(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Deshalb habt ihr das die ganze Zeit liegen gelassen? Niemand hat et was dagegen, aber getan haben Sie nichts!)
Was aus Sicht der FDP/DVP-Fraktion in Angriff genommen werden sollte, habe ich bereits in den vergangenen fünf De batten vorgetragen. Leider stieß das bei Ihnen auf taube Oh ren. So ist das mit der Koalition des Zuhörens. Also bleibt mir jetzt wenig anderes übrig, als inhaltlich noch einmal das zu wiederholen,
(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Ich warte auf Inhal te! Ich warte die ganze Zeit schon! Wann kommen denn Inhalte?)
was ich bereits in den letzten von der SPD zu diesem Thema beantragten Debatten dazu vorgetragen habe:
Grundsätzlich begrüßt die FDP/DVP-Fraktion die Bemühun gen der Landesregierung zum Ausbau der Kleinkindbetreu ung. Sorgen bereitet uns allerdings die einseitige Schwer punktsetzung der grün-roten Landesregierung. Denn bisher ging es Ihnen in allererster Linie um den quantitativen Aus bau der Kleinkindbetreuung im Land. Das Bemühen um die Qualität der Kleinkindbetreuung blieb jedoch auf der Strecke.
Daran ändert auch die erfreuliche Tatsache nichts, dass die Bertelsmann Stiftung unseren Kitas und Kindergärten die bes te Betreuungsrelation – also die beste Personalausstattung – bundesweit bescheinigt.
Wir wollen die Qualität der frühkindlichen Angebote wei ter verbessern. Hierzu werden wir den Orientierungsplan für die Kindertageseinrichtungen gesetzlich verankern und damit verbindlich einführen sowie für den Kleinkind bereich weiterentwickeln.
Trotz dieser vollmundigen Ankündigung von Ihnen ist aber in diesem Bereich so gut wie nichts passiert. Wir Freien Demo kraten halten dies für ein großes Versäumnis der grün-roten Koalition. Wir sehen den quantitativen Ausbau im U-3-Be reich. Sosehr wir ihn begrüßen, so sehr vermissen wir aber Ih re Bemühungen, messbare Fortschritte bei der Erhöhung der Qualität vorzunehmen.
Uns ist bewusst, dass die Sicherung und die Erhöhung der Qualität sehr personalintensive Anliegen sind. Aus diesem Grund hatte die christlich-liberale Landesregierung gemein sam mit den Kommunen einst 210 Millionen € für die Perso nalausstattung zur Umsetzung des Orientierungsplans 1 zur Verfügung gestellt. Wir vermissen ein entsprechendes Han deln der grün-roten Koalition.
Dies gilt auch in einem anderen Zusammenhang: Die Sprach förderung ist traditionell ein Herzensanliegen der FDP/DVP. Gerade die sprachliche Bildung im frühkindlichen Alter ist wichtig für frühe Chancen auf Bildung und gesellschaftliche Teilhabe. Das wird uns derzeit angesichts der enormen Auf gabe der Integration zahlreicher Flüchtlinge noch einmal deut lich vor Augen geführt. Nicht selten verfügen jene, die zu uns kommen, über keine oder nur geringe Kenntnisse der deut schen Sprache.
Wir haben in der Zeit der christlich-liberalen Landesregierung bewirkt, dass im Rahmen einer vorgezogenen Einschulungs untersuchung bei jedem Kind im Alter von ca. vier Jahren der Sprachstand erhoben wird. Grün-Rot hat die Zuschüsse für die Sprachförderung zwar aufgestockt, zu zwei Dritteln aller dings durch Umwidmungen aus bestehenden Programmen. Die Programme „Schulreifes Kind“ und „Singen – Bewegen – Sprechen“ wurden in die Sprachförderung überführt. Die Geförderten erhalten eine Wahlpflicht. Das heißt, sie müssen sich entscheiden, ob sie SBS oder die Sprachförderung durch führen wollen. Dabei ist SBS auf musikalische Förderung in der Breite angelegt, während die Sprachförderung auf be stimmte festgestellte Defizite abzielt. Bei dieser Ausgangsla ge spielt SBS nun nur noch eine Nebenrolle.
Was im Bereich der Sprachförderung grundsätzlich möglich wäre, zeigt das Programm des Bundes zur Sprachförderung. Bedauerlich ist vor allem, dass sich Grün-Rot nicht dazu durchringen konnte, die von der FDP/DVP-Fraktion seiner zeit beantragten 25 Millionen € zusätzlich in die Sprachför derung zu investieren.
Die Regierungsfraktionen haben die von der FDP/DVP abge lehnte Erhöhung der Grunderwerbsteuer damit begründet, in die frühkindliche Bildung und Betreuung investieren zu wol len. 25 Millionen € aus den Einnahmen wollten Grüne und SPD nun aber für die Wohnungsbauförderung ausgeben. Da bei wären ein früherer Beginn und ein qualitativer Ausbau der Sprachförderung aus Sicht der FDP/DVP die weitaus besse ren Alternativen gewesen.
Spätestens jetzt, da wir vor der Herkulesaufgabe der sprach lichen Integration zahlreicher Flüchtlingskinder stehen, wäre
dies eine große Hilfe gewesen. Unabhängig davon scheint mir noch kein Rahmen zu stehen, wie sich die sprachliche Integ ration der Flüchtlingskinder in der Praxis tatsächlich vollzie hen soll. Aber vielleicht erfahren wir ja heute von der Staats sekretärin einmal etwas mehr darüber.
Vonseiten der FDP/DVP-Fraktion möchte ich an dieser Stel le ein weiteres Mal anmahnen: Vergesst die Tageseltern nicht!
Unser Ziel ist es, dass die Betreuung bei einer Tagesmutter oder einem Tagesvater als gleichwertige Betreuungsform an erkannt wird.
(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sehr richtig!)
Gleichwertig heißt auch: gleiche Wettbewerbsbedingungen für die Tageseltern wie für die institutionellen Kitas, sodass die Eltern eine echte Wahlfreiheit haben. Das 50-Millionen€-Sonderprogramm für Investitionen ist für den Ausbau von Kita-Plätzen gedacht und versteht sich auch als Ausgleich für die verringerten Zuweisungen des Landes an die Kommunen aufgrund der Umstellung auf die Betriebskostenfinanzierung in Höhe von 68 %.
Genau diese Umstellung hat aber zu Kürzungen von freiwil ligen Leistungen an die Tagesmütter und -väter geführt. Lei der war Grün-Rot nicht bereit, die Tageseltern in fairer Wei se an dem 50-Millionen-€-Programm zu beteiligen.
Frau Staatssekretärin, die FDP/DVP-Fraktion wäre Ihnen dankbar, wenn Sie nicht nur zur Kinderbetreuung in Kitas und Kindergärten, sondern auch zur Situation und zur Zukunft der Kindertagespflege Stellung beziehen würden.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kollege Kern, lieber Herr Kollege Wacker, ich verhehle nicht: Wenn wir in der Situation sind, dass wir qualitativ über Neu es berichten können, dann würde ich gern eine achte, eine neunte und eine zehnte Debatte dazu führen,
und ich hoffe, dass Sie aufmerksam zuhören. Wenn Sie das nämlich tun, dann wissen Sie, dass es mir nicht nur um den sogenannten Fachkräfteschlüssel geht, sondern dass wir, wenn wir heute eine Aktuelle Debatte führen, in der Tat auch über Qualität und darüber sprechen, wo wir, die grün-rote Landes regierung, diese verbessert haben.
Meine Damen und Herren, ich sage immer: Jedes Bildungs system, jede Bildungspolitik muss sich auf Entwicklungen in der Gesellschaft einstellen. Ich werde darauf eingehen. Sie ha ben gerade die Integration der Flüchtlingskinder genannt – ei ne große Herausforderung, die die grün-rote Koalition in den Blick genommen hat und bei der wir erfreulicherweise auch heute schon an dieser Stelle sagen können, wie unsere Pro gramme ausgestaltet sind und wie die Kinder und die Fach kräfte davon profitieren.
Qualitätsvolle Angebote haben in der Vergangenheit leider nicht dazu geführt, dass die Frage der Vereinbarkeit von Be ruf und Familie in Baden-Württemberg für jene, die es betrifft, adäquat beantwortet wurde. Wirtschaftsunternehmen auf der einen Seite und hoch qualifizierte junge Frauen und Männer auf der anderen Seite haben unisono darüber geklagt, dass es ein Versagen der Vorgängerregierung in diesem Bereich gab.
Wie sah es tatsächlich aus? Was haben wir vorgefunden? Für die unter Dreijährigen gab es ein völlig unzureichendes Platz angebot – gerade einmal 16 %. Das haben wir alles deutlich ausgebaut, und wir haben es eben nicht den Trägern überlas sen, ob sie qualitativ gute Angebote schaffen – ja oder nein –, sondern wir haben die Kommunen und Träger mit dem Pakt für Familien entsprechend ausgestattet. Als Verantwortungs gemeinschaft haben Bund, kommunale Landesverbände und die Träger den Ausbau vorangebracht.
Damit haben wir bereits das erste Alleinstellungsmerkmal. Ich freue mich richtig, dass ich an dieser Stelle sagen kann: Ja, Baden-Württemberg ist das einzige Bundesland, das in dieser Verantwortungsgemeinschaft einen Kita-Platz für unter Drei jährige mit 68 % fördert und einen für über Dreijährige mit 63 %.
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Sehr gut! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Oi! Gut so!)
Wenn Sie das einmal in nackten Zahlen hören wollen, wenn wir von Qualität und Inhalten sprechen, dann sprechen wir jetzt einmal davon, dass bis 2010 knapp 152 Millionen € jähr lich in diesen Bereich geflossen sind und Ende 2016 eine knappe Milliarde in diesen Bereich fließen wird.
Natürlich geht es immer darum: Wer finanziert was? Wir ha ben die Bundesmittel in die Hand genommen und den Lan desanteil entsprechend erhöht. 2016 fließen 795 Millionen € in diesen Bereich. Im aktuellen Doppelhaushalt stellen wir insgesamt noch einmal 190 Millionen € zusätzlich für die För derung der Betriebsausgaben bei der Kleinkindbetreuung zur Verfügung. Das ist ein Pakt für Familien, der sich sehen las sen kann.
Nun wollten Sie gerade wissen, was wir denn tun, ob wir da mit nur die Erzieherinnen und Erzieher in den Einrichtungen zur Verfügung stellen oder ob es um Qualität geht. Ja, es geht um Qualität. Nehmen wir doch einmal unsere Sprachförder konzepte. Nehmen wir doch einmal das Programm SPATZ, das Sie gerade angesprochen haben. Bei Regierungsantritt
standen für diesen immens wichtigen Förderbereich lediglich 11 Millionen € zur Verfügung. Wir haben das Fördervolumen zunächst einmal auf 21 Millionen € im Kindergartenjahr 2014/2015 und dann um 2,5 Millionen € für das laufende Kin dergartenjahr aufgestockt. Für das Jahr 2015 und für das Jahr 2016 stellen wir zusätzlich 4,8 Millionen € zur Verfügung, da mit die hier ankommenden Flüchtlingskinder erfolgreich in tegriert werden können.
Zu einer erfolgreichen Integration gehört aber eben auch, dass ich sie in den Blick nehme und die Gruppengröße verändere, damit die Sprachförderkräfte und die Erzieherinnen in der Ein richtung tatsächlich gute Arbeit abbilden können. Das haben wir getan, meine Damen und Herren. Mit drei Flüchtlingskin dern in einer Einrichtung kann man aus dem SPATZ-Förder programm entsprechende Mittel beziehen.
Wenn Sie sich auf „Singen – Bewegen – Sprechen“ beziehen, dann kann ich nur eines feststellen: Sie hatten SBS in Ihrer Zeit nicht wirklich durchfinanziert.
Erst unter dem Förderdach SPATZ konnte SBS überhaupt überleben, was in der Vergangenheit gar nicht möglich war. Tausende Kinder profitieren davon.
Im Übrigen finanzieren wir – damit hier keine Legendenbil dung erfolgt – auch die Geschäftsstelle der ARGE SBS. Die Rückmeldungen an das Kultusministerium zum Förderweg SBS, also „Singen – Bewegen – Sprechen“, sind positiv. Dass beide Förderwege, also intensive Sprachförderung im Kinder garten und SBS, gleichzeitig angeboten werden, begrüße ich außerordentlich. Die Kooperation zwischen den Kindertages einrichtungen, den Musikschulen und den Musikvereinen hat sich zwischenzeitlich eingespielt. Die konzeptionelle Erwei terung um das erste Kindergartenjahr hat sich bewährt.
Das ist also nicht irgendetwas, was auf einem Papier steht, sondern das ist eine qualitative Verbesserung, die in unseren Einrichtungen tagtäglich ihren Raum, ihren Platz einnimmt und von der die Kinder und diejenigen, die in der Einrichtung tätig sind, profitieren.