Protokoll der Sitzung vom 26.11.2015

Für die CDU-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg. Wolf.

(Abg. Walter Heiler SPD: Die richtige Rede! Nicht die von vorhin!)

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein altes Sprichwort sagt: Spare in der Zeit, dann hast du in der Not. Die grün-rote Landesregierung hat te in ihren viereinhalb Jahren Regierungszeit dank günstiger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen nur Zeit,

(Zuruf: Ach was!)

aber nie wirklich Not.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Sie hätte genügend Zeit gehabt, um mit dem Geld, das ihr in den Schoß gefallen ist, verantwortungsvoll auszukommen, und hätte gleichzeitig noch jeden Abend ein paar Euro unter das Kopfkissen legen können.

Aber im Rausch der Regierungsübernahme ist ein Verhaltens muster aufgetreten, das immer wieder auch bei Lottogewin nern festzustellen ist:

(Zuruf von der SPD: Was?)

das viele Geld erst einmal mit vollen Händen auszugeben;

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Sehr gut!)

man gönnt sich halt mal was.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Karl-Wil helm Röhm CDU: Sehr gut! – Abg. Walter Heiler SPD: Ich habe auch schon mal einen Dreier gehabt!)

Nur: Im Unterschied zum Lottogewinner hat die grün-rote Landesregierung nicht das eigene Geld auf den Kopf gehau en, sondern es war das Geld des Steuerzahlers. Nicht genug: Während das Geld des Lottogewinners weg ist, wenn er es verschwendet hat, hat Rot-Grün erst einmal noch weiteres Geld besorgt und kräftig Schulden aufgenommen.

Das bedeutet konkret für Baden-Württemberg: In wirtschaft lich besten Zeiten wurden 3 Milliarden € zusätzliche Schul den aufgenommen. In wirtschaftlich besten Zeiten haben Sie den Landeshaushalt innerhalb von vier Jahren um sage und schreibe 12 Milliarden € aufgebläht. In Zahlen: von 84,3 Mil liarden € im Jahr 2011 auf 46,8 Milliarden € im Jahr 2016.

(Abg. Walter Heiler SPD: Keine 84! – Zurufe: 34!)

Damit hat sich das Ausgabenvolumen seit 2011 um rund 35 % erhöht.

Jetzt rächt sich diese maßlose Politik. Der Nachtragshaushalt ist inhaltlich, Herr Minister – das will ich durchaus einräumen –, wohl folgerichtig in Bezug auf die konkreten, auch neuen politischen Herausforderungen, kommt aber viel zu spät. Ge nau darin liegt das Verhängnis.

Die Themen, die dort abgedeckt sind, sind bekannt, und dies nicht erst seit gestern. Die Landesregierung hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt, um den Haushalt wetterfest zu machen. Wir haben schon vor Jahren gezeigt, was möglich ist – übri gens, Herr Minister, unter anderen konjunkturellen Rahmen bedingungen –: 2007 Einführung der Schuldenbremse, 2008 keine neuen Schulden, 2009 nochmals keine neuen Schulden. Dann kam die Weltwirtschaftskrise, mehr Verpflichtungen, weniger Steuereinnahmen, was uns dann leider in die Lage gebracht hat, 2010 in einem schwierigen Umfeld leider nur das Maß der Neuverschuldung begrenzen zu können.

Dass das auch eine Leistung war, hat der Haushalt 2011 be wiesen. Mit Ihrem Regierungsantritt, mit der grün-roten Lan desregierung, begann – das ist in Zahlen ablesbar – der Sün denfall. Mit Ihrem Ersten Nachtragshaushalt wurde das Haus haltsvolumen deutlich gesteigert. Allein im Jahr 2011 haben Sie nochmals 10 % draufgesattelt.

Jetzt, fast fünf Jahre später, ist der Haushalt in extremer Schieflage. Sie schaffen einen ausgeglichenen Haushalt in den Jahren 2015 und 2016 nur durch schuldenfinanzierte Über schüsse aus den Vorjahren – eine Nullverschuldung, die aber eine Eintagsfliege ist. Schon 2017 rechnen Sie mit neuen Schulden.

Was schon vor kurzer Zeit in den Medien stand, ist heute – ja, heute – traurige Realität. Nach Ihrer mittelfristigen Finanz planung müssen 2017 und 2018 Löcher von 2,3 Milliarden € jährlich gestopft werden. Für das Jahr 2019 wollen Sie der neuen Landesregierung schon jetzt ein Minus von 2,8 Milli arden € hinterlassen.

(Zuruf von der CDU: Hört, hört!)

Das ist ein echter Schlag ins Kontor. Würden Ihre Planungen Realität, dann würde Baden-Württemberg die Schuldenbrem se im Jahr 2020 sprengen. Ihr eigener Finanzplan spricht von 3,4 Milliarden € Unterdeckung.

Übrigens, Herr Minister, lassen Sie mich das an dieser Stelle erwähnen: Dass die mittelfristige Finanzplanung erst heute, am Tag der Haushaltsdebatte, vorgelegt wird, ist eine grobe Missachtung des Parlaments.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Auch die mittelfristige Finanzplanung gehört zur Beratung des Haushalts dazu.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Wesen einer guten Haushaltspolitik liegt erstens darin, mit dem Geld, das man hat, auszukommen, und zweitens darin, das Geld, das man ausgibt, auf sinnvolle Schwerpunkte zu konzentrieren. Dass Sie in Punkt 1 versagt haben, ist schon klar geworden. Aber auch im zweiten Punkt sehen wir Anknüpfungspunkte in die sem Haushaltsplan, die Anlass zu Kritik bieten.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Abg. Wolf, gestat ten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Dr. Rösler?

Bitte schön.

Vielen Dank, dass Sie die Zwischenfrage zulassen, Herr Wolf. – Sie haben gerade eben moniert, dass die mittelfristige Finanzplanung erst zum heu tigen Tag vorgelegt wird. Erinnern Sie sich noch daran, dass über Jahrzehnte hinweg unter der Federführung der CDU die Haushaltspläne verfassungswidrig nicht einmal im richtigen Jahr vorgelegt wurden?

Herr Kollege Dr. Rösler, Sie sind ja oft genug hier angetreten, um all das, was in früheren Jahren aus Ihrer Sicht falsch gelaufen sein soll, besser zu machen.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Machen wir auch! Ma chen wir doch! – Zurufe von den Grünen und der SPD sowie des Ministers Reinhold Gall)

Wenn das darin mündet, dass Sie die mittelfristige Finanzpla nung heute am Tag der Haushaltsplanberatung vorlegen, dann hat das mit Respekt vor dem Parlament, mit Verlaub, nichts zu tun.

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE)

Meine Damen und Herren, Schwerpunkte zu setzen, das ist das Gebot der Stunde. Aber Sie setzen leider die falschen.

Beispiel 1: „50 – 80 – 90“. – Kollege Schmiedel schaut ganz ungläubig. Sagt Ihnen das etwas?

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Ich kenne das! Gutes Programm!)

Gutes Programm, okay. Das sind keine Modelmaße,

(Abg. Walter Heiler SPD: Das wären auch keine!)

sondern das ist der Titel der zweitteuersten Werbekampagne des Landes Baden-Württemberg. Minister Untersteller woll te damit die Energiewende voranbringen, bunt bedrucktes Pa pier mit einem Kostenvolumen von insgesamt 2,5 Millionen €. Allerdings: Bekannt wurde die Kampagne dann am Ende doch noch, als ein renommiertes Fachblatt davon berichtet hat. Das Schwarzbuch des Steuerzahlerbunds hat sich der Kampagne ausführlich unter der Rubrik „Steuerverschwendung“ ange nommen, und so interessiert sich inzwischen auch der Rech nungshof für die Kampagne.

Beispiel 2: JobTicket Baden-Württemberg. Überall wird Geld verteilt, nur an einer Stelle sparen Sie: Bei den Beamtinnen und Beamten, einer Berufsgruppe, die Sie beim letzten Mal noch gewählt hat, inzwischen aber gegen Sie klagt, spielen Sie „rechte Tasche, linke Tasche“. Aus der linken Tasche grei fen Sie hohe Millionenbeträge, indem Sie die Eingangsbesol dung kürzen und den Beamten eine Nullrunde verpassen. In die rechte Tasche stecken Sie jetzt ein Taschengeld namens Jobticket. Aber dieses Jobticket – so sinnvoll es für einige we nige Betroffene auch sein mag – bringt ein großes Problem mit sich, nämlich mangelnde Gerechtigkeit. Sie bezuschussen mit der neuen Förderung die Fahrt mit dem ÖPNV. Aber was ist mit den Beschäftigten im Landesdienst, die auf das Auto angewiesen sind?

(Abg. Karl Klein CDU: Oder mit dem Fahrrad fah ren!)

Was ist mit denen, die, sagen wir einmal, auf Wunsch von Herrn Minister Hermann – er ist nicht da; so viel zum Thema „Landesregierung und Haushalt“ – Fahrgemeinschaften bil den? Was ist mit den Beschäftigten, die täglich mit dem Fahr rad ins Geschäft fahren oder auch zu Fuß kommen? Genau die können an diesem Zuschuss nicht teilhaben. 15 Millio nen € stellen Sie dafür in den vorliegenden Nachtragshaushalt ein.

(Abg. Walter Heiler SPD: Für was?)

Darin ist aber nicht nur der Zuschuss an sich enthalten, son dern gleich noch zwölf zusätzliche hoch besoldete Beamten stellen für die Verwaltung des Jobtickets. Zumindest für ein Dutzend Beamte ist das Jobticket wahrhaftig ein Erfolg.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, dort, wo Stellen schaffungen, wo Investitionen sinnvoll wären, kommt von Ih nen in den entscheidenden Zeiten viel zu wenig. Gestern ha ben wir über die Herausforderungen unserer Sicherheitsdiens

te ausführlich debattiert. Die entsprechende Stärkung bleiben Sie schuldig: zu wenig, zu spät. Wir haben gefordert, das Anti terrorpaket zu verdoppeln. Wir nehmen dankbar zur Kennt nis, dass der Innenminister gestern signalisiert hat – nachdem er zunächst gesagt hat: „Wir machen nichts“, hat ihn das Ka binett beauftragt, darüber doch noch einmal nachzudenken –, dass da etwas passieren soll. Wir haben gefordert, den Verfas sungsschutz mit 70 zusätzlichen Stellen zu stärken. Wir ha ben gefordert, für die Polizistinnen und Polizisten eine besse re Schutzausrüstung anzuschaffen.

Auch die Herausforderungen in der Flüchtlingskrise könnten wir entschiedener angehen, am besten dezentral auf dem kur zen Dienstweg vor Ort. Deshalb wäre es nach unserer Über zeugung richtig, jedem Stadt- und Landkreis zu helfen, die vielen kleinen Probleme in der Flüchtlingspolitik unbürokra tisch zu lösen, also quasi auf Augenhöhe zu helfen. Um das nochmals in die heutige Debatte einzubringen: 100 000 € im Jahr würden wir jedem Kreis zur Verfügung stellen wollen. Daraus kann den zahlreichen Ehrenamtlichen und den Hilfs organisationen erhöhter Sachaufwand für Zelte, Kleidung, Helferfeste ersetzt werden. Meine Damen und Herren, den vielen Ehrenamtlichen in Zeiten dieser großen Herausforde rung ein Signal der Unterstützung zu geben,

(Zuruf des Abg. Dr. Kai Schmidt-Eisenlohr GRÜNE)