Protokoll der Sitzung vom 26.11.2015

Diese Aussage bedeutet, dass wir die Kapazitäten dafür be reitstellen, dass dies möglich ist. Wenn dies in Einzelfällen ju ristisch nicht möglich ist, kann es natürlich nicht gemacht wer den;

(Zuruf von der CDU: Aha! – Abg. Karl Zimmermann CDU meldet sich.)

das ist damit nicht gemeint, und das müssen wir jetzt auch nicht vertiefen, Herr Kollege.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Wir haben mit dem Registrierungszentrum in Heidelberg bun desweit einen Maßstab gesetzt. Nirgendwo läuft das Verfah ren so schnell und effektiv ab wie bei uns. Aufnahme, Regis trierung, Erfassung im EASY-System, erkennungsdienstliche

Behandlung, Gesundheits- und Röntgenuntersuchungen und das Stellen des Asylantrags haben wir gebündelt und aufein ander abgestimmt. Das heißt, das Kompetenzzentrum, das Sie fordern, läuft bereits seit Tagen in Volllast.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Winfried Mack CDU: Unsinn!)

So schaffen wir alle wichtigen Verfahrensschritte innerhalb von zwei bis vier Tagen und damit so schnell wie sonst nir gends. Damit sorgen wir auch dafür, dass so wenige Flücht linge wie möglich verschwinden.

Baden-Württemberg hat außerdem, wie beim Asylkompro miss vereinbart, den Stau bei der Registrierung abgebaut. Die Nachregistrierung bisher nicht registrierter Personen ist abge schlossen; auch hier handeln wir schneller als andere Länder.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Ich habe es bereits gesagt: Wir haben zwei weitere Kammern bei den Verwaltungsgerichten eingerichtet. Damit leisten wir einen Beitrag, um die Verfahren des einstweiligen Rechts schutzes in Asylstreitigkeiten auf möglichst nur zwei Wochen zu verkürzen; so haben wir es mit dem Bund vereinbart. Im Gegenzug erwarten wir jetzt natürlich, dass auch der Bund liefert. Die Asylverfahren dauern noch immer viel zu lang. Bis jetzt ist die Bearbeitungsdauer nur um 0,1 Monate auf 5,2 Mo nate gesunken. Das ist natürlich viel zu wenig. Denn ein kur zes Asylverfahren ist der Dreh- und Angelpunkt in dieser Kri se.

Meine Damen und Herren, wir befinden uns in einer histori schen Herausforderung. Zur Lösung dieser Krise gibt es kei nen Masterplan. Den hat niemand; den haben schon gar nicht diejenigen, die dies behaupten –

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

es sei denn, Herr Kollege Mack, man betrachtet das Polarisie ren bereits als Masterplan.

(Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und Abgeord neten der SPD)

Das ist allerdings ein Weg, den wir nicht gehen werden. Ich gehe konsensorientiert in die Verhandlungen. Ich tue nichts, was den Zusammenhalt schwächt, und tue alles, was den Zu sammenhalt stärkt.

(Zuruf: Bravo!)

Ich glaube, das ist der richtige Weg. Deswegen müssen wir Schritt für Schritt die Probleme dieser Krise lösen. Wir fah ren auf Sicht – ich sage es noch einmal –, obwohl mir bewusst ist, dass dies ungewöhnlich ist, für uns selbst, für die Journa listen und erst recht für die Bevölkerung. Wir müssen reali sieren, dass wir in einer solch schweren Krise nicht einfach einen Schalter haben, den man umlegen kann. Den hat nie mand, der mit diesen Problemen verantwortlich umgeht.

Aber auf Sicht zu fahren bedeutet nicht, dass wir im Nebel stochern. Wir haben einen klaren Kompass und eine klare Hal tung, und wir tun alles dafür, dass die Verantwortungsgemein schaft aller staatlichen Ebenen zusammenhält. Wir unterstüt

zen die Bundeskanzlerin dabei, Schritt für Schritt zu vernünf tigen Lösungen zu kommen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Ich bin dankbar, dass der Vorsitzende der CDU Baden-Würt temberg dies ebenso sieht. Er hat noch einmal deutlich gesagt – ich zitiere –:

Es bringt nichts, einseitig eine Obergrenze auszurufen. Der Effekt läge bei null. Und was wäre überhaupt die Konsequenz, wenn die Obergrenze erreicht wäre? Nein, es muss darum gehen, dass wir gemeinsam mit unseren europäischen Freunden und mit Ländern wie der Türkei zu einer Kontingentlösung kommen. Das wird – zusam men etwa mit dem Schutz der EU-Außengrenzen – einer der entscheidenden Bausteine, um den Flüchtlingsstrom nach Deutschland zu steuern und zu begrenzen.

Dem kann man, glaube ich, nur zustimmen. Wir tun daher al les, damit diese Verantwortungsgemeinschaft aller staatlichen Ebenen zusammenhält. Wir setzen das Asylpaket konsequent um. Wir handeln entschlossen; wir setzen auch Maßstäbe – von der Einbindung Ehrenamtlicher bis zur Beschleunigung der Aufnahme und der Verteilung der Flüchtlinge. Das heißt, wir geben dort, wo wir Verantwortung tragen, unser Bestes, um diese historische Herausforderung zu meistern. Das tun auch unsere Gemeinden und Landkreise, und wir helfen ih nen dabei, dass sie das meistern können.

Ich will noch einmal betonen: Wenn alle Verantwortlichen in ihrem Zuständigkeitsbereich – Gemeinden, Kreise, Land, Bund,

(Zuruf des Abg. Andreas Deuschle CDU)

aber vor allem auch Europa – anpacken und zupacken, statt zu jammern, wenn Europa endlich zusammenfindet und ge meinsam handelt, dann – davon bin ich überzeugt – können wir es schaffen.

Vielen Dank.

(Anhaltender Beifall bei den Grünen und der SPD)

Herr Fraktionsvorsitzender Wolf, wünschen Sie nach § 82 Absatz 4 der Geschäftsordnung das Wort? – Bitte schön.

(Abg. Walter Heiler SPD: Wenn das mal kein Fehler ist!)

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die heutige Debatte gibt einmal mehr Gelegenheit, die große Dimension dieser Herausforde rung auch hier im Landtag von Baden-Württemberg zu dis kutieren. Sie gibt auch Gelegenheit, Übereinstimmung aller Fraktionen des Hauses in den Punkten deutlich werden zu las sen, bei denen auch ich der Überzeugung bin, dass Überein stimmung wichtig ist, um der Dimension der Herausforderung begegnen zu können.

Diese Debatte zeigt aber auch, wie sehr es noch einzelne Punkte gibt, bei denen nach meiner Überzeugung die Selbst

zufriedenheit dieser grün-roten Landesregierung, die Sie, Herr Ministerpräsident, hier soeben verkörpert haben,

(Zuruf von den Grünen: Oje!)

den wirklichen Interessen der Menschen dieses Landes eben nicht gerecht wird.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Wenn man Ihre Rede bewertet, dann stand und steht über al lem: „Wir, die grün-rote Landesregierung von Baden-Würt temberg, tun alles, wir sind bestens aufgestellt, und wenn es noch Probleme gibt, dann werden diese Probleme andernorts verursacht.“

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: So ist es!)

Verehrter Herr Ministerpräsident, so einfach, wie Sie sich die Welt zeichnen, ist sie nun einmal nicht.

(Zuruf der Abg. Muhterem Aras GRÜNE)

Auch diese grün-rote Landesregierung muss sich Defizite ih res Handelns hier und heute aufzeigen lassen.

(Beifall bei der CDU – Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Wann kommt Substanz? – Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Das ist peinlich!)

Es ist eine große Herausforderung über alle Parteigrenzen hin weg. Ich will auch eindeutig einräumen, dass jede Regierung, die jetzt in der Verantwortung steht oder stünde, natürlich auch mit Überraschungen in dieser Entwicklung zu kämpfen hätte und jede Regierung damit auch ihre Probleme hätte. Aber, Herr Ministerpräsident, was mir in Ihren Ausführungen zu kurz gekommen ist, ist die Wahrnehmung der Stimmung in der Bevölkerung.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: So ist es!)

Wenn man täglich unterwegs ist und mit den Menschen redet, dann habe ich nicht den Eindruck – –

(Zuruf der Abg. Muhterem Aras GRÜNE)

Frau Aras, man sollte vielleicht zuhören und auch Stimmung an der Basis wahrnehmen,

(Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Geschichten erzäh len, die nicht stimmen!)

bevor man hier unkontrolliert dazwischenruft. Auch das ge hört zu einem verantwortungsvollen Umgang mit Asylpolitik.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Standardflos kel! – Zuruf der Abg. Muhterem Aras GRÜNE)