrum. Zugleich erhalten allgemein bildende Schulen das Recht, Sonderpädagoginnen und -päd agogen direkt bei sich anzustellen.
Die Ausstattung inklusiver Angebote mit Lehrkräften wird künftig ohne bürokratische Umwegschleifen direkt durch die Schulverwaltung erfolgen. Dafür stellen wir in einem ersten Schritt für das kommende Schuljahr den Schulämtern zusätz lich 200 Stellen zur Verfügung, mit denen inklusive – z. B. gruppenbezogene – Lösungen gestaltet werden können. Selbstverständlich werden wir dazu die freigemeinnützigen Privatschulen partnerschaftlich ins Boot holen.
Die Befürchtungen, die von dieser Seite kommen – Frau Kol legin Stolz hat es zitiert –, werden und müssen durch unter gesetzliche Regelungen ausgeräumt werden. Das ist natürlich der Wille des Gesetzgebers und somit auch meiner Fraktion.
Langfristig – das zeigen internationale Erfahrungen – ist ein inklusives Schulsystem nicht zwingend erheblich teurer. Es entstehen Ressourcengewinne, wenn Doppelstrukturen abge baut werden und eine regionale Schulentwicklung auch für die Sonderschul- und Förderschulstandorte umgesetzt wird. Doch für den Übergang – auch das wurde nie bestritten – be nötigen wir zusätzliche Stellen.
Die weitere Ausstattung wird nicht zentralistisch gedeckelt – wie Sie es suggeriert haben –, sondern entsprechend der regi onalen Bedarfsentwicklung angepasst. Denn Inklusion ist für die Fraktion GRÜNE im Landtag kein Sparmodell. Unsere Kriterien sind Qualität, Verlässlichkeit, Transparenz, sogar ei ne Ressourcengarantie, die bei den Schülerinnen und Schü lern tatsächlich ankommt.
Parallel zur Schulgesetzänderung bringen wir eine inklusions bezogene Lehrerinnen- und Lehrerausbildung mit den Inhal ten „Individuelle Förderung“ und „Zieldifferenter Unterricht“ sowie gute Fortbildungsangebote für alle Regelschulpädago ginnen und -pädagogen auf den Weg. Die differenzierte Qua lität der Sonderpädagogik bleibt erhalten und wird künftig in klusiv ausgerichtet. Das heißt: Das, was Sie jetzt hier an zen tralistischen Fantasien hatten, beantworten wir dadurch, dass wir die Akteure vor Ort stärken, dass wir ihre Kompetenz stär ken und dass wir sie entsprechend unterstützen. Das „Ja, aber“, das Sie, Frau Stolz, hier an vielen Stellen formuliert ha ben, ist eigentlich ein Nein, und ich finde, es wäre an der Zeit,
dass Sie sich von Ihrer Problemtrance lösen, sich die Anhö rungsergebnisse anschauen und feststellen, dass Sie eigent lich im positiven Sinn Farbe bekennen können.
Wenn Sie die UN-Behindertenrechtskonvention ernst nehmen und wenn Sie, wie wir, eine fachlich stimmige, regional ab gestimmte, dezentrale und organische Entwicklung unter der Regie unserer Schulverwaltung ermöglichen wollen, dann ma chen wir Ihnen mit diesem Gesetzentwurf ein Angebot, dem Sie ohne Bedenken zustimmen können.
Vielen Dank.
Herr Präsident, liebe Kolle ginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Wissen Sie, was „doppelte Halbsprachigkeit“ ist? Auch wenn Sie diesen Begriff nicht kennen, ist Ihnen das Phänomen sicher vertraut. Denn doppelte Halbsprachigkeit ist bei Kindern und Jugend lichen mit Migrationshintergrund alles andere als selten. Die davon betroffenen Kinder beherrschen die Sprache ihrer Her kunftsfamilie und die deutsche Sprache jeweils nur lücken- und fehlerhaft.
Lange Zeit wurde den entsprechenden Herkunftsfamilien empfohlen, sie mögen doch mit ihren Kindern zu Hause aus schließlich deutsch sprechen, und noch vor Kurzem wollte der CSU-Generalsekretär ihnen dies sogar vorschreiben. Objek tiv ist eine solche Forderung – wenn ich mir dieses Sprach spiel erlauben darf – „be-scheuert“. Deren Umsetzung wäre sprachwissenschaftlich und hirnorganisch gesehen der größt mögliche Unsinn. Denn ganz im Widerspruch zu einer schlich ten Stammtischlogik wurde festgestellt, dass Kinder, die bei spielsweise erst im Alter von zehn Jahren nach Deutschland eingewandert sind, die deutsche Sprache in der Regel schnel ler lernen und schulisch erfolgreicher sind als viele hier ge borene Kinder.
Die Linguisten haben für dieses Phänomen eine plausible Er klärung: Jedes Kind kommt mit einem Talent zum Spracher werb auf die Welt und bringt eine sogenannte Urgrammatik mit, die dann durch Lernen und Erfahrung zu einer vollstän digen Sprachkompetenz heranreift. Wenn ein Kind eine Spra che grundsätzlich beherrscht, kann es auch weitere Sprachen sehr viel leichter erlernen, und wenn eine vielfältige, fordern de Umgebung vorhanden ist, entwickelt sich auch Mehrspra chigkeit auf hohem Niveau. Wenn die Umgebung eines Kin des aber keinen vollständigen Spracherfahrungsraum bietet, wird keine Sprache richtig gelernt, und wenn dann Eltern, de ren Deutsch fehlerhaft ist, auch noch dazu aufgefordert wer den, nur deutsch mit ihren Kindern zu reden, dann entsteht der größtmögliche Schaden: doppelte Halbsprachigkeit und da mit drastisch verminderte Lebenschancen.
Muttersprachlicher Unterricht kann dazu beitragen, dass Lü cken in der Urgrammatik eines Kindes geschlossen werden und somit in der Folge auch das Erlernen der deutschen Spra che erleichtert wird. Deshalb ist muttersprachlicher Unterricht auf jeden Fall besser als kein muttersprachlicher Unterricht – nicht nur, weil Mehrsprachigkeit ein Vorteil ist, sondern auch, weil muttersprachlicher Unterricht oft eine Voraussetzung da für ist, dass überhaupt eine Sprachkompetenz entwickelt wer den kann.
Perspektivisch ist allerdings das gegenwärtige Modell des muttersprachlichen Unterrichts, das sogenannte Konsulatsmo dell, keine gute Lösung. Es basiert auf der Vorstellung, die in den Siebzigerjahren noch gegolten hat, es müsse darum ge hen, die Rückkehrbereitschaft und Rückkehrkompetenz von Menschen mit Migrationshintergrund zu erhalten. Das ist völ lig überholt: Aus Ausländern und Ausländerinnen sind längst Einwanderer und Einwanderinnen, also Inländer und Inlände rinnen, geworden, und es ist eine Tatsache, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist und dass die allermeisten Men
schen mit Migrationshintergrund auf Dauer hier leben und zu unserer Gesellschaft gehören.
Der grün-rote Koalitionsvertrag liegt deshalb völlig richtig: Es kann nicht die Aufgabe ausländischer Konsulate bleiben, allein über die Inhalte und die Gestaltung eines muttersprach lichen Unterrichts zu bestimmen. Ein Verzicht auf eine inlän dische, also baden-württembergische Schulaufsicht ist hier auf Dauer ebenso wenig hinnehmbar wie etwa beim muslimischen Religionsunterricht.
Nachhaltig sinnvoll wird muttersprachlicher Unterricht aber erst, wenn die darin tätigen Lehrerinnen und Lehrer nicht da rauf reduziert werden, eine ausländische Kultur zu vermitteln, sondern wenn sie auch unser Land kennen und in der Lage sind, interkulturelle Verständigung zu ermöglichen und Kin dern und Jugendlichen dabei zu helfen, ihren eigenen Weg in dieser Gesellschaft zu finden. Von Konsulaten aus den Her kunftsländern importierte Lehrkräfte sind darauf nicht vorbe reitet. Wenn wir den muttersprachlichen Unterricht umstellen – dazu stehen wir –, dann wird das zusätzliches Geld kosten. Aber das ist nur dann gut angelegt, wenn wir es richtig ma chen.
Muttersprachliche Förderung muss möglichst frühzeitig und alltagsintegriert einsetzen, also am besten bereits in der Kita. Wir brauchen dazu qualifizierte, mehrsprachige Lehrkräfte mit interkultureller Kompetenz. Diese müssen wir ausbilden und gezielt qualifizieren; denn sie sind nicht einfach per Stellen anzeige zu rekrutieren. Für die Entwicklung und Umsetzung eines zeitgemäßen muttersprachlichen Unterrichts brauchen wir also einen gesellschaftlichen Verständigungsprozess, für den diese Landesregierung mit ihrem interkulturellen Dialog, mit ihrer Politik des Gehörtwerdens, mit ihrer aktiven Integ rations- und Inklusionspolitik und übrigens auch mit einer Vervielfachung der Mittel in der Sprachförderung wichtige Grundlagen legt.
Zum Beschlussantrag der FDP/DVP und auch zu den Ausfüh rungen des Kollegen Schebesta kann ich nur sagen: Den Deutschunterricht für Flüchtlinge und den muttersprachlichen Unterricht für Migrantinnen und Migranten gegeneinander auszuspielen ist ähnlich sinnvoll, wie die Luftreinhaltung und den Gewässerschutz gegeneinanderzustellen – nur weil bei des irgendwie mit Umwelt zu tun hat.
Reden wir also nicht über durchsichtige Taktik, sondern über Inhalte.