Frau Präsidentin, werte Kolle ginnen und Kollegen! Kollege Lucha hat mit dem ÖGD an gefangen und mit dem LGG aufgehört, ich mache es umge kehrt. Ich denke, wir können festhalten, dass es in so gut wie keinem anderen Politikbereich als dem Gesundheitssektor so viele unterschiedliche Interessenvertreter gibt. Allein bei den Leistungsträgern – von der GKV über die PKV bis zu den Un fallkassen – gibt es eine breite Palette. Hinzu kommen die un terschiedlichen Anbieter von Gesundheitsleistungen, die Krankenhäuser, die Praxen, jeweils mit ihren Verbänden und mit ihren Kammern. Natürlich gibt es nicht zuletzt auch noch die Beschäftigten, mit Gewerkschaften, Kammern, Berufsver bänden – und die Patientinnen und Patienten sowie deren An gehörige.
Wenn diese jeweils immer nur für sich sprechen, gehen die Meinungen zur Gesundheitsversorgung mitunter sehr weit auseinander. Das haben wir z. B. bei den Diskussionen um das Krankenhausstrukturgesetz gemerkt. Die Forderungen der Verbände, der Krankenkassen, die einen Großteil der Mehr kosten übernehmen müssen, lagen weit vor denen der Klini ken in Baden-Württemberg. Ähnliches gilt für die Vertreter der jeweiligen Sektoren. Die Kassenärztliche Vereinigung und die Krankenhausgesellschaft in Baden-Württemberg haben beispielsweise unterschiedliche Ansichten zum Thema Por talpraxen.
Deshalb macht es manchmal wenig Sinn, nur für sich allein zu beraten und eine eigene Meinung zu bilden und zu vertre ten. Dann ist es nötig, sich gemeinsam an einen Tisch zu set zen und gemeinsam zu beraten.
Deshalb wollen wir die sektorenübergreifende Zusammenar beit und die Vernetzung aller Beteiligten im Gesundheitswe sen in Baden-Württemberg stärken.
Unsere Ministerin Altpeter und in Teilen – muss man sagen – auch schon ihre Vorgängerin, Frau Dr. Stolz, haben schon vie le Gremien- und Abstimmungsprozesse bis hin zur Landesge sundheitskonferenz initiiert und weiterentwickelt. Das Gegen einander, was etwa in Vergütungsverhandlungen zwischen Krankenkassen und Ärzten durchaus auch einmal sein muss, muss an anderer Stelle durch ein Miteinander ersetzt werden, wenn es um übergeordnete Fragen der gesundheitlichen Ver sorgung der Menschen im Land geht.
Um diesen notwendigen Prozess zu stärken, wollen wir jetzt die wesentlichen Instrumente, die Gremien, ihre Aufgaben und ihre Arbeitsweise, auf eine gesetzliche Grundlage stellen. Ich denke, die bisherigen Erfahrungen aus dem Gesundheits dialog zeigen, dass wir hier auf dem richtigen Weg sind.
Im Wesentlichen gab es nur an einer Stelle auseinandergehen de Meinungen. Die verbindliche Einrichtung der Gesundheits konferenzen auf kommunaler Ebene wird von allen Beteilig ten begrüßt; ein wenig auseinander geht es bei der Finanzie rung. In der Anhörung hat sich gezeigt, dass die Meinungen da etwas auseinandergehen. Klar ist, dass für die Planung, Or
ganisation und Durchführung dieser Konferenzen Kosten ent stehen. Deshalb erhalten die Landkreise und die kreisfreien Städte zur Bereitstellung der erforderlichen Ressourcen auch einen Ausgleich.
Über die Novellierung des ÖGD werden wir eine Kompensa tion schaffen, denn wir schaffen auch Freiräume im ärztlichen Dienst – ich komme später noch einmal kurz darauf zurück. Aber wir sind bereit, noch eine Schippe draufzulegen: Die kommunalen Landesverbände waren der Meinung, dass der Finanzausgleich für die entfallenden Gutachtenstellen nicht auskömmlich sei. Konnexität ist für uns ein hohes Gut. Des halb nehmen wir die Sorgen der kommunalen Landesverbän de ernst. Das ist auch der Hintergrund für unseren Änderungs antrag im Ausschuss.
Abschließend noch ein paar Worte zu dem anderen zu bera tenden Gesetz, dem Gesetz über den öffentlichen Gesundheits dienst. Auch da geht es um die Weiterentwicklung der gesund heitlichen Versorgung, und auch da wollen wir die Anliegen der Kommunen aufgreifen und unterstützen. Es soll – viel leicht kann an dieser Stelle ein „wieder“ eingefügt werden – möglich werden, dass die Kommunen mehr Verantwortung für die Gesundheit ihrer Bevölkerung übernehmen. Wir wol len dem Gedanken der öffentlichen Gesundheit oder – wie Kollege Lucha schon gesagt hat – dem Public-Health-Gedan ken mit den Schwerpunkten Prävention und Gesundheitsför derung in den Kommunen mehr Gewicht beimessen. Es sind vor allem junge Ärztinnen und Ärzte wie auch Mitglieder an derer Berufsgruppen im Gesundheitswesen, die aus ihrer Aus bildung neue Ansätze in die Praxis einbringen, etwa durch die Weiterentwicklung ihrer Disziplinen in Ländern mit einem staatlichen Gesundheitssystem, auch aus dem angelsächsi schen Bereich.
Neue bzw. erweiterte Aufgaben führen dann natürlich auch zu der Überlegung, ob nicht an einer anderen Stelle etwas abge speckt werden kann. Der Vorschlag, dies im Wesentlichen bei den Gutachten zu tun, kam direkt von der ärztlichen und von der kommunalen Seite. Das haben wir überprüft, u. a. im Rah men einer gut besuchten Fachtagung, und im Wesentlichen auch so umgesetzt. Denn aus heutiger Sicht ist einerseits nicht mehr jedes ärztliche Gutachten, das im Königreich Württem berg durch einen Obermedizinalrat erstellt werden musste, heute noch erforderlich, und wenn es andererseits heute noch erforderlich ist, dann kann es auch ein anderer Arzt erstellen, z. B. der Hausarzt oder ein ohnehin behandelnder Facharzt.
Also, beide Gesetze, die wir heute abschließend beraten, sind gut für die Kommunen und gut für die Gesundheit der Men schen in unserem Land. Deshalb freut es uns, dass wir diesen Gesetzen auch einstimmig zustimmen werden.
Sehr geehrte Frau Prä sidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben zwei Ge setzentwürfe, die heute in Zweiter Beratung zur Entscheidung stehen. Ich beginne mit dem Gesetz über den öffentlichen Ge
sundheitsdienst, zu dem unsere Fraktion ebenfalls Zustim mung signalisieren kann. Vorgesehen sind ein neuer Zuschnitt für die Aufgaben der Gesundheitsämter, mehr Aufgaben des Gesundheitsschutzes, und es geht um Fragen der öffentlichen Gesundheit.
Ich bin dankbar, dass man in den Ausschussberatungen die von uns angeregte Thematik nun in einem gemeinsamen Än derungsantrag aufgenommen hat, nämlich die Regelungen, wenn es darum geht, ärztliche Untersuchungen und die Erstel lung ärztlicher Zeugnisse im Sinne des Beamtenrechts durch zuführen, damit nicht jeder Landkreis eigene Regelungen mit der Kassenärztlichen Vereinigung treffen muss, sondern wir es wirklich im Sinne des Bürokratieabbaus, der Bürokratie einsparung in einem einheitlichen Vertrag regeln. Das macht Sinn. Es ist eine sinnvolle Forderung der Kassenärztlichen Vereinigung und des Landkreistags, die wir auch unterstüt zen. Insofern herzlichen Dank an alle Fraktionen, dass sie die sen Änderungsantrag mittragen.
Nicht zustimmen werden wir dem Landesgesundheitsgesetz, und zwar nicht deshalb, weil wir das Thema Gesundheit nicht für wichtig erachteten. Das Gegenteil ist der Fall: Es ist uns ein Herzensanliegen. Wenn man das Wort „Landesgesund heitsgesetz“ hört, hat man schon eine relativ große Erwartung. Wenn ich dann hineinschaue, muss ich mich als jemand, der sich dafür einsetzt, dass die Bürokratie in Baden-Württem berg überschaubar bleibt, fragen: Wofür brauchen wir dieses Gesetz?
Es orientiert sich am Gesundheitsleitbild Baden-Württemberg. Daraus sind bereits die entsprechenden kommunalen Gesund heitskonferenzen entstanden. Die gibt es schon, und die sind auch sehr gut aufgestellt. Es ist aus meiner Sicht völlig unnö tig, dass wir die Stadt- und Landkreise sozusagen in ein Kor sett hineinzwängen. Anstatt fachliche Impulse hineinzugeben, macht es viel mehr Sinn, den Landkreisen die Verantwortung zu übertragen. Dafür, meine sehr geehrten Damen und Her ren, brauchen wir aber kein Gesetz, in dem diese Strukturen zementiert sind.
Das ist für mich wieder ein schönes Beispiel, wie man Büro kratie in Baden-Württemberg aufbaut, obwohl es wirklich gar nicht notwendig ist, weil wir verantwortliche Landkreise ha ben, die sehr wohl wissen, wie man damit umzugehen hat.
Die Kommunale Gesundheitskonferenz setzt sich insbe sondere aus delegierten Vertretungen der örtlichen Insti tutionen und Einrichtungen aus Gesundheitsförderung und Prävention, der medizinischen Versorgung, der Pfle ge, der Selbsthilfe, des Patientenschutzes, der oder des kommunalen Behindertenbeauftragten, der oder des kom munalen Suchtbeauftragten und weiteren Institutionen des Sozialbereichs, die Berührungspunkte mit dem zu bera tenden Thema haben, zusammen. Themenspezifische Netz werke werden in den Kommunalen Gesundheitskonferen zen beteiligt. Bürgerinnen und Bürger können an der Be ratung gesundheitspolitischer Fragestellungen mit örtli chem Bezug beteiligt werden.
Vollkommen in Ordnung; das können wir auch durchführen. Aber dafür brauchen wir kein Gesetz, denn mit diesem The ma laden Sie sich wieder mühevoll einiges auf.
Das Ganze wird dadurch noch spannender, dass Sie eine Ge schlechterparität vorschreiben. Das unterstütze ich auch. Doch wenn Sie es gesetzlich festschreiben, dann frage ich mich: In welcher Reihenfolge wollen Sie die Ämter eigentlich beset zen? Muss jetzt der Suchtbeauftragte weiblich sein, nur weil eben der Behindertenbeauftragte männlich ist? Das will ich damit ansprechen.
Sie bauen eine Bürokratie auf, die im Grunde genommen we nig bringt. Besser wäre es, Impulse für das Thema „Gesund heit in Baden-Württemberg“ zu setzen und die Landkreise ent sprechend zu unterstützen, anstatt sie in ein Korsett hineinzu zwingen, das einfach nicht notwendig ist.
Spannend ist ein Blick auf § 10: Wenn ich sehe, dass so etwas wie die Überprüfung untergesetzlicher Gremien in ein Gesetz aufgenommen wird, dann muss ich schon sagen: Es wird Zeit, dass die Weihnachtstage kommen. Ich zitiere:
Themenspezifische Beiräte, Arbeitsgruppen sowie weite re untergesetzliche Gremien im Geschäftsbereich des für das Gesundheitswesen zuständigen Ministeriums sollen ein zeitlich längstens für die Dauer einer Wahlperiode... begrenztes Mandat erhalten. Auf eine effiziente Gremien struktur ist zu achten. Zu Beginn jeder Wahlperiode sind die bestehenden Gremien auf ihre Notwendigkeit und ih ren Auftrag hin zu überprüfen.
Sind wir etwa so weit gekommen, in ein Gesetz schreiben zu müssen, dass man auf eine effiziente Gremienstruktur zu ach ten hat? Und Sie nennen das dann „Landesgesundheitsgesetz“, meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie können nicht im Wahlkampf davon reden, Bürokratie abzubauen, und dann hier im Landtag nicht die Verantwortung übernehmen. So kann man nicht vorgehen. Deswegen werden wir diesem Gesetz entwurf nicht zustimmen.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Landesgesundheitsge setz und dem ÖGD-Gesetz schaffen wir eine gute Grundlage zur Weiterentwicklung des Gesundheitswesens in Baden-Würt temberg. Denn wir wollen damit die qualitativ hochwertige und flächendeckende gesundheitliche Versorgung auch in der Zukunft sicherstellen.
Unser Zukunftsplan Gesundheit sieht dazu u. a. vor, alle rele vanten Akteure des Gesundheitswesens sowie die Bürgerin nen und Bürger, aber auch die kommunale Seite besser mitei nander zu vernetzen.
Mit dem Landesgesundheitsgesetz verfolgen wir nicht etwa das Ziel, weitere Bürokratie aufzubauen. Vielmehr ist unser Ziel, den bundes- und landesrechtlich vorgegebenen Spiel raum der Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Sektoren und den verschiedenen Akteuren des Gesundheitswesens aus zuschöpfen. Grundlage für die Zusammenarbeit der Akteure
im Gesundheitswesen ist das gemeinsam erarbeitete Gesund heitsleitbild, auf das sich die Akteure verständigt haben.
Nachdem jetzt schon mehrere Redner manch schwierige Si tuation und unterschiedliche Herangehensweisen in den Gre mien angesprochen haben, muss das doch eigentlich ein gu tes Gesetz sein, wenn sich die Akteure schon im Vorfeld dar auf verständigt haben. Ich finde, da ist uns ein ganz wichtiger Schritt gelungen.
Mit dem Landesgesundheitsgesetz greifen wir auch ein Er gebnis des Gesundheitsdialogs Baden-Württemberg auf, näm lich den Wunsch nach mehr Transparenz bei den gesundheit lichen Strukturen insgesamt.
Ich bin der festen Überzeugung – da bin ich mir ganz sicher –, dass die Weiterentwicklung des baden-württembergischen Gesundheitswesens nur stattfinden kann, wenn es einen fort währenden Dialog aller Akteure gibt, auch mit Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger.
Deshalb stellen wir bewährte und neue Dialog- und Arbeits formen nun auf eine gesetzliche Grundlage, nämlich die Ge sundheitskonferenzen auf Landes- und Kreisebene, den Sek torenübergreifenden Landesausschuss und einen Landesaus schuss für Gesundheitsförderung und Prävention; dies wollen wir nun gesetzlich verankern.
Die Gesundheitskonferenzen auf Landes- und auch auf kom munaler Ebene sowie der Landesausschuss für Gesundheits förderung und Prävention sind Gremien der Beratung von Po litik. Es sind die zuständigen Fachgremien.
Mir ist auch noch wichtig, zu sagen: Auf Landes- und kom munaler Ebene können darüber hinaus Gesundheitsdialoge zu gesundheitspolitischen Themen durchgeführt werden. Außer dem haben wir ganz zentral herausgestellt, dass die Bürgerin nen und Bürger im Regelungsbereich dieses Gesetzes auf al len Ebenen informiert, vernetzt und beteiligt werden. Wo, bit te, ist da keine Transparenz?
Meine sehr geehrten Damen und Herren, zentrales Ziel des Landesgesundheitsgesetzes ist, dass die kommunale Ebene besser in die Diskussion über medizinische Versorgungsfra gen, aber auch über Fragen von Prävention und Gesundheits förderung einbezogen wird.
Ich kann mir an dieser Stelle nicht verkneifen, zu sagen, dass dieses Gesetz eine ausdrückliche Forderung und ein ausdrück licher Wunsch der Kommunen war, weil sie sich von diesem Gesetz und festen Strukturen mehr Transparenz, aber auch ei ne bessere inhaltliche Arbeit versprechen.
Denn das Thema Gesundheit wird als Standortfaktor in der Kommunalentwicklung immer wichtiger. Wer, bitte, wenn nicht die Stadt- und Landkreise, sollte sich vor Ort mit dem Thema auseinandersetzen und bei Bedarf Empfehlungen an die Landesgremien richten?
Wir machen deshalb kommunale Gesundheitskonferenzen, die es in mancher Stadt und in manchem Landkreis bisher nur auf freiwilliger Basis gibt, nun zu einer kommunalen Pflicht aufgabe.