Protokoll der Sitzung vom 15.07.2015

Hierfür müssen das Land, aber auch der Bund – ich sage ganz bewusst: auch der Bund – die Rahmenbedingungen setzen.

(Beifall des Abg. Andreas Schwarz GRÜNE – Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Sehr richtig!)

Wir benötigen auch in Zukunft eine gut erreichbare, aber auch eine hochwertige Krankenhausversorgung im Land BadenWürttemberg. Angesichts des medizinischen Fortschritts so wie der demografischen Entwicklung bedarf es immer wieder auch im Gesundheitsbereich gezielter Reformen.

Im laufenden Gesetzgebungsverfahren hat der Bund, gestützt auf die Bund-Länder-Arbeitsgruppe, Reformvorschläge vor gelegt. Das Bundesgesetz zielt darauf ab, die Qualität der Krankenhausversorgung zu stärken. Genau um diesen Punkt Qualität geht es in diesem Gesetz.

Wir von der CDU-Landtagsfraktion begrüßen, dass das Pfle gestellenförderprogramm mit bis zu 600 Millionen € im Mit telpunkt des Gesetzes steht, des Weiteren, dass der Struktur fonds zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen mit bis zu 500 Millionen € im Gesetz vorgesehen wird.

Wir kritisieren den Wegfall des Versorgungszuschlags. Der Wegfall des Versorgungszuschlags bedeutet, dass den Klini ken allein in Baden-Württemberg ab 2016 über 60 Millionen € entzogen werden. Wir von der CDU-Landtagsfraktion fordern, dass dieser Wegfall des Versorgungszuschlags vom Bund zu rückgenommen wird.

(Beifall bei der CDU sowie Abgeordneten der Grü nen und der SPD)

Des Weiteren kritisieren wir von der CDU-Landtagsfraktion, dass es vor allem Fehlanreize in der Mengensteuerung gibt, die beseitigt werden müssen. Die CDU-Fraktion hätte sich wie die FDP/DVP-Fraktion gewünscht, dass Frau Altpeter an der Bund-Länder-Arbeitsgruppe teilgenommen und auf die Eck punkte, die jetzt 1 : 1 im Gesetz niedergeschrieben worden sind, direkt Einfluss genommen hätte.

Auch wir betonen aus baden-württembergischer Sicht, dass baden-württembergische Kliniken die niedrigste Bettenkapa zität unter den Kliniken aller 16 Bundesländer aufweisen. In Baden-Württemberg gibt es 530 Betten auf 100 000 Einwoh

ner. Dies zeigt, dass Baden-Württemberg schon eine Struktur bereinigung durchgeführt hat. Seit dem Jahr 2000 wurden im Land Baden-Württemberg über 35 Kliniken geschlossen, und über 40 % der Kliniken in Baden-Württemberg schrieben im Jahr 2014 rote Zahlen. Dies sind Punkte, welche wir auch dem Bund immer wieder deutlich machen müssen. Das Land Ba den-Württemberg ist mit seinen Hausaufgaben in der Struk turpolitik der Krankenhäuser schon sehr weit.

Die CDU-Fraktion fordert fünf Punkte:

Erstens fordert die CDU-Fraktion eine auskömmliche Be triebskostenfinanzierung durch den Bund. Es muss jetzt auch im laufenden Gesetzgebungsverfahren immer wieder betont werden: Wir fordern eine auskömmliche Betriebskostenfinan zierung durch den Bund.

(Abg. Bärbl Mielich GRÜNE: Wie soll das denn funktionieren?)

Zweitens: Das Land Baden-Württemberg muss seinen Inves titionsverpflichtungen nachkommen, auch bei der Pauschal förderung.

(Zurufe von den Grünen und der SPD, u. a. Abg. Claus Schmiedel SPD: Hören Sie doch mal! Das ist doch eine Erblast! – Lachen bei der CDU)

Das ist keine Erblast. – Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben immer honoriert, dass Grün-Rot die Inves titionsförderung erhöht hat. Das haben wir honoriert, und das möchten wir auch heute unterstreichen.

(Abg. Bärbl Mielich GRÜNE: Massiv haben wir er höht!)

Aber bei den derzeitigen Steuereinnahmen ist es nur gerecht fertigt, dass man bei der Krankenhausinvestitionsförderung nachlegt. Wir fordern aber auch, dass ein stärkeres Gewicht bei der Pauschalförderung gesetzt wird.

Drittens: Wir fordern das Land Baden-Württemberg auf, die sektorenübergreifende Zusammenarbeit besser zu betonen. Wir müssen im Land Baden-Württemberg ein größeres Au genmerk auf das Thema „Sektorenübergreifende Zusammen arbeit“ richten.

(Abg. Bärbl Mielich GRÜNE: Sehr gut!)

Viertens: Wir unterstützen innovative Versorgungskonzepte.

Und fünftens: Uns, der CDU-Landtagsfraktion, liegt auch das Thema Telemedizin am Herzen. Wir sind der Ansicht, dass das Land Baden-Württemberg die Entwicklungen in der Te lemedizin verschläft. Andere Bundesländer leisten beim The ma Telemedizin viel höhere Förderbeiträge. Baden-Württem berg behandelt das Thema Telemedizin stiefmütterlich.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die CDU-Fraktion steht für eine gut erreichbare und hochwertige Gesundheits versorgung im Land Baden-Württemberg.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

Für die Fraktion GRÜNE erteile ich das Wort der Kollegin Mielich.

Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen! Es ist ja nett, wenn wir das jetzt so hören. Ich bin sehr froh, Herr Haußmann, dass Sie zu Beginn Ihrer Rede sagten, wie groß artig die Versorgungsstruktur in Baden-Württemberg ist. Ich muss sagen, es ist wunderbar, dass Sie die Landesregierung so loben für die Arbeit, die wir in den letzten vier Jahren hier gemacht haben.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Ach!)

Denn wir haben in der Tat dafür gesorgt, dass die Kranken häuser eine deutlich bessere Ausstattung haben, dass sie deut lich besser dastehen, als das noch vor vier Jahren der Fall war.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Das Krankenhausstrukturgesetz ist auf den Weg gebracht wor den. 6,2 Milliarden € soll es kosten, sagen die Krankenkas sen. Was sagte der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange der Patientinnen und Patienten sowie Bevollmäch tigte für Pflege, Herr Karl-Josef Laumann, als er dieses Ge setz kommentierte? Ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten:

Es wird sicherlich die eine oder andere Krankenhaus schließung geben. Viele kleine Krankenhäuser unter 200 Betten haben es schon heute oftmals schwer.

Was heißt das? Das Krankenhausstrukturgesetz ist in Wahr heit ein Krankenhausschließungsgesetz. Eine solche Situati on hatten wir schon einmal, nämlich bei der Einführung der DRGs. Auch damals ist gesagt worden: „Wir werden die Be triebskostenfinanzierung nicht zu 100 % machen, sondern nur zu 90 %; wir werden auf diese Weise Synergieeffekte errei chen und werden natürlich auch erreichen, dass Krankenhäu ser, die nicht mehr wettbewerbsfähig sind, vom Netz genom men werden können.“ Das ist der falsche Weg. Es ist kein po litischer Weg. Das hat vor zehn Jahren nicht funktioniert, und das wird auch jetzt nicht funktionieren.

Jetzt wird davon gesprochen, dass Qualitätskriterien erarbei tet werden sollen. Die sollen aber in den nächsten Jahren erst erarbeitet werden und sind noch gar nicht da. Es wird sugge riert, dass Krankenhäuser keine Qualitätskriterien hätten, de nen sie unterliegen. Das ist der falsche Weg, und das ist auch der falsche Ansatz; denn wir haben sehr wohl Qualität in un seren Krankenhäusern.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Wir wissen doch, wo die Probleme liegen. Das wird überhaupt nicht angesprochen, bzw. da werden keine Maßnahmen ergrif fen. Dazu haben Sie von FDP/DVP und CDU gerade in Ihren Stellungnahmen auch viel zu wenig gesagt. Es wird das Pfle gestellenförderprogramm von 660 Millionen € angesprochen. Herr Lauterbach – da muss ich jetzt die SPD schon einmal kri tisieren –

(Zuruf: Sehr gut!)

sagt: „Na ja, jetzt haben wir festgestellt, dass es einen deutli chen Zusammenhang zwischen der Mortalität und der Aus

stattung mit Pflegepersonal gibt. Also stocken wir das jetzt noch auf perspektivisch 1,32 Milliarden € auf.“ Das alles wird aber nicht reichen, weil es letztlich für baden-württembergi sche Kliniken drei bzw. sechs Personalstellen pro Klinik be deutet, und auch die sind unterfinanziert; sie sind nur zu 90 % finanziert. Das heißt, dass die Kliniken auch dafür wieder Geld in die Hand nehmen müssen, um diese Personalstellen refi nanzieren zu können. Das ist der falsche Ansatz.

Ich hätte in der Tat von einer Großen Koalition in Berlin er wartet, dass sie dieses große Rad dreht und sagt: „Wir haben seit zehn Jahren die DRGs. Es wird Zeit, dass wir dieses Fi nanzsystem auf den Prüfstand stellen, dass wir uns anschau en, ob es wirklich tauglich ist, ob es wirklich das richtige In strument ist, um die Betriebskostenfinanzierung der Kranken häuser zu sichern.“

Herr Teufel, Sie sagen, dass Sie eine auskömmliche Betriebs kostenfinanzierung haben wollen. Dann müssen Sie sich da für in Berlin auch einsetzen und darum kümmern, dass es tat sächlich passiert.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Sehr richtig!)

Das immer nur im Land zu fordern, aber nichts dafür zu tun, erinnert an einen zahnlosen Tiger.

Wenn Sie dann die Ministerin mit dem Vorhalt angreifen, dass sie nicht in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe gewesen ist, muss ich sagen: Wichtig ist, dass sie hier im Land eine gute Politik für die Krankenhäuser abliefert. Sie hat die Position der ba den-württembergischen Krankenhäuser vertreten und die Ver sorgung hier im Land aktiv nach vorn gebracht, indem sie ganz beherzt entsprechende Anträge im Bundesrat gestellt hat mit dem Ziel, den Versorgungszuschlag in den Landesbasis fallwert zu überführen.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Da sieht man, was für ein Gewicht ihr im Bundesrat habt!)

Das war eine gute Initiative, und hierfür möchte ich ihr aus drücklich danken. Das ist die richtige Initiative, die auch hier in diesem Haus insgesamt von allen Parteien mitgetragen wird.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Zurufe)

Das alles ändert nichts an den eigentlichen Problemen, die wir haben. Wir haben ein großes Problem bei der Pflege, bei der Pflegeversorgung. Wir haben zu wenige Pflegekräfte. In den letzten zehn Jahren wurden zu viele Pflegekraftstellen abge baut, und zwar bundesdurchschnittlich etwa 11 %. Im Pflege bereich herrschen total verdichtete Arbeitsabläufe, die Pflege kräfte sind überlastet. Das haben wir in den Anhörungen der Enquetekommission „Pflege“ immer und immer wieder zu hö ren bekommen. Die Pflegekräfte sind unzufrieden, weil sie viel zu wenig Zeit haben, um wirklich gut pflegen zu können. Sie können ihre Qualifikation nicht mehr so ausleben, wie sie es gelernt haben.

Das führt dazu, dass wir in der Tat auf einen Pflegenotstand zusteuern, dem wir uns ganz massiv entgegenstellen müssen. Wie können wir das tun? Es reicht nicht, zu sagen: „Wir schät

zen die Pflege mehr wert.“ Wir müssen vielmehr deutlich sa gen: „Wir haben die Signale verstanden.“ Wir müssen unsere Aktivitäten darauf richten, eine eigene Finanzsäule innerhalb der Betriebskostenfinanzierung, innerhalb der DRGs zu schaf fen. Wir nennen sie „Nursing Related Groups“, das heißt NRGs.

(Zuruf des Abg. Guido Wolf CDU)