Vielen Dank, Frau Prä sidentin. – Frau Staatsrätin, können Sie mir bestätigen, dass auch andere staatliche Stellen, insbesondere das vom Innen ministerium des Bundes geführte Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, sowohl in Broschüren als auch auf ihrer Homepage in viel ausführlicherer Weise über das Rechtsver fahren beim Asylrecht informieren und dabei selbstverständ lich auch darstellen, welche Rechtsmittelmöglichkeiten es gibt? Ist Ihnen bekannt, ob die CDU im Bundestag oder im Landtag gefordert hat, diese Broschüren des Bundesamts zu rückzuziehen?
Natürlich trifft es zu, dass all diese Institutionen in der gebo tenen Ausführlichkeit über diese Thematik informieren. Auch unser Innenminister und sein MD sind im Gespräch der An sicht, dass das unproblematische und völlig normale Beleh rungen sind. Ich weiß nicht, wie oft Sie sich sonst mit so et was auseinandersetzen. Das ist Normalität, wenn es darum geht, über Rechte zu belehren, die einem zustehen. Das ist Usus in einem Rechtsstaat.
Herr Dr. Löffler hat sich vorher gemeldet. Entschuldigung. Aber Sie können ja untereinander tauschen.
Frau Staatsrätin, es ist sehr verdienstvoll, dass Sie ein Handbuch für ehrenamtliche Flüchtlingshelfer herausgegeben haben. Ich schätze das, weil es sicherlich die Arbeit dieser Menschen in vielen Fällen er leichtert. Es ist auch richtig, dort rechtliche Erklärungen be reitzustellen.
Nur, Sie geben Menschen, die Nichtjuristen sind, Handlungs empfehlungen, wie man mit Verwaltungsakten und mit Ent scheidungen der Verwaltungsbehörde umzugehen hat und wel che Rechtsmittel man einlegen kann. Das sind in der Regel Nichtjuristen, die dort tätig sind. Wenn sie das anwenden, bringen Sie diese Menschen in Konflikt mit dem Rechtsbera tungsgesetz oder Rechtsdienstleistungsgesetz, da eben nur An wälte oder Juristen Menschen Rechtsrat erteilen dürfen. Das dürfen die ehrenamtlich Tätigen nicht, schon gar nicht vor dem Hintergrund, dass im Asylrecht auch vielfach falsche Vor stellungen erweckt worden sind. So hat z. B. die SPD ein Grundgesetz in arabischer Sprache verteilt, bei dem in Arti kel 16 a die Absätze 2 bis 4 vergessen wurden.
Bringen Sie die Menschen da in Konflikte mit dem Rechts dienstleistungsgesetz, und wie lösen Sie das?
In Letzteres bringen wir die Menschen ganz be stimmt nicht. Diese Broschüre ist fachlich so ausgelegt, dass sie in ihrer Informationsstrategie in gar keiner Weise diesen Regelungen widerspricht.
In Konflikte bringen wir die Menschen auch nicht, weil wir sie nicht auffordern. Ich möchte noch einmal sagen: Überall konkret vor Ort wird heute Wert darauf gelegt – jetzt mehr denn je –: Wenn wir zu etwas auffordern, dann zur Nutzung der Rückkehrberatung. Der Rest ist pure Information.
Dass die Information über den Ablauf des Asylverfahrens und die jeweiligen Schritte für die ehrenamtlichen Helfer, die da mit ihre Zeit verbringen und ihre Energie einsetzen, notwen dig und sinnvoll ist, ist doch offensichtlich. Sonst werden sie ja wie unmündige Kinder behandelt, denen man Basisinfor mationen vorenthalten muss, weil sie vielleicht nicht damit umgehen können. Das halte ich für eine entmündigende Be handlung der ehrenamtlich Tätigen.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Sehr geehrte Frau Staatsrätin Erler, können Sie mir sagen, wer über Kirchenasyl entscheidet?
Frau Böhlen, über Kirchenasyl entscheiden die Kirchen selbst. Das entscheidet nicht die Willkommenskultur. Das entscheidet auch nicht der Asylant. Die Kirchen entschei den. Sie handhaben es nach Offensichtlichkeit und eigenen Aussagen außerordentlich sparsam.
Alle Aspekte der Flüchtlingsproblematik im Land haben nichts mit dieser Broschüre zu tun. Alle Probleme gab es vor her. Diese Broschüre führt nicht dazu, dass Menschen in grö ßerem Umfang Asyl beantragen, sondern eher dazu, dass in formierte ehrenamtliche Helfer tatsächlich auf die Rückkehr beratung zurückgreifen.
Aber es gibt Einzelfälle – das wissen Sie doch alle –, in de nen es wirklich problematisch ist. Diese Fälle schaffen viel Unruhe, und diese Fälle demotivieren die ehrenamtlichen Hel fer. Sie wissen auch, dass es bei Menschen zu großen Krisen führt, wenn sie jemandem gegenüberstehen, der sich nichts hat zuschulden kommen lassen, aber einen falschen Status hat, der sich gut integriert hat, vielleicht eine Arbeitsstelle gefun den hat, aber abgeschoben werden soll.
In den Unterkünften führt man mir ständig serbische Famili en vor, Roma, die Arbeitsplätze in Aussicht oder schon ange treten haben. Es ist wirklich schwierig. Deshalb ist das Wis sen um diese Wege, selbst wenn man sie nicht nutzen kann, wichtig für die ehrenamtlichen Helfer. Wer von Ihnen mit eh renamtlich Tätigen arbeitet, weiß das auch.
Frau Staatsrätin, Sie sagen, die Broschüre richte sich an die ehrenamtlichen Helfer. In der Broschüre informieren Sie die ehrenamtlichen Helfer über die Möglichkeit des Kirchenasyls. In einer staatlichen Broschüre wird auf die Internetseite www.kirchenasyl.de verwiesen. Dort steht:
Wir verpflichten uns,... dort, wo eine Abschiebung droht und damit die Würde und das Leben von Menschen in Ge fahr ist,
Flüchtlinge in unseren Gemeinden aufzunehmen und zu schützen …, bis eine annehmbare Lösung für sie gefun den ist. Wir werden dort, wo dies notwendig wird, eine of fene Auseinandersetzung mit den Regierenden nicht scheuen.
Sehen Sie nicht ein Problem da rin, wenn auf der einen Seite der Staat, beispielsweise der In nenminister und das Innenministerium, rechtsstaatlich voll zieht, also abschieben muss, und auf der anderen Seite das Staatsministerium und die Staatsministerin „zu den Guten ge hören“ und sagen: „Ich schicke die Leute ins Kirchenasyl,
Muss nicht auch nach Ihrer Auffassung der Staat in diesem Land einheitlich auftreten? Sie desavouieren damit die Arbeit derer, die für den Vollzug der ausländerrechtlichen Gesetze und Anordnungen in Deutschland zu sorgen haben.
(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Das ist das Staats verständnis aus der Mappus-Ära! – Zuruf: Wo bleibt denn da der Sinn? – Weitere Zurufe)
Vielen Dank, Herr Mack. – Ich denke, da sind wir beim Kern der Debatte. Sie haben aus dem Internetangebot zum Kirchenasyl zitiert. Und was steht da? Da steht, was bei uns im Grundgesetz steht.
Es geht um die Würde. Die Menschenwürde ist unantastbar. Wenn die Menschenwürde – das besagt das Kirchenasyl, auch in der erwähnten Einigung – nachweislich – darum geht es ja – gefährdet ist oder auch die Sicherheit, dann können Men schen nicht abgeschoben werden. Das ist genau die Frage der Definition.
Es gehört zum Rechtsstaat, Herr Mack, dass auch die Men schen, die im Innenministerium tätig sind, die Menschen, die für den Vollzug verantwortlich sind, wissen, dass es Schutz mechanismen gegen falsche Entscheidungen gibt, die auch schon von Staaten getroffen worden sind.
(Abg. Thomas Blenke CDU: Richtig! Sind es Gerich te oder Kirchen? – Unruhe – Glocke der Präsidentin)
Letztlich besagt die Einigung zum Kirchenasyl, dass, wäh rend sich die Menschen im Kirchenasyl befinden, noch ein mal die Entscheidung geprüft wird und schlussendlich der Staat entscheidet. Das besagt die Einigung zum Kirchenasyl mit der Kirche.