Protokoll der Sitzung vom 09.12.2015

Zuerst zu den Einnahmeansätzen: Wir entwickeln uns bei der Steuerquote – das zeigt die mittelfristige Finanzplanung auf – langsam in einen guten Bereich. 2019 werden etwa 80,2 % der Ausgaben durch Steuern abgedeckt sein. Das war aber z. B. im Vorkrisenjahr 2008 noch besser. Damals sind 81,2 % abgedeckt worden. Meine Damen und Herren, Rekordsteuer einnahmen gab es also schon bei früheren Regierungen und nicht nur bei uns.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen)

Nachdem es möglich ist, mit diesem Nachtrag die Krediter mächtigung 2015 auf null zu senken, taucht 2017 wieder ein Wert von 280 Millionen € auf. 2018 sind es 20 Millionen €.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Ein Wert? Das ist Schönfärberei!)

2019 werden 320 Millionen € getilgt. Das sind rechnerische Werte des Finanzministeriums, die ich zitiert habe, für die zu lässige Kreditaufnahme. Sie ergeben sich aus der Anwendung der Rechtsverordnung zu § 18 der Landeshaushaltsordnung. Ziel der Landesregierung und des Parlaments muss es aber sein, auch 2017 und 2018 eine Nullneuverschuldung zu errei chen. Wir haben aber jetzt die Flüchtlingszahlen. Schreiben wir die Prognose weiter, werden wir einen Handlungsbedarf haben, der sich zwischen 2,2 und 2,8 Milliarden € bewegt, vornehmlich verursacht durch Lasten, die durch diese sozia le Aufgabe auf uns zukommen. Diese Kraftanstrengung wird

aber nur mithilfe des Bundes gelingen, der über 2016 hinaus dauerhaft seiner Verantwortung gerecht werden muss.

(Beifall des Abg. Daniel Renkonen GRÜNE)

Eine große Belastung ist natürlich nicht in der mittelfristigen Finanzplanung eingeplant und muss auch nicht eingeplant werden: die Belastung, die das Wahlprogramm der CDU vor sieht. Danach würden noch einmal etwa 1,2 Milliarden € auf diesen Handlungsbedarf draufgesetzt.

(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Aha!)

Möge der Wähler das verhindern.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Die SPD-Fraktion stimmt der mittelfristigen Finanzplanung zu.

Meine Damen und Herren, ich bedanke mich sehr herzlich im Namen meiner Fraktion bei allen, die zum Gelingen des Werks beigetragen haben, bei allen Kolleginnen und Kollegen, die in den Ausschüssen mitgearbeitet haben, bei den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen des Ministeriums und natürlich bei un serem Minister Nils Schmid.

Die SPD-Fraktion wird diesem Nachtrag und den Änderungs anträgen der Koalitionsfraktionen zustimmen.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Für die Fraktion der FDP/ DVP erteile ich Herrn Abg. Dr. Rülke das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es wurde schon angespro chen: Dies ist sozusagen die letzte Abstimmung in dieser Le gislaturperiode über einen Haushalt, der vom Parlament für die Regierung beschlossen wird.

Jetzt schauen Sie einmal zur Regierungsbank. Welch ein drucksvolle Kulisse,

(Vereinzelt Lachen)

wie die Landesregierung hier vertreten ist angesichts der Tat sache, dass das Parlament nun über den Haushalt, den diese Regierung vom Parlament haben möchte, debattiert und am Ende abstimmt. So etwas hätte es früher nicht gegeben, mei ne Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Guido Wolf CDU: Der Rechnungshof ist da!)

Der Rechnungshof ist in der Tat aus gutem Grund vertreten.

(Abg. Klaus Maier SPD: Der wichtigste Mann ist da! – Gegenruf der Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Und die wichtigste Frau!)

Meinen Sie sich selbst, Herr Maier? – Auch mit dem Ende November im Landtag eingebrachten Zweiten Nachtrag zum Staatshaushaltsplan 2015/16 schafft es die grün-rote Landes regierung nicht, ihrer Haushalts- und Finanzpolitik eine kla re Kontur zu verschaffen.

Von Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit als Leit motiv, das insbesondere von den Grünen zu Oppositionszei ten immer kritisch gegenüber der damaligen Landesregierung ins Feld geführt wurde, kann überhaupt keine Rede sein. Die se grün-rote Landesregierung hat nirgendwo Konsolidierungs maßnahmen für den Haushalt eingeleitet, nur an einer Stelle – Kollege Herrmann hat es bereits angesprochen –: Die Be amten sind die einzige Gruppe, die in dieser Legislaturperio de zur Ader gelassen wurde, als es um das Thema Sparen ge gangen ist.

Die grün-rote Landesregierung hatte das Glück dauerhaft stei gender Steuereinnahmen, und sie hat davon in einem nie ge kannten Maß profitiert. Seit 2010 sind die Steuereinnahmen durchschnittlich um 5 % gestiegen. Könnte es bessere Voraus setzungen geben, zumindest auf neue, zusätzliche Schulden gänzlich zu verzichten, meine Damen und Herren?

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Sehr richtig!)

Die Landesregierung rühmt sich des vermeintlich sensationel len Ergebnisses einer Nullnettoneuverschuldung für die Jah re 2011 und 2012, eines Haushaltsplans mit einer Nettonull für 2016 und jetzt auch eines Nachtrags mit einer Nettonull für 2015.

Das alles kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie sich vom Rechnungshof ins Stammbuch hat schreiben lassen müssen, dass sie im Jahr 2014 völlig überflüssigerweise Kre dite aufgenommen hat, die zunächst in den Überschuss ge flossen sind und jetzt von dort wieder entnommen wurden, mit denen sich gut der „dicke Max“ spielen lässt.

Wir haben immer wieder eine rasche Umsetzung der Schul denbremse des Grundgesetzes in Landesrecht, also ihre Ver ankerung auch in der Landesverfassung, angemahnt. Die Ent wicklung hat uns recht gegeben, dass wir dies schon mit Wir kung für 2012 hätten tun können, wie unser erster Gesetzent wurf es vorsah. Spätestens aber mit Wirkung für 2016 hätten Sie es tun müssen, meine Damen und Herren, wie wir es als Kompromiss auch angeboten haben.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Auch hier hat Grün-Rot ausschließlich auf die Kraft der Mehr heit gesetzt, statt es einmal mit der Kraft des Arguments zu versuchen. Ein tragfähiges Zukunftskonzept zum Aufbau und zur Sanierung der Infrastruktur ist nicht erkennbar. Wir blei ben deshalb bei unserem Vorschlag für eine Innovations- und Investitionsoffensive mit 1 Milliarde €, die wir der Landes stiftung entnehmen wollen.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Dass dies ein vernünftiger Vorschlag ist, meine Damen und Herren, haben Sie ja selbst bewiesen.

(Abg. Andreas Glück FDP/DVP: So ist es!)

So haben Sie kürzlich das verzinste Kapital der Landesstif tung unter das Volk zu bringen versucht. Der Versuch ist ge scheitert, weil der Aufsichtsrat nicht beschlussfähig gewesen ist, da nämlich die gesamten Regierungsvertreter bewiesen haben, dass ihnen die Landesstiftung so schnurzegal ist, dass sie gar nicht an der entsprechenden Aufsichtsratssitzung teil

genommen haben. So konnte das Geld nicht verteilt werden, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

So ist es gelaufen, weil das Gremium nicht beschlussfähig war. Frau Staatsministerin Krebs, so war es.

(Ministerin Silke Krebs: Nein! So war es nicht! – Zu ruf des Abg. Heribert Rech CDU – Gegenruf der Mi nisterin Silke Krebs)

Sie haben die Journalisten, denen Sie die frohe Botschaft ha ben verkünden wollen, heimschicken müssen. Dann haben Sie Hals über Kopf einen Ersatztermin über das Knie gebrochen, an dem die Vertreter der Opposition gar nicht teilnehmen konnten, weil Sie nicht einmal die Ladungsfrist ordentlich hin bekommen haben. Das ist die Realität, meine Damen und Her ren.

(Zuruf: Unser Vertreter war da! – Zuruf der Ministe rin Silke Krebs)

Weiter wollen wir, dass Mittel durch die sukzessive Veräuße rung von Landesbeteiligungen an wirtschaftlichen Unterneh men bereitgestellt werden. Weder der Flughafen Stuttgart noch die Landesbank Baden-Württemberg müssen dauerhaft in die sem Umfang in Staatsbesitz sein.

Die fundamentale Kritik an der grün-roten Haushalts- und Fi nanzpolitik bleibt auch dann richtig, wenn mit dem Zweiten Nachtrag für die Jahre 2015/2016 auch zweifelsfrei Richtiges auf den Weg gebracht wird. Dem werden wir dann auch zu stimmen. Verbesserungen bei der Mehrarbeitsvergütung für die Polizei sind nicht falsch, ebenso die Aufstockung der Mit tel im Nichtvollzug zur Entlastung von Polizeibeamten für den Vollzug und die Schaffung zusätzlicher Anwärterstellen.

Genauso ist die Schaffung zusätzlicher Richterstellen in den Verwaltungsgerichten nicht falsch, wenn auch nicht hinrei chend. Eine konsequente, auf die Notwendigkeit der inneren Sicherheit ausgerichtete Politik sieht aber doch ein Stück weit anders aus. Dasselbe gilt für die notwendigen Aufwendungen, um die Verfahren zur Anerkennung bzw. Nichtanerkennung und Rückführung von Flüchtlingen konsequent zu beschleu nigen.

Gleiches gilt im Bildungsbereich. Aufgeschreckt durch die Er gebnisse der Privatschulberichterstattung – 71 statt 80 % als realer Fördersatz im gymnasialen Bereich – wird bei der För derung der freien Schulen nachgebessert.

Die strukturellen Defizite, z. B. Nichtberücksichtigung der Aufwendungen für Ganztagsbetreuung oder Inklusion im Brut tokostenmodell, werden aber nicht angegangen. Auch die zu sätzlichen Mittel für Leitungszeiten sehen aus wie ein fröhli cher Gruß vor der Landtagswahl, der frühere Defizite nicht wettmachen kann.

Darüber hinaus bleibt festzustellen – Kollege Herrmann hat es auch schon deutlich gemacht –: Von einem müssen Sie sich jetzt endgültig verabschieden, nämlich von der Erblastlegen de. Es ist nämlich deutlich geworden, dass Sie den Haushalt in nie gekanntem Maß aufgebläht haben. Sie haben steigende

Steuereinnahmen wie nie zuvor, und Sie haben all diese Steu ereinnahmen verfrühstückt.

(Abg. Manfred Hollenbach CDU: Das heißt „verves pert“!)

Da kann nun wirklich niemand behaupten, dass das, was Sie an Haushaltspolitik gemacht haben, mit den Entscheidungen einer Vorgängerregierung zu tun hatte. Im Gegenteil: Der Satz, dass in guten Zeiten Haushalte ruiniert werden, wird zum Leit motiv Ihrer Haushaltspolitik. Denn was Sie in den letzten Jah ren gemacht haben, war eine reine Schönwetterhaushaltspo litik.