Protokoll der Sitzung vom 15.07.2015

Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 134. Sitzung des 15. Landtags von Baden-Würt temberg.

Urlaub für heute habe ich erteilt Frau Abg. Anneke Graner, der ich gleichzeitig im Namen des Hohen Hauses von hier aus auch zur Geburt ihrer Tochter Clara-Marie gratulieren möch te,

(Beifall bei allen Fraktionen)

Frau Abg. Helen Heberer, Herrn Abg. Karl-Wolfgang Jägel und Herrn Abg. Alexander Throm.

Krankgemeldet sind Frau Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch, von der ich Sie alle grüßen darf – sie befindet sich auf dem Weg der Besserung –,

(Beifall bei allen Fraktionen)

sowie Herr Abg. Dr. Markus Rösler.

Aus dienstlichen Gründen entschuldigt haben sich zwischen 11 und 12 Uhr Herr Minister Gall und ab 14 Uhr Herr Minis ter Friedrich.

Im E i n g a n g befindet sich die Mitteilung des Rech nungshofs vom 9. Juli 2015 – Beratende Äußerung „Kontroll system und Verwaltungskosten bei EU-Förderverfahren in den Bereichen EGFL und ELER“ –, Drucksache 15/7140. Ich schlage vor, diese Mitteilung vorberatend an den Ausschuss für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz sowie an den Ausschuss für Europa und Internationales und federführend an den Ausschuss für Finanzen und Wirtschaft zu überweisen. – Es erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Wir treten in die Tagesordnung ein.

Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:

Aktuelle Debatte – Krankenhausstrukturgesetz der Gro ßen Koalition: Gravierende Nachteile für den Gesund heitsstandort Baden-Württemberg? – beantragt von der Fraktion der FDP/DVP

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Aktuel le Debatte eine Gesamtredezeit von 40 Minuten festgelegt. Darauf wird die Redezeit der Regierung nicht angerechnet. Für die einleitenden Erklärungen der Fraktionen und für die Rednerinnen und Redner in der zweiten Runde gilt jeweils ei ne Redezeit von fünf Minuten. Ich darf die Mitglieder der Landesregierung bitten, sich ebenfalls an den vorgegebenen Redezeitrahmen zu halten.

Das Wort für die FDP/DVP-Fraktion erhält Herr Abg. Hauß mann.

Sehr geehrter Herr Prä sident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die FDP/DVP-Landtagsfraktion hat vor zwei Jahren in einem Antrag nach der Situation der Kranken häuser in Baden-Württemberg gefragt. Wenn man sieht, wie sich die Entwicklung in den zehn Jahren bis 2013 – so weit reichten die in der Stellungnahme mitgeteilten Zahlen – voll zogen hat, muss man sagen, dass die Strukturreform in Ba den-Württemberg im Vergleich zu anderen Bundesländern schon deutlich stärker in Angriff genommen wurde. Das se hen wir an einigen wenigen Zahlen.

In Baden-Württemberg wurden rund 12 % der Planbetten ab gebaut. Das Land verfügt – Stand 2013 – über 55 000 Betten. In Baden-Württemberg sind, bezogen auf die Einwohnerzahl, die Krankenhauskosten am niedrigsten. In Baden-Württem berg ist die Verweildauer am niedrigsten. Hier werden im Durchschnitt 15 % weniger Patienten behandelt als im Bun desdurchschnitt.

Viele Hausaufgaben sind schon deutlich erledigt. Ich darf durchaus anmerken, dass Baden-Württembergerinnen und Ba den-Württemberger erhebliche Beiträge in den Gesundheits fonds leisten. Jedes Jahr wandern aus Baden-Württemberg Milliardenbeträge in den Gesundheitsfonds.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Wie beim Länderfinanzausgleich!)

Trotzdem ist der Versorgungsgrad sehr hoch und die medizi nische Versorgung sehr gut. Ich darf deswegen zu Beginn an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, das Pflegepersonal, die Ärztinnen und Ärzte sowie das Verwaltungspersonal der ba den-württembergischen Krankenhäuser einen ganz herzlichen Dank

(Abg. Bärbl Mielich und Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Und an die Landesregierung!)

für ihr Engagement aussprechen, das sie Tag für Tag zeigen.

(Beifall bei der FDP/DVP sowie Abgeordneten der CDU, der Grünen und der SPD)

In der letzten Woche fand die Mitgliederversammlung der Ba den-Württembergischen Krankenhausgesellschaft statt. Der neue Vorstandsvorsitzende, Detlef Piepenburg, sagte bei der Mitgliederversammlung: „Diese Reform“ – damit meinte er das Krankenhausstrukturgesetz – „tut den Kliniken in BadenWürttemberg weh.“

Wir haben bereits im letzten Jahr die Sozialministerin darauf hingewiesen und kritisiert, dass die Sozialministerin des Lan des Baden-Württemberg an der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Krankenhausstrukturreform nicht beteiligt war. Wir hat ten dazu auch einen Antrag eingebracht. Wir haben vom So zialministerium dann die Information bekommen, das Sozial ministerium werde fortlaufend in die Arbeit der Bund-Län der-Arbeitsgruppe eingebunden und es bestehe ausreichend Gelegenheit, in den nächsten Monaten – das war im letzten Jahr – über die Ergebnisse der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zu diskutieren und entsprechende Änderungen einzubringen.

Wir haben das Gefühl: Da wurde für den Standort, für die Kli niken in Baden-Württemberg einiges versäumt. Jetzt, da, auf Schwäbisch gesagt, „die Katzʼ dʼ Baum nuff isch“, meldet sich die Sozialministerin mit Änderungsanträgen im Bundes rat. Bisher ist das Krankenhausstrukturgesetz im Bundesrat nicht zustimmungspflichtig. Da muss man schon sagen: Ent weder ist es dilettantisch gewesen, oder es war absichtlich, in dem man dieses Thema sozusagen verzögern will. Auf jeden Fall war es kein gutes Zeichen dafür, sich seitens des Landes Baden-Württemberg aktiv in diese Diskussion einzubringen.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Klaus Bur ger CDU)

Warum nährt sich dieser Verdacht? Herr Lauterbach – das ist der Herr, der immer gern Fliege trägt –

(Heiterkeit des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

weist im Juli in einem Schreiben die Abgeordneten der SPD darauf hin: „Lasst euch von den Widerständen vor Ort nicht verunsichern.“ Da frage ich mich: Welches Spiel wird denn da zwischen Bund und Land gespielt? Offenbar will man da für sorgen, dass in den Ländern Ruhe herrscht. Offensichtlich sehen das die verantwortlichen Kollegen der SPD im Bund völlig anders als die Sozialministerin. Wir haben ja nachher vielleicht Gelegenheit, zu diesen Widersprüchen Informatio nen zu erhalten.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Nicht besser ist es bei der CDU. In der letzten Woche war der Kollege Riebsamen, Mitglied des Gesundheitsausschusses des Bundestags, bei der Mitgliederversammlung. Seine Aussagen zu dieser Thematik – speziell hinsichtlich der Auswirkung auf Baden-Württemberg – waren auch nicht unbedingt erhellend.

Es besteht der Eindruck, es werden Mittel bereitgestellt, und damit ist alles gut. Wenn man die einzelnen Positionen ein mal durchliest, hat man den Eindruck, dass wir wissen, wo die Kürzungen stattfinden – ich komme gleich noch einmal dazu –, aber die möglichen Mehrleistungen werden überwiegend erst durch den Gemeinsamen Bundesausschuss in den nächs ten ein, zwei oder drei Jahren festgelegt.

Insofern herrschen da große Planungsunsicherheit und großes Unverständnis. Die Krankenhäuser in Baden-Württemberg sind mit diesem Krankenhausstrukturgesetz sehr im Unkla ren, wie es mit etwaigen Zuschlägen überhaupt weitergeht. So sollte ein Krankenhausstrukturgesetz insbesondere für die Kli niken in Baden-Württemberg nicht aussehen, meine sehr ge ehrten Damen und Herren.

Einer der Knackpunkte ist sicherlich – ohne in alle Details zu gehen, weil das Ganze inzwischen eine Komplexität erreicht hat, die es ohnehin schwierig macht, alle Finessen nachzuvoll ziehen –, dass der Versorgungszuschlag für die Kliniken in Baden-Württemberg wie auch im ganzen Bundesgebiet weg fallen soll. Damit fehlen 60 Millionen € für die Krankenhäu ser in Baden-Württemberg.

Der Landesbasisfallwert soll sich über die Bundesländer an nähern. Auch das wird für Baden-Württemberg keine gute Entwicklung darstellen.

Es gibt neue Abzugstatbestände, indem man Möglichkeiten hat, den Landesbasisfallwert z. B. bei Leistungsverlagerun gen anzupassen. Damit entsteht auch keine Planungssicher heit. Wenn jetzt beispielsweise in einem Klinikum Verlage rungspotenzial besteht, wird das über den Landesbasisfall wert, über die Reduzierung bei anderen Kliniken entsprechend angepasst. Nachvollziehbar ist dieser Tatbestand, der völlig systemfremd ist, in diesem Krankenhausstrukturgesetz über haupt nicht. Insofern würde ich sagen: Das ist ein für BadenWürttemberg mit Sicherheit schlechtes Gesetz, meine sehr ge ehrten Damen und Herren.

Bei der ambulanten Notfallversorgung wird gelobt, dass es Verbesserungen gibt. Der Investitionskostenabschlag wird hal biert. Wenn man aber sieht, dass die Kosten bei 120 € liegen und die entsprechende Vergütung jetzt vielleicht um 2 € auf 34 € steigt, dann muss man natürlich sagen, dass das Ganze nicht ideal ist.

Ich denke, die SPD und die CDU hier im Landtag können si cherlich einiges Erhellende zur Diskussion zwischen Bund und Land beitragen.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Bedauerlich ist, dass das Gesetz zur Förderung von Investiti onen finanzschwacher Kommunen keinen Beitrag für die Kli niken bringt. Es waren 248 Millionen €, die der Bund dem Land Baden-Württemberg zur Verfügung gestellt hat. Man hat seitens Grün-Rot entschieden, nichts davon den Kliniken zu kommen zu lassen. Das hätte einen Impuls gegeben, um die Investitionen der Krankenhäuser in Baden-Württemberg zu unterstützen. In diesem Fall wurde nichts in dieser Richtung unternommen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Wenn man sieht, wie die Situation in den baden-württember gischen Krankenhäusern ist, und wenn man auch die Rück meldungen berücksichtigt, die man von Krankenhäusern be kommt, dann erkennt man, dass es, wie ich glaube, richtig ist, dass wir auch im Landtag von Baden-Württemberg zu dem Krankenhausstrukturgesetz Stellung beziehen. Denn offen sichtlich sind die Aussagen von Bund und Land sehr unter schiedlich. Insofern kann die Sozialministerin hier noch ein mal eine Stellungnahme dazu abgeben.

So weit für die erste Runde.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Für die CDU-Fraktion erteile ich das Wort dem Kollegen Stefan Teufel.

Sehr geehrter Herr Präsident, ge ehrte Kolleginnen und Kollegen! Die baden-württembergi schen Krankenhäuser leisten mit ihren Beschäftigten einen unverzichtbaren Beitrag zur Gesundheitsversorgung in Ba den-Württemberg. Auch in Zukunft müssen sich die Menschen im Land Baden-Württemberg auf eine hochwertige Gesund heitsversorgung verlassen können.

(Beifall bei der CDU)

Die Sicherstellung der medizinischen Versorgung in allen Lan desteilen ist ein zentrales Anliegen der CDU-Landtagsfrakti on.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Hierfür müssen das Land, aber auch der Bund – ich sage ganz bewusst: auch der Bund – die Rahmenbedingungen setzen.