Protokoll der Sitzung vom 15.07.2015

Das hat dazu geführt, dass wir in den Ausschüssen über die Anträge gesprochen haben und dass es immerhin schon drei Plenardebatten zu diesem Thema gegeben hat, nämlich am 22. Mai 2014, am 4. Februar 2015 und am 11. Mai 2015.

Ich erwähne das nun etwas pingelig, um zu verdeutlichen, um den Beleg zu liefern, dass die Fragen wirklich auf dem Tisch liegen und unverändert nicht beantwortet sind.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Quatsch! Natürlich sind sie beantwortet!)

Man kann hier von einem Problem mit Ansage sprechen. Denn es war klar, dass man, wenn man die Hauptschulen abschaf fen will, für die Lehrer, die dort tätig sind und die dafür ein mal ausgebildet worden sind, auch eine entsprechende Ver wendung in anderen Schulen – nicht nur an anderen Standor ten, sondern an ganz anderen Schultypen – finden muss. Man muss auch erwähnen, dass das nicht nur ein personalwirt schaftliches Problem, ein Problem hinsichtlich der Lehrer, ist, sondern automatisch auch ein Problem hinsichtlich der Schü ler ist, die möglicherweise an anderen Schulen von Lehrern unterrichtet werden, die dafür nicht die nötige Vorbereitung bekommen haben. Insofern handelt es sich hier nicht nur um ein personalwirtschaftliches Problem, sondern aus Sicht der Schüler auch um ein pädagogisches Problem.

Das ist übrigens nicht nur ein Problem mit Ansage, sondern auch ein Problem mit Zusagen gewesen, nämlich Zusagen von den Regierungsfraktionen. Ich habe den Entschließungsantrag

Drucksache 15/5218-10 genannt, mit dem Sie zu einer ent sprechenden Klärung aufgefordert haben. Das gilt jedoch nicht nur dafür. Es gab Ende 2014 auch die Aussage des Kol legen Schmiedel, dass es Aufstiegsmöglichkeiten für Haupt- und Werkrealschullehrer geben soll. Es gab auch die Aussage der Frau Kollegin Sitzmann – immerhin haben sich also die zwei Fraktionsvorsitzenden der Regierungsfraktionen geäu ßert –, die die These aufgestellt hat, dass im Zuge der Umstel lung das Prinzip „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ gelten müsse. Das heißt also, dass alle Lehrer, die an ein und dersel ben Schule tätig sind, grundsätzlich auch das gleiche Gehalt bekommen sollten.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Wieso zweifeln Sie? Das kommt auch!)

Das alles sind Aussagen von Ihnen gewesen.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Das kommt auch!)

Warten Sie es ab. Ich werde aus einer Drucksache mit einer Stellungnahme des Kultusministeriums zitieren, die Sie sprachlos machen wird, weil nämlich nichts mehr davon üb rig geblieben ist.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Nein!)

Eines nach dem anderen.

Es handelt sich also um ein Problem mit Ansage, ein Problem mit Zusage, aber keine Problemlösung mit Aussage. Das ist die Situation, vor der wir stehen.

Deswegen fragen wir heute erneut: Wo sind denn jetzt die Lehrer – mehrere Tausend Lehrer – hingekommen? In wel chen Schultypen, wenn es nicht mehr die Haupt- und Werkre alschulen sind, sind sie tätig? Wie weit weg sind sie versetzt worden? Waren Umzüge erforderlich? Das ist ja auch ein so zialpolitisches Problem. Wie ist das abgewickelt worden? Gibt es dafür Kriterien? Ist dies rechtzeitig gemacht worden? Ist es in Absprache mit den Betroffenen gemacht worden?

Das alles sind Fragen, bei denen wir auch durch entsprechen de Signale und Botschaften vonseiten der Basis unbefriedi gende Entwicklungen feststellen müssen. Die entscheidenden Fragen sind vor allem: Wie sind die Lehrer auf ihre neue Rol le vorbereitet worden? Welche Fortbildungskonzeption gibt es? Es handelt sich also sowohl um ein Problem der Personal entwicklung als auch um ein Problem des Fortbildungskon zepts.

Aus Personalratskreisen wissen wir, dass dort zu diesen Fra gen überhaupt nichts Genaues bekannt ist. Die Schulämter agieren mangels entsprechender Vorgaben uneinheitlich und sind auf sich gestellt. Was die Weiterbildung der Haupt- und Werkrealschullehrer in Richtung Gemeinschaftsschule anbe langt, gibt es mittlerweile einzelne Module. Bezüglich der Weiterbildung in Richtung anderer Schultypen gibt es nach Aussage der Personalräte noch nichts – noch gar nichts.

Auch ist z. B. die Frage ungeklärt, wie es sich mit einem Leh rer verhält, der an einer solchen Weiterbildung teilnimmt. Hat er dann möglicherweise einen Anspruch auf Verwendung in der Zielschule, für die er sich vorbereitet hat?

Sie können nun sagen, das seien Gerüchte. Wir haben aber nach der vorletzten Debatte vom 5. Februar 2015 in der

Drucksache 15/6480 noch einmal ganz exakt nach solchen Weiterbildungskonzepten gefragt. Die Stellungnahme der Re gierung ist mager bis schmallippig. Wir entnehmen der Stel lungnahme, die mittlerweile vorliegt, Folgendes:

Erstens: Erste Fortbildungsmaßnahmen sind für das vergan gene Schulhalbjahr vorgesehen gewesen. Das hätte jedoch schon vor mehreren Jahren stattfinden müssen, weil die Ab wanderung von den Haupt- und Werkrealschulen bereits seit mehreren Jahren stattfindet. Hier wäre durchaus von Interes se, wie viele Lehrer daran teilgenommen haben, ob diese Fort bildungsmaßnahmen qualitativ erfolgreich gewesen waren und was das Ergebnis ist.

Zweitens: Wir wissen, dass für die Lehrerfortbildung insge samt – nicht nur für diesen Personenkreis – 300 000 € pro Jahr zur Verfügung stehen. Man muss schon sagen: Das ist ein biss chen mager.

Drittens – Herr Schmiedel, jetzt kommt der Punkt –: Laut Stel lungnahme der Regierung auf die Frage nach Aufstiegsmög lichkeiten beinhalten die Fortbildungen keine berufsqualifi zierenden Prüfungen und haben deswegen keine Auswirkun gen auf die Besoldung.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Na und?)

Sie haben die Frage gestellt, die Antwort hat der Minister ge geben.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Ich habe keine Frage gestellt! Ich habe etwas für die Zukunft angekündigt!)

Es besteht leider eine große Differenz zwischen dem, was Sie wollten, und dem, was die Regierung tut. Das muss man ganz einfach feststellen.

(Beifall bei der CDU)

Aus dieser Stellungnahme haben wir auch gelernt, dass die Weiterbildung, um die es geht, die notwendig ist und die im Interesse der Unterrichtsqualität eigentlich umfangreich sein muss, während der Unterrichtszeit der Lehrer – also sozusa gen abgedeckt durch das Deputat – stattfinden soll, was logi scherweise dann einen erheblichen Unterrichtsausfall zur Konsequenz hat. Man fragt sich, wie das abgewickelt wird.

Auf die Frage, ob die Lehrer, wenn sie versetzt werden, früh zeitig darauf vorbereitet werden, lautet die Antwort: „mög lichst frühzeitig“. Das war es. Mehr steht in der Stellungnah me dazu nicht drin.

Auf die Frage, wohin sie denn versetzt werden können, heißt es – wörtliches Zitat –, „rein rechtlich“ könnten sie an jede andere Schule versetzt werden. Wenn man sagt „rein recht lich“, heißt das theoretisch; praktisch ist das offensichtlich nicht so.

Auf unsere Frage, was es denn an konkreten Weiterbildungs maßnahmen gibt, wurde – Stand März 2015 – von der Regie rung geantwortet: „Es sind Module geplant.“ Die Weiterbil dungsmaßnahmen sollten in dieser Zeit aber eigentlich schon durchgeführt werden. Für den Grundschulbereich sind fünf Tage, für den Realschulbereich zehn Tage, für den Sonder schulbereich zehn Tage Theorie und 20 Tage Praxis geplant,

und für die übrigen Schulen ist noch gar nichts an Weiterbil dung bekannt.

Meine Damen und Herren, jetzt muss man sich vorstellen: Es geht hier um Unterrichtsqualität.

(Zuruf von der CDU: Ja!)

Das ist nicht nur eine Sache, die die Lehrer betrifft, sondern das betrifft die Schüler gleichermaßen. Wir wissen von Hat tie: Auf den Lehrer kommt es an. Wir haben mehrere Tausend Lehrer, die offensichtlich an Schulen unterrichten, ohne dar auf entsprechend vorbereitet zu sein, und das, wie gesagt, bei einem Problem mit Ansage.

Jetzt haben wir wieder ein Schuljahresende, der nächste Schul jahresbeginn steht bevor, und es ist weiterhin nichts klar. Wir verlangen mit unserer heutigen Debatte, mit dem entsprechen den Antrag, dass endlich Klarheit geschaffen wird, dass kein Lehrer ohne Vorbereitung auf seine neue Aufgabe in andere Schulen versetzt wird, dass wir klären müssen, was die Kon sequenz bezüglich der Unterrichtsqualität ist. Das alles läuft bereits seit Jahren, doch Sie geben keine Antworten darauf. Deswegen wird es höchste Zeit, dass wir Klarheit bekommen, und die versuchen wir mit der heutigen Debatte und unserem Antrag zu bekommen.

Es muss in Ihrem Interesse sein, aus den Folgen Ihres eige nen Handelns, nämlich aus der Zerstörung der Hauptschule, die Konsequenzen zu ziehen,

(Zurufe von den Grünen und der SPD)

indem Sie für die Lehrer und für die Schüler die entsprechen den Konsequenzen ziehen, die Sie bis heute – nach vier Jah ren – nicht gezogen haben.

(Beifall bei der CDU – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Bravo! Sehr gut!)

Für die Fraktion GRÜ NE erteile ich das Wort Frau Abg. Boser.

Sehr geehrte Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Müller, wenn Sie Ant worten auf Ihre Fragen wollen, stellen Sie einen Antrag.

(Zuruf von der CDU: Hat er doch!)

In dem Antrag, den wir heute eigentlich beraten sollten, steht keine von diesen Fragen, die Sie heute hier aufgetan haben. Deswegen frage ich mich, an welcher Debatte ich mich ei gentlich beteiligen soll, die Sie hier aufgemacht haben. Wenn man sich vor Ort umschaut, muss man ganz klar sagen: Die regionale Schulentwicklungsplanung – über die sollten wir jetzt eigentlich reden, wenn man sich Ihren Antrag anschaut – kommt vor Ort an.

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Nur wie?)

Lehrerinnen und Lehrer wissen sehr wohl, an welchen Schu len sie dann eingesetzt werden.

Wenn Sie davon sprechen, dass wir heute noch 300 Haupt- und Werkrealschulen bei uns im Land haben, müssen Sie ei gentlich hinzufügen, dass wir inzwischen auch 280 Gemein

schaftsschulen haben, dass diese Schulen auch nicht von heu te auf morgen geschlossen werden, sondern sukzessive aus laufen, und dass den Lehrerinnen und Lehrern sehr wohl Per sonalentwicklungsmöglichkeiten gegeben werden: zum einen an der nachfolgenden Gemeinschaftsschule – in den Fällen, in denen es so ist –, zum anderen aber auch an anderen Schu len vor Ort, beispielsweise an Realschulen oder an den Grund schulen, die angegliedert sind. Denn die Lehrerausbildung, die es unter der alten Landesregierung bis 2008 gab, ermög lichte ja eine Ausbildung zu Lehrkräften an Grund- und Hauptschulen.

Sie haben dann im Anschluss – ich denke, das lag auch dar an, dass Sie festgestellt haben, dass die Entwicklung der Bil dungslandschaft eine Wende in eine andere Richtung nimmt – selbst eine Lehrerausbildung eingeführt, die Realschulleh rer sowie Haupt- und Werkrealschullehrer in einem Lehrer ausbildungsgang zusammenfasst. Solche Lehrer kommen ab dem kommenden Schuljahr – dann zum ersten Mal – an un sere Schulen in Baden-Württemberg. Das heißt, sie haben be reits eine gemeinsame Ausbildung durchlaufen und können dann auch flexibler eingesetzt werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es war auch unsere Intention bei der neuen Lehrerausbildung, dass wir hier viel flexibler handeln können, dass wir den Lehrerinnen und Leh rern mehr Einsatzmöglichkeiten mit auf den Weg geben. Ihre Partei war es, die dies absolut abgelehnt hat, die davon weg kommen wollte, die da wenig Unterstützung gewährt hat, dass wir die Lehrerausbildung noch komplexer gestalten können. Deshalb muss ich sagen, Herr Müller: Die Fehler, die man heute sieht, haben Sie in Ihrer Regierungszeit begangen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Zuruf des Abg. Ulrich Müller CDU)