Protokoll der Sitzung vom 30.09.2015

Guten Morgen, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 137. Sitzung des 15. Landtags von Baden-Württemberg.

Urlaub für heute habe ich Frau Abg. Graner, Herrn Abg. Jä gel und Herrn Abg. Stratthaus erteilt.

Krankgemeldet sind Frau Abg. Schmid und Herr Abg. Bayer.

Aus dienstlichen Gründen entschuldigt haben sich bis ca. 11:30 Uhr Frau Ministerin Theresia Bauer, ganztägig Herr Mi nister Dr. Nils Schmid und nachmittags Frau Abg. Aras und Herr Abg. Klein, die Herrn Minister Dr. Schmid auf der De legationsreise in die Türkei begleiten.

Wir treten in die Tagesordnung ein.

Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:

Aktuelle Debatte – Gemeinschaftsschulgutachten unbe kannt – Qualitätsmängel bekannt. Was nun, Herr Stoch? – beantragt von der Fraktion der CDU

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Aktuel le Debatte eine Gesamtredezeit von 40 Minuten festgelegt. Darauf wird die Redezeit der Regierung nicht angerechnet. Für die einleitenden Erklärungen der Fraktionen und für die Rednerinnen und Redner in der zweiten Runde gilt jeweils ei ne Redezeit von fünf Minuten. Ich darf die Mitglieder der Landesregierung bitten, sich ebenfalls an den vorgegebenen Redezeitrahmen zu halten.

Das Wort für die CDU-Fraktion erhält Kollege Schebesta.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! „Schwäbisches Him melfahrtskommando“ hat Frau Schmoll in der FAZ einen Ar tikel vom 16. August 2015 überschrieben.

(Zuruf des Abg. Walter Heiler SPD)

In dem Artikel geht es um den Bericht über Beobachtungen an einer Gemeinschaftsschule im Rahmen der wissenschaft lichen Begleitung. Für diesen Teil der Studie sind zehn Schu len begleitet worden.

In dem Artikel wird aus diesem Bericht zitiert. Es wird er wähnt, in Englisch, Deutsch und Mathematik arbeiteten die Schüler Lernpakete, Wochenarbeitspläne ab, sie machten sich keine Gedanken über die Arbeitsstrategie, die Lehrer unter stützten in den Arbeitsphasen wenig; die aktive Lernzeit sei sehr gering und in diesem Fall häufig auch das Ausmaß der

Störungen entsprechend hoch; das Lerntagebuch, das die Schüler für die Einschätzung des eigenen Lernverhaltens, aber auch für Rückmeldungen führten, diene in den meisten Fäl len nur noch als Schülerkalender; leistungsstärkere Schülerin nen und Schüler könnten mit der Selbstständigkeit gut umge hen und beherrschten Lernstrategien, die schwächeren gerie ten aber noch mehr ins Hintertreffen, und selten gebe es ge zielte Aufgaben für die leistungsstarken Schüler.

Zusammenfassend:

Sowohl Schüler als auch Lehrer und Eltern

wörtliches Zitat aus dem Bericht der FAZ –

„waren sich darüber einig, dass die Lernzeiten nicht ef fektiv genutzt werden und zu wenig gearbeitet würde“,...

Eine erschreckende Berichterstattung über die Arbeit an den Gemeinschaftsschulen in Baden-Württemberg.

Niemand bestreitet, dass genau das in dem Bericht über die Beobachtungen steht. Wir wissen selbst gut genug, dass sol che Berichte wichtig sind für die innere Schulentwicklung. Auch bei der Evaluation haben wir Diskussionen darüber ge führt, was geeignete Informationen für Schulen und Schulträ ger sind, was öffentlich werden soll, damit ein Gewinn für die Schulentwicklung entsteht. Deshalb ist diese Berichterstat tung für uns nicht Anlass, über die Arbeit an der konkreten Schule zu diskutieren,

(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Wie bitte?)

sondern darüber, was für Probleme in diesem Bericht be schrieben werden, die wir und andere Ihnen schon länger als Probleme Ihres Schultyps Gemeinschaftsschule genannt ha ben. Dieser Bericht passt in das Bild, dass es Handlungsbe darf bei Ihrem Lieblingskind Gemeinschaftsschule gibt. Die Gemeinschaftsschule ist eine große Herausforderung. Sie ha ben sie überfrachtet und die Arbeit der Lehrerinnen und Leh rer erheblich erschwert.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Aber was macht der Kultusminister jetzt mit diesem Bericht?

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Er prozessiert!)

Er prozessiert über die Frage, ob er den Bericht gehabt hat oder nicht.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das ist lächerlich!)

Seit Mitte August gibt es diesen Artikel mit den Zitaten aus diesem Bericht.

(Zuruf des Abg. Winfried Mack CDU)

Auf eine Anfrage von CDU und FDP/DVP haben Sie geant wortet, dass das Schulamt diesen Bericht auch hat. Wenn Sie immer noch darüber streiten, ob Sie ihn haben oder nicht, ob und wann Sie ihn gehabt haben, dann wollen Sie einfach nicht zur Kenntnis nehmen und sich nicht mit dem auseinanderset zen, was Inhalt dieses Artikels ist. Tun Sie etwas in der Sache. Etwas Selbstkritik in der Sache würde Ihnen gut anstehen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Genau so ist es! – Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Das täte Ihnen auch gut!)

Es sind Gemeinschaftsschulen genehmigt. Deshalb werden wir beim Regierungswechsel 2016

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Schöner Traum!)

diesen Schultyp auch nicht abschaffen.

(Zurufe von der SPD, u. a. Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei: Bescheiden!)

Lehrerinnen und Lehrer sollen sich mit Unterricht beschäfti gen und nicht so sehr mit Schulorganisation. Sie haben mit verschiedenen Maßnahmen und mit einer erheblichen Über frachtung auch der Gemeinschaftsschule

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: So ist es!)

für Hindernisse für eine gute Arbeit im Unterricht gesorgt.

(Zuruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD)

Notwendig an den Gemeinschaftsschulen ist aber äußere Leis tungsdifferenzierung.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Karl-Wil helm Röhm CDU: Richtig! Bravo!)

Dass Möglichkeiten für eine äußere Leistungsdifferenzierung nötig sind, sagen Ihnen die Schulen,

(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Ach Quatsch!)

sagt Ihnen der Städtetag,

(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Stimmt doch gar nicht!)

sagt Ihnen auch Professor Bohl, der eine Expertise für glühen de Anhänger der Gemeinschaftsschule geschrieben hat. Be reits im Februar 2015 führte er in einem Interview mit der „Schwäbischen Zeitung“ aus, ab höheren Klassen sollte jede Schule selbst entscheiden, ob sie auf ein Kurssystem umstellt oder nicht.

Zudem muss die Überfrachtung der Schule abgebaut werden. Sie haben enge Vorgaben zu den Methoden gegeben. Diese müssen Sie lockern. In dem erwähnten Interview sagte Pro fessor Bohl das z. B. für das Thema Notenvergabe.

Professor Bohl ist federführender Projektleiter der wissen schaftlichen Begleitung. Jetzt zitiere ich nicht die Berichter stattung der FAZ über die wissenschaftliche Begleitung, son dern ich zitiere aus einem Interview, das Herr Bohl dem „Schwäbischen Tagblatt“ am 9. September, also nach der be treffenden Berichterstattung, gegeben hat. Darin sagte er, dass die pädagogische Arbeit an den Gemeinschaftsschulen an spruchsvoll sei und man dafür sehr gute Rahmenbedingungen haben müsse. Er kritisierte, die Regierung habe praktisch vom ersten Tag an die Hauptschulschiene gewählt; das stand schon in dem Interview vom Februar. Er sagte dort, dass die Gemein schaftsschule Anfangsschwierigkeiten habe und dass die Ge meinschaftsschule mit Reformen schwer beladen gewesen sei.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Jede neue Schulart ist belastet mit Anfangsschwierigkeiten!)

Das steht in Ihrem Stammbuch, Herr Kultusminister. Tun Sie etwas in dieser Frage, und beschäftigen Sie sich nicht so sehr damit, darüber zu prozessieren, wann Sie bestimmte Dinge wie erfahren haben. Setzen Sie sich in der Sache damit ausei nander.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)