Protokoll der Sitzung vom 26.11.2015

Das kommt wahrscheinlich noch als nächster Schritt. Des wegen gehen wir diesen Weg nicht mit. Das hat eigentlich mit freien Menschen relativ wenig zu tun, die sich da nur noch in einem grün-roten Korridor bewegen sollen.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Grüne Jugend!)

Das mag nur ein kleiner Schritt sein, aber auch ein kleiner Schritt kann in die falsche Richtung gehen.

Wir sind für Prävention. Beispiele aus anderen Bundesländern zeigen, dass man mit Prävention sehr viel erreichen kann, sehr viel mehr als mit solchen Verboten. Deswegen muss ich sa gen, mit diesem Teil haben wir natürlich absolut Schwierig keiten.

So viel jetzt hier in der ersten Lesung. Wir werden den Ge setzentwurf im Ausschuss weiter behandeln.

Danke schön.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, mir liegen keine weiteren Wort meldungen vor. Die Aussprache ist damit beendet.

Ich schlage vor, den Gesetzentwurf Drucksache 15/7613 zur weiteren Beratung an den Innenausschuss zu überweisen. – Es erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Punkt 5 der Tagesordnung ist damit erledigt.

Ich rufe Punkt 6 der Tagesordnung auf:

Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz über den Vollzug der Abschiebungshaft in BadenWürttemberg sowie zur Änderung des Flüchtlingsaufnah megesetzes, des Landesbeamtengesetzes und weiterer dienstrechtlicher Vorschriften – Drucksache 15/7614

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Fraktionen haben ver einbart, in der Ersten Beratung keine Aussprache zu führen. Die Landesregierung verzichtet auf eine mündliche Begrün dung des Gesetzentwurfs.

Ich schlage vor, den Gesetzentwurf Drucksache 15/7614

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Abzuschieben!)

zur weiteren Beratung an den Innenausschuss zu überweisen. – Es erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist es so beschlos sen.

Punkt 6 der Tagesordnung ist damit erledigt.

Ich rufe Punkt 7 der Tagesordnung auf:

Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Einführung der Informationsfreiheit – Druck sache 15/7720

Das Wort zur Begründung erteile ich Herrn Innenminister Gall.

Herr Präsident, werte Kolle ginnen, werte Kollegen! Nur gut informierte Bürgerinnen und Bürger können engagiert und kompetent mitgestalten. Des wegen ist es der grün-roten Landesregierung ein wichtiges Anliegen, die demokratische Meinungs- und Willensbildung in Baden-Württemberg zu erleichtern und zu fördern.

Mit dem neuen Informationsfreiheitsgesetz erhalten die Bür gerinnen und Bürger unseres Landes einen grundsätzlich frei en Zugang zu den bei den öffentlichen Verwaltungen vorlie genden Informationen. Hiermit erfolgt ein großer Schritt hin zu mehr Transparenz staatlichen Handelns. Wir alle wissen doch genau, dass in der Vergangenheit genau diese mangeln de Transparenz zu wirklichen Konflikten vor Ort geführt hat.

Meine Damen und Herren, das neue Gesetz liegt damit auf ei ner Linie mit der am gestrigen Tag beschlossenen Verfas sungsänderung zur Einführung des Volksantrags und den erst kürzlich gestärkten Beteiligungsrechten auf kommunaler Ebe ne.

Herz des Gesetzes ist § 1 Absatz 2. Danach erhalten Bürge rinnen und Bürger einen grundsätzlichen Anspruch auf jede amtliche Information. Bislang – das wissen Sie – musste ein Antragsteller ein sogenanntes berechtigtes Interesse an der be gehrten Information nachweisen. Dieses Erfordernis fällt künftig weg. Der Zugang zu den Informationen steht offen – ohne Angabe von Gründen.

Meine Damen und Herren, der Gesetzentwurf orientiert sich an dem meines Erachtens bewährten Informationsfreiheitsge setz des Bundes sowie an der dazugehörigen Evaluation, die

ja schon stattgefunden hat. Selbstverständlich haben wir die Regelungen des Bundes an die Verhältnisse auf der Landes ebene angepasst.

Wir haben auch berücksichtigt, welche Erfahrungen andere Länder mit ihren bisher schon bestehenden Informationsfrei heits- oder Transparenzgesetzen gemacht haben. Da haben wir im Moment die Entwicklung, dass das eine oder andere Bun desland die bisherigen Regelungen leicht zurücknimmt. Das haben wir berücksichtigt. Ich bin mir ziemlich sicher: Wir müssen zukünftig nichts zurücknehmen, weil wir auf einer sauberen Linie, auf einer Basis unterwegs sind, die die Erfah rungen anderer Länder schon beinhaltet.

In einigen Punkten – das will ich deutlich machen – geht un ser Gesetzentwurf über die Regelungen des Bundes hinaus. Ich habe gesagt, das Bundesgesetz war unsere Leitschnur, die Richtlinie, die Basis. Aber in einigen Punkten machen wir es nach unserem Dafürhalten besser als der Bund, beispielswei se was die Zeiträume der Information anlangt: Diese erfolgt im Normalfall in Baden-Württemberg innerhalb eines Monats. Bei umfangreichen Fällen kann die Frist auch bis zu drei Mo nate betragen. Die Behörden werden durch eine Mussrege lung zur Einhaltung der Frist verpflichtet, während der Bund hier nur eine Sollregelung vorgesehen hat.

Des Weiteren verpflichten wir uns – insbesondere wir uns selbst, nämlich die Landesbehörden –, von uns aus mehr In formationen als die Bundesbehörde von sich aus ins Internet zu stellen, das heißt zu veröffentlichen, zumal auch hier im Bund nur eine Sollregelung besteht.

Meine Damen und Herren, der im Gesetz festgeschriebene Katalog der zu veröffentlichenden Informationen ist im Üb rigen zukunftsoffen gestaltet. Die Landesregierung kann die sen per Rechtsverordnung erweitern. Beschränken kann die Landesregierung diesen Katalog allerdings nicht.

Erleichterungen erfahren die Bürgerinnen und Bürger auch, wenn es um das Thema Rechtssicherheit geht. Abgelehnte An träge und Wünsche müssen nicht in einem Widerspruchsver fahren geklärt werden, sondern es kann direkt der Rechts schutz bei den Gerichten in Anspruch genommen werden.

Es kann in der Tat zu abgelehnten Informationsgesuchen kom men, da wie beim Bund und in anderen Ländern besonders sensible Bereiche vom Informationszugang ausgenommen sind. Keiner Informationspflicht unterliegen beispielsweise die Gerichte, die Strafverfolgungs-, Strafvollstreckungs- oder Maßregelvollzugsbehörden, die Disziplinarbehörden und auch das Landesamt für Verfassungsschutz. Hier haben wir durch die Neuregelung der parlamentarischen Kontrolle, wie wir fin den, eine angemessene und transparente Regelung gefunden.

Meine Damen und Herren, es muss auch niemand als Person, als Einzelner befürchten, dass seine bei Behörden vorliegen den personenbezogenen Daten einfach der Allgemeinheit of fenbart werden. Sind personenbezogene Daten von einem sol chen Antrag betroffen, muss der Betroffene vor Herausgabe der Information gehört werden. Ohne Einwilligung dürfen personenbezogene Daten nur im Ausnahmefall herausgege ben werden. Das haben wir definiert: Beispielsweise wenn das öffentliche Informationsinteresse die schutzwürdigen Interes sen des Betroffenen überwiegt, darf dies geschehen.

Dass auch Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sowie der Schutz des geistigen Eigentums gewahrt bleiben, versteht sich meines Erachtens von selbst.

Wir stellen Transparenz her, was Gebühren und Auslagen an langt. Für das Land haben wir klar geregelt, dass bei einfa chen Informationsgesuchen keine Gebühren anfallen. Die Kommunen sind ermächtigt, durch Gebührensatzung entspre chend zu agieren. Im Rahmen der Konnexität halten wir dies aus Landessicht für vernünftig.

Falls es bei der Anwendung des neuen Gesetzes Probleme oder Zweifelsfragen geben sollte – das kann man sich ja vor stellen –, können sich jeder Bürger, jede Bürgerin, jede betrof fene Person sowie informationspflichtige Stellen an eine un abhängige Stelle wenden, nämlich an den Landesbeauftrag ten für die Informationsfreiheit. Nach dem Gesetzentwurf wird diese Aufgabe der Landesbeauftragte für den Daten schutz mit übernehmen.

Wir haben vorgesehen, dass zwei Jahre nach Inkrafttreten der Landesdatenschutzbeauftragte einen ersten Tätigkeitsbericht vorlegt, und nach fünf Jahren – ich denke, diesen Zeitraum braucht man schon – ist ein umfassender Evaluationsbericht der Landesregierung vorgesehen, der dann zeigen wird, ob und wie gut sich dieses Gesetz bewährt hat. Ich gehe davon aus: gut.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Meine Damen und Her ren, für die Aussprache über den Gesetzentwurf hat das Prä sidium eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt.

Für die CDU-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg. Throm.

Herr Präsident, werte Kolle ginnen und Kollegen! Was ist der Anlass für ein Informations freiheitsgesetz? Der Staat, die Verwaltung, Behörden, Amts träger haben per Gesetz Entscheidungsbefugnisse übertragen bekommen, die Bürgerinnen und Bürger betreffen. Für diese Entscheidungsbefugnisse, Kompetenzen ist der Staat in ge wisser Hinsicht rechtfertigungspflichtig. Er muss Transparenz über seine Entscheidungen, über seine Verfahren herstellen. Dies ist in einer modernen Demokratie notwendig, und dies erkennt die CDU-Landtagsfraktion an.

Es gibt das Bundesinformationsfreiheitsgesetz, das Umwelt informationsgesetz als Vorläufer. Elf Länder haben entspre chende Landesgesetze. Insofern ist es wichtig, dass wir hier in Baden-Württemberg bei der Schaffung eines eigenen Lan desgesetzes zwischen den Informationsinteressen der Bürge rinnen und Bürger und den entgegenstehenden öffentlichen und privaten Interessen abwägen. Es darf kein Übermaß ge ben; es muss Augenmaß walten.

Jetzt, Herr Minister Gall, haben Sie in der Gesetzesbegrün dung geschrieben, man habe auch das Hamburgische Trans parenzgesetz berücksichtigt. Dies ist eine Mogelpackung. Das Hamburgische Gesetz geht weit über das hinaus, was Sie uns hier vorlegen. Das ist wohl eher ein kleines Placebo für die grüne Seele. Dieses Gesetzesvorhaben ist ein Leuchtturmpro jekt der Grünen-Fraktion.

(Abg. Volker Schebesta CDU, auf Minister Reinhold Gall deutend: Da muss er selbst grinsen!)

Einige Verbände haben dies durchaus erkannt. Der Deutsche Gewerkschaftsbund beispielsweise schreibt:

Aus Sicht des DGB wäre ein Transparenzgesetz wie in Hamburg... die bessere Lösung gewesen.

Die Organisation Netzwerk Recherche führt aus:

Ausgerechnet eine Regierung, die mit dem Versprechen von mehr Bürgerbeteiligung und Transparenz angetreten ist, versagt bei einem solchen Reformprojekt.

Und weiter:

Es wird ein Sprung vom letzten Platz (gar kein Informa tionsfreiheitsgesetz) auf den vorletzten Platz sein (ein be sonders schlechtes Informationsfreiheitsgesetz).

Letztlich – das finde ich besonders bemerkenswert –: Der Ver ein „Mehr Demokratie“, mit dem wir uns immer wieder be schäftigen, führt in der Anhörung aus: