Protokoll der Sitzung vom 16.07.2015

Das sind wichtige Themen, die hier behandelt werden kön nen. Das war bislang nicht gegeben. Deswegen begrüßen wir dies ganz besonders. Langfristig wird es auch zu einer effizi enteren Justiz führen. Mitbestimmung folgt aus dem Demo kratie- und Rechtsstaatsprinzip. Mehr Mitbestimmung dient dem Wohl der Justiz.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Die Einbeziehung der Richter und Staatsanwälte im organi satorischen Bereich bringt dann auch einfachere Entschei dungsmöglichkeiten – Auswahl der Software und dergleichen.

Ich möchte einfach noch einmal das Argument von Ihnen, Herr Kollege Scheffold, ansprechen. Sie sagen, die Kosten seien noch nicht genau genug berechnet, und kritisieren es, wenn gesagt wird, man könne dies auch nicht. Nun ist es so: Wenn eine effizientere Mitbestimmung da ist, also Konflikte zügig abgeräumt werden können, kann das auch wieder zu ei ner Effizienzsteigerung führen. In welchem Umfang es zu Freistellungen kommt, muss man dann sehen. Die Abfolge ist noch nicht entsprechend dargestellt worden, weil das einfach eine Zukunftskonstellation ist.

Die Umsetzung war tatsächlich umfangreich. 250 Stellung nahmen gingen ein und wurden mit eingearbeitet. Daran er kennt man das Interesse aus der Richterschaft und bei den Staatsanwaltschaften, dass man hier ein transparentes Verfah ren umsetzen will. Das dauert. Das hat Zeit in Anspruch ge nommen. Es gab ein breites Anhörungsverfahren. Wir sind sehr froh, dass jetzt der Gesetzentwurf vorliegt.

Auch um die Eigenständigkeit der Justiz weiter zu betonen, wurden diese Bereiche im Landesrichtergesetz festgeschrie ben und nicht im Landespersonalvertretungsgesetz. Nur in einzelnen Teilen wird darauf verwiesen. Das hat tatsächlich den Wert, dass die Eigenständigkeit der Justiz hier besonders hervorgehoben wird. Bei dem Beteiligungsverfahren – so kann man sagen – ist die Politik des Gehörtwerdens wieder einmal umgesetzt worden.

Insgesamt ist es ein großer und wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer modernen Justiz und zu mehr Mitbestimmung und Transparenz. Meine Fraktion wird diesen Vorgang, der jetzt in den Ständigen Ausschuss kommen wird, wohlwollend be gleiten. Ich freue mich, dass von der CDU-Fraktion schon ei ne entsprechend positive Grundstimmung zu dem Gesetzent wurf signalisiert worden ist.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Für die SPD-Fraktion er teile ich das Wort Herrn Abg. Binder.

Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen und Kollegen! Wir haben heute die erste Lesung des Ge setzes zur Änderung des Landesrichter- und -staatsanwaltsge setzes. Schon in der Überschrift zeigt sich, dass sich das Jus tizministerium für die richtige Variante entschieden hat. Es war auch in der Diskussion: Regeln wir das auch gleich mit im Landespersonalvertretungsgesetz? Dagegen haben wir uns von Anfang an ausgesprochen. Dies wollen wir im Landes richter- und -staatsanwaltsgesetz regeln.

Die Stufenvertretung war immer schon Gegenstand rechtspo litischer Positionen der SPD-Landtagsfraktion. Wir hätten uns gewünscht, Kollege Scheffold, wenn wir das in dieser Legis laturperiode gar nicht mehr hätten ändern müssen, wenn es bereits zu Ihrer Regierungszeit eine Stufenvertretung gegeben hätte. Dann wären wir noch schneller zu einer Gesetzesände rung gekommen.

Insofern ist, glaube ich, nach einem sehr umfangreichen Be teiligungsprozess in der Justiz jetzt der richtige Zeitpunkt, die ses Gesetz heute in erster Lesung zu beraten und dann im Herbst zu verabschieden. Wir sind also voll im Zeitplan, Herr Kollege Dr. Scheffold.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen)

Was die Finanzierung anbelangt – Kollege Filius hat es schon erwähnt –: Das ist ja die Premiere der Stufenvertretung in der Justiz. Insofern wird es auch schwierig sein, jetzt schon die genauen finanziellen Auswirkungen beziffern zu können. Das Gleiche gilt auch für die Freistellungen. Auch da ist noch nicht klar, wie viele Richter und Staatsanwälte überhaupt eine Frei stellung wahrnehmen und, wenn ja, in welcher Größenord nung. Deshalb ist das auch bewusst offengelassen worden. Das sollte kein Hinderungsgrund sein, diesem Gesetz zuzu stimmen.

Einige der geplanten Änderungen und Neuerungen wurden schon angesprochen. Lange Diskussionen gab es darüber, wie die Fachgerichtsbarkeiten in dieser Stufenvertretung auf Ebe ne des Justizministeriums berücksichtigt werden. Ich glaube, da haben wir eine sehr ausgewogene und gute Lösung gefun den.

In einem Teil – darauf ist der Justizminister eingegangen – ist der Gesetzentwurf nicht ganz unumstritten in der Justiz, näm lich bei der Stichtagsbeurteilung, weil das natürlich auf ein mal einen sehr hohen Arbeitsaufwand bedeutet. Wir sind aber in der Abwägung der Auffassung: Es ist richtig, zum gleichen Zeitpunkt eine Beurteilung der verschiedenen Richter und Staatsanwälte zu bekommen, und nicht in unterschiedlichen Zeitabläufen. Insofern, glaube ich, haben wir da einen sehr abgewogenen Vorschlag unterbreitet. Die Einrichtung von Ei nigungsstellen auf Bezirksebene, um Konflikte jeweils in der eigenen Gerichtsbarkeit zu lösen, ist ebenfalls ein wichtiger Bestandteil.

Nicht nur in der Mitbestimmung, über die wir heute beraten, ist die Justiz mit Justizminister Rainer Stickelberger ein sehr, sehr guter Arbeitgeber. Wir haben in den letzten vier Jahren, in der grün-roten Regierungszeit, nicht nur bessere Mitbestim mungsrechte – jetzt mit der Stufenvertretung, bereits im März 2013 mit der gesetzlichen Veränderung in Bezug auf den Prä sidialrat – vorangebracht, sondern wir sind auch gute Arbeit geber bei der Frage der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Wir haben zudem ein Personalentwicklungskonzept, das der Justizminister eingeführt hat, auf den Weg gebracht.

Sie sehen, die Justiz ist in den besten Händen. Die Justiz fühlt sich auch in den besten Händen. Vor diesem Hintergrund kön nen wir, die SPD-Fraktion, heute in erster Lesung dem Justiz minister herzlichen Dank für diesen sehr guten Gesetzesvor schlag und die damit verbundene Arbeit sagen.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Für die Fraktion der FDP/ DVP erteile ich das Wort Herrn Abg. Professor Dr. Goll.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Es ist schon gesagt worden: BadenWürttemberg hat, was die personellen Angelegenheiten anbe langt, das am stärksten ausgebaute Mitbestimmungssystem im richterlichen Bereich in der ganzen Bundesrepublik. Das konnte man kürzlich wieder sehen. Insofern – – Der Minister bleibt immer noch fröhlich. Er musste ja vor kurzer Zeit erle ben, dass selbst bei der Besetzung des OLG Karlsruhe der Vor schlag des Ministeriums nicht durchgegangen ist.

Meine Damen und Herren, es ist ein bundesweit einmaliger Zustand, dass selbst in den Spitzenämtern der Dienstherr nicht mehr bestimmen kann, wer die Position bekommt – wobei man genauso deutlich sagen muss, dass wir in dem Beset zungsfall in Karlsruhe das Glück hatten, dass gleich drei sehr gute Bewerber da waren. Am Ergebnis gibt es insofern nichts zu kritisieren. Aber der Hergang ist schon bemerkenswert – also: die am stärksten ausgebaute Mitbestimmung in diesem Bereich. Es ist richtig: In anderen Bereichen, allgemeinen und sozialen Angelegenheiten, war es deutlich schwächer ausge prägt; man brauchte die ständigen Verweise auf das Landes personalvertretungsgesetz; denn es gab keine eigene Rege lung.

Da ist zu Recht gefragt worden: Warum habt ihr das eigent lich nicht früher geändert? Auf diese Frage konnte man war ten. Ich kann Ihnen aber auch deutlich sagen, warum: Es war im Grunde genommen gar nicht der Druck da. Es war gar nicht das große Anliegen.

Es bedeutet übrigens immer einen erheblichen zusätzlichen Aufwand; das muss man sehen. Es ist mehr Aufwand, und es sind mehr Kosten. Man muss natürlich die Frage stellen: Braucht man es eigentlich? Nach meinem drängenden Ein druck war die Richterschaft über Jahre hinweg nicht so auf gestellt, dass sie gesagt hat: Wir brauchen das dringend.

Das hat übrigens einen ganz einfachen, logischen Grund: Wir haben es mit Richtern und mit Staatsanwälten zu tun. Richter sind unabhängig. Wir wissen, dass diese Unabhängigkeit weit gehend auch auf die Staatsanwaltschaften übertragen wurde. Das heißt, mit denen kann man sowieso nicht verfahren wie mit anderen Bereichen der Verwaltung. Wenn Sie da irgend etwas Neues einführen wollen, brauchen Sie vorher die Zu stimmung – schon aus dem Grund, weil Sie es mit einer Be legschaft zu tun haben, die durch die Unabhängigkeit ge schützt ist.

Vielleicht war das der Grund, weshalb es in der Vergangen heit kein Riesenthema war. Jetzt gibt es tausend Unterschrif

ten. Die wollen wir natürlich auch nicht ignorieren. Es gibt den Wunsch der Richterschaft. Für mich ist es eine typische Sache: Das kann man machen, wenn man will, man muss es aber nicht machen. Wir werden uns dem Gesetz nicht in ir gendeiner Weise entgegenstellen. Wir werden den Prozess konstruktiv begleiten und können uns selbstverständlich vor stellen, dass wir am Ende auch für dieses Gesetz stimmen.

Danke schön.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Meine Damen und Her ren, es liegen keine Wortmeldungen mehr vor. Die Ausspra che ist damit beendet.

Ich schlage vor, den Gesetzentwurf Drucksache 15/7135 zur weiteren Beratung an den Ständigen Ausschuss zu überwei sen. – Es erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist es so be schlossen.

Punkt 7 der Tagesordnung ist damit erledigt.

Ich rufe Punkt 8 der Tagesordnung auf:

a) Antrag der Fraktion der CDU und Stellungnahme des

Staatsministeriums – Einflussnahme der GRÜNEN in Landtag und Ministerien von Baden-Württemberg bei der Stellenbesetzung in der Staatsanwaltschaft – Druck sache 15/5201

b) Große Anfrage der Fraktion der CDU und Antwort der

Landesregierung – Einflussnahme von Vertretern der GRÜNEN auf die Justiz in Baden-Württemberg – Drucksache 15/5143

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat folgende Rede zeiten festgelegt: für die Aussprache fünf Minuten je Frakti on; zusätzlich erhält die Fraktion der CDU für die Antragsbe gründung und für das Schlusswort zur Großen Anfrage noch mals jeweils fünf Minuten Redezeit.

Das Wort zur Begründung des Antrags erteile ich für die CDUFraktion Herrn Abg. Dr. Löffler.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Die dritte Gewalt im Staat wird eine „Beute der Exekutive“, befürchtet Peter Macke, der ehemali ge Präsident des Verfassungsgerichts in Brandenburg. Die Sor ge ist nicht unbegründet. Wenn eine unabhängige Justiz als Garantin für Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie von Ideologen instrumentalisiert wird, wirkt die Rede von Papst Benedikt XVI. vor dem Deutschen Bundestag wie eine Mah nung:

Nimm das Recht weg – was ist dann ein Staat noch ande res als eine große Räuberbande?

Diese 1 600 Jahre alte Frage von Augustinus von Hippo ist aktueller denn je.

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE schüttelt den Kopf.)

Sie ist aktuell, weil die Grünen auf die Struktur, die Zustän digkeiten, die Personalien und auf Ermittlungsverfahren der

Staatsanwaltschaft Einfluss nehmen – ein Vorwurf, den ich Ih nen belege.

Die Grünen seien besorgt über Vorgänge bei der Oberstaats anwaltschaft in Stuttgart, schreibt der parlamentarische Ge schäftsführer am 14. Oktober 2011 dem Justizminister. Die Grünen – Zitat –

werfen seit Längerem einen kritischen Blick auf die Er mittlungstätigkeit der Staatsanwaltschaft, u. a. von Ober staatsanwalt Häußler, bei zahlreichen Verfahren im Zu sammenhang mit Stuttgart 21.

Diese Vorgänge müssen geprüft werden, fordert Kollege Sckerl und verlangt vom Justizminister, er habe die Fraktion GRÜNE über alle gewonnenen Einschätzungen zu unterrich ten, vertraulich zu seinen – zu Sckerls – Händen. Kollegiali ter stünde Abg. Sckerl zur Verfügung, die Zuständigkeit für S-21-Ermittlungen zu ändern.