Protokoll der Sitzung vom 10.06.2015

Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 130. Sitzung des 15. Landtags von Baden-Würt temberg.

Urlaub für heute habe ich Frau Abg. Anneke Graner, Herrn Abg. Andreas Deuschle, Herrn Abg. Dr. Wolfgang Reinhart und Herrn Abg. Karl-Wilhelm Röhm erteilt.

Krankgemeldet ist Herr Abg. Alexander Schoch.

Aus dienstlichen Gründen entschuldigt hat sich ganztägig Herr Minister Peter Friedrich.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben heute ein Geburtstagskind in unseren Reihen. Im Namen des ganzen Hauses gratuliere ich Ihnen, lieber Herr Kollege Marwein, sehr herzlich zum Geburtstag und wünsche Ihnen alles Gute.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, eine Zusammenstellung der E i n g ä n g e liegt Ihnen vervielfältigt vor. – Sie nehmen davon Kenntnis und stimmen den Überweisungsvorschlägen zu.

Im Eingang befinden sich:

1. Mitteilung der Landesregierung vom 12. Mai 2015 – Jährliche Un

terrichtung des Landtags gemäß § 23 a Absatz 10 Polizeigesetz (PolG) über den erfolgten Einsatz technischer Mittel mit Bezug zur Telekom munikation – Drucksache 15/6888

Überweisung an den Innenausschuss

2. Schreiben des Staatsgerichtshofs vom 8. Mai 2015, Az.: 1 VB 16/15

Verfassungsbeschwerde gegen verschiedene Vorschriften des Lan deshochschulgesetzes wegen der Hochschulorganisation

Überweisung an den Ständigen Ausschuss

Wir treten in die Tagesordnung ein.

Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:

Aktuelle Debatte – Ehe für alle: Respekt und volle Rech te für gleichgeschlechtliche Paare auf dem Standesamt – beantragt von der Fraktion GRÜNE

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Aktuel le Debatte eine Gesamtredezeit von 40 Minuten festgelegt.

Darauf wird die Redezeit der Regierung nicht angerechnet. Für die einleitenden Erklärungen der Fraktionen und für die Rednerinnen und Redner in der zweiten Runde gilt jeweils ei ne Redezeit von fünf Minuten.

Ich darf die Mitglieder der Landesregierung bitten, sich eben falls an den vorgegebenen Redezeitrahmen zu halten.

Das Wort erhält für die Fraktion GRÜNE die Kollegin Sitz mann.

Herr Präsident, liebe Kolle ginnen und Kollegen, guten Morgen allerseits! Bis zum ver gangenen Wochenende fand hier in Stuttgart der Deutsche Evangelische Kirchentag statt. Vier Tage lang waren 100 000 Teilnehmer und Teilnehmerinnen in der Stadt. Sie haben ge meinsam gebetet, Begegnungen gepflegt, miteinander gefei ert, aber auch ernsthafte und intensive Diskussionen geführt.

Eines der wichtigen Themen war die „Ehe für alle“. Daran wollen wir Grünen heute mit unserer Aktuellen Debatte an knüpfen. Wie es der Titel der Debatte schon sagt, sprechen wir Grünen uns ganz klar für die Ehe für alle aus, meine Da men und Herren.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Wenn sich zwei Menschen lieben, wenn sie Verantwortung füreinander übernehmen, wenn sie ihren Lebensweg gemein sam gehen wollen, dann finden wir das gut, und wir fragen uns: Wie kann man da dagegen sein? Wenn sich zwei Men schen für eine gemeinsame Zukunft – in guten und in schlech ten Zeiten – entscheiden, dann finden wir das gut und fragen: Wie kann man da dagegen sein? Wenn zwei Menschen glei chen Geschlechts eine verbindliche Partnerschaft, einen Pakt der wechselseitigen Fürsorge eingehen wollen und ein ganz normales Leben führen wollen, dann finden wir das gut und fragen uns: Wie kann man da dagegen sein?

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Das, was wir fordern, bedeutet gleiche Rechte und gleiche Pflichten und die Ehe für alle. Unseres Erachtens darf der Staat nicht beurteilen, wen man liebt. Das tut der Staat aber derzeit. Vor allem beurteilt der Staat, wen man heiraten darf. Wir sind der Ansicht, dass das dem Staat nicht zusteht und dass dies jeder für sich selbst entscheiden muss. Unsere Auf gabe, die Aufgabe der Politik, ist es nämlich, Rahmenbedin gungen zu schaffen, damit jeder und jede frei entscheiden kann, wie er oder sie leben will. Es ist unsere Aufgabe, Rah menbedingungen für eine freie Entscheidung eines jeden Ein zelnen zu schaffen. Dazu gehört auch die Ehe für alle.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Die Ehe für alle muss für alle Menschen möglich sein – ohne Beurteilung, ohne Vorurteile und vor allem auch ohne Ideo logie, meine Damen und Herren.

(Zuruf des Abg. Dr. Reinhard Löffler CDU)

Das sehen wir so, das sieht die SPD-Fraktion so, das sieht die grün-rote Landesregierung so, aber das sieht auch die deutli che Mehrheit der Bevölkerung in Baden-Württemberg so. Nach der jüngsten Umfrage des SPIEGEL sind 66 % der Deut schen der Ansicht – ich zitiere –,

dass Kanzlerin Angela Merkel dem Beispiel anderer Län der folgen und sich dafür einsetzen sollte, eingetragene Lebenspartnerschaften in Deutschland... in allen Punk ten mit der Ehe gleichzustellen.

75 % sind laut SPIEGEL-Umfrage der Ansicht,

dass es eingetragenen Lebenspartnern erlaubt sein soll te, gemeinsam ein fremdes Kind zu adoptieren.

Das, meine Damen und Herren, ist ein breiter gesellschaftli cher Konsens und zeigt, dass es höchste Zeit wird, die gesell schaftliche Realität anzuerkennen und sich für gleiche Rech te und Pflichten für gleichgeschlechtliche Paare starkzuma chen. Das tun wir.

Um noch einmal auf den Evangelischen Kirchentag zu spre chen zu kommen: Kirchentagspräsident Andreas Barner hat gesagt: Gegen Liebe können wir Christen uns nicht stellen. Das sehen wir auch so. Deshalb halten wir es auch für wich tig und richtig, dass sich gleichgeschlechtliche Paare den kirchlichen Segen geben lassen können. Das kann stattfinden und findet auch statt,

(Zuruf des Abg. Dr. Reinhard Löffler CDU)

oftmals findet es aber heimlich statt. Wir sind der Ansicht: Gleichgeschlechtliche Paare sollen ihre Liebe offen leben kön nen. Sie sollen sich nicht verleugnen oder verstecken müssen. Dieses Versteckspiel ist einer modernen und offenen Gesell schaft unwürdig und sollte schleunigst beendet werden, mei ne Damen und Herren.

(Beifall bei den Grünen und des Abg. Claus Schmie del SPD)

Einer vielfältigen, bunten und offenen Gesellschaft in einem liberalen Land wie Deutschland und Baden-Württemberg stünde es gut zu Gesicht, wenn wir heute hier im Landtag ge meinsam ein Zeichen für Vielfalt, Respekt, Toleranz und Of fenheit setzen. Das wünschen wir uns für die heutige Debat te: ein gemeinsames Signal von allen für die Ehe für alle.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Für die CDU-Fraktion erteile ich das Wort dem Kollegen Wolf.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Frau Kollegin Sitzmann, zunächst ein mal möchte ich mich Ihren Worten anschließen, was die Wür digung derer angeht, die den Deutschen Evangelischen Kir

chentag hier in Stuttgart ausgerichtet haben. Ich möchte da bei ausdrücklich auch auf das hohe Maß an Verantwortung hinweisen, mit der auf diesem Kirchentag viele auch gesell schaftspolitisch wichtige Fragen sachlich und seriös diskutiert worden sind.

(Zuruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE)

Ich möchte mich den Worten des Dankes ausdrücklich an schließen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Frau Kollegin Sitzmann, ich möchte ausdrücklich würdigen, dass Sie Ihre Rede in der heutigen Aktuellen Debatte in glei cher Weise sachlich gehalten haben, ohne zu versuchen, Men schen, die eine andere Position vertreten, sofort in eine Ecke zu stellen oder zu diffamieren. Wenn wir uns auf diese sach liche Basis verständigen können, die den Respekt

(Zuruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE)

vor dem jeweils Andersdenkenden nicht vermissen lässt, wä re auch dies eine gute Stunde in diesem Landtag von BadenWürttemberg.