Protokoll der Sitzung vom 26.11.2015

und die Frage steht weiter im Raum: Wie haben Sie geplant, die Außengrenzen zu schützen, wenn Sie auf der anderen Sei te sagen, es sei nicht möglich, unsere Grenzen im Inneren zu schützen? Frau Kollegin Sitzmann, da hilft auch der Verweis auf das Schengen-Abkommen nicht; denn Schengen gilt längst nicht mehr. Die deutsche Bundeskanzlerin bzw. Herr de Mai zière hat Grenzkontrollen wiedereingeführt. Das SchengenAbkommen ist längst obsolet.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Sollen wir jetzt Zäune aufbauen?)

Insofern können Sie auch nicht mit dem Schengen-Abkom men argumentieren, wenn Sie sagen: „Wir können unsere Au ßengrenzen nicht schützen.“ Ich möchte gern wissen, wie sich das der Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg vorstellt, wenn er einerseits erklärt, wir könnten unsere Gren zen nicht schützen, aber andererseits erklärt, die europäischen Außengrenzen müssten geschützt werden.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Für die Landesregierung hat Herr Justizminister Stickelberger um das Wort gebeten.

(Abg. Klaus Herrmann CDU: Zwei Minister von der SPD müssen noch sprechen! – Gegenruf der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Nein, drei!)

Bitte schön, Herr Minister.

Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich nehme die Gelegen heit gern wahr, zum Asylverfahren, soweit es das gerichtliche Verfahren betrifft, Stellung zu nehmen. Denn im gerichtlichen Verfahren besteht die Landeszuständigkeit.

Aber eines vorweg, Herr Kollege Dr. Rülke: Sie haben sich jetzt beim Thema Abschiebung wieder sehr ereifert. Wir ha ben heute Mittag den Entwurf eines Gesetzes zur Schaffung einer Abschiebeeinrichtung auf der Tagesordnung. Sie sind der vehementeste Gegner einer Abschiebeeinrichtung in Pforzheim – der vehementeste Gegner!

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zurufe: Aha! – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP meldet sich.)

Sie traktieren uns seit Wochen mit parlamentarischen Anfra gen, in denen Sie unser Vorgehen, eine solche Einrichtung zu schaffen, kritisieren, und zwar massiv. Sie heucheln hier et was vor in einer Weise, die wir so nicht akzeptieren können.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Glocke des Präsidenten)

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Dr. Rülke?

Herr Präsident, nein. Ich werde jetzt zum gerichtlichen Verfahren Stellung nehmen.

Nein.

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Erst etwas falsch behaupten und dann keine Zwischenfrage zulassen! Das geht ja gar nicht! – Unruhe)

Herr Kollege Dr. Wolf – –

(Zurufe: Nur „Wolf“! – Abg. Guido Wolf CDU: Nur „Wolf“! Nicht, dass ich da noch Probleme kriege!)

Entschuldigung; das ist mir so herausgerutscht. Es soll nicht wieder vorkommen.

(Heiterkeit)

Herr Kollege Wolf, Sie haben ja auf Ihre Vergangenheit als Asylrichter abgehoben. Ich war auch einmal Asylrichter.

(Abg. Guido Wolf CDU: Das ehrt Sie!)

Ich würde vorschlagen, dass Sie sich ein aktuelles Bild bei den Asylgerichten verschaffen und sich um eine dieser Stel len, die wir jetzt schaffen, bewerben.

(Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und der SPD – Zuruf von der SPD: Die nehmen auch nicht jeden! – Gegenruf des Abg. Winfried Mack CDU: Hör doch auf! – Weitere Zurufe)

Dann werden Sie bei diesem Praxistest Folgendes erfahren:

Erstens: Wir sind rechtsstaatlich gehalten, Asylverfahren vor dem Hintergrund des Asylanspruchs durchzuführen. Der Rechtsstaat bewährt sich in der Krise, und deshalb gelten die

Verfahrensvorschriften im asylgerichtlichen Verfahren auch jetzt, in dieser akuten Situation.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: So ist es! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das bezweifelt auch nie mand!)

Ich wollte es aber doch einmal klarstellen; denn man ist ja doch sehr schnell dabei, rechtliche Grundstrukturen infrage zu stellen.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Meinen Sie den Mi nisterpräsidenten?)

Zweitens: Wir haben, wenn ein Antrag auf vorläufigen Rechts schutz gestellt und eine Klage erhoben wird, die Möglichkeit, in den Fällen, in denen der Asylantrag offensichtlich unbe gründet ist, im Eilverfahren zu entscheiden, ohne mündliche Verhandlung. Und dann kann abgeschoben werden. Denn ein Rechtsmittel gegen diese Entscheidung des Verwaltungsge richts in der ersten Instanz im Eilverfahren gibt es bei den of fensichtlich unbegründeten Fällen nicht.

(Abg. Guido Wolf CDU: Richtig!)

In diesen Fällen kommen wir sehr schnell zu einer Abschie bung.

Das Innenministerium – der Kollege Gall – unternimmt ja auch alle Anstrengungen, jetzt die Abschiebungen zügig durchzuführen.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Warum erst jetzt?)

Und dazu brauchen wir eine Abschiebeeinrichtung, wie wir sie jetzt in Pforzheim vorsehen.

Drittens werden Sie bei den Asylgerichten dann feststellen, dass wir den Stau, den es bei Kosovo-Albanern einmal gab, abgebaut haben. Dort haben wir keine Rückstände.

Was sich als Problem darstellen kann, ist der Fall, dass das BAMF in großem Umfang mit Entscheidungen nachkommt, wie sie hier jetzt schon mehrfach angemahnt wurden. Dann kann es eine weitere Welle bei den Asylgerichten geben. Für diesen Fall treffen wir jetzt mit der Schaffung entsprechender Stellen Vorsorge.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: So ist es! – Abg. Muh terem Aras GRÜNE: Vorsorge!)

Insofern sind wir im Zeitplan. Wir reagieren, wir steuern nach, so, wie es beim Flüchtlingsgipfel auch angekündigt wurde.

(Abg. Guido Wolf CDU: Das widerspricht nicht dem, was ich gesagt habe!)

Ich sehe da keinen Widerspruch, Herr Dr. Rülke. Wir haben in der Situation damals gesagt, was wir machen müssen. Das haben wir gemacht, und wir werden jetzt in diesem Zweiten Nachtrag entsprechend weiter fahren –

(Glocke des Präsidenten)

auf Sicht, wie es der Ministerpräsident bereits angekündigt hat. Ich lade Sie ein, uns bei diesen Verfahren zu begleiten,

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Nur, wenn Sie Zwischenfragen zulassen!)

die wir rechtsstaatlich abwickeln werden.

Wenn wir den Beschluss der Ministerpräsidenten – die ja ei nen Appell an die Länder gerichtet haben, uns entsprechend auszustatten – jetzt umsetzen, dann, glaube ich, können wir die Verfahren bei den Verwaltungsgerichten auch bewältigen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage? – Sie gestatten keine.

Frau Fraktionsvorsitzende Sitzmann, wünschen Sie das Wort?