Protokoll der Sitzung vom 16.07.2015

Diese Vorgänge müssen geprüft werden, fordert Kollege Sckerl und verlangt vom Justizminister, er habe die Fraktion GRÜNE über alle gewonnenen Einschätzungen zu unterrich ten, vertraulich zu seinen – zu Sckerls – Händen. Kollegiali ter stünde Abg. Sckerl zur Verfügung, die Zuständigkeit für S-21-Ermittlungen zu ändern.

Dieses Muskelspiel der Macht sagt viel aus. Aber es gibt noch eine Steigerung. Es gehe darum, den „Korpsgeist“ und das „Krähenprinzip“ innerhalb der Justiz aufzubrechen, ätzten die Grünen vor der Wahl des Generalstaatsanwalts. Der Kandidat aus dem Dunstkreis der S-21-Befürworter, ein Mann von ges tern, sei für das Amt ungeeignet. Der Chef der Staatskanzlei griff selbst zum Telefon, um der Amtschefin des Justizminis teriums bei der Wahl des Kandidaten behilflich zu sein, be richteten die Medien.

(Abg. Winfried Mack CDU: Hört, hört!)

Die Grünen rechtfertigten sich in den Medien, sie hätten An lass gehabt, wegen vieler Beschwerden von Bürgern kritisch nachzufragen. Ihr Feigenblatt: Es entspräche dem Wählerauf trag, Bürgern zu helfen, die sich an die Grünen wenden.

Die Schreiben des Kollegen Sckerl an den Justizminister be ginnen fast immer gleich – ich zitiere –:

Ich bitte um Darstellung und Erläuterung der Umstände eines Ermittlungsverfahrens und einer Hausdurchsu chung.

So auch ein Brief vom 6. Dezember 2012. In diesem Fall ging es um einen Beamten, der verdächtigt wurde, Einsatzpläne der Polizei an S-21-Gegner weitergegeben zu haben. In der Re gel müssen dann die Behörden der Staatsanwaltschaft bis hoch zum Generalstaatsanwalt dem Justizministerium Arien von Erklärungen abgeben. Nur: Dieser Fall ist besonders. Der An walt des Beschuldigten ließ uns am 16. Februar 2015 wissen – Zitat –:

Mein Mandant hatte niemals Kontakt zu Entscheidungs trägern in Verwaltung und Politik, weder persönlich noch schriftlich, auch nicht zu Herrn Sckerl.

Anwalt und Beschuldigter zeigten sich empört über den Ab geordneten Sckerl – mit Recht. Woher auch immer, ganz of fensichtlich hatte Kollege Sckerl Detailkenntnisse vom Er mittlungsverfahren und vom beamtenrechtlichen Disziplinar verfahren. Am Schwarzen Brett standen sie nicht.

Das Feigenblatt „Wählerauftrag“ kann die rechtsstaatliche Schamlosigkeit von heimlichen grünen Einmischungen nicht verbergen. In welchem Land, in welchem Staat lebt Herr

Sckerl? Und zu welcher Zeit? Die Unabhängigkeit der dritten Gewalt ist dann nicht mehr gewährleistet, wenn die Bürgerin nen und Bürger in unserem Land befürchten müssen, dass die Grünen ihre Ermittlungs- und Disziplinarakten kennen, und ganz besonders, wenn sich die Grünen ohne Wissen der Be troffenen einmischen.

Aber woher kommen diese Informationen? Wir wissen aus ei ner E-Mail der damaligen Leiterin des für Recht und Justiz zuständigen Referats des Staatsministeriums, dass auf Wunsch des Ministerpräsidenten und der Staatsministerin die Staats kanzlei auf alle Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft zugreifen wollte. Alles sei offenzulegen: wer die Beteiligten seien, wie der aktuelle Stand sei, gegen wen sich die Verfah ren richteten, die Namen der Anzeigenerstatter und auch, ob Mitglieder von „Juristen zu Stuttgart 21“ dazugehörten. Ich habe diese E-Mail schon einmal vor diesem Haus thematisiert.

(Lachen und Zuruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE)

Damals versicherte Staatsministerin Krebs, nur anonymisier te Daten sollten abgefragt werden. Es habe auch keine Nach frage seitens des Staatsministeriums gegeben, erklärte die Mi nisterin damals entrüstet. Richtig war das nicht. Die Gründ lichkeit unserer Beamten darf man nicht unterschätzen: Im Nachhinein fand sich in den Akten des Justizministeriums ein handschriftlicher Vermerk. Der Sachbearbeiter notierte zu die sem Vorgang: Personenbezogene Daten sind nach § 474 Ab satz 2 StPO beschränkt. Diese Vorschrift verbietet, personen bezogene Daten außerhalb eines Strafverfahrens weiterzuge ben. – Die Strafprozessordnung interessiert das Staatsminis terium nicht.

Die damalige Ministerialdirigentin und heutige Präsidentin des BGH wurde am 10. Oktober 2011 zum Rapport zitiert. Frau Limperg blieb hart. Das Staatsministerium insistierte weiter und erzwang eine schriftliche Erklärung des Justizmi nisteriums. Ein Satz daraus ist besonders aufschlussreich – Zi tat –:

Das Übermitteln weiterer Auskünfte

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE schüttelt den Kopf.)

zu konkreten Ermittlungsverfahren, etwa durch Übersen dung staatsanwaltschaftlicher Verfügungen, kann nur nach rechtlicher Prüfung und Beteiligung der Staatsan waltschaft erfolgen.

Bingo! Sie haben, Frau Staatsministerin, diesem Haus die Un wahrheit gesagt. Es ist heute klar: Das Staatsministerium for derte keine anonymisierten Daten, sondern konkrete Daten

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE schüttelt den Kopf.)

zur rechtswidrigen Vorratsdatenspeicherung an. Das ist die Wahrheit.

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Ihre!)

Aber wozu? Mich macht das nachdenklich. Mich macht nach denklich – es mag ein Zufall sein, ohne kausalen Zusammen hang, und es mag auch rechtlich korrekt sein –: Bei allen Er

mittlungsverfahren, in die sich grüne Abgeordnete beim Jus tizminister eingeschaltet haben, wurden die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft eingestellt. Eine Anklage erfolgte in kei nem der Fälle. Das wirft Fragen auf. Diese Fragen hat die CDU in einer Großen Anfrage gestellt. Mit großem Besen und dürren Worten kehrte die Landesregierung alles unter den Tep pich.

Wir wollen heute wissen, woher die Landesregierung Kennt nisse aus Ermittlungen der Staatsanwaltschaft hatte, wozu sie sie braucht und was sie damit macht. Oder muss dies am En de ein Untersuchungsausschuss klären?

(Zurufe von den Grünen und der SPD)

Die CDU hätte den Justizminister zu diesen Vorgängen gern als Zeugen im Untersuchungsausschuss „Polizeieinsatz Schlossgarten II“ gehört. Wir durften es nicht. Mit der Regie rungsmehrheit wurde die Zeugenvernehmung im Ausschuss abgelehnt.

(Zurufe von den Grünen und der SPD, u. a.: Stimmt nicht!)

Die Verantwortung dafür trägt allein Ministerpräsident Win fried Kretschmann.

(Zurufe von den Grünen und der SPD)

Der Schaden für unseren Rechtsstaat, für das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in unserem Land in eine unabhängi ge Justiz könnte kaum größer sein.

(Zuruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE)

Ich frage mich schon: Will der Ministerpräsident wirklich, dass seine grüne Partei zur Abrissbirne der dritten Gewalt wird?

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Lachen bei Ab geordneten der Grünen und der SPD – Abg. Karl-Wil helm Röhm CDU: Genau so ist es!)

Der Philosoph von Hippo lag mit seiner „Räuberbande“ nicht ganz falsch. Das Lukasevangelium berichtet: „Ein Pilger, der von Jerusalem nach Jericho wandert, fällt unter die Räuber.“ Wenn die Villa Reitzenstein auf dem Weg liegt, ist höchste Vorsicht geboten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Für die Fraktion GRÜ NE erteile ich das Wort Herrn Abg. Filius.

(Abg. Winfried Mack CDU: Jetzt wird es schwer! – Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU: Wo ist denn der Herr Sckerl? – Gegenruf des Abg. Andreas Glück FDP/DVP: Den interessiert es nicht! – Gegenruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Der ist auf Pilgerfahrt!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen

und Herren! Ich muss – mit Erlaubnis der Präsidentin – gleich ein Zitat bringen:

... wofür sie besonders schwärmt, wenn er wieder aufgewärmt.

Dieser Satz der guten alten Witwe Bolte aus Wilhelm Buschs „Max und Moritz“, liebe CDU – bzw. hier spreche ich wohl eher Sie persönlich an, Herr Dr. Löffler –, trifft heute ganz hervorragend auf Ihren Antrag zu:

(Zuruf des Staatssekretärs Jürgen Walter)

Anstatt konstruktive Kritik zu üben, wärmen Sie Dinge auf, die noch nie von Bedeutung waren.

(Lachen bei der CDU – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Für Sie! Für Sie waren sie nicht von Bedeu tung! – Gegenruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Man sieht jetzt, welche Bedeutung das für die CDU hat! – Gegenruf des Staatssekretärs Jürgen Walter)

Da Ihnen nichts Konzeptionelles einfällt, greifen Sie lieber auf billiges Grünen-Bashing zurück.

Die Vorgänge sind aus 2011. Zwei Jahre später ist es behan delt worden;

(Abg. Dr. Reinhard Löffler CDU: Bis 2015! – Zuruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE)

2014 empörte man sich über verschiedene Abgeordnetenbrie fe. Die Vorwürfe wurden alle geprüft, geklärt und in keinem Punkt bestätigt.

(Zuruf von den Grünen: Aha!)