Protokoll der Sitzung vom 28.10.2015

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Allge meine Aussprache eine Redezeit von fünf Minuten je Frakti on festgelegt, wobei gestaffelte Redezeiten gelten.

In der Allgemeinen Aussprache erteile ich für die CDU-Frak tion das Wort Frau Abg. Razavi –

(Abg. Nicole Razavi CDU und Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU unterhalten sich.)

wenn sie bereit ist.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Wir machen den Weg frei! – Weitere Zurufe von der CDU, u. a. des Abg. Karl Zimmermann – Zuruf von den Grünen: Die Rede ist schon bekannt!)

Echt? Hat da jemand meinen Com puter gehackt? – Werte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Bereits in der ersten Lesung vor Kurzem hat die CDU-Fraktion ihre Haltung zur Gesetzesnovelle des LGVFG deutlich gemacht. An unserer Haltung hat sich nichts geändert.

(Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Was? Nichts ge ändert? Nichts gelernt?)

Im Gegenteil: Wir halten diese Novelle weiterhin für grund legend falsch – ich begründe das noch einmal ganz kurz –, weil Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der SPD und von den Grünen, damit das volle Kostenrisiko auf die Kom munen übertragen, weil Sie die Kommunen und Unternehmen durch die Verdopplung des Eigenanteils überfordern, weil Sie für die große Zahl neuer Fördertatbestände zu wenig Geld zur Verfügung stellen und weil Sie damit den barrierefreien Aus bau des ÖPNV bis 2022 verhindern, weil Sie als Folge wich tige Investitionen in den ÖPNV und in den Straßenbau ver hindern werden

(Widerspruch des Abg. Claus Schmiedel SPD)

und weil Sie – SPD, Grüne und Landesregierung – damit dem ganzen Land, den kleinen Kommunen und den Städten dau erhaft schaden werden.

(Beifall bei der CDU – Abg. Claus Schmiedel SPD: Es sind Milliarden, die da fließen!)

Sie, verehrter Herr Schmiedel, Ihre Fraktion und die Grünen, tragen damit die Verantwortung für den Investitionsstillstand beim ÖPNV und beim Straßenbau nicht nur in den vergange nen vier Jahren, sondern auch in Zukunft.

(Zuruf des Abg. Andreas Schwarz GRÜNE)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dieser Gesetzent wurf zeigt: Weder Grüne noch SPD noch der Herr Verkehrs minister haben auch nur im Ansatz verstanden, welche Ak zente gute Verkehrspolitik setzen muss, um Baden-Württem berg nach vorn zu bringen, und dass sich am Fußgängerver kehr, am Radverkehr und am Flüsterasphalt leider nicht ent scheiden wird, ob unsere Infrastruktur zukunftsfähig ist. Sie haben nicht einmal im Ansatz verstanden, dass es nicht dar um geht, die Umsetzung Ihrer eigenen Vorstellungen zu er

zwingen, sondern darum, den Bedürfnissen dieses Landes und der Menschen gerecht zu werden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Dabei hatten Sie eine Chance. Wir haben die Durchführung einer Anhörung im Ausschuss beantragt. Das haben Sie rigo ros abgelehnt. Wir haben dann in der Fraktion eine Anhörung durchgeführt. Danach kann ich fast verstehen, dass Sie zu ei ner Anhörung nicht bereit waren. Denn dann wäre deutlich geworden, dass Sie diese Gesetzesnovellierung auf diese Art und Weise niemals hätten durchpeitschen können.

In unserer Anhörung wurde offensichtlich, dass die Kommu nen und die Verkehrsunternehmen diese Novelle und die ein zelnen Prämissen, die Sie darin setzen, ablehnen. Außerdem kann nach unserer Anhörung bei Weitem nicht die Rede da von sein, es gebe keinen Änderungsbedarf, weil die betroffe nen Verbände und Institutionen die geplanten Änderungen mehrheitlich begrüßen würden und keine eigenen Anregun gen abgegeben hätten, wie Sie es noch im September behaup tet haben, Herr Minister. Das hat sich in unserer Anhörung völlig anders angehört.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Es gehört schon ziemlich viel Ignoranz dazu, das einfach so auszublenden. An die Grünen gerichtet möchte ich sagen, dass wir es schon ein bisschen amüsant fanden, dass Sie uns Ihren für die Verkehrspolitik zuständigen parlamentarischen Bera ter gesandt haben. Sie haben extra angefragt, ob dieser an der Anhörung teilnehmen dürfe.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Ich habe darauf ge wettet, dass Sie das hier ansprechen, Frau Kollegin!)

Wir haben damit kein Problem, weil wir auch kein Problem mit der Wahrheit haben. Da Ihr parlamentarischer Berater an der Anhörung teilgenommen hat, wissen Sie, wie das abge laufen ist.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Damit haben wir Ihre Veranstaltung aufgewertet! – Gegenruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Dass die Novelle grundsätzlich falsch ist, hätten Sie schon viel früher wissen können. Als Sie zu unseren Anträgen zum Mit telabfluss Stellung genommen haben, wurde deutlich – man höre und staune –, dass allein im Jahr 2014 aus dem LGVFG 40 Millionen € für den kommunalen Straßenbau und 10 Mil lionen € für den ÖPNV von den Kommunen nicht abgerufen worden sind. Das Geld ist als sogenannter Haushaltsrest an die Regierungspräsidien und an das Land zurückgeflossen.

Insofern fragen wir uns, wo das Geld geblieben ist. Vor allem aber hätten Sie daran merken müssen, dass die Kommunen nicht mehr in der Lage sind, den Eigenanteil zu stemmen und das Kostenrisiko zu tragen.

(Abg. Andreas Deuschle CDU: Unglaublich!)

Ferner haben Sie sich verweigert – das war eine der wichtigs ten Erkenntnisse aus unserer Anhörung –, gemeinsam mit den Betroffenen einen Weg zu suchen. Diese wären bereit gewe

sen, gemeinsam mit Ihnen einen Weg zu gehen. Gegen ein Bonus-Malus-System hätten die Betroffenen nichts gehabt. Auch vonseiten der Betroffenen hat es hierzu gute Vorschlä ge gegeben. Auch beim Thema Kostenkontrolle und bei einer gerechten Verteilung der Risiken auf die Kommunen, die Ver kehrsunternehmen und das Land hätten sie durchaus mitge macht. Wenn man sie aber nicht fragt, wenn man sie nicht ein bindet, können natürlich keine Vorschläge kommen.

Dieses Verhalten sind wir von Ihnen aber gewöhnt. Beim ÖPNV-Finanzierungsgesetz haben Sie das genauso gemacht und sind dann krachend gescheitert.

Den besten Beweis aber, dass diese grün-rote Gesetzesnovel le grundlegend falsch ist, den liefern Sie gerade selbst, Herr Minister Hermann: Stichwort Bahnhalt Merklingen an der Neubaustrecke.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Vorsicht, Frau Kol legin! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Sind Sie dage gen? – Gegenruf des Abg. Andreas Schwarz GRÜ NE: Sie ist dagegen! – Gegenruf des Abg. Claus Schmiedel SPD: Gegen den ländlichen Raum!)

Es ist völlig unzweifelhaft, dass jede Raumschaft einen be rechtigten Anspruch auf eine gute Infrastruktur hat. Nach der Frage nach dem volkswirtschaftlichen Nutzen stellt sich dann aber immer auch die Frage nach der Finanzierung. Bereits vor zwei Jahren haben Sie große Erwartungen geweckt und den Menschen auf der Alb den Bahnhalt versprochen. Die Finan zierung sollte nach dem LGVFG erfolgen.

(Zuruf des Abg. Martin Rivoir SPD)

Herr Rivoir, Sie tragen bei der ganzen Geschichte auch ei ne erhebliche Verantwortung. Warten wir es einmal ab.

Sie haben aber nicht gesagt, dass nach Ihrer Lesart das Kos tenrisiko vollständig von den Kommunen und dem Landkreis getragen wird. Diese waren aber schlau und haben es gemerkt. Sie haben den Spieß herumgedreht und gesagt: „Wir verein baren eine Festbetragsförderung; die Kommunen und der Landkreis stellen 13 Millionen € zur Verfügung.“ Sie haben dem zugestimmt und zugesagt, dass das Land den Rest über nimmt.

Dann gab es viel Hin und Her. Das werden wir an anderer Stelle noch zu diskutieren haben.

Jetzt müssen Sie Ihr Versprechen einhalten. Aufgrund der kla ren Haltung der Kommunen und des Landkreises, nur einen fixen Anteil zu zahlen, muss das Land die Mehrkosten allein tragen. Zudem liegt das Risiko der Kostensteigerung beim Land. Herr Minister, nach Ihren eigenen neuen Vorgaben des LGVFG geht das aber dummerweise überhaupt nicht. Das ist völlig ausgeschlossen.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg!)

Das werden wir sehen. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Herr Schmiedel, das werden wir sehen. Da bin ich gespannt.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Ein Präzedenz fall!)

Herr Minister, diese Situation ist für Sie nicht nur peinlich. Das ist ein kompletter Kollateralschaden für Sie, für die Grü nen, aber auch für die SPD-Fraktion und vor allem für Ihre Gesetzesnovelle. Ich kann nur sagen: Ziehen Sie hier und heu te die Notbremse!

(Abg. Martin Rivoir SPD: Und stoppen Sie Merklin gen!)

Ziehen Sie diesen Gesetzentwurf, der falsch ist, einfach zu rück.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Karl Zimmermann CDU: Sehr gut!)

Für die Fraktion GRÜ NE erteile ich Herrn Abg. Schwarz das Wort.

(Abg. Jörg Fritz GRÜNE: Rück das mal ein bisschen zurecht!)

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Das Landesgemeindeverkehrsfinan zierungsgesetz bildet die Basis für eine moderne Verkehrspo litik in unserem Land. Durch die Novellierung wird diese Ver kehrspolitik noch besser werden.

Ich bin sehr froh, dass es uns in der Koalition gelungen ist – ich schaue explizit den Verkehrsminister und auch den Frak tionsvorsitzenden Schmiedel an –, den Bahnhalt Merklingen durchzubringen und gemeinsam mit den Kommunen Gesprä che darüber zu führen.

(Abg. Martin Rivoir SPD: Zu mir guckt er nicht!)

Der ländliche Raum kommt somit zu einem Schienenan schluss. Die Abg. Jürgen Filius und Martin Rivoir spielen da bei eine tragende Rolle.

(Abg. Nicole Razavi CDU: Und Herr Binder!)